Zusammenfassung:
Die vorliegende Dissertationsarbeit beschäftigte sich zum einen methodisch mit dem Gen-Knock-out des mit Myc interagierenden Proteins Miz-1 mittels der kürzlich erschlossenen Technik der RNA Interferenz in Säugerzellen.
Zum anderen wurde unter Nutzung der RNA Interferenz ein Zusammenhang aus dem Bereich zellulärer Schadenskontrollmechanismen, speziell der Regulation der UV-induzierten DNA-Schadensantwort durch das Myc interagierende Protein Miz-1 geklärt.
Der erste Teil der Arbeit beschäftigte sich mit der Nutzung eines evolutionär konservierten Abwehrmechanismus der Zelle gegen Fremdgene, der RNA Interferenz. Der Knock-out mittels RNA Interferenz ersetzt zunehmend die konventionellen Gen-Knock-out-Technologien.
Durch RNA Interferenz Versuche mit Kotransfektion eines Glühwürmchen-Luziferase-kodierenden Plasmids und eines sequenz-homologen RNA-Doppelstrangs konnte ein deutlicher Rückgang der Plasmid-induzierten Lumineszenz gegenüber den allein mit Reporter-Plasmid transfizierten oder mit Nonsense-RNA kotransfizierten Zellen erreicht werden. Mittels dieses spezifischen Knock-out eines Gens wurde die Eignung der Säugerzelllinien HaCaT, einer humanen Keratinozyten-Zelllinie, HeLa, ebenfalls humaner Zervix-Karzinom-Zellen und MEF, primärer muriner Embryo-Fibroblasten zur RNA Interferenz dargelegt.
Anschließend wurde die Depletion des Transkriptionsfaktors Miz-1 durchgeführt. Ähnlich wie in zahlreichen bisherigen RNA Interferenz-Versuchen in Säugerzellen konnte nur ein partieller Knock-out des Gens erreicht werden. Aber auch eine partielle Depletion eines Gens hat Auswirkungen auf den resultierenden Phänotyp. Die Möglichkeit eines partiellen Miz-1 Knock-out, auch als Knock-down bezeichnet, eröffnet umfangreiche Möglichkeiten der Funktionsanalyse des Gens und seiner Interaktionspartner sowie der Analyse Miz-1-abhängiger Signaltransduktionswege.
Der zweite Teil der Arbeit befasste sich mit der zellulären Antwort auf UV-induzierte DNA-Schäden. Dabei wurde ein vom Tumorsuppressor p53 abhängiger sowie ein p53-unabhängiger Schadens-Kontrollpunkt untersucht und die jeweilige Bedeutung des Transkriptionsfaktors Miz-1 geprüft.
Zur Analyse der p53-abhängigen zellulären Antwort auf UV-induzierte DNA-Schäden wurden ARF / Maus-Embryo-Fibroblasten verwandt, da Myc in UV bestrahlten Wildtyp-MEF-Zellen eigenständig über ARF Apoptose induziert. Durch p53 werden eine Reihe von Genen, unter anderem der CdK-Inhibitor p21cip1, aktiviert, die Zellzyklusarrest oder Apoptose einleiten. Wie die vorliegenden Untersuchungen zeigen, ist für die p21cip1-Expression in der UV-Antwort neben dem Tumorsuppressor p53 die Anwesenheit des Transkriptionsfaktors Miz-1 notwendig. Nach Depletion des Myc interagierenden Proteins mittels RNA Interferenz liegt eine gehemmte Expression des CdK-Inhibitors p21cip1 vor.
Mit der Depletion von Miz-1 durch RNA Interferenz vergleichbar ist der funktionelle Ausfall der Aktivität von Miz-1 in Zellen mit deregulierter Expression von Myc. In MEF-Zellen verhindert eine Überexpression des Onkogens die UV-induzierte Aktivierung der Expression von p21cip1. Folge ist die verkürzte Dauer des Zellzyklusarrestes und ein rascher Wiedereintritt der geschädigten Zelle in den Zellzyklus. Anzunehmen ist also, dass die negative Regulation der DNA-Schadensantwort auf UV-Licht durch Myc in Miz-1 abhängiger Weise erfolgt.
Anhand eines Zellsystems p53-defizienter humaner Keratinozyten konnte die p53-unabhängige Schadensantwort auf verschiedene DNA-schädigende Agenzien untersucht werden. Ein für HaCaT-Zellen ermittelter Signaltransduktionsweg nach DNA-Schädigung wurde zunächst reproduziert. Die UV-Bestrahlung der Keratinozyten löst eine transiente Repression des Topoisomerase-bindenden Proteins TopBP1 aus. Das aus dem inhibitorischen Komplex mit TopBP1 frei werdende Miz-1 veranlasst die transkriptionelle Aktivierung des CdK-Inhibitors p15INK4B. Ähnlich der Induktion der p21cip1-Expression ist das Resultat des UV-Schadens die Aktivierung eines CdK-Inhibitors mit folgendem Zellzyklusarrest.
Die Zytostatika Zeozin und Hydroxy-Harnstoff zeigten keinen Einfluss auf die Expression von Myc, Miz, TopBP1 oder p15INK4B, den beteiligten Interaktionspartnern des Schadens-Kontrollpunktes der UV-Antwort der Keratinozyten-Zelle.
Die Ergebnisse sprechen für die Schadens-Spezifität der p53-unabhängigen UV-Antwort. Der untersuchte Signaltransduktionsweg ist an der zellulären Antwort auf die Zytostatika-induzierten DNA-Defekte nicht beteiligt. Es ist möglich, dass der Miz 1/TopBP1-Komplex Bestandteil eines ausschließlich durch UV-Licht ausgelösten Schadens-Kontrollpunktes ist.