Einsatz des Transfer of Control Paradigmas
zum Nachweis klassischer Konditionierung im Humanexperiment

 

 

 

Dissertation
zur Erlangung des Doktorgrades
der Naturwissenschaften
(Dr.rer.nat.)

 
 

dem
Fachbereich Psychologie
der Philipps-Universität Marburg
vorgelegt
 
 
von
Jörg Wolter
aus Hanau
 
Marburg/Lahn 1998
 
 
 
Vom Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität Marburg als Dissertation am 23.04.1998 angenommen.
Erstgutachter : Herr Prof. Dr. H. Lachnit
Zweitgutachter : Herr Prof. Dr. F. Rösler
Tag der mündlichen Prüfung am 29.04.1998
 
 




 

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung *

2 Das Transfer of Control Paradigma *

2.1 Beschreibung des Paradigmas *

2.2 Mögliche Varianten des Transfer of Control Paradigmas *

2.2.1 Arten der Verstärkung beim operanten Konditionieren *

2.2.2 Einfache versus differentielle klassische Konditionierung *

2.3 "Getrennte" versus "vermischte" Durchführung *

2.4 Abhängige Variablen in Transfer of Control Experimenten *

2.5 Erklärungsansätze für Transfer of Control Effekte *

2.5.1 Zwei-Prozeß-Theorien zur Erklärung von Transfer of Control Effekten *

2.5.2 Der Response-Cueing Ansatz von Overmier und Lawry *

2.5.3 Response-Cueing oder "Zentraler Zustand"? *

2.6 Einsatzbereiche des Transfer of Control Paradigmas *

2.7 Transfer of Control Experimente im Humanbereich *

2.8 Hinführung zu den eigenen Arbeiten *

2.9 Aspekte der Anwendung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich *

2.9.1 Die Wahl der Vorgehensweise *

2.9.2 Die klassische Konditionierung *

2.9.3 Die Wahl der operanten Aufgabe *

2.10 Auswirkung der klassischen auf die operante Konditionierung * 2.10.1 Vorhersagen nach Rescorla und Solomon *

2.10.2 Vorhersagen nach Overmier und Lawry *

2.11 Herleitung der Fragestellung * 2.11.1 Allgemeine Fragestellung *

2.11.2 Allgemeine Hypothese *

2.12 Zur Abfolge der Experimente *

3 Experimentelle Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich *

3.1 Allgemeine Aspekte der Operationalisierung *

3.1.1 Instruktionen *

3.1.2 Operante Aufgabe *

3.1.3 Reize der klassischen Konditionierung *

3.1.4 Abhängige Variablen *

3.1.5 Feedback *

3.1.6 Räumliche und technische Aspekte *

3.2 Experiment 1 (Pilotstudie) * 3.2.1 Hypothese *

3.2.2 Stichprobe *

3.2.3 Versuchsablauf *

3.2.4 Ergebnisse *

3.2.4.1 Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen *

3.2.4.2 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen *

3.2.5 Diskussion *

3.3 Experiment 2 * 3.3.1 Hypothese *

3.3.2 Stichprobe *

3.3.3 Versuchsablauf *

3.3.4 Ergebnisse *

3.3.4.1 Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen *

3.3.4.2 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen *

3.3.5 Diskussion *

3.4 Experiment 3 (Kontrollstudie) * 3.4.1 Hypothese *

3.4.2 Stichprobe *

3.4.3 Versuchsablauf *

3.4.4 Ergebnisse *

3.4.4.1 Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen *

3.4.4.2 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen *

3.4.4.3 Auswertungsschritt 2: Mittelung über grün und gelb *

3.4.5 Diskussion *

3.5 Experiment 4 * 3.5.1 Hypothese *

3.5.2 Stichprobe *

3.5.3 Versuchsablauf *

3.5.4 Ergebnisse *

3.5.4.1 Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen *

3.5.4.2 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen *

3.5.4.3 Vergleich der Ergebnisse von Experiment 2 und 4 *

3.5.5 Diskussion *

3.6 Experiment 5 * 3.6.1 Hypothese *

3.6.2 Stichprobe *

3.6.3 Versuchsablauf *

3.6.4 Ergebnisse *

3.6.4.1 Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen *

3.6.4.2 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen *

3.6.5 Diskussion *

4 Gesamtdiskussion *

4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse *

4.1.1 Bearbeitungszeiten insgesamt und richtig bearbeiteter Aufgaben *

4.1.2 Die Anzahl insgesamt und richtig bearbeiteter Aufgaben *

4.1.3 Bewertung weiterer Aspekte der Bearbeitungszeiten *

4.2 Stellenwert der Experimente als Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas *

4.3 Ausblick *

5 Zusammenfassung *

6 Literatur *

 




 Einleitung
Die Psychologie, so wie sie heute an den meisten Universitäten gelehrt wird, versteht sich als eine empirische Wissenschaft, die versucht, mit Hilfe von kontrollierten Studien Aussagen über Menschen zu machen. Schlägt man nun ein Lehrbuch im Bereich der Lernpsychologie auf und versucht, sich anhand der dort dargestellten Experimente Wissen über gängige Theorien und Vorgehensweisen in der Forschung anzueignen, so fällt eines sehr deutlich auf: Die meisten Experimente, die diesen Theorien zugrunde liegen, wurden und werden mit Tieren und nicht mit Menschen durchgeführt. Das gilt besonders im Bereich der Forschung zur klassischen und operanten Konditionierung. Obwohl also etwas über den Menschen und seine Verhaltensweisen, seine Art zu lernen und zu denken, ausgesagt und in Erfahrung gebracht werden soll, arbeitet man tierexperimentell. Dies hat mehrere Gründe:

Viele Experimente können aus ethischen und juristischen Gründen nicht am Menschen durchgeführt werden, so z. B. in der Neuropsychologie, wo unter anderem untersucht wird, wie sich bestimmte Läsionen des Gehirns auf das Verhalten, das Lernen oder die Wahrnehmung auswirken können. Damit allgemeingültige Aussagen und Vorhersagen getroffen werden können, bedarf es hier einer experimentellen Variation bestimmter Bedingungen und damit der künstlichen Erzeugung solcher Läsionen. Dies läßt sich aber, auch aus ethischen Gründen, nur in Tierexperimenten realisieren. Andere Gründe für den Vorzug von Tierexperimenten gegenüber Humanexperimenten sind eher pragmatischer Natur, wie die leichtere Realisierbarkeit großer Versuchsreihen, die bessere Handhabbarkeit von Versuchstieren und der Vorteil, daß man das mühsame und zeitaufwendige Anwerben von Versuchspersonen umgehen kann.

So verlockend das Arbeiten mit Tieren aus diesen Gründen auch ist, eine Aussage über menschliches Verhalten aufgrund solcher Studien ist nur dann statthaft, wenn plausibel gemacht werden kann, daß auch der Mensch in ähnlicher Weise funktioniert und reagiert, wie es die Tiere in der entsprechenden Situation tun, d. h., wenn das Tier ein adäquates Modell für menschliches Verhalten darstellt. Ein solcher Analogieschluß ist z. B. immer dann notwendig, wenn aus den genannten Gründen für beide Spezies nicht die gleichen experimentellen Bedingung geschaffen werden können. In anderen Fällen ist es sehr wohl möglich, auch Menschen zumindest sehr ähnlichen Versuchsbedingungen auszusetzen. Findet man hier gleiche oder sehr ähnliche Ergebnisse, besteht die Möglichkeit, den Erkenntnisgewinn aus der tierexperimentellen Forschung auf den Humanbereich zu übertragen. Immer wenn es möglich erscheint, Experimente, wie sie in der tierexperimentellen Forschung durchgeführt werden, auch im Humanbereich umzusetzen, sollte diese Chance ergriffen werden, um eine Schnittstelle zwischen diesen beiden Vorgehensweisen zu schaffen. Denn nur so kann der Erkenntnisgewinn aus dem einen Forschungsbereich auch nutzbringend für den anderen eingesetzt werden.

Die vorliegende Arbeit entstand aus dem Interesse heraus, ein Paradigma, das im tierexperimentellen Bereich seit mehr als fünfzig Jahren zum Nachweis der klassischen Konditionierung eingesetzt wird, auf den Humanbereich zu übertragen. Es handelt sich dabei um das Transfer of Control Paradigma (z. B. Estes & Skinner, 1941). Hinter diesem Begriff verbirgt sich die experimentelle Verknüpfung von klassischer und operanter Konditionierung. Dieses Paradigma wurde zuerst von Estes und Skinner (1941) eingesetzt und diente zunächst dem Ziel, herauszufinden, inwieweit die klassische Konditionierung Kontrolle über operantes Verhalten erlangen kann. Daher leitet sich auch der Name für dieses Paradigma ab.

Heute kommt dem Transfer of Control Paradigma eine etwas andere Funktion zu. War man ursprünglich daran interessiert, festzustellen, wie sich die Reize aus der klassischen Konditionierung auf das operante Verhalten auswirken, setzt man das Paradigma, nachdem diese Zusammenhänge relativ gut erforscht sind, nun zum Nachweis erfolgreicher klassischer Konditionierung ein. Des weiteren wird Transfer of Control in der Pharmakologie als Standardparadigma eingesetzt, um die Wirkung bestimmter Medikamente zu prüfen. Außerdem wurden wichtige theoretische Vorstellungen zum klassischen Konditionieren mit Hilfe dieses Paradigmas im tierexperimentellen Bereich überprüft. Dieser letzte Punkt erscheint als wichtiger Anreiz, das Transfer of Control Paradigma im Humanbereich einzusetzen, da die klassische Konditionierung zu den wichtigsten Forschungsmethoden in der experimentellen Psychologie zählt und auch ihre Bedeutung für die Forschung im Humanbereich immer größer wird (vgl. auch Turkkan, 1989; Hugdahl, 1995). So bemerkt z.B. Turkkan (1989, S.121):

"In the past two decades the theoretical underpinnings and methodology of Pavlov´s salivation experiment have undergone profound changes. The secretory, emotive, and reflexive Pavlovian response (...) has expanded its territory into complex skeletal behavior, even termed "cognitive" by some. The classically conditioned response has been embraced by a variety of disciplines such as pharmacology, ethology, neurobiology, psychiatry, cognitive psychology, endocrinology, and immunology."

Bisher gibt es noch keine erfolgreiche experimentelle Umsetzung, die es erlaubt, das Transfer of Control Paradigma im Humanbereich einzusetzen. Ansätze, die dieses versuchten und die im theoretischen Teil dieser Arbeit beschrieben werden, führten entweder zu wenig reliablen Ergebnissen oder wurden aus anderen Gründen nicht weiterverfolgt. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine experimentelle Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich zu finden. Damit würde eine Schnittstelle zwischen tierexperimenteller und humanexperimenteller Forschung geschaffen, die es ermöglicht, Erkenntnisse, die mit dem Transfer of Control Paradigma im Tierexperiment gewonnen wurden, auch im Humanbereich anzuwenden.
 

Übersicht über die vorliegende Arbeit
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Transfer of Control Paradigma und seiner Anwendung im Humanbereich. Im ersten Teil der Arbeit werde ich deshalb genauer auf dieses Paradigma eingehen. Ich werde die experimentelle Anordnung, wichtige Ergebnisse und die führenden theoretischen Vorstellungen dazu berichten. Danach werde ich auf bisherige Versuche, das Transfer of Control Paradigma im Humanbereich einzusetzen und auf die Kritik an diesen Versuchen eingehen. Im Anschluß daran soll eine eigene experimentelle Anordnung dargestellt werden. Im zweiten Abschnitt der Arbeit werden fünf Experimente mit dieser Anordnung berichtet, die das Ziel haben, klassische Konditionierung im Humanbereich mit Hilfe des Transfer of Control Paradigmas nachzuweisen. Die Arbeit schließt mit einer Gesamtdiskussion und einem Ausblick für die weitere Anwendung des Paradigmas im Humanbereich.
 



 
Das Transfer of Control Paradigma

Beschreibung des Paradigmas

Das Transfer of Control Paradigma besteht aus der experimentellen Verknüpfung von klassischer und operanter Konditionierung. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal dieser beiden Konditionierungsparadigmen besteht darin, daß bei der klassischen Konditionierung der unkonditionierte Reiz in einer kontingenten Beziehung zum konditionierten Reiz, aber unabhängig von den Reaktionen des Versuchsobjektes appliziert wird. Im Gegensatz dazu ist beim operanten Konditionieren die Applikation der Verstärker explizit vom Verhalten des Versuchsobjektes abhängig.

Die ersten Experimente mit dem Transfer of Control Paradigma wurden von Estes und Skinner (1941) durchgeführt. Das Ziel der Autoren war es, festzustellen, wie sich Angst auf normales Verhalten auswirken kann. Nach Estes und Skinner (1941, S. 390) hat Angst zwei definierende Charakteristiken:

"Anxiety has at least two defining characteristics: (1) it is an emotional state, somewhat resembling fear, and (2) the disturbing stimulus which is principally responsible does not precede or accompany the state but is ‘anticipated’ in the future."

Nach Estes und Skinner (1941) läßt sich Angst durch klassische Konditionierung mit einem aversiven unkonditionierten Reiz (US) erzeugen. Als aversiven US setzten sie Elektrostimulation (Schock) ein. Der konditionierte Reiz (CS) bestand aus einem Ton. Der Einfluß der auf diese Weise konditionierten Angst auf "normales" oder "alltägliches" Verhalten wurde mit Hilfe einer operanten Konditionierung überprüft. Dabei handelte es sich um eine positive Verstärkung mit einem appetetiven Verstärker, nämlich Futter.

Estes und Skinner brachten ihren Versuchstieren (in diesem Fall waren es Ratten) im Experiment zuerst das operante Verhalten bei. Die Tiere mußten, um an Futter zu gelangen, einen Hebel drücken. Die Betätigung des Hebels wurde dann mit Futter verstärkt (belohnt). Zeigten die Versuchstiere dieses Verhalten mit einer bestimmten Häufigkeit, begann die Phase der klassischen Konditionierung. Diese wurde durchgeführt, während die Versuchstiere weiterhin das operante Verhalten zeigen konnten. Das heißt, es handelte sich hier um das Einstreuen von Ton-Schock Paarungen (CS-US Kombinationen) in die operante Konditionierungsphase.

 Als abhängige Variable wurde das operante Verhalten während der Applikation von CS und US erfaßt. Estes und Skinner konnten beobachten, daß die Tiere zunächst auf die Schockapplikation hin das operante Verhalten kurzzeitig einstellten. Im Verlauf des Experiments, in dem in unregelmäßigen Abständen CS und US mehrmals appliziert wurden, konnte beobachtet werden, daß die Tiere schon während der Tondarbietung das operante Verhalten einstellten und erst nach Applikation des US wieder aufnahmen. Sie hatten gelernt, den Ton mit dem Schock zu assoziieren und zeigten (nach Estes und Skinner) Angst, die sich auf das operante Verhalten negativ auswirkte.

Estes und Skinner (1941) prägten für diese Unterdrückung (Suppression) des operanten Verhaltens den Begriff "konditionierte emotionale Reaktion" oder im englischen "conditioned emotional response", abgekürzt "CER". Ihr Versuchsdesign wird heute auch als CER-Paradigma bezeichnet und ist die am häufigsten eingesetzte Transfer of Control Prozedur.

Die wesentlichen Bestimmungsstücke des Transfer of Control Paradigmas sind mit der Beschreibung dieses Experiments schon genannt. Man benötigt für die klassische Konditionierung Reize, die als CS und als US eingesetzt werden können. Für die operante Konditionierung bedarf es eines Verstärkers, der in Abhängigkeit von einem bestimmten Verhalten des Versuchstieres (z. B. einen Hebel drücken) verfügbar ist. Dieses Verhalten wird als abhängige Variable erfaßt, um den Einfluß der klassischen Konditionierung zu überprüfen.

 Mögliche Varianten des Transfer of Control Paradigmas
 Wie bereits angedeutet, diente die Beschreibung des Experimentes von Estes und Skinner (1941) nur als ein Beispiel für das Transfer of Control Paradigma. Systematischer betrachtet gibt es eine Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten klassischer und operanter Konditionierung. Bevor auf diese genauer eingegangen werden soll, ist es notwendig, noch einige Begriffe zu erläutern.

Man unterscheidet bei der klassischen Konditionierung zwischen appetetiver und aversiver Konditionierung. Dies hängt davon ab, ob der eingesetzte US angenehme oder unangenehme Eigenschaften für das Versuchstier oder die Versuchsperson besitzt. Für die appetetive Konditionierung wird häufig Futter verwendet und als aversiver US wird meistens Elektrostimulation (Schock) eingesetzt.

Genau wie beim klassischen Konditionieren unterscheidet man beim operanten Konditionieren aversive und appetetive Verstärker. Bei der positiven Verstärkung wird ein appetetiver Verstärker (z. B. Futter) verwendet. Im Fall der negativen Verstärkung verwendet man dagegen aversive Verstärker, wie die Elektrostimulation.

Bei Transfer of Control Experimenten beschränkt man sich im Fall der operanten Konditionierung auf die positive und die negative Verstärkung. Die klassische Konditionierung wurde früher mit einem einfachen Konditionierungsdesign durchgeführt, heute wird häufiger ein differentielles Konditionierungsdesign verwendet (z. B. Lachnit, 1993).

Was bedeutet nun positive und negative Verstärkung, und was hat es mit den Begriffen einfache versus differentielle Konditionierung auf sich? Zum besseren Verständnis sollen zuerst diese Begriffe erläutert werden, bevor dann auf ihre Bedeutung im Transfer of Control Paradigma eingegangen wird.

 Arten der Verstärkung beim operanten Konditionieren
Bei der operanten Konditionierung wird nicht mit passivem Verhalten gearbeitet, sondern es muß ein aktives Verhalten gezeigt werden, das systematisch verstärkt wird, um seine Auftretenshäufigkeit zu erhöhen oder zu verringern. Man unterscheidet dabei vier Arten von Verstärkung. Die Unterscheidung ergibt sich daraus, ob man ein Verhalten aufbauen oder aber wieder löschen möchte, und ob man einen appetetiven Verstärker, wie zum Beispiel Futter, oder einen aversiven Verstärker, wie die Elektrostimulation, einsetzt.

Im Fall der positiven Verstärkung (positive reinforcement) wird ein appetetiver Verstärker verwendet, und dieser wird erreichbar, wenn das Versuchstier das operante Verhalten ausführt. Es besteht damit eine positive Kontingenz zwischen Verhalten und Verstärker und daher leitet sich auch der Name positive Verstärkung ab. Die positive Verstärkung führt zu einer Erhöhung der Verhaltenshäufigkeit. Als Beispiel für eine positive Verstärkung kann das Experiment von Estes und Skinner (1941) herangezogen werden, in dem die Versuchstiere Futter erhielten, wenn sie einen Hebel betätigten.

Die negative Verstärkung wird mit einem aversiven Verstärker durchgeführt. Hier dient das operante Verhalten dazu, diesen Verstärker zu vermeiden oder sich ihm durch Flucht zu entziehen. Es besteht damit eine negative Kontingenz zwischen dem Verhalten und dem Verstärker. Auch diese Art der Verstärkung führt zu einer Erhöhung der Verhaltenshäufigkeit. Eine negative Verstärkung besteht zum Beispiel dann, wenn Versuchstiere einen Hebel drücken müssen, um die Applikation von Elektrostimulation zu vermeiden (z. B. Solomon & Turner, 1962).

Die dritte Art der Verstärkung ist die Bestrafung. Hier verwendet man einen aversiven Verstärker und appliziert ihn immer dann, wenn das operante Verhalten ausgeführt wird. Die Kontingenz zwischen Verhalten und Verstärker ist damit positiv, und die Verstärkung führt zu einer Verringerung der Verhaltenshäufigkeit. Beispiele für die Bestrafung lassen sich vielfältig im Alltag, z.B. bei der Erziehung von Kindern oder Hunden beobachten.

Eine weitere Art der Verstärkung ist die sogenannte "Weglass" (Omission)- Prozedur. Hier wird ein appetetiver Verstärker eingesetzt, aber die Kontingenz zwischen Verhalten und Verstärker ist negativ. Der Verstärker ist prinzipiell immer verfügbar, nur wenn das (unerwünschte) Zielverhalten gezeigt wird, wird er entfernt. Auch diese Art der Verstärkung führt zu einer Verringerung der Verhaltenshäufigkeit. Bei der Erziehung von Kindern wird diese Form der Verstärkung häufig eingesetzt. Zeigt das Kind ein unerwünschtes Verhalten, kommt es z. B. zu Fernsehverbot.

Von diesen vier Arten der Verstärkung werden im Transfer of Control Paradigma nur die positive und die negative Verstärkung eingesetzt, weil es in beiden Fällen zu einer beobachtbaren und stabilen Erhöhung der Verhaltenshäufigkeit kommt und der Einfluß verschiedener Reize auf dieses Verhalten gemessen werden kann. Wenden wir uns nun der klassischen Konditionierung und der Unterscheidung zwischen einfacher und differentieller Konditionierung zu.
 

Einfache versus differentielle klassische Konditionierung
Bei der Frage, ob man ein einfaches oder ein differentielles Konditionierungsdesign wählt, handelt es sich letztlich um die Entscheidung, welche Art von Kontrolle man zum Nachweis der klassischen Konditionierung verwenden möchte.

Die Vorgehensweise beim einfachen klassischen Konditionieren besteht darin, daß man in einer Experimentalgruppe einen CS einsetzt und diesen mit dem US koppelt. Einer Kontrollgruppe wird zwar ebenfalls der CS dargeboten - genauso oft und zu den gleichen Zeitpunkten wie der Experimentalgruppe - jedoch nie der US. Zum Nachweis der Konditionierung werden die Reaktionen auf den CS zwischen den beiden Gruppen verglichen. Von einer erfolgreichen Konditionierung spricht man dann, wenn der CS in der Experimentalgruppe mehr oder größere konditionierte Reaktionen auslöst als in der Kontrollgruppe. Diese Vorgehensweise bringt jedoch einige Probleme mit sich. Geht man davon aus, das ein US eine sensitivierende Funktion für den Organismus hat, dann könnten Unterschiede zwischen Kontrollgruppe und Experimentalgruppe (in ihren Reaktionen auf den CS) alleine auf diese erhöhte Sensitivierung zurückgeführt werden. Um dieses Problem zu vermeiden, kann man auch in der Kontrollgruppe den US verabreichen, und zwar immer dann, wenn kein CS präsentiert wird. Hier besteht also eine negative Kontingenz zwischen CS und US in der Kontrollgruppe. Dieses Vorgehen wurde jedoch kritisiert (vgl. Rescorla, 1967), weil darin fälschlicherweise die Annahme steckt, daß in der Kontrollgruppe keine Konditionierung stattfindet.

Rescorla (1967) konnte jedoch zeigen, daß man drei Arten von Konditionierung unterscheiden muß: a) die exzitatorische Konditionierung, b) die inhibitorischen Konditionierung und c) keine Konditionierung.

Unter einer exzitatorischen Konditionierung ist der Vorgang zu verstehen, der in der Experimentalgruppe vor sich geht. Bei Auftreten eines CS wird ein US erwartet, der CS wird also zum "Warnsignal" für den Organismus. Es kommt zu konditionierten Reaktionen bei seiner Präsentation. Demgegenüber versteht man unter der inhibitorischen Konditionierung den Fall, wenn bei Auftreten des CS erwartet wird, daß der US nicht präsentiert wird. Dies tritt aber in der Kontrollgruppe auf, bei der die Auftretenswahrscheinlichkeit des CS mit der Auftretenswahrscheinlichkeit des US negativ korreliert. Der CS wird somit zum "Sicherheitssignal" für den Organismus. Dementsprechend treten bei seiner Präsentation weniger oder keine konditionierten Reaktionen auf. Keine Konditionierung kann nur dann erfolgen, wenn das Auftreten des CS keinerlei Vorhersage über das Auftreten des US erlaubt, wenn also eine Nullkorrelation besteht. Daraus folgt nach Rescorla (1967), daß man in einem Konditionierungsexperiment eine Kontrollgruppe benötigt, die den US genauso oft ohne CS erhält wie mit CS. Rescorla nennt diese Form der Kontrolle "truly random control group". Mit einer solchen Kontrollgruppe sind jedoch auch nicht alle Probleme beseitigt, da hier, entgegen der Annahme von Rescorla, eine leicht exzitatorische Konditionierung beobachtet werden kann (z. B. Ayres, Benedict & Witcher, 1975).

Die Frage, welche Form der Kontrollgruppe die beste ist, kann umgangen werden, wenn man ein etwas anderes Konditionierungsdesign verwendet. Es bietet sich an, anstatt einer einfachen Konditionierung eine differentielle Konditionierung durchzuführen. Die Vorgehensweise sieht dabei so aus, daß man zwei CS verwendet, wobei ein CS mit dem US gepaart wird, während der andere CS ungepaart dargeboten wird. Im Verlauf der Konditionierung sollten sich differentielle Reaktionen auf die beiden CS herausbilden.
Der Nachweis der Konditionierung erfolgt, indem man die differentiellen Reaktionen der Versuchspersonen auf die beiden CS miteinander vergleicht. Der CS, der mit dem US gepaart wurde, wird auch als CS+ gekennzeichnet, und der CS, der ungepaart dargeboten wurde, wird als CS- bezeichnet. Jede Versuchsperson sollte anders auf den CS+ reagieren als auf den CS-. Besonders im humanexperimentellen Bereich verwendet man heute bei der klassischen Konditionierung ein differentielles Konditionierungsdesign. Ein solches Design bezeichnet man auch als "within-subject-design", im Gegensatz zu einer einfachen Konditionierung, die auch als "between-subject-design" bezeichnet wird. Jede Versuchsperson stellt in einem "within-subject-design" ihre eigene Kontrollperson dar.

Wenden wir uns nun wieder dem Transfer of Control Paradigma und den Kombinationsmöglichkeiten aus klassischer und operanter Konditionierung zu.
Wie schon erwähnt, werden in Transfer of Control Experimenten die positive und die negative Verstärkung eingesetzt. Verwendet man außerdem ein differentielles Konditionierungsdesign in der klassischen Konditionierung, so ergeben sich insgesamt acht Kombinationsmöglichkeiten, die in Tabelle 1 aufgeführt sind.
 

     
     
     
    Tabelle 1: Transfer of Control Kombinationen.
     
