Publikationsserver der Universitätsbibliothek Marburg

Titel:Strukturbasiertes Design und Synthese von Pyrrolidinen als Inhibitoren der HIV-1-Protease
Autor:Blum, Andreas
Weitere Beteiligte: Diederich, Wibke E. (Dr.)
Veröffentlicht:2007
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2008/0082
DOI: https://doi.org/10.17192/z2008.0082
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2008-00826
DDC: Chemie
Titel (trans.):Structure-Based Design and Synthesis of Pyrrolidines as HIV-1 Protease Inhibitors
Publikationsdatum:2008-02-20
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Strukturbasiertes Wirkstoffdesign, HIV protease, Pyrrolidinderivate, Arzneimitteldesign, Structure-based inhibitor design, Organische Synthese, HIV-Proteaseinhibitor, Pyrrolidines

Zusammenfassung:
Im Verlauf dieser Arbeit konnte ausgehend von der Kokristallstruktur eines Inhibitors im Komplex mit der HIV-1-Protease ein neues Grundgerüst für HIV-Protease-Inhibitoren, basierend auf einem Pyrrolidin-System, entwickelt werden. Mit Hilfe eines Chiral-Pool Ansatzes konnte die enantioselektive Synthese des funktionalisierten 3,4-disubstituierten Pyrrolidin-Grundkörpers aus L-(+)- und D-(-)-Weinsäure realisiert werden. Ausgehend von den zentralen Pyrrolidin-3,4-diol-Bausteinen konnten erste Inhibitoren synthetisiert und die Synthese des analogen 3S,4S-Diamino-pyrrolidins über das entsprechende Diazid mittels einer BOC-Schutzgruppenstrategie optimiert werden. Erst der Zugang zu diesem zentralen Baustein ermöglichte eine weitere Dekoration des Grundgerüstes. Die Verwendung von Arylsulfonamiden als Akzeptorfunktionen erlaubte die Einführung weiterer Substituenten am Sulfonamid-Stickstoff. Durch N-Alkylierung mit reaktiven Elektrophilen wie Benzyl- oder Allylbromiden und anschließender Entschützung des Pyrrolidin-Stickstoffs konnten so Verbindungen erhalten werden, die vier Reste zur Adressierung der Subtaschen der Protease besitzen. Die Möglichkeit, diese Reste in den letzten Stufen der Synthese einzuführen, erlaubte die gezielte Variation der Seitenketten. Durch die Darstellung der Zielstrukturen in enantiomerenreiner Form war eine eindeutige Interpretation der biologischen Messdaten möglich, so dass eine Bindungshypothese erarbeitet werden konnte. Nur aufgrund der zuvor entwickelten Synthesestrategie war es möglich, ausgehend von Struktur-Wirkungs-Beziehungen und Röntgenstrukturdaten die anfänglichen Inhibitoren zu optimieren. Die erste Reihe von Inhibitoren zeigte Affinität gegenüber der HIV-Protease im mikromolaren Bereich und ebnete den Weg zur Entwicklung einer ersten Struktur-Wirkungs-Beziehung und einer daraus abgeleiteten Bindungshypothese. Die Inhibitoren weisen zum größten Teil nur eine schwache Aktivität gegenüber der Protease auf. Eine Verbindung zeigt jedoch mit 18 µM eine für ihre Größe sehr gute Affinität. Die Ausstattung mit zwei Benzyl-Resten als Substituenten wurde als Grundstruktur für die Entwicklung der späteren Inhibitoren übernommen. Ausgehend von 3S,4S-Diamino-pyrrolidin konnte über Kondensation zum Benzolsulfonamid, N-Alkylierung mit Benzylbromid und Entschützung ein erster Inhibitor synthetisiert werden, der vier Spezifitätstaschen adressiert. Die Affinität gegenüber der HIV-Protease konnte im Vergleich zum besten Inhibitor der Diester-Serie deutlich gesteigert werden. Die Analyse der Kokristallstruktur dieser Verbindung im Komplex mit der HIV-Protease ermöglichte nun die weitere, gezielte Verbesserung der Inhibitoren. Als Strategie zur Optimierung wurden Substitutionen an den aromatischen Ringsystemen ausgewählt. Die daraus hervorgegangenen Inhibitoren der zweiten Generation zeigten alle samt eine deutlich bessere Affinität gegenüber der HIV-Protease als die der ersten Generation. Durch Analyse der Kokristallstrukturen von ausgewählten Vertretern der zweiten Generation von Inhibitoren und dem Vergleich mit der Ausgangsstruktur konnte gezeigt werden, dass der Bindungsmodus dieser optimierten Inhibitoren analog dem der Ausgangsverbindung ist und die Verbesserung der Affinität der zusätzlich substituierten Inhibitoren durch die vorhergesagten Wechselwirkungen verursacht wird. Ausgehend von den Strukturen der einfach substituierten Inhibitoren wurde die beste Kombination an Substituenten zur Darstellung von Inhibitoren der dritten Generation ausgewählt. Die entsprechende Kombination führte zur Steigerung der Affinität bis in den zweistellig nanomolaren Bereich. Die Röntgenstruktur zeigte einen Bindungsmodus, der vergleichbar mit dem der entsprechend substituierten Ausgangsverbindungen ist. Die synthetisierten Inhibitoren wurden ebenfalls auf ihre Aktivität gegenüber Mutanten der HIV-Protease getestet und zeigten dort ein neuartiges Aktivitätsprofil. Die Mutation von Isoleucin 84 zu Valin, die unter der Therapie mit allen bisher zugelassenen HIV-Proteasehemmern beobachtet wird, senkt die Affinität dieser Inhibitoren drastisch. Die im Zuge dieser Arbeit entwickelten Inhibitoren zeigen eine deutlich höhere Aktivität gegenüber dieser Punktmutante der Protease. In dieser Arbeit konnte eine enantioselektive Synthese von 3,4-disubstituierten Pyrrolidinen entwickelt und etabliert werden. Durch strukturbasiertes Design und röntgenkristallographische Analyse der strukturellen Veränderung durch die eingeführten Substitutionen konnte die Affinität der Verbindungen gegenüber der HIV-Protease in einem iterativen Prozess bis in den zweistellig nanomolaren Bereich gesteigert werden. Die Verbindungen zeigten einen neuartigen Bindungsmodus und ein von peptidomimetischen Hemmstoffen abweichendes Aktivitätsprofil. Insbesondere ist die bis zu einstellig nanomolare Affinität der Verbindungen gegenüber der I84V-Mutante der Protease hier hervorzuheben.


* Das Dokument ist im Internet frei zugänglich - Hinweise zu den Nutzungsrechten