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Titel:Lebenszeit-Mortalität von Männern mit normalen und subnormalen Spermienkonzentrationen
Autor:Groos, Sabine
Weitere Beteiligte: Brandl, Roland (Prof.)
Veröffentlicht:2005
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2006/0087
DOI: https://doi.org/10.17192/z2006.0087
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2006-00878
DDC: Medizin
Titel (trans.):Lifetime mortality of men with normal and subnormal sperm counts
Publikationsdatum:2006-03-13
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Infertility, Spermatogenese, Spermatogenesis, Fertilität, Lebensdauer, Lebenszeit-Mortalität, Lifetime mortality, Sperm count, Spermienkonzentration, Kinderlosigkeit, Fertilitätsstörung, Sterblichkeit, Ereignisdatenanalyse, Reproduktion, Survival data analysis
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Zusammenfassung:
Die Spermatogenese ist ein komplexer Prozess und stellt eines der wenigen Beispiele kontinuierlicher Proliferation von hochdifferenzierten und hochspezialisierten Zellen im menschlichen Organismus dar. Sie reagiert auf Grund ihrer raschen Reproduktion und dem hohen Differenzierungsgrad ihrer Zellen empfindlich auf Noxen und Stressoren. Der durchgeführten Studie liegt die Überlegung zu Grunde, dass die Spermatogenese bzw. deren Störungen ein Anzeichen für die Belastung des männlichen Organismus mit Noxen darstellen könnten. Werden gewisse Vorerkrankungen ausgeschlossen, so könnte eine Beeinträchtigung der Spermatogenese, ausgedrückt durch subnormale Spermienkonzentrationen, als Indikator für den Gesundheitszustand des männlichen Organismus angesehen werden. Entsprechend sollten Männer mit Spermatogenesestörungen aufgrund ihres schlechteren allgemeinen Gesundheitszustandes früher versterben als Männer ohne solche Störungen. Es sollte sich ein Zusammenhang zwischen der Spermienkonzentration und der Lebensdauer eines Individuums, also der Lebenszeit-Mortalität, finden lassen. Datengrundlage waren Krankenakten von Patienten der Andrologischen Sprechstunde des Universitätsklinikums Marburg, welche in den Jahren 1949 bis 1985 – meist aufgrund eines unerfüllten Kinderwunsches – eine Spermiogramm-Analyse durchführen ließen. Mittels Recherche in Einwohnermeldeämtern und der hessischen Zentraldatei einer gesetzlichen Krankenkasse wurden der Vitalstatus (lebend vs. verstorben) bzw. die Sterbedaten von 601 ehemaligen Patienten ermittelt. Der zuletzt ausgeübte Beruf diente als Indikator für den sozioökonomischen Status. Die Fälle wurden in Abhängigkeit von der angegebenen Spermienkonzentration nach Empfehlungen der WHO in 3 Fertilitätsklassen eingeteilt: normozoosperm (Spermienkonzentration &#8805; 20 Mio./ml), oligozoosperm (< 20 Mio./ml) und azoosperm (keine Spermien im Ejakulat). Eine Sterbetafel-Analyse ermöglichte die Darstellung der Überlebensfunktionen der Fertilitätsklassen und ermittelte eine höhere Mortalität für oligozoosperme als für normozoosperme Fälle. Die semi-parametrische Cox-Regression sowie weitere parametrische Regressionsverfahren, u.a. das Gompertz-Makeham-Modell, erlaubten, diesen Unterschied zu quantifizieren und unter Kontrolle verschiedener Variablen die Lebenszeit-Mortalität in Abhängigkeit vom Fertilitätsstatus modellieren. Es zeigte sich hier, dass die oligozoospermen Fälle ein doppelt so hohes Mortalitätsrisiko wie die normozoospermen Männer hatten. Die Sterblichkeit der Azoospermen hingegen war weder gegenüber jener der Normo- noch gegenüber jener der Oligozoospermen erhöht. Hinsichtlich der Spermienkonzentration wiesen die Regressionsmodelle keinen Zusammenhang mit der Lebenszeit-Mortalität der Individuen nach. Dies lässt den Schluss zu, dass sich der Zusammenhang zwischen Spermatogenese und Mortalität nicht in quantitativer Form als direkte Dosis-Wirkungs-Beziehung, sondern eher in qualitativer Form als niedrigeres bzw. höheres Sterberisiko bei „besserer“ bzw. „schlechterer“ reproduktionsphysiologischer Funktion zeigt. Zur Begründung einer höheren Sterblichkeit der Fälle mit subnormalen Spermienkonzentrationen werden verschiedene Erklärungsansätze diskutiert. (1) Auswirkungen von Kinderlosigkeit auf die Gesundheit und Mortalität: (Ungewollte) Kinderlosigkeit erhöht das Risiko für eine Scheidung, ist assoziiert mit ungesünderem Lebensstil, geringerer sozialer Unterstützung und erhöhter Morbidität. (2) Bedingungen in utero und im frühen Kindesalter: Nachteilige Konditionen können sich gleichzeitig negativ auf die Gesundheit im Allgemeinen und auf reproduktionsphysiologische Funktionen, z.B. die Spermatogenese, auswirken. (3) genetische Dispositionen, welche einen Zusammenhang zwischen verminderter Fertilität einerseits und erhöhter Mortalität andererseits moderieren.


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