    Aversiver US
    Appetetiver US
     
    CS+
    CS-
    CS+
    CS-
    positive Verstärkung
    CER-Paradigma      
    negative Verstärkung
           
     

     
     

In Tabelle 1 ist die Zelle für die Kombinationen des CER-Paradigmas hervorgehoben. Das CER-Paradigma ist wohl die am häufigsten gewählte Vorgehensweise bei Transfer of Control Experimenten (vgl. Henton & Iversen, 1978). Wie schon beschrieben, kommt es hier zu einer Verringerung der operanten Verhaltensrate, wenn der CS+ aus der klassischen Konditionierung präsentiert wird. Anders ausgedrückt kommt es zu einer Suppression des operanten Verhaltens, weil es unter die Kontrolle des klassisch konditionierten Reizes gerät. Dieses Ergebnis konnte durch eine Vielzahl von Experimenten mit unterschiedlichen Tierarten repliziert werden (vgl. Henton & Iversen, 1978, für einen Überblick).
Üblicherweise zeigt sich im Tierbereich also eine Suppression des positiv verstärkten Verhaltens, wenn ein aversiver US in der klassischen Konditionierung verwendet wurde und der CS präsentiert wird, der diesen US ankündigt. Wie sieht es nun mit den anderen Kombinationen aus?
Die Paarung einer aversiven klassischen Konditionierung mit negativer Verstärkung wurde unter anderem von Rescorla und LoLordo (1965) untersucht. Sie trainierten bei Hunden ein Vermeidungslernen, indem sie ihnen einen Schock applizierten, wenn die Tiere nicht jeweils über eine Hürde von einem Teil eines Raums in den anderen sprangen. Bei korrekter Reaktion konnte der Schock jedoch vermieden werden. Das operante Verhalten bestand damit aus einer Vermeidungsreaktion. Nach mehreren Tagen Training wurden die Tiere einer differentiellen klassischen Konditionierung ausgesetzt. Zwei Tonreize wurden als CS eingesetzt, einer wurde immer zusammen mit dem US dargeboten, und der andere blieb ungepaart. Die klassische Konditionierung fand in einer der beiden Raumhälften statt, und den Tieren wurde es währenddessen unmöglich gemacht, eine Vermeidungsreaktion zu zeigen. Die Tiere wurden mehrere Tage abwechselnd dem Vermeidungstraining und dem klassischen Konditionierungsdesign ausgesetzt. In einer abschließenden Testphase wurden dann während des Vermeidungstrainings die CS aus der klassischen Konditionierung dargeboten. Als abhängige Variable wurde die Anzahl der Vermeidungsreaktionen vor und während der Darbietung der CS verglichen. Die Ergebnisse zeigten einen deutlichen Effekt beider konditionierter Reize. Die Ankündigung des Schocks durch den CS+ führte zu einer Erhöhung der Reaktionen, die Darbietung des CS- führte dagegen zu einer Verringerung der Reaktionsrate. Verglichen wurden die Reaktionen während der Darbietung der CS mit der Anzahl der Reaktionen, die direkt vor der CS Darbietung gezeigt wurden. Ähnliche Ergebnisse berichten z.B. auch Bull und Overmier (1968), Desiderato (1969), Overmier und Seligman (1967) oder auch Weisman und Litner (1969).
Damit läßt sich für die Kombination aversiver klassischer Konditionierung und negativer Verstärkung festhalten, daß diese Kombination im Fall des CS+ zu einem Anstieg im operanten (Vermeidungs-) Verhalten führt, während es im Fall des CS- sogar zu einer Verringerung der Vermeidungsreaktion kommt.
Eine weitere Kombination von klassischer und operanter Konditionierung ergibt sich aus der Möglichkeit, einen appetetiven US zu verwenden. Untersuchungen dazu sind jedoch sehr selten durchgeführt worden. Die ersten Experimente mit einem appetetiven US und einer positiven Verstärkung stammen von Estes (1943). Er untersuchte Ratten und verwendete Futter als US und ein Tonsignal als CS. Das operante Verhalten wurde ebenfalls mit Futter verstärkt. Als Ergebnis zeigte sich eine Erhöhung der operanten Verhaltensrate, wenn der CS aus der klassischen Konditionierung präsentiert wurde. Konorski (1967, zitiert nach Henton & Iversen, 1978) konnte demgegenüber keine Erhöhung im operanten Verhalten feststellen. Das operante Verhalten bestand in seinem mit Hunden durchführten Experiment aus der Anforderung, ein Bein zu heben (leg-lift-response), um eine Verstärkung zu erhalten. Der Verstärker bestand aus Futter. Die klassische Konditionierung wurde ebenfalls mit Futter als US durchgeführt, und es wurde ein differentielles Konditionierungsdesign eingesetzt. Anders als bei Estes (1943) kam es jedoch nicht zu einer Erhöhung des operanten Verhaltens, sondern vielmehr zu einer Suppression der "leg-lift-response" bei Präsentation des CS+. Die Versuchstiere zeigten statt dessen eine Hinwendungsreaktion zum Futterspender und vermehrten Speichelfluß. Es konnte keine Veränderung im operanten Verhalten aufgrund des CS- im Vergleich zum Verhalten ohne CS beobachtet werden.
Generell sind die Ergebnisse von Transfer of Control Experimenten mit appetetiver klassischer Konditionierung und positiver operanter Verstärkung nicht einheitlich und in der Tendenz eher zu vergleichen mit den Ergebnissen aus der Kombination aversiver klassischer Konditionierung und negativer Verstärkung. Damit lassen sich auch keine gesicherten allgemeingültigen Aussagen aufgrund solcher Experimente treffen. Es wurde schon erwähnt, daß Experimente mit einem appetetiven US sehr selten durchgeführt worden sind. Als Grund für diesen Umstand wird geltend gemacht (Henton & Iversen, 1978), daß das Interesse an negativen klassisch konditionierten "Emotionen" wie Angst oder Furcht schon immer größer war als an positiven. Außerdem herrscht eine allgemeine Übereinstimmung in der Auffassung, daß durch eine appetetive klassische Konditionierung spezifische konditionierte Reaktionen ausgelöst werden, die häufig antagonistisch zum operanten Verhalten sind (vgl. Henton & Iversen, 1978).
Experimente, in denen der Einfluß von appetetiver klassischer Konditionierung auf negative Verstärkung überprüft wurde, sind wohl am seltensten durchgeführt worden. Auch hier zeigen die einzelnen Studien uneinheitliche Ergebnisse. So berichten Coulson und Walsh (1968), daß die Präsentation eines CS, der einen appetetiven US ankündigt, keinen Einfluß auf operantes Vermeidungsverhalten hat. Henton (1972) findet dagegen einen Einfluß auf das Vermeidungsverhalten, dieser ist aber unter anderem abhängig von der räumlichen Lokalisation von CS und US.
Insgesamt gesehen lassen sich in Transfer of Control Experimenten die sichersten Aussagen bezüglich der Effekte der klassischen Konditionierung auf operantes Verhalten auf der Basis der Kombination von aversiver klassischer Konditionierung mit positiver beziehungsweise negativer Verstärkung treffen. Die meisten Transfer of Control Experimente wurden mit diesen Kombinationen durchgeführt, und das mit recht reliablen Ergebnissen (z. B. Bull & Overmier, 1965; Desiderato, 1969; Rescorla & Solomon, 1967). Im Fall der Kombination von aversiver klassischer Konditionierung und negativer Verstärkung kommt es zu einer Erhöhung der operanten Verhaltensrate, wenn gleichzeitig der CS präsentiert wird, der den US ankündigt. Demgegenüber kommt es zu einer Verringerung des operanten Verhaltens, wenn ein CS präsentiert wird, der das Nichtauftreten des US vorhersagt.
Kombiniert man aversive klassische Konditionierung mit positiver Verstärkung (CER-Paradigma), kommt es zu einer Suppression des operanten Verhaltens, wenn gleichzeitig der CS präsentiert wird, der den US ankündigt. Hier lassen sich so gut wie keine Aussagen über den Einfluß eines CS- treffen, da das CER-Paradigma, zumindest im tierexperimentellen Bereich, überwiegend nicht mit einem differentiellen klassischen Konditionierungsdesign durchgeführt wurde und wird (vgl. auch Hammond, 1966, 1967). Eine Ausnahme stellt die Untersuchung von Paré (1969) dar. In seinem Experiment wurde eine differentielle klassische Konditionierung mit Tönen als CS und Schock als US durchgeführt. Die Versuchstiere waren Ratten, und das operante Verhalten bestand aus einer "Hebeldrückreaktion", die mit Futter verstärkt wurde. Paré verglich die Verhaltensrate der Versuchstiere während des CS+ und des CS- mit der Verhaltensrate ohne CS und konnte im Fall des CS+ die erwartete Suppression des Verhaltens feststellen. Im Fall des CS- konnte kein Unterschied zur Verhaltensrate ohne CS festgestellt werden.
Eine ausführlichere Übersicht der Effekte von Transfer of Control Experimenten geben Rescorla und Solomon (1967) sowie Henderson und Iversen (1978).
     
"Getrennte" versus "vermischte" Durchführung
Bisher bin ich auf Unterschiede von Transfer of Control Experimenten eingegangen, die sich aufgrund der verwendeten Verstärker und unkonditionierten Reize ergeben. Es gibt aber noch ein weiteres basales Unterscheidungsmerkmal, das unabhängig davon ist. Es handelt sich hier um die allgemeine experimentelle Anordnung und Abfolge der klassischen und operanten Konditionierung. Transfer of Control Experimente zeichnen sich zunächst dadurch aus, daß in den meisten Fällen zuerst die operante Konditionierung durchgeführt wird, bis ein gewünschtes operantes Verhalten stabil (mit einer bestimmten Verhaltensrate) gezeigt wird. Erst im Anschluß daran wird die klassische Konditionierung durchgeführt. Hier differieren aber die Vorgehensweisen, und man unterscheidet dabei drei Arten:
Zunächst existiert das sogenannte "off the baseline" Paradigma, im folgenden "Paradigma getrennter Durchführung" genannt. Hier wird in einer ersten Phase die operante Aufgabe eingeübt. Dann wird in einer zweiten Phase die klassische Konditionierung getrennt von der operanten Aufgabe durchgeführt. Konkret bedeutet dies, daß die Versuchstiere während der klassischen Konditionierung das operante Verhalten nicht ausführen können. Um jedoch Kontexteffekte zu kontrollieren, wird die klassische Konditionierung in der gleichen Versuchsumgebung durchgeführt, in der auch die operante Konditionierung stattfand. Erst nachdem die klassische Konditionierung beendet ist, werden in einer dritten Phase beide Formen der Konditionierung kombiniert. Während die operante Aufgabe wieder ausgeführt werden muß, präsentiert man die Reize aus der klassischen Konditionierungsphase. Ein Beispiel für diese Vorgehensweise ist das Experiment von Rescorla und LoLordo (1965), das in Abschnitt 2.2 beschrieben wurde.
Man kann im "Paradigma getrennter Durchführung" nun noch zwei Fälle unterschieden, bei denen in der dritten Phase die Reize entweder mit US oder unter Extinktionsbedingung, also ohne US, dargeboten werden. Im letzten Fall besteht der Nachteil, daß die klassisch konditionierte Reaktion gelöscht werden kann (vgl. Henton & Iversen, 1978).
Neben der "off the baseline" Vorgehensweise wird häufig das sogenannte "on the baseline" Paradigma eingesetzt, das im folgenden als "Paradigma vermischter Durchführung" bezeichnet wird. Hier existieren nicht drei voneinander getrennte Phasen, sondern der Versuchsablauf gliedert sich in zwei Phasen, die für das Versuchstier nicht getrennt voneinander ablaufen. Zuerst wird das operante Verhalten trainiert, genau wie in der ersten Phase in der Vorgehensweise getrennter Durchführung. Danach wird, während das operante Verhalten ausgeführt wird, die klassische Konditionierung durchgeführt. In unregelmäßigen Abständen werden die CS - US Kombinationen präsentiert. Dieses Vorgehen findet man z. B. bei Estes und Skinner (1941). Es bietet die Möglichkeit, den Einfluß der Akquisition der klassischen Konditionierung während des operanten Verhaltens beobachten zu können. Das Problem der Vorgehensweise mit vermischter Durchführung besteht aber darin, daß es zu einer Konfundierung zwischen klassischer und operanter Vorgehensweise kommt. Es ist möglich, daß der US direkt nach einer Reaktion appliziert wird und es damit zu einer Verstärkung der Reaktion durch den US kommt. Aus diesem Grund ist deshalb auch das "Paradigma getrennter Durchführung" vorzuziehen (vgl. Trapold & Overmier, 1972).
     
Abhängige Variablen in Transfer of Control Experimenten
Bisher wurden die allgemeine Vorgehensweise und die Kombinationsmöglichkeiten bei Transfer of Control Experimenten dargestellt. Wenden wir uns nun einem anderen Aspekt zu: der abhängigen Variable. In den vorangegangenen Abschnitten wurde darauf hingewiesen, daß es sich hierbei um das operante Verhalten der Versuchstiere handelt. Wie wird aber konkret der Einfluß der klassischen Konditionierung auf das operante Verhalten nachgewiesen?
Der Nachweis des Effektes der klassisch konditionierten Reize auf das operante Verhalten wird üblicherweise über den Vergleich der operanten Verhaltensrate während des CS mit der Verhaltensrate in einer Kontrollphase ohne den CS geführt. Die Kontrollphase liegt dabei meistens in der Zeitphase unmittelbar bevor der CS präsentiert wird. Beträgt zum Beispiel das Interstimulus - Intervall zwischen CS und US sieben Sekunden, so wird das operante Verhalten in diesen sieben Sekunden verglichen mit dem operanten Verhalten, das in den sieben Sekunden vor CS Beginn auftrat.
Besonders beim CER-Paradigma hat sich nun eine bestimmte Form der Darstellung dieses Zusammenhangs etabliert, die sogenannte Suppressionsrate ("suppression ratio"). Es existieren verschiedene mathematische Formeln, mit denen man die Suppressionsrate berechnen kann. In allen Fällen werden die Verhaltensraten vor und während des CS zueinander in Beziehung gesetzt, und man erhält eine Aussage über die Stärke der Suppression. Die Formeln zur Berechnung der Suppressionsrate unterscheiden sich im Hinblick auf die Gewichtung der Verhaltensraten. Die Verhaltensrate während der Darbietung des CS wird auch als CS-Rate bezeichnet, und die Verhaltensrate in der Kontrollphase wird als Kontrollrate bezeichnet. Üblicherweise wird heute die Formel von Annau und Kamin (1961) zur Berechnung der Suppressionsrate benutzt. Andere Berrechnungsformeln (z. B. Hunt, Jernberg & Brady, 1952; Stein, Sidman & Brady,1958) haben sich nicht durchgesetzt. Annau und Kamin (1961) bildeten das Verhältnis zwischen CS-Rate (A) und der Summe aus CS-Rate und der Kontrollrate (B):
     
    Annau & Kamin (1961) Suppressionsrate

     

Verändert sich die Verhaltensrate aufgrund der klassisch konditionierten Reize, drückt sich dies über eine Abweichung vom Wert 0.5 in der Suppressionsrate aus. Ein Wert unter 0.5 besagt, daß es aufgrund des CS zu einer Verringerung in der Verhaltensrate gekommen ist. Ein Wert über 0.5 besagt, daß der CS und damit die Ankündigung des US zu einer Erhöhung der Verhaltensrate geführt hat.
Die Darstellung der Ergebnisse mit Hilfe der Suppressionsrate hat sich nur in CER Experimenten durchgesetzt. Prinzipiell könnte man diese Darstellung auch in Experimenten einsetzen, die aversive klassische Konditionierung mit negativer Verstärkung kombinieren, jedoch wird darauf meistens verzichtet. Hier beschränkt man sich auf den varianzanalytischen Vergleich der Verhaltensraten (Bull & Overmier, 1968; Desiderato, 1969; Rescorla & Lolordo, 1965). Da in solchen Experimenten auch meistens ein differentielles Konditionierungsdesign eingesetzt wird (im Gegensatz zum CER-Paradigma), vergleicht man hier die Verhaltensrate während des CS+ mit der Verhaltensrate während des CS- und außerdem beide Verhaltensraten mit der Kontrollrate. Die Überprüfung der klassischen Konditionierung mit anderen Indikatoren, wie z. B. dem Lidschlußreflex, oder aber die Überprüfung des Einflusses der operanten Konditionierung auf die klassische konditionierte Reaktion spielen in Transfer of Control Experimenten keine Rolle und werden dementsprechend im weiteren auch nicht beachtet.
     
Erklärungsansätze für Transfer of Control Effekte
     
Wie läßt sich nun der Einfluß der klassischen Konditionierung auf das operante Verhalten erklären? Das Transfer of Control Paradigma testet explizit den Einfluß, den die klassische Konditionierung auf operantes Verhalten ausübt. Schon von Hull (1930, 1931) und Spence (1956) wurde ausgeführt, daß in jedem operanten Verhalten auch ein klassisch konditionierter Anteil steckt. Sie nahmen an, daß außer der Stimulus-Response (S-R) Assoziation, die während des operanten Lernens gebildet wird, zusätzlich - über den Mechanismus der klassischen Konditionierung - der Stimulus auch mit dem Verstärker assoziiert wird. Dadurch wird bei Präsentation des Stimulus auch eine Erwartung über den Erhalt eines Verstärkers ausgelöst. Hull (1931) und Spence (1956) nahmen nun an, daß diese Erwartung einen Motivator darstellt, das operante Verhalten auszuführen. Damit kommt den klassisch konditionierten Assoziationen die Aufgabe von Mediatoren zu, die zwischen Stimulus, Reaktion und den zu erwartenden Verstärkern vermitteln. Dieses Konzept der vermittelnden Eigenschaften des CS spielt nun eine zentrale Rolle in der Erklärung der Effekte, die in Transfer of Control Experimenten beobachtet werden.
Man kann theoretische Erklärungsansätze danach unterscheiden, ob sie eher auf emotionale, motivationale oder allgemein aktivierende Komponenten rekurrieren, oder ob sie mehr eine informationstheoretische Sichtweise vertreten. Letztere wird im "Response-Cueing" Ansatz von Overmier und Lawry (1979) thematisiert. Emotionale, motivationale oder allgemein aktivierende Komponenten werden dagegen in den sogenannten Zwei-Prozeß-Theorien propagiert, die ausführlich von Rescorla und Solomon (1967) beschrieben wurden. Im folgenden werde ich auf die Annahmen der Zwei-Prozeß-Theorien und den Response-Cueing Ansatz näher eingehen.
     
Zwei-Prozeß-Theorien zur Erklärung von Transfer of Control Effekten
Rescorla und Solomon (1967) setzten sich ausführlich mit den sogenannten Zwei-Prozeß-Theorien auseinander. Diese Theorien legen zur Erklärung von Transfer of Control Ergebnissen den Fokus auf emotionale bzw. motivationale Komponenten, die bei der klassischen und operanten Konditionierung beteiligt sind. Eine wichtige Annahme der Zwei-Prozeß-Theorien lautet, daß das primäre Ergebnis von klassischer Konditionierung darin besteht, einen vorher "neutralen" Stimulus in die Lage zu versetzen, einen zentralen Zustand ("central state") im Versuchstier zu erzeugen, der korrespondiert mit dem Zustand, der durch den unkonditionierten Reiz hervorgerufen wird (vgl. Rescorla & Solomon, 1967).
Zur besseren und vereinfachten Darstellung unterscheide ich im folgenden beispielhaft nur vier emotionale Zustände. Diese Zustände ergeben sich in Abhängigkeit davon, ob die klassische Konditionierung mit einem aversiven oder einem appetetiven US durchgeführt wurde. Sie sind dabei als Hilfskonstrukte zu verstehen, die die Darstellung erleichtern sollen. Mit der Beschränkung auf diese vier emotionalen Zustände ist nicht impliziert, daß genau diese Emotionen auch wirklich hervorgerufen werden, bzw. daß sich die Zwei-Prozeß-Theorien nur auf emotionale Zustände beziehen. Es wird vielmehr unspezifisch von einem zentralen Zustand eines Organismus gesprochen, ohne genauer anzugeben, ob es sich dabei um motivationale, emotionale oder allgemein aktivierende Faktoren handelt, die diesen Zustand determinieren.
       
    "Finally, we point to the success achieved in controlling instrumental responding by means of a wide varietey of Pavlovian procedures.... Such success gives support to the version of two-process theory postulating that the concomitance we do observe between CRs and instrumental responding is mediated by a common central state, and the changes in that state are subject to the laws of Pavlovian conditioning." (Rescorla & Solomon, 1967; S.178)
       
Beschränkt man sich nun in der Darstellung auf diese vier Emotionen und die Unterscheidung zwischen aversiver und appetetiver klassischer Konditionierung, so löst nach Mowrer (1960) die Ankündigung eines aversiven US den Zustand "Furcht" aus und die Ankündigung eines appetetiven US den Zustand "Hoffnung". Im Fall einer differentiellen Konditionierung führt der CS, der nicht mit dem US gepaart wird, zur gegenteiligen Emotion und damit im ersten Fall zu dem Zustand "Erleichterung" und im zweiten zu "Enttäuschung".
Diese emotionalen Zustände sind nach Rescorla und Solomon (1967) ein Charakteristikum des zentralen Nervensystems und führen nicht zu einer einzigen möglichen Reaktion, sondern sie können sich in einer ganzen Reihe von unterschiedlichen Reaktionen manifestieren. So kann die Ankündigung eines aversiven US und damit das Auslösen von Furcht zu Zittern, Erstarrung, Schweißbildung etc. führen.
Ich hatte bereits thematisiert, daß auch beim operanten Konditionieren klassisch konditionierte Anteile vorhanden sind. Dabei wird angenommen, daß Umgebungsreize oder diskriminative Reize über klassische Konditionierung mit dem Verstärker verknüpft werden und damit als Hinweissignal für den nachfolgenden und erreichbaren Verstärker gelten. Rescorla und Solomon (1967) nehmen an, daß
-ähnlich wie die CS beim klassischen Konditionieren- diese Umgebungsreize einen zentralen Zustand auslösen. Die Qualität des Zustandes hängt von der Art des verwendeten Verstärkers ab, mit dem die Umgebungsreize assoziiert sind, und läßt sich z.B. den oben genannten vier Qualitäten zuordnen. Weiterhin wird angenommen, daß diese zentralen Zustände einen motivierenden Einfluß auf das operante Verhalten haben.
Eine zentrale Aussage der Zwei-Prozeß-Theorien ist, daß die Modifikation des operanten Verhaltens aufgrund der Präsentation klassisch konditionierter Reize durch die Interaktion zentraler Zustände erklärt werden kann (vgl. Rescorla & Solomon, 1967). Dadurch, daß z.B. gleichzeitig zwei emotionale Prozesse aufgerufen werden, nämlich durch die klassische Konditionierung und durch die operante Konditionierung, kommt es zu einer gegenseitigen Beeinflussung dieser Zustände, und das schlägt sich im operanten Verhalten nieder. Welche Auswirkung die Präsentation der klassisch konditionierten Reize haben wird, hängt von der Art der Zustände ab, die durch die jeweiligen Reize ausgelöst werden.
Wird durch den klassisch konditionierten Reiz ein Zustand ausgelöst, der im Widerspruch zu dem steht, der durch die operante Aufgabe ausgelöst wird, so kommt es zu einer negativen Beeinflussung, und das operante Verhalten wird abnehmen. Diese Art der Beeinflussung findet man z.B. im CER-Paradigma.
Im Fall einer Übereinstimmung der Zustände, die ausgelöst werden, sollte es dagegen zu einer Steigerung des Verhaltens kommen, was sich z.B. in einer schnelleren Ausführung oder durch eine erhöhte Verhaltensrate zeigt.
In Tabelle 2 sind noch einmal die verschiedenen Verknüpfungsmöglichkeiten von klassischer und operanter Konditionierung aufgeführt. Jedoch wurde die Tabelle durch die theoretisch abgeleiteten Zustände und die spezifischen Vorhersagen der Zwei-Prozeß-Theorien ergänzt. Voraussetzung für diese Vorhersagen ist, daß die beiden angenommenen positiven emotionalen Zustände "Hoffnung" und "Erleichterung" nicht interferieren und daß "Angst" und "Enttäuschung" ebenfalls nicht interferieren, da es sich um zwei negative emotionale Zustände handelt (vgl. Goodman & Fowler, 1983). Im Gegensatz dazu muß vorausgesetzt werden, daß z.B. Hoffnung und Angst inkompatibel miteinander sind (vgl. Dickinson & Pearce, 1977) und es zu Interferenzen kommt. Nach Rescorla und Solomon (1967) sind die evozierten Zustände die wesentlichen Faktoren, die das operante Verhalten beeinflussen. Von geringerer Bedeutung ist dagegen, ob das konkrete operante Verhalten und die klassisch konditionierten Reaktionen, die vom Organismus gefordert werden, inkompatibel sind.
Viele Transfer of Control Experimente stützen die Aussagen der Zwei-Prozeß-Theorien. Die meisten Experimente wurden zum einen im CER-Paradigma und zum anderen in der Kombination negative Verstärkung und aversive klassische Konditionierung durchgeführt (Eine Übersicht der Experimente geben Blackman, 1977 und Rescorla & Solomon, 1967).
       
      Tabelle 2: Transfer of Control Kombinationen und Vorhersagen der Zwei-Prozeß- Theorien
      nach Rescorla und Solomon (1967).
       
      Aversiver US
      Appetetiver US
       
      CS+
      (Angst)
      CS-
      (Erleichterung)
      CS+
      (Hoffnung)
      CS-
      (Enttäuschung)
      Positive Verstärkung (Hoffnung)
      Suppression 
      Anstieg
      Anstieg
      Suppression
      Negative Verstärkung (Angst)
      Anstieg
      Suppression
      Suppression
      Anstieg
       
Einige Studien jedoch brachten Ergebnisse, die inkonsistent mit der Zwei-Prozeß-Theorien sind. In Experimenten, in denen ein appetetiver US eingesetzt und ein operantes Training mit positiver Verstärkung durchgeführt wurde, zeigte sich zum Beispiel nicht der erwartete Anstieg im Verhalten, sondern ein Effekt, der "positive konditionierte Suppression" genannt wird. Das heißt, es wurde eine Verringerung der Auftretenshäufigkeit des operanten Verhaltens bei Präsentation des CS beobachtet (z.B. Azrin & Hake, 1969, Miczek & Grossman, 1971). Andere Studien konnten zeigen, daß nicht allein zentrale Zustände und ihre Kompatibilität für die Ergebnisse in Transfer of Control Experimenten verantwortlich sind. Häufig zeigte sich auch, daß die konditionierten Reaktionen auf den CS inkompatibel mit dem operanten Verhalten sind, und daß diese Inkompatibilität des konkret gezeigten Verhaltens zur Erklärung der Daten ausreicht (z.B. LoLordo, McMillan & Riley 1974).
Einige dieser Inkonsistenzen mit den Vorhersagen der Zwei-Prozeß-Theorien führten zu einer alternativen Theorie zur Erklärung von Transfer of Control Effekten, die die Signaleigenschaften und den Informationswert der Reize in den Vordergrund stellt: der "Response-Cueing" Ansatz von Overmier und Lawry (1979). Dieser Ansatz soll im nächsten Abschnitt beschrieben werden.
       
Der Response-Cueing Ansatz von Overmier und Lawry
Der Ansatz von Overmier und Lawry geht im Unterschied zu Rescorla und Solomon (1967) nicht davon aus, daß über die klassische und operante Konditionierung jeweils ein zentraler Zustand an den CS oder an die Umgebungsreize gebunden werden. Vielmehr wird in dieser Theorie der Informationswert betont, den die CS bzw. die Hinweisreize aus der operanten Konditionierung für nachfolgende Ereignisse und ihre Bewältigung haben. Overmier und Lawry nehmen an, daß durch die Konditionierung die verwendeten Reize Hinweisfunktion für die nachfolgenden Ereignisse erlangen und dadurch eine vermittelnde Rolle spielen. Die Reize rufen eine bestimmte Erwartung über nachfolgende Ereignisse hervor. Diese Erwartungen führen nun z.B. dazu, daß die zur effektiven Auseinandersetzung mit dem US notwendigen Verhaltensweisen selektiert und bereitgestellt werden. Stimmen die Erwartungen, die durch klassische und operante Konditionierung erzeugt werden, überein, so kommt es nach Overmier und Lawry zu einer Erhöhung der Verhaltensrate, stimmen sie nicht überein, zu einer Reduktion.
In mehreren Arbeiten konnte gezeigt werden, daß der response cueing Ansatz von Overmier und Lawry (1979) genauere Vorhersagen erlaubt als die Theorie von Resorla und Solomon (1967). Capaldi, Hovancik und Friedman (1976) zeigten z.B., daß andere Faktoren als der angenommene Motivationszustand zu besseren Vorhersagen des Verhaltens führen. Im Experiment von Capaldi, Hovancik und Friedman wurde zwei Gruppen von Ratten ein Verstärkerplan mit positiver Verstärkung vorgegeben. Die operante Aufgabe bestand darin, einen Hebel zu drücken, und als Verstärker wurden Futterpillen verabreicht. Die eine Gruppe erhielt dabei fünf Futterpillen pro Hebeldruck (G5) und die andere Gruppe jeweils eine Futterpille (G1). Beide Gruppen wurden anschließend mit einem differentiellen Konditionierungsdesign klassisch konditioniert. Als US wurde ebenfalls Futter verwendet. Ein CS wurde dabei immer mit der Applikation von fünf Futterpillen verknüpft (CS5) und auf den anderen CS wurde jeweils nur eine Futterpille (CS1) verabreicht. In der Transfer Phase wurde nun überprüft, wie sich das Verhalten der Versuchstiere in Abhängigkeit der CS verändert.
Nach Rescorla und Solomon (1967) sollte mit Darbietung der CS das operante Verhalten immer ansteigen bzw. die Latenz bis zur Ausführung des Verhaltens abnehmen (Reaktionslatenz), da in allen Fällen der gleiche zentrale Zustand aufgerufen wird wie im operanten Training.
Nach dem response cueing Ansatz von Overmier und Lawry (1979) sollte jedoch die Ankündigung durch den CS5 in der Gruppe G1 und die Ankündigung durch den CS1 in der Gruppe G5 zu einer Abnahme des operanten Verhaltens führen bzw. zu einer Erhöhung der Reaktionslatenz, da in beiden Fällen durch den CS eine andere Verstärkermenge angekündigt wurde als die, die aufgrund des operanten Trainings erwartet werden konnte. Die Ergebnisse von Capaldi, Hovancik und Friedman (1976) sprechen deutlich für den Ansatz von Overmier und Lawry. Besonders in der Gruppe G5 zeigte sich eine Erhöhung der Reaktionslatenz, wenn der CS1 präsentiert wurde.
Baxter und Zamble (1982) konnten ebenfalls zeigen, daß spezifische Erwartungen viel eher ausschlaggebend für das Verhalten sind als ein genereller emotionaler oder motivationaler Zustand. Sie verwendeten in ihren Experimenten zwei verschiedene Arten von appetetiven Reizen (Futter und intrakraniale Selbststimulation) sowohl als US als auch zum Verstärken der operanten Reaktion. Ein Anstieg im Verhalten konnte nur in den Gruppen beobachtet werden, in denen die klassische Konditionierung und das operante Training mit demselben Verstärker durchgeführt wurde (Futter oder intrakraniale Selbststimulation).
Diese und andere Experimente (z.B. Kruse, Overmier, Konz & Rokke, 1983) zeigen, daß Erwartungen verstärkerspezifisch sind und es nicht, wie von Rescorla und Solomon vermutet, zu einem eher unspezifischen Anstieg der Motivation kommt. Trapold und Overmier (1972, S.448) merken an:
       
    "These results suggest that when stimuli are made to signal behaviorally significant events like reinforcers, organisms acquire expectancies that are much more specific and unique to those events than our existing theories, especially motivational ones, would lead us to expect."
       
Response-Cueing oder "Zentraler Zustand"?
In den letzten beiden Abschnitten wurden die Ansätze nach Rescorla und Solomon (1967) und von Overmier und Lawry (1979) beschrieben. Welcher der Ansätze hat nun den breiteren Geltungsbereich?

Der Response-Cueing Ansatz ist den Zwei-Prozeß-Theorien überlegen in Fällen, in denen Verstärker vom gleichen Typ, aber in unterschiedlichen Ausprägungen bei der klassischen und der operanten Konditionierung appliziert werden (vgl. Capaldi, Hovancik & Friedman, 1976). Sind die Verstärker jedoch identisch, so kommen auch beide Theorien zu den gleichen Vorhersagen. Sind sie nicht identisch, aber stammen sie aus der gleichen affektiven Kategorie (z.B. verschiedene furchtauslösende Reize), ist wiederum der Response-Cueing Ansatz erfolgreicher bei den Vorhersagen.

Die Zwei-Prozeß-Theorien sind jedoch in den Fällen überlegen, in denen klassische und operante Konditionierung mit gegensätzlichen affektiven Reizen durchgeführt werden, wie es unter anderem im CER-Paradigma der Fall ist. So ist beispielsweise nach dem Response-Cueing Ansatz ungeklärt, warum ein CS-, der das Ausbleiben von Futter ankündigt, ein instrumentelles Schock - Vermeidungsverhalten erleichtern soll (vgl. Tabelle 2). Ein solcher Effekt läßt sich aber leicht mit den Zwei-Prozeß-Theorien erklären.

Nachdem nun die wesentlichen theoretischen Vorstellungen zum Transfer of Control Paradigma erläutert wurden, sollen im nächsten Abschnitt einige Einsatzbereiche beschrieben werden.

