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Titel:Aufklärung zur Strahlentherapie: Patientenerwartungen und Auswirkung auf das Erleben der Strahlenbehandlung
Autor:Baumgartner, Gisela
Weitere Beteiligte: Koller, Michael (PD) , Engenhart-Cabillic, Rita (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2005
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2005/0375
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2005-03757
DOI: https://doi.org/10.17192/z2005.0375
DDC:610 Medizin
Titel (trans.):Patient councelling in radiotherapy: Patient expectations and effects on outcome of radiotherapy
Publikationsdatum:2005-07-25
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Patient expectations, Side-effects, Vertrauen, Radiotherapy, Information, Nebenwirkungen, Strahlentherapie, Trust, Information, Lebensqualität, Patientenerwartungen, Aufklärungsgespräch

Zusammenfassung:
Die Studie befasst sich mit dem Aufklärungsgespräch zur Strahlentherapie unter besonderer Berücksichtigung der Patientenperspektive. Es handelt sich um eine Kohortenstudie mit wiederholten Messungen (vor und nach dem Aufklärungsgespräch und nach Abschluss der Therapie). Die Kohorte bestand aus Krebspatienten, die in der Universitätsklinik Marburg ambulant strahlentherapeutisch behandelt wurden. Von insgesamt 137 Patienten durchliefen 63 Patienten die Studie komplett. Die Daten wurden teils anhand standardisierter Messinstrumente (EORTC QLQ-C30, PLC) und teils anhand selbsterstellter Fragen erhoben. Die Beobachtungsgruppe unterschied sich in demographischen Basisdaten (Alter, Geschlecht) und klinischen Kriterien (Diagnose, therapeutischer Ansatz) nicht signifikant vom Rest der Kohorte. Knapp 50% der Patienten kamen schon vorinformiert zum Aufklärungsgespräch, wobei Ärzte, Angehörige und Bekannte die wichtigsten Informationsquellen darstellten. Das Internet spielte eine untergeordnete Rolle. Die Patienten sorgten sich am häufigsten um das Thema Gesundheit/Krankheit (49%), gefolgt vom Thema Nebenwirkungen (22%). Die meisten (40%) Patienten verbanden neutrale Aspekte mit Strahlentherapie, 32% hatten positive Assoziationen (Hoffnung, Heilung) und 29% negative (z.B. z.B. Angst, Krebs). Die wichtigste Erwartung an das Aufklärungsgespräch war für 25% der Patienten Informationsgewinn, für 19% Aufbau von Vertrauen zum Arzt. Emotional betonte Aspekte, wie Angst mildern oder Beruhigung spielten kaum eine Rolle. 84% der Patienten sahen ihre Erwartungen bezüglich Informationsgewinn und Aufbau an Vertrauen nach dem Gespräch erfüllt. Insgesamt zeigten sich 73% sehr zufrieden und 27% nur mäßig bis wenig zufrieden. „Technische Informationen“ wie Bestrahlungsdauer oder Begleiterscheinungen waren nach dem Gespräch fast allen gut erinnerlich, während hinsichtlich Heilungsaussichten und Therapieziel z.T. unrealistische Erwartungen bestanden: obwohl nur zwei Drittel der Patienten mit kurativer Intention bestrahlt werden sollten, erwarteten 84% der Patienten Heilung. Hinsichtlich der Lebensqualität zeigte sich, dass diese bei der untersuchten Patientengruppe schlechter war als in der Allgemeinbevölkerung. Stärkere Unterschiede fanden sich bei der „Leistungsfähigkeit in Arbeit und Haushalt“ und in den Bereichen „soziales Leben“, „Müdigkeit“ und „Schlaflosigkeit“. Im Laufe der Therapie zeigte sich eine weitere Abnahme der Lebensqualität in den Bereichen „körperliche Leistungsfähigkeit“, „Müdigkeit“, „Schmerz“ und „Diarrhö“. Zwischen der Gesprächszufriedenheit und dem Erleben der Therapie fanden wir folgenden Zusammenhang: Je besser das Gespräch empfunden wurde, um so weniger unangenehm wurde die Strahlentherapie erlebt. Hohe Gesprächszufriedenheit führte zu weniger Nebenwirkungen, weniger Appetitlosigkeit, weniger Panik und weniger Einsamkeit. Das Gefühl, ausreichend informiert zu sein und Vertrauen zum Arzt gewonnen zu haben, führte zu weniger Nebenwirkungen, weniger Appetitlosigkeit und weniger Panik. Ergänzend wurden auch multivariate Analysen durchgeführt (in Vorbereitung auf eine englischsprachige Publikation und in dieser Arbeit nicht dargestellt), in denen Variablen wie negativer Affekt, Alter und Geschlecht als potentielle konfundierende Variablen berücksichtigt wurden (hierarchische Regressionen). Es zeigte sich, dass diese Kovariaten nur einen minimalen Beitrag zur Varianzaufklärung leisteten und der Effekt der Bewertung des Aufklärungsgespräches auf die Outcomevariablen nicht abgeschwächt wurde. In einer Nebenauswertung wurden diese Analysen nochmals für kurative und palliative Patienten getrennt vorgenommen. Für letztere war "Vertrauen zum Arzt fassen" das wichtigste Ziel des Aufklärungsgespräches. Gesprächszufirdenheit konnte Gefühle von Einsamkeit während der Therapie verringern. Schlussfolgerung: Das Aufklärungsgespräch stellt weit mehr als bloße Informationsübermittlung und juristische Absicherung des Arztes dar. Sind die Patienten mit dem Gespräch zufrieden und werden die zwei wichtigsten Wünsche der Patienten (Informiert werden und Vertrauen fassen) erfüllt, birgt es das Potential, die Strahlentherapie für den Patienten erträglicher zu machen: Nebenwirkungen werden weniger intensiv erlebt und die Patienten leiden unter weniger Panik und Einsamkeit. Somit kann es einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lebensqualität leisten. Bei Patienten mit palliativem Behandlungskonzept kann durch ein gelungenes Gespräch das Gefühl von Einsamkeit verringert werden.


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