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Titel:Diagnose "Psychopath" - Die Behandlung von Soldaten und Zivilisten in der Marburger Universitäts-Nervenklinik 1939-1945
Autor:Günther, Katrin
Weitere Beteiligte: Aumüller, Gerhard (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2008
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2008/0366
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2008-03669
DOI: https://doi.org/10.17192/z2008.0366
DDC:610 Medizin
Titel (trans.):Diagnosis "psychopath" - The treatment of soldiers and civilians in the university hospital for mental diseases in Marburg 1939-1945
Publikationsdatum:2008-06-24
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Military psychiatry, Electrical cramp therapy, Universitäts Nervenklinik Marburg, Psychopathy, Paragraph 51 StGB, Abnorme Persönlichkeit, Die Deutschen im Zweiten Weltkrieg, Military court, Psychopathie, Konstitutionsforschung, Militärpsychiatrie, Nationalsozialismus, National socialism, Wehrdienstbeschädigung, Kaufmann-Kur, Elektrokrampftherapie, Militärpsychiatrie

Zusammenfassung:
Zusammenfassung Untersucht wurden die Patientenakten von 88 Soldaten und 49 Zivilisten mit der Diagnose „Psychopathie“, die im Zeitraum zwischen 1939 und 1945 in der Universitäts-Nervenklinik bzw. dem Reservelazarett III der Universitäts-Nervenklinik Marburg behandelt wurden. Ziel war es, Behandlungsunterschiede zwischen diesen beiden Patientengruppen zu erfassen. Von weiterem Interesse war die Frage nach Behandlungsunterschieden innerhalb des Soldatenkollektives hinsichtlich des Ranges. Tatsächlich war kein einziger Offizier unter den Soldaten zu finden. Offensichtlich wurde die Diagnose „Psychopathie“ bei Offizieren nicht gestellt, was Anlass zu weiteren Spekulationen gibt. Entsprechende wissenschaftliche und medizinhistorische Arbeiten zum Thema Militärpsychiatrie gaben den Anstoß zu diesen Thesenformulierungen und ließen überdies die Frage aufkommen, ob den Soldaten ein kürzerer Aufenthalt in der Klinik gewährt wurde, um eine schnelle Rückkehr zur Truppe zu ermöglichen. Erstaunlicher Weise bestätigte sich diese Vermutung nicht, denn die Aufenthaltsdauer der Soldaten war im Median 5 Tage länger, als die der Zivilisten. Der gehäufte Einsatz von „harten Therapiemethoden“ wie der sogenannten „Kaufmann-Kur“, der Elektrokrampftherapie, dem Cardiazol- und Insulinschock auf Seiten des Soldatenkollektivs wurde postuliert. Es bestätigte sich der missbräuchliche Einsatz der „Kaufmann-Kur“ bei Soldaten anhand von Einzelfällen. Die anderen Therapieformen wurden ebenfalls nur in einzelnen Fällen - sowohl bei Zivilisten als auch bei Soldaten verwendet – es liegt jedoch kein Hinweis für eine missbräuchliche Anwendung vor. In der Militärpsychiatrie kam der Diagnose „Psychopathie“ eine besondere Stellung zu. Man wusste um die „Gefahr“, welche die psychopathische Persönlichkeiten bei der Aufrechterhaltung der „Manneszucht“ innerhalb der Truppe darstellten. Auch in der Heimat galten sie als „gefährliche Elemente“, sodass sie bei den Militärpsychiatern immer wieder Anreiz zur Diskussion gaben. Wie vermutet, wurde ein hoher Prozentsatz der Soldaten (70%) aufgrund einer Disziplinwidrigkeit eingewiesen. Zudem ist die Diagnose „Psychopathie“ schwer objektivierbar. Wo liegen die Grenzen zwischen „normalen“ Charaktereigenschaften und pathologischem Verhalten – Kriegsumstände und Militär forderten hier eigene Maßstäbe und machen diese Forschungsarbeit besonders spannend.


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