     
Einsatzbereiche des Transfer of Control Paradigmas
Das Transfer of Control Paradigma wird heute in sehr unterschiedlichen Bereichen nutzbringend eingesetzt, zuerst und vor allem in der Forschung zum klassischen Konditionieren. Mit Hilfe des Paradigmas wird überprüft, ob Tiere erfolgreich klassisch konditioniert wurden. Weiterhin werden verschiedene Einflußfaktoren, wie z.B. der Einfluß von Reizintensitäten oder Kontextbedingungen auf die Konditionierung überprüft. Paré (1969) konnte z.B. in seinem unter Abschnitt 2.2 erwähnten Experiment zeigen, daß die Stärke der Suppression mit ansteigender Intensität des verwendeten Schocks größer wird. Weitere Experimente, die mit Hilfe des Transfer of Control Paradigmas den Einfluß verschiedener Faktoren auf die klassische Konditionierung überprüfen, wurden z.B. von Rescorla (1984), Randich und Ross (1984), Kaye und Mackintosh (1990) und von Cole, Barnet und Miller (1995) beschrieben.
Mit Hilfe des Transfer of Control Paradigmas wurden wichtige theoretische Vorstellungen über die klassische Konditionierung, wie z.B. die Rescorla-Wagner (1972) Theorie entwickelt. Auch wurde der von Kamin (1968, 1969) beschriebene Blocking - Effekt in einem Transfer of Control Experiment gefunden.
Neben dem Einsatz in der Konditionierungsforschung hat sich das Transfer of Control Paradigma aber auch in ganz anderen Domänen bewährt, z.B. in der Pharmakologie. Ausgehend von der Vorstellung, daß im Verlauf der klassischen Konditionierung mit einem aversiven US Angst im Versuchstier erzeugt wird, untersucht man z.B. den Einfluß angsthemmender Medikamente in einer Transfer of Control Situation (z.B. Overton, 1984; Sanger, Joly & Zivkovic, 1986).
In der Neurologie versucht man mit Hilfe von Lässionsstudien herauszufinden, welche zentralen und peripheren Prozesse beim Erlernen von Kontingenzen beteiligt sind. Auch hier bietet das Transfer of Control Paradigma viele Möglichkeiten der experimentellen Untersuchung (z.B. Cole & Robbins, 1987). Primär wird in all diesen Forschungsdomänen das CER-Paradigma als Methode herangezogen, häufig jedoch nur mit einem einfachen und nicht mit einem differentiellen klassischen Konditionierungsdesign (vgl. Hammond, 1966).

Nachdem hier verschiedene Einsatzmöglichkeiten beschrieben wurden, soll im nächsten Abschnitt die Verwendung dieses Paradigmas im Humanbereich dargestellt werden.

     
Transfer of Control Experimente im Humanbereich
So verbreitet das Transfer of Control Paradigma im tierexperimentellen Bereich ist, so wenig findet man es in Humanexperimenten. Es gab zwar mehrere Versuche, das CER-Paradigma auf den Humanbereich zu übertragen (z.B. Kanfer, 1958), meist aber mit geringem Erfolg. Die Schwierigkeiten in der Umsetzung ergeben und ergaben sich, wie gleich näher ausgeführt wird, aus den unterschiedlichsten Gründen. In vielen Experimenten konnten keine oder nicht replizierbare Effekte beobachtet werden. Versuche der Umsetzung wurden unter anderem von Di Giusto, Di Giusto und King (1974), Kanfer (1958), Sachs, Martin und Moyer (1977) sowie Sachs und May (1967) unternommen. In fast allen Fällen wurde ein einfaches klassisches Konditionierungsdesign eingesetzt. Im operanten Teil des Paradigmas verwendete man dabei die unterschiedlichsten Aufgaben.

Kanfer (1958) erhob in einem Experiment die "Verbalrate" seiner Versuchspersonen als abhängige Variable. Er ging dabei von Skinners (1953, zitiert nach Kanfer, 1958) Analyse des Verbalverhaltens aus, die zeigte, daß die Menge an verbalen Reaktionen als Maß für die Wirkung verschiedener experimenteller Variablen herangezogen werden kann. In Anlehnung an Skinner (1953) und Keller und Schoenfeld (1950) nahm Kanfer an, daß eine Reduzierung des verbalen Verhaltens aufgrund des emotionalen Zustandes "Ängstlichkeit" zu erwarten ist. Durch eine klassische Konditionierung mit einem aversiven US wird der CS in die Lage versetzt, in den Versuchspersonen den emotionalen Zustand "Ängstlichkeit" hervorzurufen. Dementsprechend müßte die Präsentation des CS zu einer Reduzierung des Verbalverhaltens führen.
Kanfer (1958) verwendete ein "Paradigma vermischter Durchführung", d.h. die Akquisition der klassischen Konditionierung fand statt, während das operante Verhalten ausgeführt werden konnte. Kanfers Versuchspersonen hatten die Aufgabe, alle Wörter zu nennen, die ihnen gerade einfielen. Erfaßt wurde die Anzahl der Wörter (Verbalrate), die die Versuchspersonen in einem bestimmten Zeitraum nannten. Kanfer führte allerdings nur eine einfache klassische Konditionierung durch, mit einem akustischen Reiz als CS und Elektrostimulation als US. Diese Reize wurden während der Erfassung der Verbalrate in unregelmäßigen Abständen mehrmals eingestreut. In einer Experimentalgruppe wurde der CS gefolgt von dem US dargeboten. In drei weiteren Versuchsgruppen wurde zur Kontrolle entweder nur der Schock, nur der Ton oder keiner der beiden Reize präsentiert.

Kanfer (1958) versuchte mit dieser Anordnung, den im tierexperimentellen Bereich häufig replizierten Suppressionseffekt auch im Humanbereich zu finden. Seine Ergebnisse zeigten jedoch in die gegenteilige Richtung. Die Verbalrate war in der Experimentalgruppe während der Darbietung des CS höher als in den Kontrollgruppen. Kanfers Erklärung für diesen Effekt basierte nun auf der Vermutung, daß Suppressions-Effekte in Tierexperimenten deshalb zustande kommen, weil bei der Präsentation des CS während der operanten Aufgabe inkompatible motorische Reaktionen von den Versuchstieren gefordert werden. Im Experiment von Estes und Skinner (1941) wurde eine Hebeldruckreaktion verlangt, der CS löste dagegen angstmotiviertes Verhalten aus. Kanfer ging davon aus, daß demgegenüber in Fällen, in denen die Reaktionen auf den aversiven Reiz nicht inkompatibel mit den geforderten operanten Reaktionen sind, es nicht zu einer Suppression, sondern vielmehr zu einer Verbesserung der Leistung kommt.
Evidenz dafür, daß die Verbalrate keine inkompatible, sondern eine kompatible Reaktion zum Verhalten auf den CS ist, zog er aus der klinischen Praxis, in der häufig schnelles Sprechen und erhöhte motorische Aktivität als Indikatoren für "Ängstlichkeit" herangezogen werden.

Kanfer (1958) wies darauf hin, daß mehrere Variablen kritisch bei der Umsetzung des CER-Paradigmas auf den Humanbereich sind. Diese sollten bei der Übertragung von tierexperimentellen Ergebnissen auf den Humanbereich beachtet werden. Ein kritischer Faktor ist die Art des aversiven Reizes und seine Intensität. In der Untersuchung von Paré (1969) konnte gezeigt werden, daß im tierexperimentellen Bereich die Stärke der Suppression von der Intensität des US abhängt. Ein weiterer Aspekt, der nach Kanfer zu beachten ist, betrifft die Dauer des CS und die Häufigkeit der Paarung mit dem US. Er bemerkte hierzu:

    "Temporal discrimination may reduce the duration of the anxiety effects. Prolonged presentation of the signal may lead to adaption and subsequent decrease of its effectiveness." (Kanfer, 1958, S.78)
     
Neben diesen Aspekten spielt außerdem noch die Komplexität der operanten Aufgabe und ihre Kompatibilität mit der Reaktion auf den US und CS eine wichtige Rolle. Sie muß deshalb bei der Interpretation der Ergebnisse von Experimenten mit dem CER - Paradigma beachtet werden.

Rand, Sloane und Dobson (1971) versuchten ebenfalls, das CER-Paradigma auf den Humanbereich zu übertragen. In ihrem Experiment verwendeten sie ein "Paradigma vermischter Durchführung" mit einer einfachen Konditionierung und einem akustischen Reiz als CS und Elektrostimulation als US. Ihre operante Aufgabe bestand aus einer einfachen Geschicklichkeitsaufgabe ("plunger pull" Reaktion). Als Verstärker verwendeten sie Spielmünzen ("Tokens"), die nach dem Experiment gegen Sachwerte eingetauscht werden konnten.
Auch Rand, Sloane und Dobson fanden keinen Suppressionseffekt. Die Ergebnisse wiesen vielmehr auf einen geringen Erleichterungseffekt durch die US Ankündigung hin. Die Autoren diskutierten ihre Ergebnisse in Hinblick auf generelle Unterschiede, die zwischen Tierexperimenten und Humanexperimenten bestehen. Im Humanbereich werden meist sekundäre Verstärker wie Tokens verwendet, außerdem kann man die Versuchspersonen nicht im gleichen Ausmaß deprivieren wie Versuchstiere. Dagegen verwendet man in Tierexperimenten primäre Verstärker wie Futter und depriviert die Tiere vor dem Training entsprechend, so daß eine hohe Motivation gegeben ist, das operante Verhalten auszuführen.

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Applikation des US. Einem Versuchstier kann man beliebig viele US in verschiedenen Stärken applizieren. Eine Versuchsperson hat dagegen verschiedene Reaktionsalternativen, um sich diesen Bedingungen nicht aussetzen zu müssen. Im Zweifelsfall bricht sie das Experiment einfach ab. Aus ethischen Gründen lassen sich zudem unmöglich wirklich aversive Reize applizieren. Experimente im Humanbereich, die Elektrostimulation verwenden, werden heute meistens so durchgeführt, daß die Versuchspersonen die Stärke der Stimulation selbst bestimmen. Die Elektrostimulation sollte dabei unangenehm sein und zumindest so stark, daß keine Gewöhnungseffekte auftreten. Obwohl die Elektrostimulation als aversivste Form des US gelten kann (vgl. Lachnit und Wolter, 1994), führt diese Vorgehensweise dazu, daß die eingestellten Stärken eher als "mild" anzusehen sind (Arcediano, Ortega & Matute, 1996). Verschiedenen Studien zum klassischen Konditionieren (z.B. Öhman, 1993, 1994) konnten zeigen, daß die Applikation von Elektrostimulation mit einer erhöhten physiologischen Reagibilität einhergeht und eher eine aktivierende als eine aversive Wirkung auf die Versuchspersonen hat. Dies würde z.B. auch die besseren Leistungen der Experimentalgruppe in der Untersuchung von Kanfer (1958) alternativ erklären.
In einer Untersuchung von Di Giusto, Di Giusto und King (1974) wurde ein "Paradigma getrennter Durchführung" eingesetzt, um eine Konfundierung zwischen klassischer und operanter Konditionierung zu vermeiden. Sie griffen unter anderem den Kritikpunkt der mangelnden Umsetzung eines operanten Paradigmas im Humanbereich auf und verwendeten eine Aufgabe, die schon im tierexperimentellen Bereich an Primaten (Kruper & Haude, 1964) erfolgreich eingesetzt wurde. Die Aufgabe bestand darin, einen Knopf zu drücken, als Verstärker wurden Dias präsentiert.

Di Giusto, Di Giusto und King verwendeten ein einfaches Konditionierungsdesign mit einem Ton als CS und Schock als US. Als Ergebnis zeigte sich ein Suppressionseffekt in der Experimentalgruppe. Im Vergleich zu den Kontrollgruppen, die entweder nur den CS oder nur den US appliziert bekamen, war die Häufigkeit, mit der der Knopf gedrückt wurde (Reaktionsrate) in der Experimentalgruppe am geringsten.

In einem an diese Arbeit angelehnten Experiment konnten Punch, King und Matyas (1976) die Ergebnisse mit Hilfe einer differentiellen Konditionierung im wesentlichen replizieren. Die Vorgehensweisen von Di Giusto, Di Giusto und King sowie von Punch, King und Matyas sind jedoch in einer Hinsicht problematisch für den Vergleich von Transfer of Control Experimenten im Tier- und im Humanbereich. In beiden Untersuchungen wurde zuerst die klassische Konditionierung durchgeführt und erst danach die operante Aufgabe eingeführt. Diese Vorgehensweise steht nun aber nicht im Einklang mit der typischen Vorgehensweise in Transfer of Control Experimenten, in denen der Einfluß der klassischen Konditionierung auf ein schon bestehendes operantes Verhalten überprüft wird. Kamin (1961) konnte außerdem zeigen, daß die Vorerfahrung mit Schocks einen Einfluß auf die Akquisition des operanten Verhaltens hat. Die Vorgehensweise von Di Giusto, Di Giusto und King und von Punch, King und Matyas ist daher nur eingeschränkt vergleichbar zu Transfer of Control Studien im tierexperimentellen Bereich.

Ein weiterer Versuch, das CER-Paradigma auf den Humanbereich zu übertragen, stammt von Sachs, Martin und Moyer (1977). Diese Autoren gingen davon aus, daß bisherige Mißerfolge im Nachweis einer Suppression des Verhaltens im Humanbereich darauf zurückzuführen sind, daß die operanten Aufgaben zu einfach waren.

Ihre Grundannahme war, daß Organismen nur eine bestimmte Kapazität zur Verarbeitung von Informationen haben. Wie eine Übersicht von Welford (1968) über Studien zur Informationsverarbeitung zeigt, nimmt die Aufmerksamkeit gegenüber einer gerade bearbeiteten Aufgabe ab, wenn eine zusätzliche Aufgabe präsentiert wird (vergleiche auch Kahneman, 1973). Dieses Vorgehen läßt sich vergleichen mit dem Vorgehen in Transfer of Control Experimenten. In dem Moment, in dem zu der operanten Aufgabe zusätzlich der CS präsentiert wird, muß dieser verarbeitet und in seiner Bedeutung entschlüsselt werden. Dieser Vorgang benötigt Verarbeitungskapazität, die - bei einem Modell mit begrenzten Ressourcen - dann nicht mehr für die Bearbeitung der operanten Aufgabe zur Verfügung steht.

Bisherige Versuche im Humanbereich, eine Suppression des operanten Verhaltens während der Präsentation des CS zu beobachten, schlugen nach Sachs, Martin und Moyer (1977) deshalb fehl, weil die operanten Aufgaben zu einfach waren und die Versuchspersonen noch genügend Verarbeitungskapazität hatten, um den zusätzlichen Reiz zu verarbeiten. Evidenz für diese Sichtweise ziehen sie aus einem früheren Experiment (Sachs & May, 1967), bei dem eine Erhöhung der Aufgabenkomplexität zu einem Anstieg der Suppressionsrate führte.

Sachs, Martin und Moyer (1977) verwendeten deshalb in ihrem Experiment eine Doppelaufgabe im operanten Teil des Paradigmas. Damit sollte sichergestellt werden, daß die Versuchspersonen an die Grenze ihrer Aufnahmefähigkeit gelangen und jeder zusätzlich präsentierte Reiz zu einer Überlastung der Informationsverarbeitung führen muß. Als Aufgaben wurde lautes Rückwärtszählen und eine Nachführ- (Tracking) Aufgabe eingesetzt. In zwei Kontrollgruppen, die ebenfalls klassisch konditioniert wurden, mußte jeweils nur eine der beiden Aufgaben bearbeitet werden. Die klassische Konditionierung wurde einfach mit einem Ton als CS und Schock als US durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, daß nur in der Experimentalgruppe und auch nur beim Rückwärtszählen ein Suppressionseffekt zu beobachten war. Die Versuchspersonen machten beim Rückwärtszählen mehr Fehler als die Versuchspersonen in den Kontrollgruppen. Die Autoren sehen damit ihre Hypothese bestätigt, daß sich im Humanbereich nur dann ein Effekt der klassischen Konditionierung beobachten läßt, wenn die Verarbeitungskapazität überschritten ist.

Kritisch an dieser Untersuchung ist jedoch, daß nicht kontrolliert wurde, wie sich die gleichzeitige Bearbeitung zweier Aufgaben gegenseitig beeinflußt, und ob der gefundene Effekt allein aufgrund dieser Beeinflussung zustande gekommen sein kann. Schwierigkeiten bereitet auch das Erklärungsmodell von Sachs, Martin und Moyer (1977), das von einem Suppressionseffekt aufgrund der Überlastung der Informationsverarbeitung ausgeht. Dieses Modell kann keine plausible Erklärung für die schon erwähnten Erleichterungseffekte liefern, wie sie z.B. Kanfer (1968) gefunden hat.

In jüngster Zeit versuchten Arcediano, Ortega und Matute (1996), konditionierte Suppression zum Nachweis klassischer Konditionierung im Humanbereich experimentell zu erzeugen. In ihren Experimenten verwendeten sie eine differentielle klassische Konditionierung mit farbigen Hintergrundreizen als CS. Als US setzten sie keinen aversiven Reiz ein, sondern sie verwendeten einen instruierten US (instructed US). Dieser US bestand aus einem visuellen Reiz, der aufgrund einer vorangegangenen Instruktion durch den Versuchsleiter dazu führte, daß operante Reaktionen unterdrückt wurden. Den Versuchspersonen war angekündigt worden, daß dieser visuelle Reiz negative Konsequenzen nach sich zöge, wenn bei seinem Auftreten operantes Verhalten gezeigt würde.
Als operante Aufgabe wurde ein Computerspiel eingesetzt, in dem die Versuchspersonen in ganz bestimmten Zeitabschnitten die Leertaste der Computertastatur betätigen mußten, um im Spiel Punkte zu bekommen. Wurde die Leertaste bei Anwesenheit des US betätigt, kam es zu einem hohen Punktverlust für die Versuchspersonen. Im Experiment wurde ein "Paradigma vermischter Durchführung" eingesetzt, und es zeigte sich, daß die Versuchspersonen auf die Ankündigung des US hin ihr operantes Verhalten reduzierten. Es ließ sich damit eine konditionierte Suppression des Verhaltens nachweisen.

Problematisch an dieser Anordnung war jedoch, daß die klassische Konditionierung nicht unabhängig vom operanten Verhalten realisiert wurde. Ein wesentlicher Unterscheidungsaspekt zwischen klassischer und operanter Konditionierung besteht darin, daß Reize der klassischen Konditionierung unabhängig von dem, was die Versuchspersonen tun, appliziert werden, während operante Verstärker nur erhältlich sind, wenn Versuchspersonen ein bestimmtes Verhalten zeigen. Da der US in der Untersuchung von Arcediano, Ortega und Matute (1996) nur dann negative Konsequenzen hatte, wenn bei seinem Auftreten das operante Verhalten gezeigt wurde, führten die Autoren hier keine klassische Konditionierung, sondern vielmehr eine Bestrafungsprozedur (vgl. Abschnitt 2.2.1) durch.

Faßt man die bisherigen Bemühungen zusammen, das Transfer of Control Paradigma im Humanbereich einzusetzen, so zeigt sich, daß immer mit dem CER-Paradigma gearbeitet wurde, um eine konditionierte Suppression nachzuweisen. Nur in drei Fällen geschah dies erfolgreich (Di Giusto, Di Giusto & King, 1974; Punch, King & Matyas, 1976; Arcediano, Ortega & Matute, 1996). In den anderen Untersuchungen konnte kein Suppressionseffekt der klassischen Konditionierung auf das operante Verhalten beobachtet werden oder aber es kam sogar zu einer verbesserten Ausführung des Verhaltens (z.B. Kanfer, 1958). Die Beurteilung und die Vergleichbarkeit der genannten Untersuchungen mit tierexperimentellen Vorgehensweisen ist aus mehreren Gründen jedoch kritisch.

Alle Arbeiten, die hier genannt wurden, weisen in ihrer Umsetzung Mängel auf. Entweder wurde die typische Abfolge von klassischer und operanter Konditionierung nicht eingehalten (z.B. Di Giusto, Di Giusto & King, 1974) oder es wurde statt einer klassischen Konditionierung eine zweite operante Prozedur eingeführt (Arcediano, Ortega & Matute 1996). Außerdem wurde nur in zwei Studien ein differentielles Konditionierungsdesign verwendet (Punch, King & Matyas, 1976 und Arcediano, Ortega & Matute, 1996). Alle anderen nutzten nur eine einfache klassische Konditionierung, was aus methodischer Sicht bedenklich ist, da eine adäquate Kontrollgruppe zur Abschätzung des Konditionierungseffektes häufig nicht eingesetzt wurde (vgl. Rescorla, 1967). Dieser Kritikpunkt gilt jedoch auch für die Anwendung des CER-Paradigmas im Tierexperiment (vgl. Hammond, 1966, 1967).

Eine wesentliche Problematik in der experimentellen Umsetzung liegt darin, eine geeignete operante Aufgabe einzusetzen. Es wird dabei von verschiedenen Autoren (z.B. Rand, Sloane & Dobson, 1971) immer wieder betont, daß eine genaue Umsetzung der Vorgehensweise in Transfer of Control Experimenten im Humanbereich nicht möglich ist, da man Versuchspersonen nicht den gleichen Bedingungen wie Versuchstiere (z.B. Nahrungsmitteldeprivation) aussetzen kann. Deshalb ist man meist auf sekundäre Verstärker wie Dias oder Tokens angewiesen. Es ist schwierig abzuschätzen, ob diese Art der Verstärkung die gleichen motivierenden Effekte hat wie die Applikation von Futter bei einer hungrigen Ratte. In den genannten Untersuchungen zur Anwendung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich wurden sehr unterschiedliche Aufgaben verwendet, die vom einfachen Knopfdruck bis zur freien Verbalrate reichten.

Neben der Schwierigkeit, eine operante Aufgabe zu finden, besteht auch das Problem der Vergleichbarkeit in der klassischen Konditionierung, wenn man Elektrostimulation als US einsetzt. Wie ausgeführt, werden Experimente im Humanbereich, die Elektrostimulation verwenden, meistens so durchgeführt, daß die Versuchspersonen die Stärke der Stimulation selbst bestimmen. Durch diese Vorgehensweise sind die applizierten Stärken als mild einzustufen, mit einer eher aktivierenden Auswirkung auf die Versuchspersonen. Betrachtet man die Ergebnisse zum CER-Paradigma im Humanbereich, sollte es deshalb auch nicht verwundern, daß man häufig nicht den erwarteten Suppressionseffekt beobachten kann (vgl. auch Kanfer, 1958).

Wenn nun die Umsetzung von Transfer of Control Experimenten im Humanbereich nicht genau nach den Vorgaben aus dem tierexperimentellen Bereich erfolgen kann, stellt sich auch automatisch die Frage, wie sinnvoll es ist, eine solche Umsetzung zu versuchen. Außerdem gilt es bei einer Umsetzung die Frage zu beantworten, welche Ergebnisse unter welchen Bedingungen zu erwarten sind. Die Beantwortung dieser Fragen hängt in starkem Maße davon ab, wie einheitlich die Vorgehensweisen und gefundenen Effekte im tierexperimentellen Bereich eigentlich sind.

In Abschnitt 2.2 wurde aufgezeigt, daß mit Hilfe des CER-Paradigmas und der Kombination "aversive klassische Konditionierung und negative Verstärkung" die reliabelsten Ergebnisse erzielt wurden. Im gleichen Abschnitt wurde jedoch ebenfalls deutlich, daß bei anderen Kombinationen (mit der Verwendung eines appetetiven US beim klassischen Konditionieren) die Ergebnisse nicht mehr so eindeutig sind und verschiedene Experimente widersprüchliche Ergebnisse lieferten. Theoretische Vorstellungen zum Transfer of Control Paradigma, wie sie unter Abschnitt 2.5 dargestellt wurden, gehen davon aus, daß die Resultate in den Experimenten davon abhängen, wie kompatibel entweder die zentralen Zustände (Rescorla & Solomon, 1967) oder aber die ausgelösten Erwartungen (Overmier & Lawry, 1979) sind.

Betrachtet man nun die zum Teil uneinheitlichen Ergebnisse aus tierexperimentellen Studien und berücksichtigt man weiterhin die Aussagen der Theorien und versucht daraus Richtlinien für eine adäquate Übersetzung des Transfer of Control Paradigmas auf den Humanbereich abzuleiten, so kann man mehreres festhalten:

1. Wie der jeweilige Wirkzusammenhang zwischen klassischer und operanter Konditionierung im konkreten Fall ist, kann nur durch Tests mit dem Aufgabenmaterial entschieden werden. Dies läßt sich aus den Ergebnissen bisheriger Versuche, das Paradigma im Humanbereich einzusetzen, und aus den zum Teil uneinheitlichen Ergebnissen im tierexperimentellen Bereich folgern.

2. Vergleicht man die Vorgehensweisen im Tier- und auch im Humanbereich, erkennt man, daß sehr verschiedene Vorgehensweisen existieren, die alle unter dem Begriff Transfer of Control Prozedur subsumiert werden, und in denen auch die unterschiedlichsten Stimuli Verwendung finden. Man kann nicht von einer einzigen Transfer of Control Prozedur sprechen. Bezüglich der Wahl der operanten Aufgabe und der Reize für das klassische Konditionieren bestehen vielmehr recht viele Freiheitsgrade in einem Transfer of Control Experiment.

3. Wichtige Bestimmungsstücke für Transfer of Control Prozeduren stellen Aspekte der experimentellen Abfolge dar. So findet sich in der tierexperimentellen Forschung als Übereinstimmung über verschiedene Untersuchungen hinweg, daß zuerst das operante Verhalten trainiert und erst danach die klassische Konditionierung durchgeführt wird. Um eine Umsetzung auf den Humanbereich adäquat und erfolgreich zu gestalten, gilt es unter anderem diesen Aspekt zu beachten.

     
Hinführung zu den eigenen Arbeiten
Nachdem in den bisherigen Abschnitten das Transfer of Control Paradigma und bisherige Experimente dazu vorgestellt wurden, soll nun versucht werden, eine eigene Umsetzung für den Humanbereich zu finden. Es gibt verschiedene Gründe, die für eine Übertragung des Paradigmas sprechen, und auf die ich nun eingehen möchte.

Ein wesentlicher Grund, der für eine Übertragung des Transfer of Control Paradigmas auf den Humanbereich spricht, wurde in der Einleitung genannt. Bei diesem Paradigma handelt es sich um eine sehr häufige Nachweismethode der klassischen Konditionierung im tierexperimentellen Bereich. Ein Versuch der Umsetzung dieses Paradigmas erscheint des weiteren sinnvoll, weil man durch das Aufzeigen von Gemeinsamkeiten die Ergebnisse aus dem tierexperimentellen Bereich zur Interpretation von Ergebnissen im Humanbereich heranziehen kann. Eine stärkere Verknüpfung dieser beiden Forschungsstrategien und damit der Transfer von empirischen Ergebnissen und theoretischen Erkenntnissen wäre möglich.

Ein weiterer Grund ist ökonomischer Natur. Untersuchungen zum Klassischen Konditionieren im Humanbereich verwenden als abhängige Variablen hauptsächlich den Hautleitwert oder den Lidschlag (vgl. Lachnit, 1993; Gormezano, 1966). Die Erfassung dieser Variablen ist jedoch mit einigem Zeit-, Personal- und Kostenaufwand verbunden. Arcediano, Ortega und Matute (1996) bemerken dazu:

    "The traditional techniques used in human Pavlovian research, such as electrodermal conditioning (e.g. Hinchy, Lovibond, & Ter-Horst, 1995), have not become popular because they are expensive, complicated, and sometimes ethically problematic." (Arcediano, Ortega & Matute, 1996, S. 270)
     
Der Versuch, eine alternative Vorgehensweise zum Nachweis der klassischen Konditionierung zu entwickeln, die im Vergleich weniger kostenintensiv und zeitaufwendig ist, stellt einen weiteren Anreiz dar, das Transfer of Control Paradigma im Humanbereich einzusetzen.

Zusätzlich zu den ökonomischen Gesichtspunkten ist zu beachten, daß Hautleitwert und Lidschlag als abhängige Variablen nicht unumstritten sind. Beide gelten z.B. als bewußt beeinflußbar (vgl. Baer & Fuhrer 1968, 1973 und Fuhrer & Baer, 1969). Mit der Transfer of Control Technik als weitere Möglichkeit, klassische Konditionierung nachzuweisen, bietet sich die Chance, Erkenntnisse, die z.B. mit dem Hautleitwert gewonnen wurden, im Sinne einer "Multimethoden-Validierung" zu stützen.

     
Aspekte der Anwendung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich
Welche Aspekte müssen nun bei einer Anwendung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich beachtet werden? Im letzten Abschnitt wurden bisherige Versuche zur Übertragung beschrieben. Diese weisen jedoch einige Mängel auf. Darüber hinaus wurden sie allein mit dem Ziel durchgeführt, einen Suppressionseffekt mit Hilfe des CER-Paradigmas zu finden. Die genannten Beispiele weisen jedoch darauf hin, daß es im Fall des CER-Paradigmas im Humanbereich häufig eher zu einem Erleichterungseffekt kommt. Die meisten dieser Ansätze wurden aus diesem Grund wahrscheinlich auch nicht weiter verfolgt. Arcediano, Ortega und Matute (1996) vermuten als weiteren Grund ethische Probleme. Sie merken an:
    "Other attempts to use conditioned suppression techniques with human subjects have been made in the past (e.g. Di Giusto, Di Giusto, & King, 1974) but then abandoned, presumably because of the ethical problems in exposing human subjects to a US that would consistently cause unconditioned suppression over a series of trials." (Arcediano, Ortega & Matute, 1996, S.271-272).
Diese Vermutung leuchtet jedoch wenig ein, wenn man bedenkt, daß die Stärke der Elektrosimulation immer in Absprache mit den Versuchspersonen eingestellt wird und die Versuchspersonen an allen Experimenten freiwillig teilnehmen.

Versucht man nun, unter Berücksichtigung der bisherigen Transfer of Control Experimente im Humanbereich, eine eigene experimentelle Umsetzung zu entwickeln, gilt es Verschiedenes zu beachten. Als erstes zu nennen ist die generelle Wahl der Vorgehensweise, konkret die Entscheidung für ein Paradigma "vermischter" oder "getrennter" Durchführung. Außerdem muß entschieden werden, welche Form der klassischen Konditionierung eingesetzt werden soll, das heißt, ob eine einfache oder eine differentielle Anordnung gewählt wird. Des weiteren stellt sich die Frage, welche Reize in der klassischen Konditionierung Verwendung finden sollen, ob zum Beispiel auditive oder visuelle CS eingesetzt werden und welche Art von US appliziert werden soll. Zentral ist die Entscheidung, welche abhängige Variable und damit welche operante Aufgabe den Versuchspersonen vorgegeben wird. Abschließend stellt sich natürlich auch die Frage, welche Effekte zu erwarten sind. Im folgenden werde ich auf die wichtigsten Aspekte kurz eingehen.

     
Die Wahl der Vorgehensweise
Die Entscheidung für die Vorgehensweise betrifft die Frage, ob man ein Experiment mit "vermischter" oder "getrennter" Durchführung der beiden Konditionierungsformen wählen soll. Beim "Paradigma vermischter Durchführung" wird die klassische Konditionierung nicht separat von der operanten Konditionierung durchgeführt (vgl. Abschnitt 2.3). Vergleicht man beide Vorgehensweisen, so zeigt sich, daß die "vermischte" Vorgehensweise einen entscheidenden Nachteil gegenüber der "getrennten" Vorgehensweise hat: Es besteht die Gefahr, daß bei einer gleichzeitigen Präsentation der operanten Aufgabe die Applikation des US während der Akquisition der klassischen Konditionierung als Verstärker wirken kann. Dies ist dann der Fall, wenn direkt nach der operanten Reaktion der US appliziert wird (vgl. auch Trapold & Overmier, 1972). Aus diesem Grund wurde und wird auch in vielen Experimenten das "Paradigma getrennter Durchführung" eingesetzt. Es bietet sich deshalb an, ebenfalls ein solches Vorgehen zu wählen. Sowohl die Einübung der operanten Aufgabe, die durch das klassische Konditionieren beeinflußt werden soll, als auch die klassische Konditionierung selbst sollten in voneinander getrennten Versuchsabschnitten stattfinden. Erst in einer Testphase, auch "Transferphase" genannt, werden die operante Aufgabe und die klassisch konditionierten Reize zusammen dargeboten.
     
Die klassische Konditionierung
Schon in Abschnitt 2.2.2, in dem die Unterschiede zwischen einem einfachen und einem differentiellen klassischen Konditionierungsdesign erläutert wurden, hatte ich deutlich gemacht, daß ein einfaches Konditionierungsdesign problematisch ist, da die beobachteten Effekte in der Experimentalgruppe auch aufgrund anderer Faktoren zustande gekommen sein können (vgl. auch Rescorla 1967). Eine Möglichkeit, diesen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, liegt darin, ein differentielles Konditionierungsdesign einzusetzen. Hier werden (mindestens) zwei CS verwendet, wobei einer mit dem US gepaart wird, während der andere CS ungepaart bleibt. Der Konditionierungseffekt wird dann durch den Vergleich der Reaktionen auf diese beiden CS abgeschätzt.

In bisherigen Transfer of Control Experimenten im Humanbereich wurde diese Vorgehensweise leider sehr selten gewählt, was als eine Schwachstelle dieser Experimente angesehen werden kann. Dies gilt um so mehr, da auch in keinem der Experimente eine "truly random control procedure" als Alternative eingesetzt wurde, wie es Rescorla (1967) für solche Fälle empfiehlt. Im tierexperimentellen Bereich dagegen findet die differentielle Konditionierung häufig Verwendung, zumindest in den Experimenten, in denen negative Verstärkung und aversive klassische Konditionierung kombiniert werden (z.B. Desiderato, 1969; Rescorla & LoLordo, 1965). Es empfiehlt sich deshalb, ein differentielles klassisches Konditionierungsdesign einzusetzen.

     
Die Wahl der operanten Aufgabe
Die Entscheidung, welche Aufgabe verwendet werden soll, um den Einfluß klassischer Konditionierung auf operantes Verhalten zu beobachten und damit im Umkehrschluß klassische Konditionierung nachzuweisen, stellt die größte Problematik dar. Was muß diese Aufgabe leisten?

Sie sollte von Versuchspersonen über einen längeren Zeitraum ausgeführt werden können, damit keine Artefakte aufgrund von Ermüdungseffekten auftreten. Des weiteren sollte sie mit den Anforderungen an ein Konditionierungsexperiment und den dabei verwendeten üblichen Zeitabfolgen vereinbar sein. Wichtig ist außerdem, daß die Darbietung der operanten Aufgabe und die Darbietung der klassisch konditionierten Reize synchronisiert werden können, so daß es möglichst nicht zu einer Verstärkung der operanten Reaktion durch den US kommt. Die operante Aufgabe muß also so vorgegeben werden, daß kurz vor und während der Applikation des US nicht die Möglichkeit einer operanten Reaktion besteht. Dies ist deshalb von Bedeutung, da die Veränderung in der Bearbeitung der operanten Aufgabe auf die Ankündigung des US und nicht auf seine Applikation zurückgeführt werden soll.

Die operante Reaktion der Versuchspersonen sollte außerdem, sowohl was die Ausführungsgenauigkeit als auch was die Ausführungsgeschwindigkeit betrifft, reliabel bestimmbar sein, um den Einfluß der klassischen Konditionierung ermitteln zu können.
Überprüft man die abhängigen Variablen, die bisher verwendet wurden, nach diesen Gesichtspunkten, so bleibt festzustellen, daß keine den eben genannten Kriterien genügt. Die Verbalrate, wie sie von Kanfer (1958) als abhängiges Maß erhoben wurde, ist zwar einfach zu erfassen, jedoch um so schwieriger mit den zeitlichen Abfolgen der klassischen Konditionierung zu synchronisieren. Die Auswertung wirft das Problem auf, nach welchen Kriterien die Daten zu behandeln sind. Sollte alleine die Anzahl der Wörter, ohne deren Inhalt zu analysieren, als abhängige Variable betrachtet werden oder sollte auch die Anzahl von Perseverationen in die Auswertung mit eingehen? Es handelt sich hier um die Frage, ob die Auswertung eher nach qualitativen oder eher nach quantitativen Gesichtspunkten erfolgen soll. Die Antwort auf diese Frage muß auch ökonomische Gesichtspunkte berücksichtigen, da eine qualitative Auswertung und die Auswahl entsprechender Kriterien dafür einen sehr hohen Arbeitsaufwand bedingt. Kanfer (1958) merkt an:

    "No analysis of S´s verbal responses was made due to the practical problem of tabulating the large number of words given. However, observations indicated that content variables may also reveal interesting effects of the tone-shock sequence" (Kanfer, 1958, S. 79).
     
Um diesen Schwierigkeiten aus dem Weg zu gehen, empfiehlt es sich, eine andere abhängige Variable als die Verbalrate zu erheben.

Die von Sachs, Martin und Moyer (1977) eingesetzte Doppelaufgabe birgt das Problem, daß unklar ist, inwieweit sich die Aufgaben gegenseitig beeinflußt haben. Nur eine der beiden Aufgaben zu verwenden (Rückwärtszählen oder Nachführaufgabe) bietet sich ebenfalls nicht an, da in den Kontrollgruppen gezeigt werden konnte, daß sie als Einzelaufgaben nicht geeignet sind, um klassische Konditionierung nachzuweisen.

In der operanten Aufgabe, die Di Giusto, Di Giusto und King (1974) einsetzten, wurden die Versuchspersonen aufgefordert, eine Taste zu drücken, und als Verstärker wurden ihnen Dias gezeigt. Hier kann es ebenfalls zu einer Konfundierung zwischen Reaktion und Applikation des US kommen und damit zu einer ungewollten Verstärkung durch den US. Auch ist man bei dieser Aufgabe in der Menge an unterschiedlichen Aspekten, die zur Auswertung herangezogen werden können, eingeschränkt. Es ist nur möglich, die Anzahl der Reaktionen und die Latenz bis zum Auftreten der Reaktion zu erfassen. Günstiger wäre es jedoch, eine Aufgabe zu verwenden, die es erlaubt, auch Fehlerreaktionen zu registrieren, um anhand möglichst vieler verschiedener Indikatoren den Einfluß der klassischen Konditionierung abbilden zu können.

Die von Rand, Sloane und Dobson (1971) gewählte Umsetzung führte nur in der Tendenz zu beobachtbaren Ergebnissen. Zudem existiert keine genaue Beschreibung über die Art der Durchführung dieser Aufgabe. Aus pragmatischen Gesichtspunkten empfiehlt es sich nicht, eine abhängige Variable zu verwenden, die sich schon in anderen Untersuchungen als relativ unbrauchbar erwiesen hat. Ebenso gilt hier der gleiche Kritikpunkt wie bei Di Giusto, Di Giusto und King (1974), daß es zu ungewollten Verstärkungen der operanten Reaktion durch den US kommen kann.

Eine Aufgabenform, die dagegen fast alle der oben genannten Forderungen erfüllt und die eine wichtige abhängige Variable in der psychologischen Forschung darstellt (vgl. Pachella, 1974), sind Reaktionszeitaufgaben. Bei Reaktionszeitaufgaben besteht die Möglichkeit, die zeitliche Präsentation so zu wählen, daß es nicht zu einer Überschneidung von Reaktion und Applikation des US kommt. Werden Mehrfachwahlaufgaben verwendet, erhält man als abhängige Reaktionen die Reaktionsgeschwindigkeit und Informationen über die Korrektheit der Reaktion bzw. Angaben über die Auftretenshäufigkeit. Somit stehen mehrere Parameter zur Verfügung, anhand derer man den Einfluß der Konditionierung überprüfen kann. Reaktionszeitaufgaben können je nach Komplexität über längere Zeit ausgeführt werden, ohne starke Ermüdungseffekte nach sich zu ziehen. Verwendet man ein Feedback über die Korrektheit der Reaktionen, haben sie zudem den Charakter einer operanten Aufgabe, da das Feedback Verstärkereigenschaften erlangt.
Eine Aufgabe, in der Reaktionszeiten gemessen werden und die die bisher genannten Kriterien erfüllt, ist der in der Psychologischen Diagnostik verwendete Konzentrations-Verlaufs-Test (KVT) nach Abels (1965). Dieser Test diente zunächst zur Erfassung der Konzentrationsfähigkeit von Probanden. Die Vorteile dieses Tests liegen in seiner flexiblen Einsatzmöglichkeit. Es handelt sich dabei um eine Mehrfachwahlaufgabe, und als Indikatoren erhält man Fehlerwerte und Bearbeitungszeiten. Über ein unmittelbares Feedback darüber, ob einzelne Aufgaben richtig oder falsch beantwortet wurden, können Reaktionen der Versuchspersonen verstärkt werden. Durch einen computergestützten Einsatz dieses Tests als operante Aufgabe ist die Verknüpfung mit einer ebenfalls computergesteuerten klassischen Konditionierung und eine präzise Synchronisation dieser beiden Konditionierungsarten möglich. Eine genauere Beschreibung des KVT wird im experimentellen Abschnitt dieser Arbeit vorgenommen.
 

 Auswirkung der klassischen auf die operante Konditionierung
Welche Auswirkungen die klassische Konditionierung auf die operante Aufgabe (in Form des KVT) haben kann, hängt davon ab, welchen US man einsetzt. Verwendet man einen appetetiven US, so werden andere Effekte zu erwarten sein als bei einem aversiven US. Ich hatte schon erwähnt, daß im Humanbereich meistens mit der Lidschlagkonditionierung oder aber der Hautleitwertkonditionierung gearbeitet wird. Im Fall der Lidschlagkonditionierung verwendet man einen Luftstoß, der auf das Auge appliziert wird. Bei der Hautleitwertkonditionierung wird die Elektrostimulation verwendet, sie wird am Arm appliziert und gilt als aversivste Form eines US (vgl. Wolter & Lachnit, 1993). Appetetive US wie z.B. Nahrung werden bei der Konditionierung im Humanbereich selten eingesetzt, da sie in ihrem Wirkungsgrad häufig nicht die gleiche inter- und intrapersonelle Invarianz in ihrer grundsätzlichen Wirkung aufweisen wie es aversive US tun.

Verwendet man nun aber einen aversiven US, wie wirkt sich dann seine Ankündigung durch den CS auf die Bearbeitung der operanten Aufgabe aus? Ist eher eine Verbesserung oder eher eine Verschlechterung der Leistung zu erwarten? Kommen die Ansätze nach Rescorla und Solomon (1967) und Overmier und Lawry (1979) zu den gleichen oder aber zu gegensätzlichen Vorhersagen?
Um diese Fragen zu beantworten, muß man zuerst die Wirkung des aversiven US und der operanten Aufgabe auf die Versuchspersonen einschätzen. Verwendet man Elektrostimulation als US, gibt es Hinweise aus verschiedenen Studien zum klassischen Konditionieren (z.B. Öhman, 1992, 1993; Wolter & Lachnit. 1993), die zeigen, daß die Applikation mit einer erhöhten physiologischen Reagibilität einher geht und damit eine aktivierende Wirkung auf die Versuchspersonen hat (vgl. Abschnitt 2.7).

Die Wirkung der operanten Aufgabe ist schwieriger zu beurteilen. Setzt man den KVT ein und gibt als Verstärker eine Rückmeldung über die Korrektheit der Antwort, so hat man im Fall einer richtigen Reaktion eine positive Verstärkung und im Fall einer falschen Reaktion eine Bestrafung realisiert. Generell gibt die Rückmeldung Aufschluß darüber, wie die eigene Leistung in der gegebenen Situation ist. Damit wirkt sich die Rückmeldung aber wahrscheinlich primär auf die Aufmerksamkeit gegenüber der Aufgabe aus. Diese wird durch das Feedback erhöht.

Somit hat man sowohl im Fall des US als auch für die operante Aufgabe eine aktivierende Bedingung für die Versuchspersonen realisiert. Im einen Fall kommt es zu einer unspezifischen Aktivierung (durch den US) und im anderen Fall durch die operante Verstärkung zu einer aufgabenbezogenen Aktivierung.
 

Vorhersagen nach Rescorla und Solomon
Leitet man nun daraus Vorhersagen über die Wirkung der klassischen Konditionierung auf die operante Aufgabe ab, so sollte es nach Rescorla und Solomon (1967) zu einer Verbesserung im operanten Verhalten aufgrund der Ankündigung des US kommen. Sowohl der US als auch die Verstärkung der operanten Aufgabe führen zu einer Aktivierung der Versuchspersonen. Es wurde dargelegt, daß die affektive Qualität des US nicht eindeutig aversiv ist. Genauso kann man für die operante Aufgabe feststellen, daß es keine eindeutige positive Verstärkung bzw. Bestrafung gibt, sondern daß beides vorhanden ist und sich das Feedback eher auf die Aufmerksamkeit auswirken wird.

Man hat also keine widersprechenden zentralen Zustände und eine allgemeine Aktivierung, die im Fall des CS, der den US ankündigt (CS+), stärker ist als in Bedingungen, in denen kein US angekündigt wird. Deshalb kann man nach den Zwei-Prozeß-Theorien eine Leistungssteigerung erwarten, wenn der CS+ präsentiert wird, im Vergleich zu den Bedingungen, in denen kein CS präsentiert wird bzw. in denen der CS- präsentiert wird. Diese Vorhersage steht auch in Übereinstimmung mit Befunden, die von Overmier und Lawry (1979) berichtet wurden:

"..., given the demonstrations of Overmier and Payne (1971) and Dickinson (1976, 1977) of enhanced aversive conditioning to previously established appetitive CS+s that mediators serve general attention alerting functions too, independent of any hedonic-energizing and/or stimulus-associative cueing functions. (See Fowler, Fago, Domber, & Hochhauser, 1973; Ghiselli & Fowler, 1976, for further support of a separate, general attention directing property.)." (Overmier & Lawry, 1979; S.15).
Zusätzliche empirische Evidenz für die Annahme einer Leistungsverbesserung in Reaktionszeitaufgaben aufgrund der Ankündigung von Elektrostimulation findet sich schon bei Todd (1912). Er konnte zeigen, daß Applikation von Elektrostimulation zu kürzeren Reaktionszeiten führt im Vergleich zu Reaktionszeiten auf z.B. ein auditives Signal (vgl. auch Johanson, 1922; Weiss, 1965).
Auch Welford (1980) führt an, daß die Applikation von Elektrostimulation sich auf den Organismus aktivierend auswirkt, und bemerkt:
"..., it means that reaction time is facilitated not only by the state of the effector, but also by the general level of activation of the central mechanisms which affect both muscular tension and decisional activities." (Welford, 1980; S.12).
 
Welford geht dabei von einer "umgekehrt U-förmigen" Beziehung zwischen Aktivationsstärke und der positiven Wirkung auf Reaktionszeiten aus (vgl. auch Freeman, 1933).
Was ist nun im Vergleich der Bedingungen "keine CS Präsentation" und "CS- Präsentation" zu erwarten? Da man im Fall des CS- eine inhibitorische Konditionierung durchgeführt hat (vgl. Abschnitt 2.2.2), die in der Tendenz gegen die Aktivierung aufgrund der operanten Aufgabe arbeitet, sollte unter dieser Bedingung die operante Aufgabe schlechter bearbeitet werden als unter der Bedingung, in der kein CS präsentiert wird. Da aber durch das experimentelle Vorgehen die Bedingung, in der kein CS präsentiert wird, ebenso wie die Bedingung CS- die Abwesenheit des US ankündigt und damit zu einem Sicherheitssignal wird, ist zu erwarten, daß der Unterschied zur operanten Aufgabe ohne CS Präsentation geringer ausfallen wird.

Formalisiert man den erwarteten Zusammenhang und stellt bessere Leistungen im Vergleich durch das Symbol ">" dar, so sollte sich folgendes Ergebnismuster zeigen:

     
    operante Aufgabe und CS+
     
    >
    operante Aufgabe
     
    ³ 
    operante Aufgabe und CS-
     
     
 Vorhersagen nach Overmier und Lawry
Welche Vorhersagen macht nun der Response-Cueing Ansatz? In diesem Ansatz wird davon ausgegangen, daß durch die Hinweisreize (z.B. den CS) Erwartungen über nachfolgende Ereignisse ausgelöst werden, die zu einer effektiven Auseinandersetzung mit diesen Ereignissen führen. Rufen der CS und die Hinweisreize der operanten Aufgabe die gleichen Erwartungen auf, kommt es zu einer Leistungsverbesserung im operanten Verhalten, ansonsten zu einer verminderten Leistung. Im Ansatz von Overmier und Lawry wird kein Bezug auf die affektiven Komponenten der Reize und Aufgaben genommen.

Baxter und Zamble (1982) und Kruse, Overmier, Konz und Rokke (1983) konnten zeigen, daß die Erwartungen, die durch die klassisch konditionierten Reize bzw. die operanten Hinweisreize ausgelöst werden, sehr spezifisch sind, und daß ein positiver Effekt der klassisch konditionierten Reize auf das operante Verhalten nur beobachtbar ist, wenn in beiden Fällen die identische Erwartung ausgelöst wird. Davon kann in der geplanten Versuchsanordnung aber nicht ausgegangen werden. Als Konsequenz sollte es damit zu einer "Verschlechterung" in der Leistung aufgrund der Ankündigung des US kommen. Die Präsentation des CS- sollte ebenfalls nicht zu einer Verbesserung der Leistung, im Vergleich zur Präsentation der Aufgabe ohne CS, führen, da nicht davon auszugehen ist, daß eine inhibitorische Konditionierung die gleichen Erwartungen auslöst, wie die operante Aufgabe. Die Präsentation des CS+ sollte zu schlechteren Leistungen führen, als die Präsentation des CS-, da auch die Bedingung in der kein CS präsentiert wird, die Abwesenheit des averisven US signalisiert (vgl. Abschnitt 2.10.1). Formal dargestellt sollte also folgendes Ergebnismuster auftreten:

 
operante Aufgabe
 
³ 
operante Aufgabe und CS-
 
>
operante Aufgabe und CS+
 
 
Die Ansätze von Overmier und Lawry (1979) und Rescorla und Solomon (1967) kommen damit zu unterschiedlichen Vorhersagen bezüglich der Wirkung der klassischen Konditionierung auf die operanten Reaktionen. Die vorliegende Arbeit wird dementsprechend auch Auskunft darüber geben können, ob die allgemein aktivierenden Komponenten oder aber der reine Informationsgehalt der Reize und die dadurch ausgelösten Erwartungen einen Einfluß auf die operante Aufgabe haben werden. Dies ist jedoch nicht im Sinne einer generellen Entscheidung für eine der beiden Theorien zu sehen, da schon in Abschnitt 2.5.3 beschrieben wurde, daß beide Theorien unter bestimmten (und verschiedenen) Bedingungen einen Anspruch auf Gültigkeit erheben können.
 
Herleitung der Fragestellung
Transfer of Control Experimente zum Nachweis klassischer Konditionierung werden in der tierexperimentellen Forschung häufig eingesetzt. Eine geeignete Umsetzung in den Humanbereich gibt es bisher noch nicht. Verschiedene Ansätze scheiterten und/oder weisen in der experimentellen Vorgehensweise Mängel auf. Der Einsatz dieses Paradigmas im Humanbereich erscheint jedoch aus unterschiedlichen Gründen sehr sinnvoll. Die vorliegende Arbeit hat deshalb zum Ziel, eine geeignete experimentelle Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich zu finden. Im Fall von signifikanten Effekten soll versucht werden, diese zu replizieren. Fehlerquellen und Probleme sollen dabei systematisch ausgeräumt werden.
Allgemeine Fragestellung
Ist es möglich, mit Hilfe des Transfer of Control Paradigmas klassische Konditionierung am Menschen über Veränderungen in einer gleichzeitig auszuführenden operanten Aufgabe nachzuweisen?
 Allgemeine Hypothese
In Transfer of Control Experimenten wird klassische Konditionierung durch Veränderungen in der Bearbeitung einer operanten Aufgabe überprüft. Der Nachweis erfolgt über einen Vergleich der operanten Reaktionen, unter den Bedingungen, in denen die Aufgabe alleine oder mit den beiden CS präsentiert wird. Erwartet wird, daß die Präsentation des CS, der einen US ankündigt, zu signifikanten Veränderungen in den operanten Reaktionen führt.
 
Zur Abfolge der Experimente
    Im experimentellen Teil dieser Arbeit sollen fünf Experimente dargestellt werden, die den Einsatz des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich testen sollten. Experiment 1 diente als Pilotstudie, um die Effektivität des verwendeten Reizmaterials zu demonstrieren. In Experiment 2 sollten die Befunde aus Experiment 1 zum Teil repliziert werden; außerdem sollten Einflußfaktoren identifiziert werden, die für das Datenmuster von Experiment 1 mit verantwortlich gemacht wurden. Es handelte sich hierbei um "Lesbarkeits"- und Enkodierungsfaktoren. Experiment 3 diente als Kontrollexperiment und sollte eine mögliche Konfundierung mit einem nicht intendierten "Lesbarkeitseffekt" ausschließen. In den Experimenten 4 und 5 sollten wiederum die Ergebnisse aus Experiment 1 und 2 repliziert werden und außerdem, durch Veränderungen im Design, der Einfluß verschiedener Variablen geprüft werden. Dabei wurde in Experiment 4 der Einfluß eines Enkodierungseffektes, und in Experiment 5 der Einfluß einer latenten Inhibition überprüft.

    Die Arbeit schließt mit einer Gesamtdiskussion der Ergebnisse aus den Experimenten 1 bis 5 und einem weiterführenden Ausblick.
     




Experimentelle Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich

Allgemeine Aspekte der Operationalisierung

    In der experimentellen Umsetzung sollte der Versuch unternommen werden, die in Abschnitt 2.9 genannten Kriterien und notwendigen Voraussetzungen für eine Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich zu beachten. Die fünf Experimente, die berichtet werden, haben einige gemeinsame Aspekte bezüglich der Operationalisierung, die zuerst besprochen werden, bevor dann auf die einzelnen Experimente getrennt eingegangen wird.

    Die Experimente wurden in allen Phasen computergestützt durchgeführt. Sowohl die Darbietung der Reize und der Instruktionen als auch die Applikation der US und die Erfassung der Reaktionen wurden mit Hilfe eines IBM kompatiblen PC vorgenommen.

    Eine wichtige Gemeinsamkeit war, daß in allen Experimenten das "Paradigma getrennter Durchführung" angewendet wurde. Dieses Vorgehen stellte sicher, daß es nicht zu einer Konfundierung in der Bearbeitung der operanten Aufgabe mit der klassischen Konditionierung während der Akquisition kam. Die Versuchspersonen durchliefen damit in allen Experimenten drei Phasen, wobei jede Phase durch eine Instruktion angekündigt wurde.

    In Phase I der Experimente sollte die operante Aufgabe eingeübt werden. In Phase II erfolgte eine differentielle klassische Konditionierung. Zwei CS wurden präsentiert, wobei der eine CS immer mit dem US gepaart wurde (CS+), während der andere ungepaart blieb (CS-). In Phase III sollten die Versuchspersonen wieder die gleiche Aufgabe wie in Phase I bearbeiten, und gleichzeitig wurden die Reize aus Phase II präsentiert. Abbildung 1 stellt den experimentellen Ablauf graphisch dar.

       

       

       
       

    Weitere Gemeinsamkeiten der Experimente betrafen die Instruktionen, das verwendete Reizmaterial, die Darbietungsmodalitäten und die Erfassungsweise der abhängigen Variable. Darüber soll als nächstes berichtet werden.
       
Instruktionen
    Die Instruktionen, die in allen Experimenten identisch waren, wurden auf dem Computerbildschirm präsentiert. Die Versuchspersonen sollten sich die Instruktionen in Ruhe durchlesen und sich bei Fragen an den Versuchsleiter wenden. Die Instruktionen sind in Box 1 wiedergegeben.
     
        Box 1: Instruktionen der Versuchsphasen.
        INSTRUKTION DER PHASE I:
        Herzlich willkommen und zunächst vielen Dank, daß Du Dir die Zeit genommen hast, an unserem Versuch teilzunehmen. Bei der folgenden Untersuchung handelt es sich um ein "Aufmerksamkeits- und Reaktionszeit Experiment". Du wirst Zahlenmatrizen mit jeweils 36 zweistelligen Zahlen sehen. Deine Aufgabe ist es, zu jeder gezeigten Zahlenmatrix die folgende Versuchsfrage zu beantworten: Befindet sich die Zahl "43" oder die Zahl "63" in der gezeigten Matrix, "alle beide" oder "keine von beiden"? Zur Beantwortung dieser Frage steht Dir nur "begrenzte Zeit" zur Verfügung. Wichtig ist, daß Du versuchst, die Antwort "so schnell und so richtig wie möglich" zu finden! Auf eine richtige Antwort folgt ein positives visuelles und akustisches Feedback. Eine falsche Antwort hat ebenfalls ein visuelles und akustisches Feedback zur Folge. Zur Beantwortung der Frage steht Dir ein Taster zur Verfügung. Drücke die Tasten des Tasters während des Experimentes bitte nur mit dem "Zeigefinger". Lege den Zeigefinger nach jedem Tastendruck zurück in die Mitte des Tasters, auf die eingezeichnete Fläche.
        Wenn Du keine Fragen mehr an den Versuchsleiter hast, dann betätige bitte eine Taste des Tasters und starte damit den Versuch.
        Viel Spaß

        INSTRUKTION DER PHASE II:
        Jetzt beginnt die zweite Phase des Experimentes. Deine Aufgabe in diesem Teil der Untersuchung besteht nur darin, sehr genau zu beobachten, was auf dem Bildschirm gezeigt wird. Der Taster hat jetzt keine Wirkung. In dieser Phase des Experimentes ist es möglich, daß elektrische Reize ausgelöst werden. Die Stärke der Reize wurde mit Dir zusammen fest eingestellt. Sie ändert sich nicht während des Versuchs. Wenn Du keine Fragen mehr hast, kannst Du jetzt durch drücken einer "beliebigen Taste" des Tasters die zweite Phase des Versuches starten.

        INSTRUKTION DER PHASE III:
        Jetzt beginnt die dritte und letzte Phase der Untersuchung. Du wirst jetzt wieder Matrizen sehen, wie in der ersten Phase. Deine Aufgabe ist es wieder, mit Hilfe des Tasters die Versuchsfrage zu beantworten. Die Frage lautet, genau wie in der ersten Phase: Befindet sich die Zahl "43" oder die Zahl "63" in der gezeigten Matrix, "alle beide" oder "keine von beiden"? Beantworte auch jetzt die Frage "so korrekt und so schnell wie möglich". Auch in dieser Phase des Experimentes ist es möglich, daß elektrische Reize ausgelöst werden. Wenn Du keine Fragen mehr hast, kannst Du jetzt durch Drücken einer "beliebigen Taste" des Tasters die dritte Phase des Versuches starten.

        ENDE DES EXPERIMENTS:
        Der Versuch ist jetzt beendet. Vielen Dank für Deine Teilnahme. Rufe jetzt bitte den Versuchsleiter. Er wird Dir die Manschette abnehmen, Dir die VP-Stunden bescheinigen und Fragen beantworten, wenn Du welche hast.

         

Operante Aufgabe
    Bei der operanten Aufgabe handelte es sich um eine modifizierte Form des Konzentrations-Verlaufs-Test (KVT) (Abels, 1965), der für die Experimente auf eine Computerpräsentation adaptiert wurde. Der KVT ist ein Matrizentest, der aus Zahlenmatrizen besteht. Die Versuchspersonen haben die Aufgabe, in diesen Matrizen bestimmte Zahlen zu suchen. Sie müssen entscheiden, ob in der jeweils präsentierten Matrix die Zahl 43 oder die Zahl 63, beide Zahlen oder keine von beiden Zahlen vorhanden ist. In der Originalform des KVT war die Auftretenshäufigkeit der vier Lösungsalternativen ungleich verteilt. Dies führte zu einer ungleichen Verteilung der Lösungswahrscheinlichkeiten (vgl. Lachnit & Meinardus, 1981). Eine Laborversion des KVT von Kuhmann (1979, 1980) sieht eine Gleichverteilung der Lösungswahrscheinlichkeiten vor und wurde deshalb in der vorliegenden Arbeit eingesetzt.

    Die Aufgabe der Versuchspersonen bestand darin, so schnell, aber auch so genau wie möglich zu entscheiden, welcher der vier Fälle gegeben war, um dann diese Entscheidung mittels eines Tasters dem Computer mitzuteilen. Die Matrizen bestehen aus sechs mal sechs zweistelligen Zahlen. Sie wurden für sechs Sekunden zentriert auf einem 14" Computerbildschirm präsentiert und nahmen ca. 1/3 der Bildschirmgröße ein. Die Darbietungszeit von sechs Sekunden ergab sich aus einer Studie von Rothensee (1989), in der gezeigt werden konnte, daß in dieser Zeitspanne der KVT ein mittleres Schwierigkeitsniveau besitzt.

         
Reize der klassischen Konditionierung
    Für die klassische Konditionierung wurden als CS zwei farbige geometrische Figuren (Rechtecke) verwendet, die ebenfalls auf dem Computerbildschirm präsentiert wurden. Die Rechtecke nahmen ca. 2/3 des Computerbildschirms ein. Als unkonditionierter Reiz wurde Elektrostimulation eingesetzt. Die Versuchspersonen bekamen diese für 30 Millisekunden am Unterarm der nicht dominanten Hand mit Hilfe zweier Elektroden appliziert. Die Elektrostimulation wurde individuell für jede Versuchsperson auf eine Stärke eingestellt, die unangenehm, aber nicht schmerzhaft sein sollte.
         
Abhängige Variablen
    Als abhängige Variablen wurden die Entscheidungen der Versuchspersonen und ihre Bearbeitungszeiten für jede Matrix erfaßt. Die Entscheidungen mußten mit Hilfe eines mit vier Kurzhubtasten ausgestatteten Tasters, der mit der parallelen Schnittstelle des Computers verbunden war, dem Steuerungsprogramm mitgeteilt werden. Nicht bearbeitete Matrizen wurden als "Auslasser" gezählt.

    Theoretisch konnte sich die klassische Konditionierung auf zwei Aspekte der operanten Aufgabe auswirken: Auf die Anzahl bearbeiteter Matrizen und auf die Bearbeitungszeiten der Matrizen. Es wurde erwartet, daß die gleichzeitige Präsentation der CS mit der operanten Aufgabe zu signifikanten Veränderungen in der Leistung führt. Die Auswertung der Experimente bezog sich immer auf Phase III, da nur in dieser Phase auch die beiden CS aus der klassischen Konditionierung präsentiert wurden. Die Matrizen des KVT wurden in dieser Phase unter drei Bedingungen dargeboten. Jeder Versuchsperson wurde ein Teil der Matrizen unter den gleichen Bedingungen wie in Phase I präsentiert (Bedingung nonCS), ein Teil der Matrizen wurde gleichzeitig mit dem CS+ dargeboten (Bedingung CS+), und bei einem Teil der Matrizen wurde gleichzeitig der CS- aus Phase II präsentiert (Bedingung CS-). Die Abfolge der Matrizen und der Bedingungen war dabei zufällig, mit der Restriktion, daß nicht mehr als drei Matrizen der gleichen Bedingung aufeinanderfolgend präsentiert wurden.

    Für die Analyse der Bearbeitungszeiten in diesen Bedingungen erfolgt die Darstellung getrennt, einmal nur für die richtig bearbeiteten Matrizen, und einmal für alle bearbeiteten Matrizen (richtige + Fehler). In Experimenten mit Bearbeitungszeiten als abhängiger Variable gehen häufig nur die richtig bearbeiteten Aufgaben in die Auswertung ein. Um eine vollständige Datenanalyse zu präsentieren, werden in der vorliegenden Arbeit jedoch auch die Ergebnisse für die insgesamt bearbeiteten Aufgaben berichtet. Die Bearbeitungszeiten wurden außerdem für jede Versuchsperson "getrimmt", in dem jeweils die Matrizen, deren Bearbeitungszeiten 2 Standardabweichungen über oder unter der mittleren Bearbeitungszeit der jeweiligen Versuchsperson lagen, nicht in die Auswertung eingingen.

         
Feedback
    Damit die operante Aufgabe Verstärkerfunktion erlangte, war es notwendig, den Versuchspersonen eine Rückmeldung darüber zu geben, ob ihre operante Reaktion korrekt war oder nicht. Um sicherzustellen, daß die Versuchspersonen auch immer dieses Feedback wahrnahmen, wurde es über zwei verschiedene Modalitäten gleichzeitig vermittelt. Die Versuchspersonen erhielten ein audiovisuelles Feedback in der Form, daß zum einen die Information "Richtig" oder "Falsch" zentriert auf dem Computerbildschirm präsentiert wurde, und zum anderen hörten sie gleichzeitig mit diesem visuellen Feedback zwei verschiedene Tonfolgen über den Lautsprecher des Computers als auditives Feedback, je nachdem, ob die Reaktion richtig oder falsch war.
         
Räumliche und technische Aspekte
    Die Durchführung der Experimente erfolgte am Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität Marburg. Um gleiche Bedingungen für alle Versuchspersonen zu garantieren, wurde der Versuchsraum vom Tageslicht abgeschirmt und durch Neonröhren beleuchtet. Die gesamte Reizdarbietung, die Steuerung des Programms, die Applikation der Elektrostimulation und die Erfassung der abhängigen Variablen wurde mit Hilfe eines IBM-kompatiblen PC vorgenommen. Das Computerprogramm wurde von Grünig (1994) in Zusammenarbeit mit mir speziell für diese Experimente entwickelt. Die Versuchspersonen saßen während des Experiments an einem Tisch, auf dem sich der Computerbildschirm und der Taster zur Eingabe der Entscheidungen befand. Der Augenabstand zum Bildschirm betrug dabei ca. 50 cm.
    Nachdem gemeinsame Aspekte der Experimente besprochen wurden, soll nun auf die fünf Experimente im einzelnen eingegangen werden.
       


 
Experiment 1 (Pilotstudie)
    Experiment 1 diente als Pilotstudie, um festzustellen, ob die klassische Konditionierung generell einen Einfluß auf die Bearbeitung der gewählten operanten Aufgabe hat und ob sich dieser Einfluß auf die Bearbeitungszeiten bzw. auf die Anzahl bearbeiteter Aufgaben auswirkt. Zusätzlich sollte geprüft werden, ob der Einfluß aufgrund aktivierender Einflüsse oder aber durch die spezifisch ausgelösten Erwartungen zustande kommt. Sollte die Präsentation des CS+ zu einer Verbesserung in der operanten Aufgabenbearbeitung führen, dann dürften primär aktivierende Komponenten der Reize einen Einfluß ausgeübt haben (vgl. Abschnitt 2.10).
       
Hypothese
    Wenn Versuchspersonen klassisch konditioniert wurden und gelernt haben, bestimmte Reize als Gefahrensignal und andere Reize als Sicherheitssignal für nachfolgende Ereignisse zu assoziieren, dann sollte die Präsentation dieser Reize die gleichzeitige Bearbeitung einer operanten Aufgabe beeinflussen. Zwischen den Bedingungen, in denen der CS+, der CS-, oder kein CS präsentiert wurde, zeigen sich dann signifikante Unterschiede in der Bearbeitung der operanten Aufgabe.
         
Stichprobe
    An Experiment 1 nahmen 24 Versuchspersonen teil. Die Personen wurden mit Hilfe von Aushängen am Fachbereich Psychologie angeworben und mit jeweils einer "Versuchspersonenstunde" entlohnt. Die genaue Zusammensetzung der Stichprobe nach Geschlecht und Alter ist Tabelle 3 zu entnehmen.
     
        Tabelle 3: Zusammensetzung der Stichprobe in Experiment 1.
         
        Männer
        Frauen
        Anzahl (n)
        12
        12
        Mittleres Alter
        30
        33
         
Versuchsablauf
 Wie unter Abschnitt 3.1 beschrieben, wurde Experiment 1 in drei Phasen durchgeführt, wobei jede Phase durch eine Instruktion eingeleitet wurde.
Phase I: In Phase I wurden den Versuchspersonen 32 Zahlenmatrizen des KVT präsentiert. Die Darbietung der Matrizen erfolgte mit schwarzer Schrift auf weißem Hintergrund und betrug jeweils maximal 6 Sekunden. Reagierte die Versuchsperson innerhalb dieser sechs Sekunden, wurde die Matrix ausgeblendet und ein Feedback (richtig oder falsch) präsentiert. Reagierten die Versuchsperson nicht, verschwand die Matrix automatisch nach sechs Sekunden, ohne daß ein Feedback präsentiert wurde. Zwischen den Matrizendarbietungen war der Bildschirm weiß. Die Pause zwischen den Matrizen war zufällig gewählt und variierte zwischen einer und vier Sekunden mit einem Mittel von 2.5 Sekunden. Die Matrizen wurden zentriert auf dem Bildschirm präsentiert und nahmen ca. 1/3 des Bildschirms ein.
Phase II: In Phase II wurden die Versuchspersonen differentiell klassisch konditioniert. Dazu wurden zwei farbige Rechtecke (grün und gelb) jeweils zehnmal als CS präsentiert. Mit dem Ende der Darbietung des einen CS wurde immer der US für 30 Millisekunden appliziert (CS+), während der andere CS immer ohne den US dargeboten wurde (CS-). Die Zuordnung zwischen den Farben und CS+ bzw. CS- war ausbalanciert. Das Interstimulus-Intervall (ISI) betrug sieben Sekunden. Das Intertrial-Intervall (ITI) variierte zufällig zwischen acht und zehn Sekunden und betrug im Mittel neun Sekunden.
Phase III: In Phase III sollten die Versuchspersonen 120 Matrizen des KVT bearbeiten. Dabei wurde ein Drittel der Matrizen genauso präsentiert wie in Phase I, nämlich auf weißem Hintergrund (Bedingung nonCS). Ein Drittel der Matrizen wurde gleichzeitig mit dem CS präsentiert, der in Phase II mit dem US gekoppelt war (Bedingung CS+). Ein Drittel der Matrizen wurde gleichzeitig mit dem CS- aus Phase II präsentiert (Bedingung CS-). Die Präsentation der Matrizen erfolgte in einer Zufallsabfolge, mit der Einschränkung, daß nicht mehr als drei Matrizen der gleichen Bedingung aufeinanderfolgend präsentiert wurden. Die gleichzeitige Präsentation der operanten Aufgabe und der Reize aus der klassischen Konditionierung führte durch die Größe der jeweiligen Reize dazu, daß die Matrizen auf den farbigen CS präsentiert wurden. Abbildung 2 verdeutlicht dies.
 
 

 

 
Die Darbietung der Matrizen und der CS begannen gleichzeitig. Die Matrizen verschwanden nach der Entscheidung der Versuchspersonen, spätestens aber nach sechs Sekunden. Die CS wurde immer sieben Sekunden lang präsentiert. Im Fall der Bedingung CS+ wurde im Anschluß an das Ende des CS immer der US appliziert, um eine Extinktion der klassisch konditionierten Reaktion zu vermeiden. In Abbildung 3 ist der genaue zeitliche Ablauf für ein Trial der Bedingung CS+ in Phase III dargestellt.
 
 
Box 2 veranschaulicht den formalen Ablauf von Experiment 1 und die zeitlichen Abfolgen der Stimuli.
   Box 2: Formaler Ablauf von Experiment 1.

Phase I: Einübung der operanten Aufgabe

 
Ergebnisse
         
    Zur Prüfung der Hypothese wurde die Bearbeitung der operanten Aufgabe in Phase III, getrennt für die Bedingungen CS+, CS- und nonCS, ausgewertet. Zuerst erfolgte eine Auswertung der Anzahl richtig und falsch beantworteter Matrizen in Phase III. Danach wurden die mittleren Bearbeitungszeiten der Matrizen in dieser Phase getrennt für die drei Bedingungen ermittelt und geprüft, ob sich diese unterscheiden.

    Im Hinblick auf die Hypothese sollten sich Unterschiede zwischen den drei Bedingungen zeigen, d.h. die Bearbeitung der Matrizen unter der Bedingung CS+ sollte sich von der Bearbeitung der Matrizen unter der Bedingung CS- und der Bearbeitung unter der Bedingung nonCS unterscheiden. Der Unterschied zwischen den beiden CS Bedingungen sollte signifikant werden. Experiment 1 diente dabei auch dem Ziel festzustellen, in welchem der Auswertungsaspekte sich Unterschiede zeigen (ob in der Zahl der bearbeiteten Matrizen, oder in den Bearbeitungszeiten).

       
Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
         
    Im ersten Auswertungsschritt sollte geprüft werden, ob sich der Einfluß der klassischen Konditionierung in der Fehlerzahl und/oder in der Anzahl von nicht bearbeiteten Matrizen widerspiegelt. In Tabelle 4 ist die mittlere Anzahl an richtig und insgesamt (richtig und falsch) bearbeiteten Matrizen für die drei Bedingungen in Phase III aufgeführt. Es zeigte sich, daß unter der Bedingung CS+ im Mittel 26 Matrizen richtig bearbeitet wurden, im Vergleich zu 25 richtigen Matrizen in den anderen beiden Bedingungen. Weiterhin zeigte sich, daß unter der Bedingung nonCS im Mittel 35 Matrizen insgesamt bearbeitet wurden, während in der Bedingung CS+ im Mittel 34 und in der Bedingung CS- 33 Matrizen bearbeitet wurden. Mit den Daten aus Tabelle 4 wurden zwei Meßwiederholungsvarianzanalysen (ANOVAR) mit dem within-Faktor "Bedingung" in jeweils drei Abstufungen (nonCS, CS+ und CS-) gerechnet.
     
       
          Tabelle 4: Mittlere Anzahl richtig und insgesamt bearbeiteter Matrizen
          in den drei Bedingungen in Experiment 1.
          Bedingung:
          nonCS
          CS+
          CS-
          Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
          25.20
          25.79
          24.54
          Mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen
          35.33
          33.67
          33.42
           
           
         
         
    Mit diesen Analysen sollte geprüft werden, ob sich die Anzahl an richtig bearbeiteten und insgesamt bearbeiteten Matrizen zwischen den Bedingungen unterschied. Wie in allen folgenden Analysen auch wurde das Signifikanzniveau auf .05 festgelegt. Für die richtig bearbeiteten Matrizen zeigte sich, daß kein statistisch bedeutsamer Unterschied zwischen den Bedingungen bestand (F(2,46) = 1.04,
    p < .40). In der Anzahl insgesamt bearbeiteter Matrizen bestand ein signifikanter Unterschied zwischen den Bedingungen (F(2,46) = 4.59, p < .02). Ein im Anschluß durchgeführter Tukey-Test zeigte, daß in der Bedingung nonCS signifikant mehr Matrizen bearbeitet wurden als in der Bedingung CS- (kritischer Tukey Wert  (Tkrit).= 1.67).
           
Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen
           
    Als nächstes sollte geprüft werden, ob sich die mittleren Bearbeitungszeiten der richtig bearbeiteten Matrizen in Phase III zwischen den drei Bedingungen unterschieden. In Tabelle 5 sind die mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen für die unterschiedlichen Bedingungen aufgeführt. Tabelle 5 zeigt, daß die operante Aufgabe in der Bedingung nonCS am schnellsten bearbeitet wurde. Am langsamsten wurde sie unter der Bedingung CS- bearbeitet, und in der Bedingung CS+ lagen die Bearbeitungszeiten zwischen den anderen beiden Bedingungen.
           

           

          Tabelle 5: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen der
          Bearbeitungszeiten richtig beantworteter Matrizen in Experiment 1.
          Bedingung:
          nonCS
          CS+
          CS-
          Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
          25.21
          25.79
          24.54
          Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
          4767
          4899
          5032
          Standardabweichung
          361
          306
          297
           

           
           

    Mit diesen Daten wurde eine einfaktorielle ANOVAR mit dem within-Faktor "Bedingung" in drei Abstufungen (CS+, CS- und nonCS) gerechnet. Die Analyse zeigte einen signifikanten Unterschied in den mittleren Bearbeitungszeiten (F(2, 46) = 23.5, p < .001). Ein im Anschluß durchgeführter Tukeytest ergab, daß die Bearbeitungszeiten in allen drei Bedingungen signifikant unterschiedlich voneinander waren (Tkrit = 94.09). Abbildung 4 veranschaulicht noch einmal die mittleren Bearbeitungszeiten in den drei Bedingungen der Phase III.
           

          Abbildung 4: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen in Phase III. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.
           

 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
         
    In einer weiteren Analyse wurde geprüft, ob Unterschiede in den mittleren Bearbeitungszeiten auch bei einer Zusammenfassung von richtig und falsch bearbeiteten Matrizen in Phase III auftraten. In die Auswertung gingen dementsprechend die mittleren Bearbeitungszeiten für die richtig und falsch bearbeiteten Matrizen ein, getrennt für die drei Bedingungen in Phase III. Die nicht bearbeiteten Matrizen wurden nicht berücksichtigt. In Tabelle 6 sind die mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen für die drei Bedingungen abgebildet. Für jede Versuchsperson wurde wieder die mittlere Bearbeitungszeit getrennt für die Bedingungen CS+, CS- und nonCS berechnet. Es zeigte sich auch hier, daß die operante Aufgabe in der Bedingung nonCS am schnellsten bearbeitet wurde, gefolgt von der Bedingung CS+. Die meiste Zeit benötigten die Versuchspersonen in der Bedingung CS-. Mit den mittleren Bearbeitungszeiten wurde eine einfaktorielle ANOVAR mit dem dreistufigen within-Faktor "Bedingung" gerechnet.
     
       
        Tabelle 6: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten, und Standardabweichungen richtig
        und falsch beantworteter Matrizen in Experiment 1
        Bedingung:
        nonCS
        CS+
        CS-
        Mittlere Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
        35.33
        33.67
        33.42
        Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
        4831
        4926
        5015
        Standardabweichung
        349
        297
        302
         
       
    Diese zeigte, daß ein signifikanter Unterschied in den mittleren Bearbeitungszeiten (F(2,46) = 13.8, p < .001) bestand. Ein im Anschluß durchgeführter Tukey-Test ergab, daß die Bearbeitungszeiten in allen drei Bedingungen signifikant unterschiedlich voneinander waren (Tkrit = 85.33). In Abbildung 5 sind die mittleren Bearbeitungszeiten in Phase III des Experiments für die drei Bedingungen graphisch dargestellt.
     

        Abbildung 5: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen in Phase III. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.
         

 Diskussion
Experiment 1 diente dem primären Ziel, klassische Konditionierung mit Hilfe von Veränderungen in einer operanten Aufgabe nachzuweisen. Als abhängige Variablen wurden die Anzahl und die mittleren Bearbeitungszeiten für die richtig beziehungsweise insgesamt bearbeiteten Matrizen herangezogen. Mit Experiment 1 sollte gleichzeitig geprüft werden, welche dieser abhängigen Variablen geeignet ist, klassische Konditionierung nachzuweisen.

Im Fall einer Auswirkung der klassischen Konditionierung auf die operante Aufgabe war es das nächste Ziel festzustellen, in welche Richtung die Effekte weisen, d.h. ob es aufgrund des CS+ zu einer besseren oder zu einer schlechteren Leistung im Vergleich zur Bedingung CS- und der Bedingung nonCS in der operanten Aufgabe kommt. Eine bessere Leistung würde (nach Rescorla & Solomon, 1967) dafür sprechen, daß eher zentral aktivierende Komponenten für die Effekte verantwortlich sind. Eine Verschlechterung dagegen spräche mehr für den Response-Cueing Ansatz von Overmier und Lawry (1979). In diesem wird angenommen, daß der Informationsgehalt der Reize und die Kompatibilität spezifischer Erwartungen für den Einfluß der klassischen Konditionierung auf die operante Aufgabe verantwortlich sind.

Die Ergebnisse von Experiment 1 machen deutlich, daß sich die Anzahl der richtig bearbeiteten Matrizen in den drei Bedingungen nicht statistisch signifikant unterschied. Diese Variable wurde damit nicht beeinflußt von der Präsentation der klassisch konditionierten Reize. Vergleicht man aber die Anzahl der insgesamt bearbeiteten Matrizen, so zeigt sich, daß in der Bedingung nonCS signifikant mehr Matrizen bearbeitet wurden als unter der Bedingung CS-. Jedoch bestand kein Unterschied in der Anzahl bearbeiteter Matrizen zwischen den beiden CS Bedingungen und zwischen den Bedingungen CS+ und nonCS. Diese Ergebnisse veranschaulichen, daß die Anzahl bearbeiteter Aufgaben keinen verläßlichen Indikator zum Nachweis differentieller klassischer Konditionierung darstellt, da keine signifikante Differenzierung zwischen den beiden CS Bedingungen beobachtet werden konnte. In den Folgeexperimenten wurde aus diesem Grund die Anzahl bearbeiteter Aufgaben nicht mehr zum Nachweis klassischer Konditionierung herangezogen. Die Daten werden nur noch deskriptiv berichtet.

Außer der Anzahl bearbeiteter Matrizen wurden in einem weiteren Auswertungsschritt die mittleren Bearbeitungszeiten für die drei Bedingungen in Phase III verglichen. Die Analyse der richtig bearbeiteten Matrizen und der richtig und falsch bearbeiteten Matrizen zeigte einen deutlichen Einfluß der klassischen Konditionierung auf die operante Aufgabe. Matrizen in der Bedingung CS+ wurden signifikant schneller bearbeitet als unter der Bedingung CS-. Ein Vergleich der beiden CS Bedingungen mit der Bedingung nonCS zeigte außerdem, daß in letzterer die Matrizen am schnellsten bearbeitet wurden. Mit den Bearbeitungszeiten als abhängiger Variable scheint es also möglich zu sein, differentielle klassische Konditionierung nachzuweisen. Das primäre Ziel von Experiment 1, differentielle klassische Konditionierung mit Hilfe des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich nachzuweisen, kann somit als erreicht betrachtet werden. Die Präsentation von klassisch konditionierten Reizen während der Bearbeitung einer operanten Aufgabe beeinflußte die Ausführung dieser Aufgabe, insbesondere die Bearbeitungszeiten, maßgeblich.

Gleichzeitig mit dem Nachweis der klassischen Konditionierung sollte das Ergebnismuster auch Aufschluß darüber geben, welche Aspekte der präsentierten Reize hauptsächlich einen Einfluß auf die operante Aufgabe haben. Sind es eher aktivierende Komponenten, so wäre nach Rescorla und Solomon (1967) zu erwarten, daß die Präsentation des CS+ zu einer besseren Leistung im Vergleich zu den Bedingungen CS- oder nonCS führt. Außerdem sollten die Leistungen in der Bedingung nonCS besser ausfallen als unter der Bedingung CS- (vgl. Abschnitt 2.10).

Entgegen diesen Annahmen zeigte sich jedoch, daß in der Bedingung nonCS signifikant bessere Ergebnisse erzielt wurden als in den beiden CS Bedingungen. Vergleicht man nur die Bedingung CS+ mit der Bedingung CS-, so kommt es zwar zu einer Verbesserung in der Leistung aufgrund der Ankündigung des US. Dies spricht für den aktivierenden Einfluß der Reize. Vergleicht man jedoch die CS Bedingungen mit der Bedingung nonCS, so können die Vorhersagen nach Rescorla und Solomon (1967) nicht bestätigt werden.

Auch die Vorhersagen nach dem Response-Cueing Ansatz von Overmier und Lawry (1979) stimmen nicht mit dem Ergebnismuster überein. Nach dieser Theorie war eine schlechtere Leistung in der Bedingung CS+ im Vergleich zur Bedingung nonCS zu erwarten und eher kein Unterschied zwischen der Bedingung CS- und der Bedingung nonCS.

Was erklärt nun das bessere Abschneiden der Bedingung nonCS im Vergleich zu der Bedingung CS+? Wirken sich beide CS negativ auf das operante Verhalten aus und ist außerdem der Einfluß der inhibitorischen Konditionierung stärker als der Einfluß der exzitatorischen Konditionierung? Oder läßt sich das bessere Abschneiden der Bedingung nonCS auch alternativ erklären?

Die besseren Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS könnten sich auch durch die Art der Präsentation ergeben haben. In dieser Bedingung wurden die Matrizen auf weißem Hintergrund gezeigt, während die Matrizen in den Bedingungen CS+ und CS- zusammen mit dem jeweiligen farbigen CS präsentiert wurden. Durch diese Präsentationsweise ergeben sich aber zwei potentielle Erklärungsmöglichkeiten für das bessere Abschneiden in der Bedingung nonCS.

Zum einen kann ein einfacher "Lesbarkeitsvorteil" in der Bedingung nonCS gegenüber den anderen beiden Bedingungen bestanden haben, da bei letzteren die Darbietung auf den farbigen CS das Erkennen der Matrizen erschwert haben könnte.

Zum anderen ist es möglich, daß nicht ein "Lesbarkeitsvorteil", sondern ein Enkodierungsvorteil gegenüber den CS Bedingungen bestanden hat. In den beiden CS Bedingungen mußte zusätzlich zu den Matrizen auch die Bedeutung der CS entschlüsselt werden. Dieser zusätzliche Verarbeitungsschritt kann sich nachteilig auf die gleichzeitig auszuführende Bearbeitung der operanten Aufgabe ausgewirkt und zu den längeren Bearbeitungszeiten in den CS Bedingungen, im Vergleich zur Bedingung nonCS, geführt haben.

Die folgenden Experimente dienten unter anderem dazu, diese beiden Erklärungsmöglichkeiten zu überprüfen. Dabei sollten jedoch zunächst möglichst wenig Veränderungen am Design von Experiment 1 vorgenommen werden, um den hier gefundenen Einfluß der klassischen Konditionierung auf die operante Aufgabe zu replizieren. Deshalb wurde in Experiment 2 nur ein weiterer Farbreiz eingeführt, der in der Bedingung nonCS präsentiert wurde. In den Experimenten 3 und 4 sollten die beiden oben genannten Erklärungen jeweils experimentell geprüft werden. In Experiment 3 stand dabei der "Lesbarkeitsvorteil" im Vordergrund, in Experiment 4 dagegen der Enkodierungsvorteil.



 
Experiment 2
    Eine Möglichkeit, sich der Testung der beiden Erklärungen "Lesbarkeits"- und Enkodierungsvorteil zu nähern, besteht darin, einen weiteren Farbreiz einzuführen, der in Form und Ausmaß den beiden CS entspricht. Präsentiert man nun in der Bedingung nonCS die Aufgaben auf diesem Farbreiz und nicht mehr auf einem weißen Hintergrund wie in Experiment 1, und nimmt man weiterhin am Versuchsaufbau von Experiment 1 keine weiteren Veränderungen vor, so ist zunächst zu erwarten, daß sich im Ergebnis wieder signifikante Unterschiede in den Bearbeitungszeiten der Bedingungen CS+ und CS- zeigen werden. Außerdem wird die Einführung eines Farbreizes in der Bedingung nonCS die Lesbarkeit gegenüber einer Präsentation auf weißem Hintergrund möglicherweise verändern und einen zusätzlichen Enkodierungsaufwand bei der Matrizenbearbeitung erfordern. Bei Wirksamkeit zumindest eines dieser Faktoren sollten sich die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS relativ zu den CS Bedingungen verändern. Wenn eine der beiden Alternativerklärungen zutrifft, wäre zu erwarten, daß die operante Aufgabe in der Bedingung nonCS langsamer bearbeitet wird als in der Bedingung CS+, da letztere den Vorteil der aktivierenden Wirkung durch die Ankündigung des US hat. Wenn die zusätzliche Präsentation eines farbigen Hintergrundes in der Bedingung nonCS jedoch keinen Einfluß hat, müßte sich das Ergebnismuster von Experiment 1 vollständig replizieren lassen. Die Bearbeitungszeiten der Bedingung nonCS sollten dann kürzer sein als die Zeiten in den beiden CS Bedingungen. Die Bearbeitungszeiten der Bedingung CS+ sollten außerdem kürzer sein als in der Bedingung CS-.

    Gelingt es mit Experiment 2 die Ergebnisse von Experiment 1 bezüglich der beiden CS Bedingungen zu replizieren, und läßt sich weiterhin zeigen, daß die Präsentation eines Farbreizes in der Bedingung nonCS einen Einfluß hat, so sind in weiteren Experimenten sowohl die "Lesbarkeitserklärung" als auch die Enkodierungserklärung einer experimentellen Prüfung zu unterziehen.

       
Hypothese
    Sind Versuchspersonen klassisch konditioniert worden, so führt die Präsentation des CS+ während der Ausführung der operanten Aufgabe zu einer signifikant schnelleren Bearbeitung dieser Aufgabe im Vergleich zur gleichzeitigen Präsentation des CS-. Verwendet man außerdem noch einen farbigen Hintergrund bei der Präsentation der Aufgabe in der Bedingung nonCS, wird hier die Bearbeitung der Matrizen mehr Zeit benötigen als unter der vergleichbaren Bedingung in Experiment 1. Erwartet wird ein Ergebnismuster, das zeigt, daß die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS+ schneller als in der Bedingung nonCS sind und diese gleich oder schneller als unter der Bedingung CS- ausfallen.
         
 Stichprobe
         
    Für Experiment 2 wurden 24 Versuchspersonen am Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität Marburg angeworben und mit jeweils einer Versuchspersonenstunde entlohnt. Tabelle 7 enthält die Geschlechts- und Altersverteilung der Stichprobe.
     
     
        Tabelle 7: Zusammensetzung der Stichprobe in Experiment 2.
         
        Männer
        Frauen
        Anzahl
        15
        9
        Mittleres Alter
        23
        24
         
 Versuchsablauf
Zur Überprüfung der Hypothesen wurde Experiment 2, wie Experiment 1, in drei Phasen durchgeführt, wobei jede Phase durch eine Instruktion von den beiden anderen Phasen getrennt war. Der formale Ablauf des Experiments entsprach dem von Experiment 1. Im Unterschied zu Experiment 1 wurde die operante Aufgabe in der Phase I und in der Bedingung nonCS in Phase III jedoch nicht auf einem weißen Hintergrund präsentiert, sondern auf einem blauen Hintergrund, der ca. 2/3 des Bildschirms einnahm und im Format den beiden Reizen, die in Phase II als CS eingesetzt wurden, entsprach. Der formale Ablauf von Experiment 2 ist in Box 3 wiedergegeben.
 
Box 3: Formaler Ablauf von Experiment 2.
Phase I: Einübung der operanten Aufgabe
Ergebnisse
Zur Auswertung wurden wie in dem vorangegangenen Experiment die mittlere Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen und die mittleren Bearbeitungszeiten getrennt für die drei Bedingungen (nonCS, CS+, CS-) für jede Versuchsperson ermittelt. Mit den Bearbeitungszeiten wurden einfaktorielle ANOVAR berechnet. Im folgenden werden die Ergebnisse der verschiedenen abhängigen Variablen dargestellt. Für die Anzahl bearbeiteter Aufgaben beschränkt sich dies auf eine deskriptive Darstellung (vgl. Experiment 1). Zentral sind auch in diesem Experiment die Bearbeitungszeiten für die richtig bearbeiteten Matrizen. Die Bearbeitungszeiten für insgesamt (richtig und falsch) bearbeitete Matrizen werden nur der Vollständigkeit halber mitberichtet (vgl. Abschnitt 3.1.4).
 
Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
In Tabelle 8 sind die mittlere Anzahl an richtig bearbeiteten und insgesamt bearbeiteten Matrizen für die drei Bedingungen in Phase III eingetragen. Es zeigt sich, daß in der Bedingung CS+ im Mittel 26 Matrizen richtig bearbeitet wurden und in den anderen beiden Bedingungen jeweils nur 24. Vergleicht man die Anzahl insgesamt bearbeiteter Matrizen in den drei Bedingungen, so ergibt sich, daß in der Bedingung nonCS 34, in der Bedingung CS+ 33 und in der Bedingung CS- 31 Matrizen bearbeitet wurden.
 
        Tabelle 8: Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter und insgesamt bearbeiteter Matrizen in Experiment 2.
        Bedingung:
        NonCS
        CS+
        CS-
        Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
        24.33
        25.71
        23.71
        Mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen
        33.75
        33.33
        31.00
         
 
Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen
Als nächstes wurde überprüft, ob sich die mittleren Bearbeitungszeiten der richtig bearbeiteten Matrizen in Phase III zwischen den drei Bedingungen signifikant unterschieden. In Tabelle 9 sind die mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen der Bearbeitungszeiten getrennt für die drei Bedingungen aufgeführt.
         
        Tabelle 9: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen
        richtig bearbeiteter Matrizen in Experiment 2.
        Bedingung:
        nonCS
        CS+
        CS-
        Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
        24.33
        25.71
        23.71
        Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
        4867
        4927
        5083
        Standardabweichung
        258
        268
        229
         
In der Bedingung nonCS wurden die Matrizen am schnellsten bearbeitet, gefolgt von der Bedingung CS+. In der Bedingung CS- wurden die Matrizen am langsamsten bearbeitet. Es wurde eine einfaktorielle ANOVAR mit dem within-Faktor "Bedingung" gerechnet. Hier zeigte sich ein signifikanter Unterschied in den mittleren Bearbeitungszeiten (F(2,46) = 13.56, p< .001). Der Tukey-Test ergab, daß sich die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS- signifikant von den Bearbeitungszeiten in den anderen Bedingungen unterschieden
(Tkrit = 102.55). In Abbildung 6 sind die Unterschiede in den mittleren Bearbeitungszeiten veranschaulicht.

        Abbildung 6: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen in Phase III. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.
         

 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
In der nächsten Analyse sollte geprüft werden, ob sich die mittleren Bearbeitungszeiten unterschieden, wenn man die richtig und falsch bearbeiteten Matrizen in Phase III zusammenfaßt. In Tabelle 10 sind die mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen der Bearbeitungszeiten für die drei Bedingungen eingetragen. Deskriptiv zeigt sich ein ähnliches Bild wie in Tabelle 9: Die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS- waren am langsamsten. Die mittleren Bearbeitungszeiten in den Bedingungen nonCS und CS+ unterschieden sich nur um vier Millisekunden.
       
      Tabelle 10: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen,
      insgesamt bearbeiteter Matrizen in Experiment 2.
      Bedingung:
      nonCS
      CS+
      CS-
      Mittlere Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
      33.75
      33.33
      31.00
      Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
      4938
      4942
      5085
      Standardabweichung
      222
      263
      228
       

       
       

Eine einfaktorielle ANOVAR mit dem dreistufigen within-Faktor "Bedingung" zeigte, daß ein signifikanter Unterschied in den mittleren Bearbeitungszeiten
(F(2,46) = 12.41, p < .001) bestand. Die Ergebnisse des Tukey-Tests bestätigten, daß sich die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS- signifikant von den Bearbeitungszeiten in den anderen beiden Bedingungen unterschieden (Tkrit = 80.70). Abbildung 7 stellt die mittleren Bearbeitungszeiten über alle drei Bedingungen dar.
 

      Abbildung 7: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen in Phase III. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.
       

Diskussion
Experiment 2 wurde durchgeführt, um die Frage zu beantworten, ob die in Experiment 1 beobachteten schnelleren Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS aufgrund der Präsentationsweise in dieser Bedingung zustande gekommen sind. Durch die Präsentation auf weißem Hintergrund in Experiment 1 konnte weder ein Lesbarkeitsvorteil noch ein Enkodierungsvorteil ausgeschlossen werden. Aus diesem Grund wurde auch in der Bedingung nonCS in Experiment 2 ein zusätzlicher Reiz präsentiert. Sollte die Präsentation des zusätzlichen Reizes keinen Einfluß auf die Bearbeitungszeiten haben, wurde eine Replikation des Ergebnismusters von Experiment 1 erwartet: Die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS sollten kürzer ausfallen als in den CS Bedingungen. Außerdem müßten die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS+ kürzer sein als in der Bedingung CS-. Beeinflußt die zusätzliche Präsentation eines Reizes jedoch die Bearbeitung der operanten Aufgabe, aufgrund des zusätzlichen Enkodierungsaufwands oder aufgrund der veränderten Lesbarkeit der operanten Aufgabe, wurde erwartet, daß die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS zwischen den Bearbeitungszeiten der beiden CS Bedingungen liegen. Die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS+ sollten kürzer ausfallen als in den anderen beiden Bedingungen. Es sollte also zu einer verbesserten Leistung in dieser Bedingung aufgrund der Ankündigung des US kommen.
Betrachtet man die Bearbeitungszeiten für operante Aufgabe, so findet man, daß das Ergebnismuster von Experiment 2 nur zum Teil den Hypothesen entspricht. Zunächst konnte auch in diesem Experiment der Einfluß einer differentiellen klassischen Konditionierung nachgewiesen werden. Genau wie in Experiment 1 führte die Präsentation des CS+ zu signifikant schnelleren Bearbeitungszeiten in der operanten Aufgabe als die Präsentation des CS-. Die erfolgreiche Anwendung des Transfer of Control Paradigmas zum Nachweis klassischer Konditionierung im Humanbereich wurde damit repliziert.

Die Ergebnisse widersprechen jedoch der Hypothese, daß die zusätzliche Präsentation eines farbigen Hintergrundreizes in der Bedingung nonCS dazu führt, daß in dieser Bedingung die Bearbeitungszeiten zwischen den Zeiten der beiden anderen Bedingungen liegen. Beobachtbar waren zwar deutlich längere Bearbeitungszeiten im Vergleich zu Experiment 1, dies führte jedoch lediglich zu einem Angleichen an die Bedingung CS+. Der Unterschied zwischen der Bedingung nonCS und der Bedingung CS- war wie in Experiment 1 signifikant. Zwischen den Bedingungen CS+ und nonCS bestand dagegen kein Unterschied mehr in den Bearbeitungszeiten. Damit konnten zwar Hinweise dafür gefunden werden, daß in Experiment 1 die kürzeren Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS zum Teil auf einen Vorteil gegenüber den CS Bedingungen zurückgeführt werden können, unklar ist jedoch, warum sich die Bearbeitungszeiten in den Bedingungen CS+ und nonCS nicht unterschieden und deskriptiv die operante Aufgabe in der Bedingung nonCS sogar eher schneller bearbeitet wurde.

Als Erklärung für die Ergebnisse in Experiment 2 könnte man anführen, daß nicht der CS+ und damit die Ankündigung des US zu einer Verbesserung der Leistung, sondern daß die Präsentation des CS- als Sicherheitssignal zu einer schlechteren Leistung führte. Damit würde sich die Präsentation des CS- und die daraus resultierende verminderte Aktivierung der Versuchspersonen negativ auf die operante Aufgabe auswirken. Die Ankündigung des CS+ hätte demgegenüber keine Auswirkung auf die Leistung in der operanten Aufgabe, und dementsprechend findet sich in den Bearbeitungszeiten auch kein Unterschied zu den Zeiten der Bedingung nonCS. Diese Erklärung läßt sich aber weder mit den Zwei-Prozeß-Theorien noch mit dem Response-Cueing Ansatz vereinbaren.

Eine alternative Erklärung für das gefundene Datenmuster besteht darin, daß die schnelleren Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS auf die unterschiedlichen Hintergrundfarben, auf denen die operanten Aufgaben präsentiert wurden, zurückgeführt werden können. Durch einen Versuchsfehler wurden in der Bedingung nonCS die Aufgaben immer auf einem blauen Hintergrund präsentiert, während in den beiden anderen Bedingungen Farbe (grün und gelb) und Art des CS (CS+, CS-) balanciert waren. Es ist deshalb möglich, daß die Bearbeitung der Aufgaben, wie in Experiment 1, durch Unterschiede in der "Lesbarkeit" auf den verschiedenen Farben beeinflußt wurde.

Um das Argument der unterschiedlichen Wirkung der Farben auszuräumen, könnte man nun Experiment 2 vollständig wiederholen. Jedoch wurde durch die partielle Balancierung mit Experiment 2 die Reliabilität des eigentlich interessierenden differentiellen Konditionierungseffektes bereits belegt. Damit kann Experiment 3 genutzt werden, um durch eine weitere Modifikation zusätzliche Informationen über den Einfluß der Farbreize und die Wirkung der klassischen Konditionierung zu gewinnen. Deshalb wurde Experiment 3 als Kontrollstudie durchgeführt. Zeitgleich mit Experiment 3 wurden auch die Experimente 4 und 5 durchgeführt. Experiment 4 diente dabei dem Ziel festzustellen, ob sich in den Experimenten 1 und 2 die Enkodierung der farbigen Hintergrundreize auf die Bearbeitungszeiten der operanten Aufgabe ausgewirkt hat. Es sollte geprüft werden, ob in Experiment 1 ein Enkodierungsvorteil der Bedingung nonCS gegenüber den beiden CS Bedingungen bestand. Experiment 5 schließlich diente der Prüfung einer weiteren denkbaren Erklärung für die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS, nämlich der Annahme einer latenten Inhibition in dieser Bedingung.
Zur besseren Übersicht über die folgenden Experimente ist in Abbildung 8 ein Ablaufschema der Experimente 1 - 5 abgebildet.
 
 
 



 
Experiment 3 (Kontrollstudie)
    In Experiment 3 sollte geprüft werden, ob sich Unterschiede in den Bearbeitungszeiten der operanten Aufgabe ergeben, wenn man sie auf unterschiedlichen Hintergrundfarben präsentiert. In Experiment 2 waren die Aufgaben unter der Bedingung nonCS auf einem blauen Hintergrund präsentiert worden. Die Bearbeitungszeiten in dieser Bedingung waren kürzer als in der Bedingung CS-, in der die Darbietung der operanten Aufgabe für die Hälfte der Versuchspersonen auf einem gelben und für die andere Hälfte auf einem grünen Hintergrund erfolgte. Durch die Vorgehensweise in Experiment 2 wurde zwar sichergestellt, daß der beobachtbare Unterschied zwischen den Bedingungen CS+ und CS- nicht aufgrund verschiedener Hintergrundfarben für die Matrizen zustande kam, da die Zuordnung der CS zu den Farben balanciert war. Der Unterschied zwischen den Bedingungen nonCS und CS- bzw. nonCS und CS+ könnte jedoch durch die Wirkung der verschiedenen farbigen Hintergrundreize erklärt werden, da die Bedingung nonCS immer auf einem blauen Hintergrundreiz präsentiert wurde. Vorstellbar ist, daß zum Beispiel die "Lesbarkeit" der operanten Aufgabe auf dem grünen und gelben Hintergrund erschwert war, im Vergleich zur Präsentation auf dem blauen Hintergrund. Um den Effekt der "Lesbarkeit" ohne den Einfluß der differentiellen Konditionierung zu bestimmen, müssen die Bearbeitungszeiten auf den unterschiedlichen Hintergrundfarben ermittelt werden, ohne daß differentielle Konditionierungseffekte eine Rolle spielen. Deshalb wurde keine der verwendeten Farben klassisch konditioniert.

    Um möglichst vergleichbare Randbedingungen wie in den vorangegangenen Experimenten zu realisieren, entsprach Experiment 3 im Ablauf dem von Experiment 1 und 2. In Phase I wurde die operante Aufgabe eingeübt. Die Darbietung erfolgte hier, wie in Experiment 2, auf einem blauen Hintergrund. In Phase II des Experiments wurden die Versuchspersonen in einer differentiellen Konditionierungsanordnung klassisch konditioniert, mit den Farben grau und lila als CS. In Phase III wurde die operante Aufgabe unter drei verschiedenen Bedingungen (blau, gelb und grün) präsentiert. Die Bedingungen unterschieden sich nur darin, welche Hintergrundfarben bei der Präsentation verwendet wurden. Im Unterschied zu Experiment 1 und 2 wurde die operante Aufgabe hier nicht mit Reizen präsentiert, die zuvor in Phase II klassisch konditioniert worden waren, sondern mit neuen Farbreizen, zusätzlich zu dem aus Phase I bekannten Blau.

    Der bereits mit Experiment 2 replizierte differentielle Konditionierungseffekt kann gemäß der Zwei-Prozeß Theorie auf eine erhöhte Aktivierung unter der Bedingung CS+ zurückgeführt werden. Die erhöhte Aktivierung führt zu kürzeren Bearbeitungszeiten in dieser Bedingung. In Phase III von Experiment 3 wurden keine US appliziert, da der Einfluß der Hintergrundfarben unabhängig von der differentiellen Konditionierung untersucht werden sollte. Die Versuchspersonen sollten jedoch ähnlichen Aktivierungsbedingungen ausgesetzt sein wie in den vorangegangenen Experimenten. Um in Phase III erhöhte Aktivierungsbedingungen herzustellen, wurde deshalb die gleiche Instruktion vorgegeben wie in den Experimenten 1 und 2, in der darauf hingewiesen wurde, daß Elektrostimulation vorkommen kann (vgl. Box 1). Außerdem wurden die Schockelektroden nach Phase II nicht entfernt. Es ist anzunehmen, daß die Versuchspersonen in Phase III dadurch generell eine Aktivierungserhöhung erfuhren, was sich in verkürzten Bearbeitungszeiten für alle drei Farben niederschlagen sollte.

 Hypothese
         
    Wenn die Bearbeitung der operanten Aufgaben durch den farbigen Hintergrund beeinflußt wird, dann sollten sich signifikante Unterschiede in den Bearbeitungszeiten zwischen den Bedingungen der Phase III ergeben.
 Stichprobe
    Für Experiment 3 wurden 24 Versuchspersonen am Fachbereich Psychologie angeworben und mit jeweils einer Versuchspersonenstunde entlohnt. Die genaue Zusammensetzung der Stichprobe nach Geschlecht und Alter ist Tabelle 11 zu entnehmen.
         

         

         

        Tabelle 11: Zusammensetzung der Stichprobe in Experiment 3.
         
        Männer
        Frauen
        Anzahl
        6
        18
        Mittleres Alter
        26
        23
         
 Versuchsablauf
Experiment 3 wurde als dreiphasiges Experiment durchgeführt. Jede Phase wurde durch eine eigene Instruktion angekündigt, die auf dem Computerbildschirm präsentiert wurden (vgl. Box 1). Der formale Ablauf von Experiment 3 entsprach dem der Experimente 1 und 2. Im Unterschied zu diesen beiden Experimenten wurden jedoch in Phase II Farbreize verwendet, die in keiner anderen Phase des Experiments eingesetzt wurden. Als CS dienten ein graues und ein violettes Rechteck, die ca. 2/3 des Computerbildschirms einnahmen. Für eine Hälfte der Versuchspersonen wurde das graue Rechteck als CS+ eingesetzt und für die andere Hälfte das violette Rechteck. Die zeitliche Abfolge und die Dauer der einzelnen Reize entsprachen den Zeiten in Experiment 1 und 2. Die Phasen I und III wurden mit den gleichen Farbreizen wie in Experiment 2 durchgeführt. Da diese Farbreize nicht in Phase II klassisch konditioniert wurden, wurde in Phase III entsprechend auch keine Elektrostimulation als US appliziert. In Box 4 ist der experimentelle Ablauf für Experiment 3 dargestellt.
 
Box 4: Formaler Ablauf von Experiment 3
 
Phase I: Einübung der operanten Aufgabe
Ergebnisse
    Um den Einfluß der Farben auf die Bearbeitungszeiten zu testen, wurde die Bearbeitung der operanten Aufgabe in den verschiedenen Bedingungen der Phase III ausgewertet. Dazu wurden die mittlere Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen und die mittleren Bearbeitungszeiten, getrennt für die drei Bedingungen (grün, gelb, blau), für jede Versuchsperson ermittelt. Mit den Bearbeitungszeiten wurden einfaktorielle Varianzanalysen für abhängige Gruppen berechnet. Im folgenden werden die verschiedenen Auswertungen und Ergebnisse beschrieben.
         
 Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
    In Tabelle 12 sind die Anzahl richtig bearbeiteter und die Anzahl insgesamt bearbeiteter Matrizen für die drei Bedingungen in Phase III aufgelistet. Im Mittel wurden in der Bedingung blau 25 Matrizen richtig bearbeitet im Vergleich zu 26 Matrizen in den Bedingungen gelb und grün. In allen drei Bedingungen wurden im Mittel insgesamt 33 Matrizen bearbeitet.
     
     
          Tabelle 12: Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter und mittlere Anzahl insgesamt
          bearbeiteter Matrizen in Experiment 3.
          Bedingung:
          blau
          Gelb
          grün
          Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
          24.50
          26.38
          26.08
          Mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen
          32.58
          33.00
          33.00
           
 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen
           
    Im nächsten Auswertungsschritt sollte geprüft werden, ob sich die mittleren Bearbeitungszeiten der richtig bearbeiteten Matrizen in Phase III zwischen den drei Bedingungen unterschieden. In Tabelle 13 sind die mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen für die mittleren Bearbeitungszeiten in den unterschiedlichen Bedingungen abgebildet.
           
          Tabelle 13: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen richtig
          beantworteter Matrizen in Experiment 3.
          Bedingung:
          blau
          gelb
          Grün
          Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
          24.50
          26.38
          26.08
          Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
          4738
          4767
          4819
          Standardabweichung
          510
          542
          556
           
           
    Deskriptiv zeigte sich, daß die Matrizen unter der Bedingung blau etwas schneller bearbeitet wurden als unter den anderen beiden Bedingungen. In der Bedingung gelb wurden die Matrizen außerdem schneller als unter der Bedingung grün bearbeitet. Mit den mittleren Bearbeitungszeiten der richtig bearbeiteten Matrizen wurde eine einfaktorielle ANOVAR mit dem dreistufigen within-Faktor "Bedingung" (blau, gelb, grün) durchgeführt. Es zeigte sich, daß kein signifikanter Unterschied in den mittleren Bearbeitungszeiten (F(2,46) = 2.09, p < .14) bestand. Abbildung 9 veranschaulicht die Bearbeitungszeiten in den drei Bedingungen.
          Abbildung 9: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen in Phase III.  Blau = Präsentation der Aufgaben auf blauem Hintergrund,
          gelb = Präsentation der Aufgaben auf gelbem Hintergrund, grün = Präsentation der Aufgaben auf grünem Hintergrund.
           
 Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
    In einer weiteren Analyse sollte geprüft werden, ob sich die mittleren Bearbeitungszeiten unterschieden, wenn man richtig und falsch bearbeitete Matrizen in Phase III gemeinsam auswertet. In Tabelle 14 ist die Anzahl insgesamt bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen der Bearbeitungszeiten in den drei Bedingungen angegeben. Es zeigte sich deskriptiv, daß in der Bedingung blau die Matrizen etwas schneller bearbeitet wurden als unter den anderen beiden Bedingungen. Außerdem wurden die Matrizen unter der Bedingung gelb schneller bearbeitet als unter der Bedingung grün.
     
     
          Tabelle14: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen der
          Bearbeitungszeiten insgesamt beantworteter Matrizen in Experiment 3.
          Bedingung:
          blau
          Gelb
          grün
          Mittlere Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
          32.58
          33.00
          33.00
          Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
          4757
          4767
          4822
          Standardabweichung
          538
          560
          530
           
           
    Mit den Daten wurde eine einfaktorielle ANOVAR mit dem dreistufigen within-Faktor "Bedingung" gerechnet. Die Analyse zeigte, daß der Unterschied zwischen den Bedingungen nicht signifikant war (F(2,46) = 2.59, p < .10). Abbildung 10 veranschaulicht die mittleren Bearbeitungszeiten anhand eines Balkendiagramms.
           

          Abbildung 10: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen in Phase III. Blau = Präsentation der Aufgaben auf blauem Hintergrund, gelb = Präsentation der Aufgaben auf gelbem Hintergrund, grün = Präsentation der Aufgaben auf grünem Hintergrund.
           

  Auswertungsschritt 2: Mittelung über grün und gelb
    Die bisherige Auswertung von Experiment 3 entsprach streng genommen nicht dem Vorgehen der Experimente 1 und 2. In diesen Experimenten wurden die mittleren Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS verglichen mit den Zeiten der Bedingungen CS+ und CS-. Diese Bearbeitungszeiten setzten sich aber jeweils zur Hälfte aus grünen und gelben Hintergrunddarbietungen zusammen, da 50% der Versuchspersonen den grünen Reiz als CS+ präsentiert bekamen und 50% der Versuchspersonen den gelben Reiz. Um festzustellen, ob in Experiment 2 ein Vorteil in der Bedingung nonCS gegenüber den beiden CS Bedingungen bestand, mußte deshalb der Vergleich zwischen der Bedingung blau und einem Mittelwert aus grün und gelb durchgeführt werden. Aus diesem Grund wurde in einem weiteren Auswertungsschritt die Bearbeitungszeiten der Bedingungen grün und gelb für jede Versuchsperson gemittelt. Als nächstes wurden mit einem t-Test die mittleren Bearbeitungszeiten der Bedingung blau verglichen mit diesen Werten. Aus Experiment 2 ließ sich die Hypothese ableiten, daß die Bearbeitungszeiten unter der Bedingung blau kürzer sein sollten als unter der gemischten Bedingung grün/gelb. Deshalb wurde der t-Test gerichtet durchgeführt.
     
 Vergleich für die Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
    In Tabelle 15 sind die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen für die richtig bearbeiteten Matrizen der Bedingung blau und für den Mittelwert aus grün und gelb angegeben. Mit den Daten wurde ein einfacher t-Test für abhängige Stichproben gerechnet. Hier zeigte sich bei einer gerichteten Prüfung ein signifikanter Unterschied zwischen den Bedingungen (t(23) = 1.83, p < 0.05).
             
            Tabelle15: Mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen der Bearbeitungszeiten richtig beantworteter
            Matrizen in Experiment 3 für die Bedingung blau und den Mittelwert aus den Bedingungen grün und gelb.
            Bedingung:
            blau
            Mittelwert [(grün+gelb)/2]
            Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
            4738
            4793
            Standardabweichung
            510
            538
             
 Vergleich für die Anzahl insgesamt bearbeiteter Matrizen
    In Tabelle 16 sind die mittleren Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen für  die insgesamt bearbeiteten Matrizen (richtige und falsche) der Bedingung blau und für den Mittelwert aus grün und gelb angegeben. Mit den Daten wurde ebenfalls ein einfacher t-Test für abhängige Stichproben gerechnet. Auch hier zeigte sich bei einer gerichteten Prüfung ein signifikanter Unterschied zwischen den Bedingungen
    (t(23) = 1.80, p < 0.05).
         
        Tabelle16: Mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen der Bearbeitungszeiten insgesamt beantworteter
        Matrizen in Experiment 3 für die Bedingung blau und den Mittelwert aus den Bedingungen grün und gelb.
        Bedingung:
        blau
        Mittelwert [(grün+gelb)/2]
        Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
        4757
        4795
        Standardabweichung
        538
        538
         
 Diskussion
Das Hauptziel von Experiment 3 war es festzustellen, ob Unterschiede in den Bearbeitungszeiten, wie sie in Experiment 2 beobachtet wurden, aufgrund der verschiedenen Hintergrundfarben zustande gekommen sein können. Wie in Experiment 2 wurde die Darbietung der operanten Aufgabe zwar auf den gleichen Farbreizen vorgenommen, diese Farbreize waren jedoch nicht zuvor klassisch konditioniert worden. Sollte die Bearbeitung der operanten Aufgabe aufgrund der "Lesbarkeit" auf unterschiedlichen Farben für die Unterschiede in Experiment 2 verantwortlich gewesen sein, müßten sich auch in Experiment 3 signifikante Unterschiede zwischen den Farbbedingungen der Phase III ergeben haben.
Eine erste Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten zeigte zwar, daß keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Bedingungen bestanden. Jedoch wurde durch eine genauere Analyse, die stärker dem Vorgehen in den Experimenten 1 und 2 entsprach, deutlich, daß ein signifikanter Unterschied zwischen der Bedingung blau und dem Mittelwert aus den Bedingungen grün und gelb bestand. Dies deutet darauf hin, daß die kürzeren Bearbeitungszeiten unter der Bedingung nonCS in Experiment 2 aufgrund einer besseren "Lesbarkeit" der Matrizen in dieser Bedingung zustande kamen. Der Unterschied zwischen den Bedingungen CS+ und CS- in Experiment 2 kann jedoch auf die klassische Konditionierung zurückgeführt werden, da in diesem Experiment die Zuordnung der Farben grün und gelb zu den CS balanciert war.
Die bessere "Lesbarkeit" der Aufgaben unter der Bedingung mit einem blauen Hintergrundreiz hat nun bestimmte Konsequenzen für die Interpretation des vorangegangenen Experiments 2 und der nachfolgenden Experimente 4 und 5. Im Mittel waren in Experiment 2 die Bearbeitungszeiten der Bedingung blau um 38 Millisekunden (alle bearbeiteten Matrizen) bzw. 55 Millisekunden (nur richtig bearbeitete Aufgaben) kürzer als der Mittelwert aus grün und gelb. Geht man davon aus, daß diese Zeit aufgrund der besseren "Lesbarkeit" auf dem blauen Hintergrund zustande kam, und nimmt man weiterhin an, daß die Bearbeitungszeiten der Bedingung nonCS um diesen Wert langsamer ausgefallen wären, wenn kein "Lesbarkeitsvorteil" in Experiment 2 bestanden hätte, dann wären im Falle aller bearbeiteten Matrizen die Bearbeitungszeiten zwischen den Bearbeitungszeiten der CS Bedingungen zu liegen gekommen, im Falle der richtig bearbeiteten Aufgaben würden sich die Zeiten der Bedingungen nonCS und CS+ entsprechen. Das Ergebnismuster hätte damit eher den Vorhersagen nach Rescorla und Solomon (1967) entsprochen (vgl. Abschnitt 2.10).

Über alle Farben gemittelt lagen in Experiment 3 die Bearbeitungszeiten für die richtig bearbeiteten Aufgaben 184 Millisekunden und für alle bearbeiteten Aufgaben 206 Millisekunden unter den Zeiten in Experiment 2. Da in Experiment 3 in Phase III über die Instruktion weiterhin Schocks angekündigt waren, deren Autreten jedoch nicht einer spezifischen Reizbedingung zugeordnet werden konnten, dürfte die Aktivierung insgesamt in dieser Phase hoch gewesen sein. Leider liegen keine unabhängigen Indikatoren für das Ausmaß der Aktivierung vor, und auch Stichprobenunterschiede in den Bearbeitungszeiten können nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Dennoch deutet dieses Ergebnis darauf hin, daß erhöhte Aktivierung zu einer Verkürzung der Bearbeitungszeiten führt, was die Validität der in Experiment 1 und 2 beobachteten differentiellen Konditionierungseffekte unterstreicht.

 



 
Experiment 4
    Die Ergebnisse von Experiment 1 wurden zum Teil durch einen Vorteil der Bedingung nonCS gegenüber den anderen beiden Bedingungen erklärt: In der Bedingung nonCS wurde kein zusätzlicher Farbreiz präsentiert, der die Lesbarkeit einschränkte bzw. durch zusätzlichen Enkodierungsaufwand die Bearbeitungszeiten beeinflußte. Die Ergebnisse aus Experiment 2 stützten diese Erklärung: Die Präsentation eines zusätzlichen Farbreizes in der Bedingung nonCS führte auch hier zu längeren Bearbeitungszeiten. In Experiment 3 wurde für die Bedingung nonCS ein "Lesbarkeitsvorteil" nachgewiesen. In Experiment 4 sollte der Versuch unternommen werden, den Aspekt des Enkodierungsaufwands zu untersuchen. Konkret sollte versucht werden, den zusätzlichen Verarbeitungsschritt von der eigentlichen Bearbeitung der operanten Aufgabe zu entkoppeln. Dieser Versuch war aus zwei Gründen interessant. Einmal sollte damit zusätzliche Evidenz dafür gewonnen werden, daß die längeren Bearbeitungszeiten in den CS Bedingungen von Experiment 1 zum Teil auf den zusätzlich zu verarbeitenden Reiz zurückzuführen sind. Weiterhin sollte aber auch die Robustheit der gefundenen Unterschiede zwischen den CS Bedingungen gegenüber Bedingungsvariationen demonstriert werden.

    Eine Trennung der Verarbeitung des Hintergrundreizes von der Bearbeitung der operanten Aufgabe läßt sich zum Beispiel über eine frühere Ankündigung dieses Reizes realisieren. Präsentiert man den Hintergrundreiz zeitlich gesehen vor der operanten Aufgabe, so daß seine Verarbeitung und die Dekodierung seiner Bedeutung schon abgeschlossen ist, wäre zu erwarten, daß sich dies positiv, im Sinne einer Verkürzung, auf die Bearbeitungszeiten auswirkt. Verwendet man dazu die gleiche Versuchsanordnung wie in Experiment 2, dürfte sich an dem dort gefundenen Ergebnismuster nichts ändern, d.h. der Unterschied zwischen den Bedingungen sollte sich replizieren lassen. Die Bearbeitungszeiten in allen drei Bedingungen müßten aber deutlich niedriger ausfallen als in Experiment 2.

 Hypothese
         
    Für Experiment 4 ließen sich zwei Hypothesen formulieren. Eine allgemeine, die sich auf die Wirkung der klassisch konditionierten Reize auf die operante Aufgabe bezog und mit der eine Replikation der in Experiment 1 und 2 gefundenen Ergebnisse erwartet wurde. Eine zweite, spezifische Hypothese für dieses Experiment ergab sich aus der Bedingungsmanipulation des vorliegenden Experiments im Vergleich zu
    Experiment 2.

    Allgemeine Hypothese:

         
    Präsentiert man klassisch konditionierte Reize während der Ausführung einer operanten Aufgabe, beeinflußt dies die Ausführungsgeschwindigkeit. Präsentiert man einen Reiz, der als CS- konditioniert wurde, werden die Bearbeitungszeiten langsamer ausfallen im Vergleich zur Präsentation der Aufgabe ohne CS bzw. der Präsentation mit dem CS+.

    Spezifische Hypothese:

    Die zusätzliche Verarbeitung eines Reizes und die Dekodierung seiner Bedeutung wirken sich auf die Bearbeitungszeiten einer gleichzeitig auszuführenden operanten Aufgabe aus. Präsentiert man diesen Reiz zeitlich etwas früher als die operante Aufgabe, verändert das auch die Bearbeitungszeiten, die für die operante Aufgabe benötigt werden. Diese werden kürzer im Vergleich zu den Zeiten, die in Experiment 2 beobachtet wurden. Damit sollte sich das Ergebnismuster, wie es in Experiment 2 gefunden wurde, nicht ändern, allerdings werden deutlich kürzere Bearbeitungszeiten erwartet.

 Stichprobe
    Für Experiment 4 wurden 24 Versuchspersonen angeworben. Für ihre Teilnahme am Experiment wurden sie mit jeweils einer Versuchspersonenstunde entlohnt. Die Zusammensetzung der Stichprobe nach Geschlecht und Alter ist in Tabelle 17 wiedergegeben.
     
     
        Tabelle 17: Zusammensetzung der Stichprobe in Experiment 4.
         
        Männer
        Frauen
        Anzahl
        4
        20
        Mittleres Alter
        22
        23
         
 Versuchsablauf
Experiment 4 wurde wieder als dreiphasiges Experiment durchgeführt. Jede Phase wurde durch eine Instruktion von den beiden anderen Phasen getrennt. Bis auf einen Unterschied wurde das gleiche Vorgehen wie in Experiment 2 gewählt. Da die Experimente 4 und 5 zeitgleich mit Experiment 3 durchgeführt wurden, bedeutete dies aber auch, daß nur die Zuordnung der Farben grün und gelb zu den beiden CS (CS+ und CS-) balanciert war und in der Bedingung nonCS immer ein blauer Farbreiz präsentiert wurde. Im Unterschied zu Experiment 2 wurde die Darbietung des blauen Farbreizes und der beiden CS jedoch um 500 Millisekunden verlängert. Die Präsentation der Reize begann dabei in Phase I und III des Experiments 500 Millisekunden früher als die Präsentation der jeweiligen KVT-Matrix. Damit sollte sichergestellt werden, daß die Verarbeitung und die Dekodierung der Bedeutung der Reize schon abgeschlossen war, wenn die operante Aufgabe präsentiert wurde. Mit dieser Verlängerung der Reizdarbietung war auch eine Erhöhung des Interstimulus Intervalls um 500 Millisekunden in Phase II verbunden, damit die zeitlichen Abfolgen in den Phasen I - III konstant blieben. In Abbildung 11 ist am Beispiel eines CS+ Trial in Phase III die zeitliche Abfolge der Reizdarbietung skizziert. Box 5 zeigt den formalen Ablauf von Experiment 4.
 
Box 5: Formaler Ablauf von Experiment 4.

Phase I: Einübung der operanten Aufgabe

  • 32 Matrizen des KVT
  • Darbietungszeit: Sechs Sekunden
  • Darstellung: Schwarze Schrift auf blauem Hintergrund
  • Der blaue Hintergrund wurde 500 Ms vor der jeweiligen Matrix präsentiert
  • Darbietungszeit des blauen Hintergrunds: 7,5 Sekunden
  • Pause zwischen den Matrizen: Im Mittel 3,5 Sekunden
  • Pausenbild: Weißer Bildschirm
  • Feedback darüber, ob die Antwort korrekt war oder nicht
  • Phase II: Differentielle klassische Konditionierung
  • Zwei farbige Rechtecke als CS (grün und gelb)
  • Elektrostimulation als US
  • Die CS wurden in einer Zufallsabfolge jeweils zehnmal präsentiert
  • Ein CS immer gefolgt vom US (CS+)
  • Ein CS immer ohne US (CS-)
  • ISI: 7,5 Sekunden
  • ITI: Im Mittel 9,5 Sekunden
  • Phase III: Transferphase
  • 120 Matrizen des KVT, in einer Zufallsabfolge präsentiert
  • 1/3 der Matrizen wie in Phase 1 (Bedingung nonCS)
  • 1/3 der Matrizen mit gleichzeitiger Präsentation des CS+ (Bedingung CS+)
  • 1/3 der Matrizen mit gleichzeitiger Präsentation des CS- (Bedingung CS-)
  • Applikation des US in der Bedingung CS+ zur Vermeidung der Extinktion
  •  

     Ergebnisse
    Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen

      Für die Analyse der Daten wurde zuerst die mittlere Anzahl richtiger und insgesamt bearbeiteter (richtige und falsche) Matrizen ermittelt. Tabelle 18 führt die ermittelten Werte auf. In der Bedingung CS+ wurden im Mittel 27 Matrizen richtig bearbeitet, während in den anderen beiden Bedingungen jeweils nur 25 Matrizen richtig bearbeitet wurden. Ein Vergleich der Anzahl insgesamt bearbeiteter Matrizen zeigte, daß in der Bedingung nonCS mehr Matrizen bearbeitet wurden als in den CS Bedingungen. In der Bedingung CS+ wurden ebenfalls mehr Matrizen bearbeitet als in der Bedingung CS-.
       
       
       
            Tabelle 18: Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter und mittlere Anzahl insgesamt
            bearbeiteter Matrizen in Experiment 4
            Bedingung:
            nonCS
            CS+
            CS-
            Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
            25.17
            26.83
            25.04
            Mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen
            33.63
            33.21
            32.25
             
     Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen
             
      Im nächsten Schritt wurde geprüft, ob sich die mittleren Bearbeitungszeiten der richtig bearbeiteten Matrizen in Phase III zwischen den drei Bedingungen unterscheiden. In Tabelle 19 sind die mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen für die Bearbeitungszeiten wiedergegeben. In den Bedingungen nonCS und CS+ waren die mittleren Bearbeitungszeiten fast identisch. Die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS- waren dagegen länger als in den beiden anderen Bedingungen. Eine ANOVAR mit dem within-Faktor "Bedingung" zeigte, daß ein signifikanter Unterschied zwischen den mittleren Bearbeitungszeiten bestand (F(2,46) = 16.43, p < .001).
             

             

            Tabelle 19: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen
            richtig bearbeiteter Matrizen in Experiment 4.
            Bedingung:
            nonCS
            CS+
            CS-
            Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
            25.17
            26.83
            25.04
            Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
            4721
            4724
            4931
            Standardabweichung
            314
            312
            257
             

             
             

      Ein nach dieser Analyse durchgeführter Tukey-Test ergab, daß sich die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS- signifikant von den Zeiten in den anderen Bedingungen unterschieden (Tkrit = 100.76). In Abbildung 12 sind die mittleren Bearbeitungszeiten für die drei Bedingungen veranschaulicht.
             

            Abbildung 12: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen in Phase III. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.

             

             
             

     Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
     In einer weiteren Analyse wurde geprüft, ob sich die mittleren Bearbeitungszeiten auch unterschieden, wenn man richtig und falsch bearbeitete Matrizen in Phase III zusammenfaßt. In Tabelle 20 sind die mittlere Anzahl berbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen der Bearbeitungszeiten für die Bedingungen eingetragen.
             
            Tabelle 20: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen
            der insgesamt bearbeiteten Matrizen in Experiment 4.
            Bedingung:
            nonCS
            CS+
            CS-
            Mittlere Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
            33.63
            33.21
            32.25
            Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
            4809
            4723
            4918
            Standardabweichung
            269
            348
            244
             

             
             

      Die mittleren Bearbeitungszeiten zeigen, daß in der Bedingung CS+ die Matrizen am schnellsten bearbeitet wurden, gefolgt von der Bedingung nonCS. Am langsamsten wurden die Matrizen in der Bedingung CS- bearbeitet. In einer einfaktoriellen ANOVAR mit dem dreistufigen within-Faktor "Bedingung" (nonCS, CS+ und CS-) wurde deutlich, daß ein signifikanter Unterschied zwischen den Bedingungen bestand (F(2,46) = 10.04, p < .001). Ein Tukey-Test zeigte, daß die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS- signifikant länger waren als in den anderen beiden Bedingungen (Tkrit = 104.7). Abbildung 13 veranschaulicht die mittleren Bearbeitungszeiten.
       
       

            Abbildung 13: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen in Phase III. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.
             

     Vergleich der Ergebnisse von Experiment 2 und 4
      Eine Hypothese zu Experiment 4 lautete, daß sich zwar die Bearbeitungszeiten in allen drei Bedingungen im Vergleich zu Experiment 2 verringern sollten, das Datenmuster (der Unterschied zwischen den drei Bedingungen) aber gleich bleibt: Die Bearbeitungszeiten in den Bedingungen nonCS und CS+ sollten in beiden Experimenten kürzer sein als die Bearbeitungszeiten in der Bedingung
      CS-. Außerdem sollten die Bearbeitungszeiten in Experiment 4 kürzer sein als in Experiment 2. In Tabelle 21 sind die mittleren Bearbeitungszeiten für richtig bearbeitete Matrizen der Experimente 2 und 4 aufgeführt. In Tabelle 22 sind die Bearbeitungszeiten für richtig und falsch bearbeitete Matrizen der beiden Experimente aufgelistet.
       
           

           

          Tabelle 21: Mittlere Anzahl und mittlere Bearbeitungszeiten richtig
          bearbeiteter Matrizen in Experiment 2 und 4.
          Bedingung:
          nonCS
          CS+
          CS-
          Bearbeitungszeiten in Experiment 2
          4867
          4927
          5083
          Bearbeitungszeiten in Experiment 4 
          4721
          4724
          4931
           

           

          Tabelle 22: Mittlere Anzahl und mittlere Bearbeitungszeiten insgesamt
          bearbeiteter Matrizen in Experiment 2 und 4.
          Bedingung:
          nonCS
          CS+
          CS-
          Bearbeitungszeiten in Experiment 2
          4938
          4942
          5085
          Bearbeitungszeiten in Experiment 4 
          4809
          4723
          4918
           

           

      Mit den Daten aus Tabelle 21 und 22 wurde jeweils eine 2 x 3 faktorielle ANOVAR mit dem zweistufigen between-Faktor "Experiment" (Experiment 2 und Experiment 4) und dem dreistufigen within-Faktor "Bedingung" (nonCS, CS+, CS-) gerechnet. Für die Bearbeitungszeiten der richtig bearbeiteten Matrizen (Tabelle 21) zeigte sich ein signifikanter Haupteffekt für die Faktoren "Experiment" (F(1,46) = 5.48, p < .03) und "Bedingung" (F(2,92) = 29.38, p < .001). Die Interaktion der Faktoren war nicht signifikant (F < 1).

      Für die Bearbeitungszeiten der insgesamt bearbeiteten Matrizen (Tabelle 22) zeigten sich in einer 2 x 3 faktoriellen ANOVAR (Experiment x Bedingung) ebenfalls signifikante Haupteffekte für den Faktor "Experiment" (F(1,46) = 6.07, p < .02) und den Faktor "Bedingung" (F(2,92) = 20.52, p < .001). Auch hier war die Interaktion der beiden Faktoren nicht signifikant (F < 1). In Abbildung 14 sind die Unterschiede in den mittleren Bearbeitungszeiten für die beiden Experimente und die verschiedenen Bedingungen aufgeführt.

           

          Abbildung 14: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter und insgesamt bearbeiteter Matrizen in Phase III der Experimente 2 und 4. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.

           

           
           

     Diskussion
    In Experiment 4 wurde der Versuch unternommen, die Verarbeitungszeit für den zu enkodierenden farbigen Hintergrund von der Bearbeitung der operanten Aufgabe experimentell zu trennen. Dies sollte über die "Vorankündigung" des Farbreizes bewirkt werden. Es wurde erwartet, daß sich das gleiche Ergebnismuster wie in Experiment 2 zeigt, d.h. die Matrizen sollten in der Bedingung CS- signifikant langsamer bearbeitet werden als in den anderen Bedingungen.

    Außerdem wurde die Hypothese aufgestellt, daß im Vergleich zu Experiment 2 niedrigere Bearbeitungszeiten benötigt werden, da durch den früheren Beginn der Präsentation der Hintergrundreize deren Verarbeitung schon abgeschlossen sein sollte, wenn die Matrizen präsentiert wurden. Damit sollte sich die zusätzlich benötigte Zeit, um diese Reize zu verarbeiten, nicht auf die Bearbeitungszeiten für die operante Aufgabe auswirken. Die Ergebnisse bestätigen deutlich beide Hypothesen. Es zeigte sich, wie in Experiment 2, eine signifikante Differenzierung zwischen der Bedingung CS- und den beiden anderen Bedingungen. In der Bedingung CS- wurde die operante Aufgabe langsamer bearbeitet. Der direkte Vergleich zwischen Experiment 2 und 4 machte weiterhin deutlich, daß in Experiment 4 signifikant kürzere Bearbeitungszeiten gezeigt wurden als in Experiment 2. Dies kann direkt auf die Vorankündigung der Hintergrundreize zurückgeführt werden. Die nicht signifikante Interaktion verdeutlichte, daß die Ergebnismuster der beiden Experimente sich, wie vorhergesagt, nicht unterscheiden.

    Auch in Experiment 4 konnte bei Vorankündigung von CS+ und CS- ein signifikanter Einfluß der klassischen Konditionierung auf die operante Aufgabe beobachtet werden. Das Versuchsdesign stellt damit eine wirkungsvolle Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas zum Nachweis klassischer Konditionierung dar. Die Ergebnisse in den Experimenten 1, 2 und 4 sind in dieser Hinsicht reliabel. Die Präsentation des CS- führte zu signifikant langsameren Bearbeitungszeiten in der operanten Aufgabe als die Ankündigung des CS+.

    Aufgrund der Ergebnisse von Experiment 3 wurde vermutet, daß in Experiment 2 ein "Lesbarkeitsvorteil" für die Bedingung nonCS bestand, der dazu führte, daß die Bearbeitungszeiten in dieser Bedingung kürzer ausfielen als in den beiden CS Bedingungen. Auch für Experiment 1 ist anzunehmen, daß ein "Lesbarkeitsvorteil" bestand, da in der Bedingung nonCS die Darbietung der Matrizen auf weißem Hintergrund stattfand. Im Gegensatz zu den anderen Experimenten war in Experiment 1 jedoch kein zusätzlicher Farbreiz in der Bedingung nonCS zu verarbeiten.

    In Experiment 4 wurde zwar der Enkodierungsaufwand von der Bearbeitungszeit für die operante Aufgabe getrennt, der in Experiment 3 festgestellte "Lesbarkeitsvorteil" in der Bedingung nonCS (blau) konnte aber weiterhin wirken, da auch in Experiment 4 die Bedingung nonCS immer auf blauem Hintergrund dargeboten worden war. Berücksichtigt man, daß in Experiment 3 die Bearbeitungszeiten auf blauem Hintergrund kürzer waren, und rechnet man diesen Einfluß "heraus", dann liegen in Experiment 4 die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS sowohl für die richtig bearbeiteten als auch für alle bearbeiteten Matrizen zwischen den Bearbeitungszeiten der Bedingungen CS+ und CS-. Ein solches Ergebnismuster ist mit den Vorhersagen von Rescorla und Solomon (1967) kompatibel.

     

    Experiment 5

      In der bisherigen Argumentation mit der unterschiedlichen "Lesbarkeit" der Matrizen auf den verschiedenen farbigen Hintergrundreizen blieb ein weiterer möglicher Einflußfaktor unberücksichtigt: Bei allen Experimenten mit einem blauen Hintergrund in der Bedingung nonCS unterschied sich dieser in Phase III nicht nur in der Farbe, sondern auch in seiner "Neuheit" von den anderen Bedingungen. In der klassischen Konditionierung ist der Effekt der "CS-Vorerfahrung" - auch Effekt der "latenten Inhibition" genannt - bekannt: Präsentiert man einen Reiz, der in der klassischen Konditionierung als CS verwendet werden soll, mehrmals vor der eigentlichen klassischen Konditionierung, so wird in dieser das Lernen der CS/US (bzw. CS/nonUS) Verbindung verzögert. Es wird schwieriger, den CS mit dem Ereignis "US" bzw. "kein US" zu assoziieren (vgl. Hall, 1991; Lubow, 1989; Lubow & Gewirtz, 1995).

      In den Experimenten 1 - 4 bearbeiteten die Versuchspersonen in Phase I Matrizen vor einem blauen Hintergrund. Es ist nun möglich, daß aufgrund dieser Vorgehensweise der blaue Farbreiz latent inhibiert wurde, was zu einer verringerten Assoziierbarkeit dieses Reizes - als Hinweissignal für das Nichtauftreten des US in Phase III des Experiments - geführt haben kann. Die latente Inhibition sollte sich in verkürzten Bearbeitungszeiten für die Bedingung nonCS im Vergleich zur Bedingung CS- niederschlagen, wie sie in den Experimenten auch beobachtet werden konnten. Der Einwand der latenten Inhibition läßt sich für keines der bisherigen Experimente entkräften und könnte eine Alternativerklärung für den bisher als "Lesbarkeitsvorteil" bezeichneten Effekt sein.

         
      In Experiment 5 sollte festgestellt werden, ob die Bedingung nonCS latent inhibiert wurde. Sollte dies der Fall gewesen sein, so müßte sich die Inhibition beeinflussen lassen. In den bisherigen Experimenten 1 - 4 wurden in Phase I jeweils 32 Matrizen des KVT unter der Bedingung nonCS vorgegeben. In dem nun folgenden Experiment 5 wurde die Anzahl an Aufgaben in Phase I reduziert, um das Ausmaß der Inhibition zu beeinflussen. Es wurde erwartet, daß durch diese Manipulation die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS in Phase III des Experiments zwischen den beiden CS Bedingungen liegen werden.
         
    Hypothese
           
      Wird Phase I, die als Übungsphase für die operante Aufgabe dient, verkürzt, sollte sich das primär in den Bearbeitungszeiten für die Bedingung nonCS in Phase III niederschlagen, wenn diese Bedingung durch latente Inhibition beeinflußt wird. Wenn Versuchspersonen außerdem differentiell klassisch konditioniert wurden und die klassisch konditionierten Reize zusätzlich zur operanten Aufgabe präsentiert werden, dann äußert sich das im Fall vom CS+ in einer Verbesserung in der operanten Aufgabe im Vergleich zur Bedingung nonCS. Die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS+ sollten kürzer sein als in der Bedingung CS-.
           
    Stichprobe
           
      Experiment 5 wurde mit 24 Versuchspersonen durchgeführt. Diese wurden mit Hilfe eines Aushangs angeworben und mit jeweils einer Versuchspersonenstunde entlohnt. Die Geschlechts- und Altersverteilung der Stichprobe ist in Tabelle 23 angegeben.
       
       
          Tabelle 23: Zusammensetzung der Stichprobe in Experiment 5.
           
          Männer
          Frauen
          Anzahl
          11
          13
          Mittleres Alter
          23
          23
           
     Versuchsablauf
    In Experiment 5 wurde wieder ein dreiphasiges Experiment durchgeführt. Der Versuchsaufbau und Ablauf entsprach dabei dem von Experiment 2. Im Vergleich zu Experiment 2 wurde nur die Anzahl der Durchgänge in Phase I verändert. Anstelle von 32 Darbietungen wurden nun nur noch 10 Matrizen präsentiert. Der formale Ablauf von Experiment 5 ist in Box 6 wiedergegeben.
     
     
    Box 6: Formaler Ablauf von Experiment 5.

    Phase I: Einübung der operanten Aufgabe

  • Zehn Matrizen des KVT
  • Darbietungszeit: Sechs Sekunden
  • Darstellung: Schwarze Schrift auf blauem Hintergrund
  • Darbietungszeit des blauen Hintergrunds: Sieben Sekunden
  • Pause zwischen den Matrizen: Im Mittel 2.5 Sekunden
  • Pausenbild: Weißer Bildschirm
  • Feedback darüber, ob die Antwort korrekt war oder nicht
  • Phase II: Differentielle klassische Konditionierung
  • Zwei farbige Rechtecke als CS (grün und gelb)
  • Elektrostimulation als US
  • Die CS wurden in einer Zufallsabfolge jeweils zehnmal präsentiert
  • Ein CS immer gefolgt vom US (CS+)
  • Ein CS immer ohne US (CS-)
  • ISI: Sieben Sekunden
  • ITI: Im Mittel neun Sekunden
  • Phase III: Transferphase
  • 120 Matrizen des KVT, in einer Zufallsabfolge präsentiert
  • 1/3 der Matrizen wie in Phase 1 (Bedingung nonCS)
  • 1/3 der Matrizen mit gleichzeitiger Präsentation des CS+ (Bedingung CS+)
  • 1/3 der Matrizen mit gleichzeitiger Präsentation des CS- (Bedingung CS-)
  • Applikation des US in der Bedingung CS+ zur Vermeidung der Extinktion
  •   Ergebnisse
      Zuerst werden wie in den vorangegangenen Experimenten die Ergebnisse für die mittlere Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen für die drei Bedingungen in Phase III deskriptiv berichtet. Anschließend werden die mittleren Bearbeitungszeiten der richtig und der richtig und falsch (insgesamt) bearbeiteten Matrizen dargestellt und auf Unterschiedlichkeit geprüft. Die Bearbeitungszeiten der insgesamt bearbeiteten Matrizen werden mitberichtet, um eine möglichst vollständige Datenanalyse zu präsentieren (vgl. Abschnitt 3.1.4).
     Anzahl richtig und falsch bearbeiteter Matrizen
      Tabelle 24 gibt die mittlere Anzahl richtig und insgesamt bearbeiteter Matrizen für die drei Bedingungen in Phase III wieder. In der Bedingung CS+ wurden im Vergleich die meisten Matrizen richtig bearbeitet (M=22), gefolgt von der Bedingung CS- (M=21). In der Bedingung nonCS wurden die wenigsten Matrizen richtig bearbeitet (M=19). Betrachtet man die Gesamtzahl bearbeiteter Matrizen (richtige und falsche), so zeigt sich, daß in der Bedingung CS+ und der Bedingung nonCS im Mittel 32 Matrizen bearbeitet wurden und in der Bedingung CS- 31.
       
       
            Tabelle 24: Mittlere Anzahl richtig und insgesamt
            bearbeiteter Matrizen in Experiment 5.
            Bedingung:
            nonCS
            CS+
            CS-
            Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
            19.21
            22.08
            21.42
            Mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen
            31.58
            32.33
            31.25
             
     Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen
      In Tabelle 25 finden sich die mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen der Bearbeitungszeiten für die drei Bedingungen in Phase III wieder. Die Bearbeitungszeiten waren in der Bedingung CS- am längsten, gefolgt von der Bedingung nonCS.
       
             
            Tabelle 25: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen
            richtig beantworteter Matrizen in Experiment 5.
            Bedingung:
            nonCS
            CS+
            CS-
            Mittlere Anzahl richtig bearbeiteter Matrizen
            19.21
            22.08
            21.42
            Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
            4902
            4831
            4976
            Standardabweichung
            383
            519
            403
             
             
      Die kürzesten Bearbeitungszeiten waren in der Bedingung CS+ zu finden. Für die Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen wurde eine einfaktorielle ANOVAR mit dem dreistufigen within-Faktor "Bedingung" gerechnet. Hier zeigte sich ein signifikanter Unterschied in den mittleren Bearbeitungszeiten (F(2,46) = 4.12, p < .03). Die Ergebnisse des Tukey-Tests machten deutlich, daß der Unterschied zwischen den Bedingungen CS+ und CS- signifikant ist (Tkrit = 120.98). Abbildung 15 veranschaulicht die mittleren Bearbeitungszeiten.
       
       

            Abbildung 15: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig bearbeiteter Matrizen in Phase III. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.

             
             

     Analyse der mittleren Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen.
    In Tabelle 26 sind die mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen, die mittleren Bearbeitungszeiten und die Standardabweichungen der Bearbeitungszeiten abgebildet. Die Matrizen wurden unter der Bedingung CS+ im Mittel am schnellsten bearbeitet. Die längsten Bearbeitungszeiten zeigten sich in der Bedingung CS-, und die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS lagen zwischen den beiden Bedingungen.
           
          Tabelle 26: Mittlere Anzahl, mittlere Bearbeitungszeiten und Standardabweichungen der
          Bearbeitungszeiten insgesamt bearbeiteter Matrizen in Experiment 5.
          Bedingung:
          nonCS
          CS+
          CS-
          Mittlere Anzahl bearbeiteter Matrizen
          31.58
          32.33
          31.25
          Bearbeitungszeiten in Millisekunden 
          4928
          4836
          4969
          Standardabweichung
          379
          528
          399
           

           
           

      Es wurde eine einfaktorielle ANOVAR mit dem within-Faktor "Bedingung" gerechnet. Diese ergab, daß ein signifikanter Unterschied zwischen den Bearbeitungszeiten in den drei Bedingungen (F(2,46) = 4.30, p < .02) bestand. Der Tukey-Test zeigte, daß sich die mittleren Bearbeitungszeiten in den Bedingungen CS+ und CS- signifikant unterschieden (Tkrit = 111.67). In Abbildung 16 sind die mittleren Bearbeitungszeiten der drei Bedingungen zur Verdeutlichung abgebildet.
       
       

          Abbildung 16: Mittlere Bearbeitungszeiten richtig und falsch bearbeiteter Matrizen in Phase III. NonCS = Präsentation der Aufgaben ohne CS, CS+ = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde, CS- = Präsentation der Aufgaben auf dem CS, der nicht mit dem unkonditionierten Reiz gepaart wurde.

           
    Diskussion
    In Experiment 5 sollte festgestellt werden, ob in den Experimenten 1, 2 und 4 für die Bedingung nonCS eine latente Inhibition aufgrund der Länge von Phase I bestand. In Experiment 2 zeigte sich z.B., daß entgegen der Hypothesen die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS signifikant kürzer waren als in der Bedingung CS- und sich nicht von den Bearbeitungszeiten der Bedingung CS+ unterschieden. In Experiment 4 konnte dieses Ergebnis repliziert werden. Als Erklärung läßt sich eine latente Inhibition für die Bedingung nonCS annehmen. In Experiment 5 wurde deshalb die Anzahl der Durchgänge in Phase I verringert. Die Erwartung war, daß die latente Inhibition schwächer ausfällt als in den vorangegangenen Experimenten und sich dadurch die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS in Phase III verlängern sollten. In der Bedingung CS+ wurden die kürzesten Bearbeitungszeiten erwartet, gefolgt von der Bedingung nonCS. Am langsamsten sollten die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS- sein. Es wurde ein signifikanter Unterschied zwischen den Bedingungen CS+ und CS- erwartet.

    Die Ergebnisse von Experiment 5 bestätigen diese Vorhersagen. Es zeigte sich, wie auch in Experiment 1, 2 und 4, ein signifikanter Unterschied in den Bearbeitungszeiten zwischen den Bedingungen CS+ und CS-. Die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS lagen deskriptiv zwischen den beiden anderen Bedingungen. Die Ergebnisse von Experiment 5 machen damit deutlich, daß die kürzeren Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS in Experiment 1, 2 und 4 auch durch latente Inhibition erklärt werden können. Insgesamt zeigte Experiment 5, daß die "Lesbarkeits" - Interpretation für die Experimente 1 - 4 zu relativieren ist. Die Vorerfahrung mit nonCS in Phase I beeinflußte offensichtlich das Datenmuster in Phase III. Neben den verschiedenen Hintergrundfarben unterschied sich die Bedingung nonCS in allen Experimenten von den beiden CS Bedingungen auch dadurch, daß in Phase I nonCS mehrfach ohne US präsentiert wurde.

    Experiment 5 erlaubt zwar keine direkte Auftrennung von "Lesbarkeits"- und Inhibitionseffekten (in der Gesamtdiskussion wird darauf noch näher eingegangen werden), es zeigte jedoch erneut die erfolgreiche Anwendung des Transfer of Control Paradigmas zum Nachweis klassischer Konditionierung im Humanbereich. Die Ankündigung des US durch den CS+ führte zu einer schnelleren Bearbeitung einer gleichzeitig dargebotenen operanten Aufgabe als ein CS-, der ein Sicherheitssignal für den Organismus darstellt.



    Gesamtdiskussion

      Die vorliegende Arbeit hatte zum Ziel, das Transfer of Control Paradigma im Humanbereich zu etablieren. Es sollte damit eine Methode zum Nachweis klassischer Konditionierung etabliert werden, die in der tierexperimentellen Forschung seit langem eingesetzt wird. Im ersten Abschnitt der Arbeit wurden bisherige Versuche berichtet, das Paradigma im Humanbereich anzuwenden (z. B. Di Giusto et al., 1974; Sachs et al. 1977). Problematische Aspekte dieser Experimente wurden besprochen und sollten in einer eigenen experimentellen Umsetzung umgangen werden.

      So wurde z. B. ein "Paradigma getrennter Durchführung" anstelle eines "Paradigmas vermischter Durchführung" gewählt, um eine Verstärkung der operanten Reaktion durch den US zu vermeiden. Des weiteren wurde eine differentielle klassische Konditionierung anstelle einer einfachen Konditionierung durchgeführt, um dem Problem der adäquaten Konditionierungskontrolle (vgl. Rescorla, 1967) zu begegnen. Um entscheiden zu können, ob und in welcher Weise sich die klassische Konditionierung auf das operante Verhalten auswirkt, wurde eine operante Aufgabe gewählt, die es ermöglichte, verschiedene Reaktionen der Versuchspersonen als abhängige Variablen zu erfassen.

      Die Berücksichtigung früherer Experimente und deren Probleme führte in der experimentellen Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas dazu, daß eine differentielle klassische Konditionierung mit zwei CS und einem aversiven US (Elektrostimulation) durchgeführt wurde. Als operante Aufgabe diente der KVT von Abels (1965), der von Kuhmann (1980) modifiziert und als Computerversion präsentiert wurde. Erwartet wurde, daß sich Unterschiede in der Bearbeitung dieser operanten Aufgabe in Abhängigkeit davon zeigen, ob die Aufgabe allein oder zusammen mit den klassisch konditionierten Reizen dargeboten wird. In jedem Fall sollten sich Unterschiede in der Bearbeitung ergeben, je nachdem, ob ein CS+ oder ein CS- präsentiert wird. Als abhängige Variablen wurden Bearbeitungszeiten und die Bearbeitungsmenge gemessen.

      Neben dem Nachweis klassischer Konditionierung mit Hilfe des Transfer of Control Paradigmas war es ein weiteres Ziel der vorliegenden Arbeit, die Ergebnisse in bezug zu den führenden theoretischen Ansätzen zum Transfer of Control Paradigma zu setzen und damit entscheiden zu können, welche Aspekte der Reize (ob allgemein aktivierende oder informative) für den Einfluß der klassischen Konditionierung auf die operante Aufgabe verantwortlich sind.

      Zwei-Prozeß-Theorien (vgl. Rescorla & Solomon 1967) gehen davon aus, daß durch die CS und durch Kontextreize der operanten Aufgabe zentrale Zustände im Organismus erzeugt werden, die sich gegenseitig beeinflussen. Diese Beeinflussung wirkt sich auf die Bearbeitung der operanten Aufgabe aus. Werden die gleichen "Zustände" evoziert, kommt es zu einer positiven Beeinflussung, im Fall von divergierenden Zuständen jedoch zu einer negativen Beeinflussung. Wenn nun beispielsweise ein CS den Zustand "Furcht" aufruft und gleichzeitig ein Kontextreiz der operanten Aufgabe den Zustand "Hoffnung" auslöst, sollte die Inkompatibilität dieser beiden Zustände dazu führen, daß das operante Verhalten beeinträchtigt wird. Positiv (im Sinne einer Leistungsverbesserung) wirkt es sich jedoch auf das operante Verhalten aus, wenn in beiden Fällen ein gleichartiger Zustand (z.B. Hoffnung) ausgelöst wird.

      Aufgrund der Zwei-Prozeß-Theorien wurde für die Experimente der vorliegenden Arbeit die Vorhersage abgeleitet, daß sich der klassisch konditionierte CS+ positiv, also verbessernd auf das operante Verhalten auswirken wird, da sowohl die operante Aufgabe als auch der CS+ einen aktivierenden Einfluß auf die Versuchspersonen haben. Der CS- sollte sich dagegen entweder negativ auswirken oder keinen Einfluß haben. Als Ergebnismuster wurde erwartet, daß die Bearbeitung der operanten Aufgabe in der Bedingung CS+ besser als in der Bedingung nonCS ausfällt, und die Bearbeitung der operanten Aufgabe in der Bedingung nonCS sollte gleich oder besser sein als in der Bedingung CS-.

      Im Response-Cueing Ansatz von Overmier und Lawry (1979) wird angenommen, daß nicht die zentralen Zustände und deren Kompatibilität das operante Verhalten beeinflussen. Entscheidend ist nach diesem Ansatz vielmehr, welche Erwartungen über nachfolgende Ereignisse im Organismus ausgelöst werden. Lösen der CS und die Kontextreize der operanten Aufgabe die gleiche Erwartung aus, fördert dies das operante Verhalten. Bei konträren Erwartungen wird das operante Verhalten negativ beeinflußt (vgl. Trapold & Overmier, 1972).

      Nach dieser Theorie wurde für die Experimente der vorliegenden Arbeit erwartet, daß sich der CS+ negativ auf das operante Verhalten auswirkt, da die Ankündigung eines aversiven US nicht die gleichen Erwartungen auslösen dürfte wie die Präsentation der operanten Aufgabe. Für den CS- wurde erwartet, daß seine Präsentation zu keiner Verbesserung in der operanten Aufgabe führen wird. Es wurde die Vorhersage abgeleitet, daß die Bearbeitung der operanten Aufgabe in der Bedingung CS+ schlechter ausfallen wird als in den beiden anderen Bedingungen.

      Im folgenden werde ich im Hinblick auf die Ziele dieser Arbeit eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse vornehmen, um dann in einem allgemeinen Ausblick auf offene Fragen und Anwendungsmöglichkeiten des Paradigmas einzugehen.
       


     Zusammenfassung der Ergebnisse
    Bearbeitungszeiten insgesamt und richtig bearbeiteter Aufgaben

      Als eine der abhängigen Variablen wurden die Bearbeitungszeiten für die operante Aufgabe erhoben. In dieser Variable zeigte sich für die Experimente 1, 2, 4 und 5 bezüglich der CS Bedingungen ein sehr homogenes Ergebnisbild: In allen Experimenten waren die Bearbeitungszeiten in der Bedingung CS+ signifikant kürzer als in der Bedingung CS-. Dies gilt sowohl für die Bearbeitungszeiten der insgesamt bearbeiteten Aufgaben als auch für die der richtig bearbeiteten Aufgaben. Das heißt, die Versuchspersonen bearbeiteten die operante Aufgabe in der Bedingung, in der ein aversiver US angekündigt wurde, stets schneller als unter der Bedingung, in der ein CS- als Sicherheitssignal auftrat. Die Ergebnisse der CS Bedingungen entsprechen damit eindeutig den Vorhersagen nach Rescorla und Solomon (1967), wonach die Präsentation des CS+ zu einer verbesserten Leistung im Vergleich zur Präsentation des CS- führen sollte.

      Diese Übereinstimmung mit den Vorhersagen nach Rescorla und Solomon wurde in Experiment 1 eingeschränkt durch die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS. Diese waren deutlich kürzer als in den beiden CS Bedingungen. Das bessere Abschneiden der Bedingung nonCS in Experiment 1 wurde durch Verarbeitungsvorteile für diese Bedingung erklärt, und die nachfolgenden Experimente dienten der Überprüfung dieser Erklärung.

      In den Experimenten 2 und 4 konnte gezeigt werden, daß das bessere Abschneiden der Bedingung nonCS in Experiment 1 zum Teil auf einen Verarbeitungsvorteil zurückzuführen ist. Experiment 3 machte deutlich, daß aufgrund einer fehlerhaften Balancierung ein "Lesbarkeitsvorteil" in der Bedingung nonCS in den Experimenten 2, 4 und 5 bestand. Ohne diesen Vorteil wären die Bearbeitungszeiten langsamer ausgefallen, und das Ergebnismuster hätte eher den aus den Zwei-Prozeß-Theorien (Rescorla & Solomon, 1967) abgeleiteten Vorhersagen entsprochen. Experiment 5 verdeutlichte jedoch, daß die "Lesbarkeitsannahme" zu relativieren ist und auch ein latenter Inhibitionseffekt in der Bedingung nonCS für deren besseres Abschneiden verantwortlich gemacht werden kann. Reduziert man die Vorerfahrung mit der Bedingung nonCS, so zeigt sich nämlich, daß die Bearbeitungszeiten dieser Bedingung sich so verhalten, wie es nach den Zwei-Prozeß-Theorien zu erwarten war: Sie liegen zwischen den Bearbeitungszeiten der beiden CS Bedingungen. Leider läßt sich durch die unvollständige Balancierung der Farbreize und CS Bedingungen nicht entscheiden, welcher der beiden Effekte (Lesbarkeits- oder latenter Inhibitionseffekt) für das Datenmuster der Experimente letztendlich verantwortlich ist. In weiteren Experimenten sollte deshalb versucht werden, darüber näheren Aufschluß zu erhalten. Dies ließe sich z.B. durch eine vollständige Balancierung der Farbreize realisieren.

      Betrachtet man nun die Ergebnisse aller Experimente, so läßt sich grundsätzlich festhalten, daß das Ziel der Arbeit erreicht worden ist: In vier Experimenten konnte erfolgreich die Anwendung des Transfer of Control Paradigmas zum Nachweis klassischer Konditionierung im Humanbereich demonstriert werden. Läßt man Versuchspersonen eine operante Aufgabe ausführen und präsentiert ihnen währenddessen Reize, die zuvor klassisch konditioniert wurden, so zeigt sich, daß diese Reize die Bearbeitungszeiten für die operante Aufgabe maßgeblich beeinflussen. Damit konnte erstmalig ein Transfer of Control Paradigma im Humanbereich etabliert werden, mit dem sich reliabel Effekte klassischer Konditionierung nachweisen lassen.

      Neben dem Nachweis der klassischen Konditionierung konnte gezeigt werden, daß primär die aktivierenden Komponenten der Reizsituation und damit die Aktivierung aufgrund des CS+ bzw. die Hemmung aufgrund des CS- für den Einfluß der klassischen Konditionierung auf die operante Aufgabe verantwortlich sind. Es sind weniger der reine Informationswert der Reize und die spezifisch ausgelösten Erwartungen, wie es nach Overmier und Lawry (1979) zu vermuten war. Damit sind die Zwei-Prozeß-Theorien nach Rescorla und Solomon, zumindest in der vorliegenden Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas, besser geeignet, den Einfluß klassisch konditionierter Reize auf operantes Verhalten im Humanbereich zu beschreiben und vorherzusagen.

           
    Die Anzahl insgesamt und richtig bearbeiteter Aufgaben
      Neben den Bearbeitungszeiten wurde in den Experimenten auch die Anzahl richtig und insgesamt bearbeiteter Aufgaben als abhängige Variable erhoben. In Experiment 1 sollte festgestellt werden, auf welche Variable sich die klassische Konditionierung auswirken würde und damit welche abhängige Variable zum Nachweis klassischer Konditionierung besser geeignet ist. Da in diesem Experiment gezeigt werden konnte, daß die Anzahl bearbeiteter Aufgaben von der klassischen Konditionierung nicht beeinflußt wird, wurden die Ergebnisse für diese Variable in den anderen Experimenten nur auf deskriptivem Niveau berichtet. Die Variable "Anzahl bearbeiteter Aufgaben" ist - zumindest in der vorliegenden Experimentalanordnung- nicht geeignet, klassische Konditionierung nachzuweisen. Als mögliche Erklärung für die mangelnde Sensitivität dieser Grösse kommt die Darbietungslänge der operanten Aufgabe in Frage. Jede Matrix des KVT wurde sechs Sekunden präsentiert. Die benötigten mittleren Bearbeitungszeiten lagen in allen Experimenten jedoch deutlich unter diesen sechs Sekunden. Möglicherweise war die Darbietungszeit der einzelnen Aufgaben zu lang, so daß sich hier ein Aktivationsvorteil der Bedingung CS+ nicht auswirken konnte. Dieser Aktivierungsvorteil der Bedingung CS+ müßte sich jedoch zeigen, wenn die Matrizen kürzer dargeboten werden. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse würde vorhergesagt werden, daß die Verkürzung der Darbietungszeit zu einem Anstieg der Fehleranzahl und der Anzahl an ausgelassenen Aufgaben führt und sich dann ein Aktivierungsvorteil in der Bedingung CS+ positiv auf die Anzahl (richtig) bearbeiteter Matrizen in dieser Bedingung auswirkt. Interessant wäre es, diese Vorhersage in zukünftigen Experimenten zu überprüfen.
     Bewertung weiterer Aspekte der Bearbeitungszeiten
      Betrachtet man die mittleren Bearbeitungszeiten in den fünf Experimenten, so fallen drei Punkte unabhängig von den eigentlichen Fragestellungen auf, die in diesem Abschnitt noch kurz diskutiert werden sollen.

      Zum einen ist die Geschlechterverteilung in den Experimenten sehr unterschiedlich ausgefallen. Die Verteilung des Geschlechts der Versuchspersonen variierte zwischen den einzelnen Experimenten beträchtlich. In Experiment 1 und 5 gab es eine Gleichverteilung von Männern und Frauen, in Experiment 2 wurden deutlich mehr Männer und in Experiment 3 und 4 mehr Frauen getestet. Die Frage stellt sich, ob diese Ungleichverteilung einen Einfluß auf die Ergebnisse gehabt haben könnte. Welford (1980) diskutiert den Einfluß des Geschlechts auf Reaktionszeitdaten, mit der Hypothese, daß Frauen grundsätzlich langsamere Reaktionszeiten haben als Männer. Er kommt aber zu dem Schluß, daß darüber keine gesicherten Erkenntnisse existieren. Auch die Ergebnisse aus den vorliegenden Experimenten geben keinen Hinweis auf einen diesbezüglichen Geschlechtseffekt. Man könnte eher einen umgekehrten Effekt aufgrund der Ergebnisse der Experimente 3 und 4 vermuten. Bei Experiment 4 jedoch kann als plausiblere Erklärung die Manipulation der Vorankündigung herangezogen werden.

      Als weiterer Punkt ist zu bemerken, daß die mittleren Bearbeitungszeiten im Kontrollexperiment 3 niedriger ausgefallen sind als in dem vergleichbaren Experiment 2. Experiment 3 war ein Kontrollexperiment, in dem in Phase III keine klassisch konditionierten Reize mehr präsentiert wurden. Damit fiel in dieser Phase aber auch ein möglicher Aktivationsvorteil durch die Bedingung CS+ weg. Trotzdem sind die Bearbeitungszeiten in diesem Experiment kürzer als in Experiment 2. Hier könnte man zwar einen geschlechtsspezifischen Effekt vermuten, der jedoch gegenläufig zu der von Welford (1980) diskutierten Hypothese wäre. Eine näherliegende Erklärung berücksichtigt die Art der Aufgabenstellung im Experiment 3. Hier bekamen die Versuchspersonen die gleiche Instruktion wie in den anderen Experimenten. Auch der Versuchsaufbau war identisch. Dies bedeutete aber für die Versuchspersonen, daß sie auch in Phase III des Experiments Elektrostimulation erwarten konnten. Im Unterschied zu den anderen Experimenten hatten sie jedoch keine Möglichkeit, diese Erwartung mit einem spezifischen CS zu assoziieren. Dieser Umstand kann zu einer erhöhten Aktivierung geführt haben, die sich unspezifisch auf die Bearbeitung aller Aufgaben ausgewirkt hat, im Vergleich zu der spezifischen Aktivierung ausschließlich in der Bedingung CS+ in den Experimenten 1, 2, 4 und 5.

         
      Betrachtet man abschließend die Bearbeitungszeiten in Experiment 5 und in Experiment 2, so könnte man zu dem Schluß gelangen, daß das beobachtete Ergebnismuster in Experiment 5 weniger aufgrund einer Verlangsamung in der Bedingung nonCS zustande gekommen ist, sondern vielmehr auf kürzere Bearbeitungszeiten in den CS Bedingungen zurückzuführen ist. Ein Vergleich der Bearbeitungszeiten für alle drei Bedingungen in Experiment 2 und 5 zeigt, daß in Experiment 5 die Bedingung nonCS nur deshalb zwischen CS+ und CS- liegt, weil die Bearbeitungszeiten für CS+ und CS- in diesem Experiment etwa 100 Millisekunden kürzer sind als in Experiment 2, während sich die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS über diese beiden Experimente hinweg kaum verändern. Problematisch an diesem Vergleich ist aber, daß er auf verschiedenen Stichproben basiert. Zudem sind diese Differenzen nur auf rein deskriptivem Niveau beobachtbar. Es muß daher offen bleiben, ob es sich um einen Stichprobeneffekt handelt, oder ob systematische Einflüsse aufgrund der Verkürzung von Phase I in Experiment 5 verantwortlich sind.
         
     Stellenwert der Experimente als Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas
      In Abschnitt 1 wurden bereits mehrere Gründe genannt, die dafür sprechen, das Transfer of Control Paradigma im Humanbereich anzuwenden. Ein wichtiger Grund, der bereits angeführt wurde, ist, daß das Transfer of Control Paradigma in der tierexperimentellen Forschung eine wichtige Nachweismethode für klassische Konditionierung ist. Wesentliche theoretische Vorstellungen (z.B. Rescorla & Wagner, 1972) wurden mit Hilfe dieses Paradigmas entwickelt und überprüft.

      Im zunehmenden Maße wird in den letzten Jahren versucht, eine stärkere Verbindung zwischen tierexperimenteller und humanexperimenteller Forschung zu schaffen, um Erkenntnisse aus dem einen Forschungsbereich auch nutzbringend im anderen einzusetzen (z. B. Baker, Mercier, Vallee-Tourangeau, Frank & Pan, 1993; Gluck, 1991; Gluck & Bower, 1990; Hugdahl, 1995; Lachnit, in Vorbereitung; Pearce, 1994; Shanks, 1991, 1993; Turkkan, 1989; Wasserman, Elek, Catlosh & Baker, 1993). Um Erkenntnisse aus der tierexperimentellen Forschung aber auch auf den Humanbereich anwenden zu können, ist es notwendig, immer dort, wo es möglich erscheint, die gleichen oder sehr ähnliche experimentelle Vorgehensweisen einzusetzen. Hieraus läßt sich eine wesentliche Motivation ableiten, das Transfer of Control Paradigma auf den Humanbereich zu übertragen. Neben diesem Grund wurden in Abschnitt 2.8 außerdem Aspekte der Nützlichkeit und Ökonomie im Vergleich zu anderen Nachweismethoden der klassischen Konditionierung hervorgehoben.

      Wie ist die eingesetzte Experimentalanordnung nun im Hinblick auf diese Aspekte zu bewerten?

         
      Bezüglich des ersten Aspekts sollte deutlich geworden sein, daß es gelungen ist, eine Schnittstelle zwischen tierexperimenteller und humanexperimenteller Vorgehensweise herzustellen. Der vorliegende experimentelle Aufbau entspricht den Anforderungen, die an ein Transfer of Control Experiment gestellt werden, und es läßt sich damit klassische Konditionierung nachweisen. Die Ergebnisse lassen sich mit wichtigen theoretischen Vorstellungen zum Transfer of Control Paradigma in Einklang bringen, die aufgrund - und mit Hilfe von - Tierexperimenten entwickelt wurden. Aus diesen Theorien lassen sich also Vorhersagen über experimentelle Ausgänge in Humanexperimenten ableiten. Damit können aber auch die Erkenntnisse, die im tierexperimentellen Bereich mit dem Transfer of Control Paradigma gewonnen wurden, auf den Humanbereich angewendet werden.
         
      Neben diesem theoretischen Grund, der für den Einsatz des Transfer of Control Paradigmas im Humanbereich spricht, sind als weitere Aspekte die Brauchbarkeit und Ökonomie des verwendeten Paradigmas im Vergleich zu anderen Nachweismethoden der klassischen Konditionierung im Humanbereich zu nennen. Es stellt sich die Frage, ob das Transfer of Control Paradigma, wie es hier zum Einsatz kam, Vorteile gegenüber der Lidschlagkonditionierung und der Hautleitwertkonditionierung hat. In Abschnitt 2.8 wurde darauf hingewiesen, daß diese beiden zu den wichtigsten Nachweismethoden der klassischen Konditionierung im Humanbereich zählen. Es zeigt sich, daß im Vergleich zur Hautleitwert- und Lidschlagkonditionierung sowohl Vor- als auch Nachteile aufzuführen sind. Einer der Vorteile besteht sicher in der geringeren Störanfälligkeit, z.B. durch Außengeräusche, im Vergleich zu anderen Konditionierungsanordnungen im Humanbereich. Der Aufwand, der notwendig ist, um die abhängige Variable zu erfassen, ist außerdem gering, vergleicht man sie mit der Lidschlag- oder Hautleitwertkonditionierung (vgl. auch Arcediano et al., 1996). Damit spricht auch der ökonomische Aspekt deutlich für dieses Paradigma.

      Die hier gewählte Umsetzung des Transfer of Control Paradigmas hat jedoch auch zwei große Nachteile: So ist es nicht möglich, den Lernverlauf der klassischen Konditionierung zu beobachten. Dies ergibt sich einerseits aus der notwendigen Trennung zwischen Einübung der operanten Aufgabe und Akquisition der klassischen Konditionierung. Andererseits könnte man aber auch keinen Lernverlauf beobachten, selbst wenn man anstelle eines "Paradigmas getrennter Durchführung" ein "Paradigma vermischter Durchführung" wählen würde. Damit ist der zweite Kritikpunkt an der abhängigen Variablen angesprochen: die Anzahl benötigter Aufgaben. Man kann mit dem KVT als abhängiger Variablen keinen Lernverlauf beobachten, da man eine zu große Anzahl von Durchgängen benötigt, um einen mittleren Wert für die Bearbeitungszeit einer Versuchsperson zu erhalten. Vergleicht man die Anzahl bearbeiteter Aufgaben in den Experimenten, so zeigt sich, daß pro Bedingung ca. 25 Aufgaben von 40 präsentierten richtig bearbeitet wurden. Eine Aufteilung dieser Anzahl zur Überprüfung eines Lernverlaufs würde dazu führen, daß die Grundlage zur Ermittlung eines reliablen Mittelwertes zu gering ist und die Werte eine zu große Varianz aufweisen. Eine Verlängerung der Phase III in den Experimenten bietet sich ebenfalls nicht an, da 120 Durchgänge eine obere Grenze darstellen und eine Verlängerung des Tests sich negativ auf die Bearbeitung auswirken würde. Zusätzlich bestünde dann auch das Problem, daß die Anzahl der applizierten US sich noch vergrößern würde. Die genannten Nachteile bestehen weder bei der Konditionierung des Lidschlags noch des Hautleitwertes.

      Damit stellt das Transfer of Control Paradigma keinen Ersatz, sondern vielmehr eine nützliche Ergänzung zu den bisher eingesetzten Nachweismethoden der klassischen Konditionierung im Humanbereich dar.

         


     
    Ausblick
    Als Abschluß der vorliegenden Arbeit sollen nun noch Aspekte dargestellt werden, die nicht oder nicht vollkommen gelöst wurden und deshalb zukünftiger Forschung vorbehalten bleiben.

    Hier gilt es z.B. den experimentellen Aufbau des Paradigmas weiter zu verfeinern. Zuerst erscheint es wichtig, die bessere "Lesbarkeit" in der Bedingung nonCS zu kontrollieren. Erst dadurch läßt sich entscheiden, ob die Bearbeitungszeiten in der Bedingung nonCS aufgrund der "Lesbarkeit" oder aufgrund einer latenten Inhibition kürzer ausfielen als vorhergesagt. Weiterhin gilt es näheren Aufschluß über die beteiligten Mechanismen zu gewinnen. Eine grundsätzliche Erklärung der Ergebnisse besteht darin, im Fall der Präsentation des CS+ eine Aktivierung der Versuchspersonen anzunehmen, die sich positiv auf das Bearbeiten der operanten Aufgabe auswirkt. Hier ist es notwendig, unabhängige Indikatoren für das Ausmaß der Aktivierung zu gewinnen, um die Stichhaltigkeit des Aktivierungsarguments zu erhöhen. In einem weiteren Schritt sollte versucht werden, das Ausmaß der Aktivation zu variieren, um den Einfluß auf die Aufgabenbearbeitung zu überprüfen. Ist es z.B. plausibel, einen umgekehrt U-förmigen Zusammenhang zwischen Leistung und Aktivationsstärke, wie ihn z.B. Yerkes und Dodson (1908) fanden, anzunehmen? Dies sollte bei einer zu geringen oder zu hohen Aktivation dazu führen, daß sich der beobachtete Erleichterungseffekt in das Gegenteil umkehrt. Einen Indikator für die Aktivation könnte z.B. der gleichzeitig erhobene Hautleitwert darstellen, das Ausmaß der Aktivation ließe sich durch die Verwendung verschiedener US realisieren (vgl. Wolter & Lachnit, 1993).

    Ein weiteres Ziel besteht darin, die operante Aufgabe zu verändern, z. B. in der Weise, daß eine eindeutige positive Verstärkung bzw. negative Verstärkung, appliziert wird. In den Experimenten der vorliegenden Arbeit wurden ja beide Formen der Verstärkung über das Feedback realisiert. Ziel sollte es sein, die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten von klassischer und operanter Konditionierung, wie sie im tierexperimentellen Bereich zum Einsatz kommen (vgl. Abschnitt 2.2), auch im humanexperimentellen Bereich zu studieren. So zum Beispiel die Überprüfung der Auswirkung von klassischer Konditionierung mit einem aversiven US auf eine operante Konditionierung mit positiver Verstärkung, wie sie beim CER-Paradigma eingesetzt wird. Oder aber die Untersuchung der Auswirkung einer klassischen Konditionierung mit einem aversiven US auf eine operante Konditionierung mit negativer Verstärkung. Auch ist es sicherlich sinnvoll, eine operante Aufgabe zu suchen, mit deren Hilfe man den Lernverlauf beobachten kann und bei der nicht 120 Durchgänge benötigt werden, um einen stabilen Indikator für klassische Konditionierung zu erhalten.

    Neben diesen Veränderungen, die am experimentellen Design vorgenommen werden können, gilt es natürlich auch das vorliegende Paradigma auf aktuelle Fragestellungen der klassischen Konditionierung im Humanbereich anzuwenden. So stellt sich z. B. die Frage, ob der "Blocking-Effekt" auch im Humanbereich zu finden ist. Verschiedene andere Experimente lieferten bisher dazu keine eindeutigen Ergebnisse (Arcediano, Matute & Miller, 1997; Hinchy, Lovibond & Ter-Horst,1995; Martin & Levey, 1991). Der Blocking Effekt wurde im tierexperimentellen Bereich hauptsächlich mit Hilfe des Transfer of Control Paradigmas untersucht (z.B. Kamin, 1968, 1969). Es bietet sich deshalb an, zu überprüfen, ob mit diesem Paradigma auch im Humanbereich Blocking beobachtet werden kann. Zu diesem Zweck ist es aber erforderlich, die operante Aufgabe zu modifizieren, da der Blocking-Effekt sensitiv gegenüber der Trial-Anzahl ist.

    Eine weitere Anwendungsmöglichkeit liegt in der näheren Untersuchung der latenten Inhibition. Die Ergebnisse von Experiment 5 weisen ja darauf hin, daß das vorliegende experimentelle Design sensitiv für den Nachweis latenter Inhibition ist. In weiteren Experimenten sollte versucht werden, diesen Aspekt näher zu untersuchen. Es gilt die Frage zu beantworten, ob sich die Ergebnisse von Experiment 5 tatsächlich auf die Wirkung einer latenten Inhibition zurückführen lassen (vgl. Abschnitt 3.6.5). Wie verändert sich das Ergebnis für die Bedingung nonCS, wenn man durch eine vollständige Permutation der Farben einen möglichen "Lesbarkeits-Vorteil" dieser Bedingung ausschaltet?

    Sollte sich hier zeigen, daß die latente Inhibition tatsächlich einen Einfluß hat, stellt sich als nächstes die Frage, wie sich das Ergebnismuster verändert, wenn man die latente Inhibition auszuschalten versucht. Dies könnte beispielsweise durch einen Paradigmenwechsel bewirkt werden: Anstelle eines "Paradigmas getrennter Durchführung" könnte man ein "Paradigma vermischter Durchführung" wählen. Die klassische Konditionierung wird hier durchgeführt, während die operante Aufgabe zu bearbeiten ist (vgl. Abschnitt 2.3). Die Trennung der einzelnen Phasen (I - III) fällt weg, es existiert nur noch der in den vorliegenden Experimenten als Phase III bezeichnete Versuchsabschnitt, und dadurch können die Reize der Bedingung nonCS auch nicht latent inhibiert werden. Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit den vorliegenden Ergebnissen aus dem "Paradigma getrennter Durchführung" sollte dann näheren Aufschluß über Wirkung und Ausmaß der latenten Inhibition liefern.

    Damit bietet sich eine Fülle von lohnenden Anwendungs- und Veränderungsmöglichkeiten des vorliegenden Paradigmas, die es weiterhin zu untersuchen gilt.

     




     Zusammenfassung

    Psychologische Lerntheorien, mit deren Hilfe Aussagen über den Menschen gemacht werden sollen, basieren häufig auf tierexperimentellen Ergebnissen. Es werden verschiedene Gründe genannt, die es notwendig machen, am Tiermodell zu arbeiten, jedoch wird auch darauf hingewiesen, daß, wenn immer es möglich erscheint, auch humanexperimentelle Vorgehensweisen eingesetzt werden sollten.

    Die vorliegende Arbeit versucht das Transfer of Control Paradigma, das seit einem halben Jahrhundert im Tierexperiment zum Nachweis klassischer Konditionierung eingesetzt wird, im Humanexperiment anzuwenden. Verschiedene Probleme, die mit der Anwendung verbunden sind, werden diskutiert, und es werden fünf Experimente berichtet, die erfolgreich zeigen, daß klassische Konditionierung mit Hilfe des Transfer of Control Paradigmas auch im Humanbereich nachgewiesen werden kann. In drei der fünf Experimente wird außerdem gezeigt, daß eine der führenden Theorien zu Transfer of Control Effekten im Tierexperiment in der Lage ist, auch die Effekte im Humanexperiment vorherzusagen. Damit ist es mit dieser Arbeit gelungen, eine experimentelle Schnittstelle zwischen tierexperimenteller und humanexperimenteller Forschung zu schaffen, die es ermöglicht, Ergebnisse aus dem einen Forschungsbereich für den anderen zu adaptieren.
     




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    Danksagung
     
    Zum Schluß möchte ich mich gerne bei all jenen Personen bedanken, die mich bei dieser Arbeit unterstützt haben.
    Mein Dank gilt Martin Heil und Helmut Kleinschmidt für die zahlreichen Anregungen und die Bereitschaft und das Interesse mit mir über die Arbeit zu sprechen.
    Harald Lachnit möchte ich dafür danken, daß er mich in allen Phasen dieser Arbeit auf vielfältige Weise unterstützt hat.
    Annette Kinder und Daniela Lohaus haben durch konstruktive Vorschläge zum Gelingen der schriftlichen Arbeit beigetragen. Auch Ihnen gilt mein Dank.
    Frau Fischer danke ich für das abschließende Korrekturlesen der Arbeit.

    Mein besonderer Dank gilt meiner Lebensgefährtin Eva, deren Liebe, Geduld und Unterstützung diese Arbeit erst möglich gemacht haben.