Prämotorisches Modell der Parkinson-Krankheit: Elektrophysiologische Charakterisierung von Locus coeruleus Neuronen nach α-Synuklein-Überexpression im Mausmodell

Die Parkinson-Krankheit ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung, deren Prävalenz erwartungsgemäß in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Charakteristisch für die Parkinson-Krankheit sind die Lewy-Körperchen, welche aus aggregierten α-Synukleinen bestehen...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Paiba, Annette
Beteiligte: Decher, Niels (Prof.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2020
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Die Parkinson-Krankheit ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung, deren Prävalenz erwartungsgemäß in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Charakteristisch für die Parkinson-Krankheit sind die Lewy-Körperchen, welche aus aggregierten α-Synukleinen bestehen. Die Lewy Pathologie findet sich aufsteigend in verschiedenen Arealen des Nervensystems und beginnt im Dorsalen Motorischen Vaguskern. Im weiteren Verlauf finden sich die intraneuronalen Einschlusskörperchen zusätzlich in den Raphekernen und im Locus Coeruleus. Die Pathologie breitet sich weiter auf die Substantia nigra und Amygdala aus, bis sie schließlich zum zerebralen Kortex aufsteigt. Durch den Untergang dopaminerger Neurone in der Substantia nigra pars compacta kommt es zu den klassischen motorischen Symptomen wie Hypokinesie, Tremor, Rigor und posturale Instabilität. Doch bereits Jahre zuvor zeigen sich häufig Symptome einer prodromalen Parkinson-Krankheit. Zu diesen prämotorischen Symptomen zählen Hyposmie, Obstipation, orthostatische Hypotension und Schlafstörungen. Der Locus Coeruleus besitzt eine möglicherweise unterschätzte Funktion bei der Pathogenese der Parkinson-Krankheit. Er triggert zum einen die motorischen Symptome der Erkrankung und wird zum anderen für einige der nicht-motorischen Symptome – wie Schlafstörungen, Depressionen und Angst - verantwortlich gemacht. Der Locus Coeruleus befindet sich am Rand des Vierten Ventrikels auf Höhe der Pons und ist die größte noradrenerge Quelle im Zentralen Nervensystem. Um eine kontinuierliche Noradrenalin-Ausschüttung zu gewährleisten, besitzen die Neurone des Locus Coeruleus eine intrinsische Schrittmacheraktivität. So wurde in der vorliegenden Arbeit mit einem prämotorischen Mausmodell der Parkinson-Krankheit gearbeitet, bei welchem mit Hilfe von Adeno-assoziierten Viren humanes mutiertes A53T-αSynuklein im Locus Coeruleus überexprimiert wurde. In der Kontrollgruppe wurde Luziferase überexprimiert, um allgemeine Effekte einer Proteinüberexpression auszuschließen und Effekte speziell durch α-Synuklein zu untersuchen. Mit Hilfe des Patch-Clamp-Verfahrens wurden elektrophysiologische Messungen an den Locus Coeruleus Neuronen im akuten Hirnschnitt durchgeführt. Die noradrenergen Neurone waren alle spontan-aktiv und zeigten die charakteristische intrinsische Schrittmacheraktivität mit einer Frequenz von 1-3 Hz. Nach Überexpression von A53T-α-Synuklein stieg die Feuerrate zeitabhängig signifikant an, während die Feuerrate nach Luziferase Überexpression stabil blieb. So wurden die Aktionspotentiale im Einzelnen analysiert und es zeigte sich eine deutlich reduzierte Amplitude der Nachhyperpolarisation nach α-Synuklein Überexpression im Vergleich zur Luziferase Gruppe. Die Aktionspotentialbreite und das Schwellenpotential waren unverändert in beiden Gruppen. Auf der Suche nach dem Mechanismus für die erhöhte Feuerrate und die reduzierte Nachhyperpolarisation wurden verschiedene Kaliumströme untersucht. Kaliumselektive Ionenkanäle haben eine zentrale Bedeutung bei der Aufrechterhaltung des Ruhemembranpotentials, der Repolarisation und der Nachhyperpolarisation der Aktionspotentiale. Zu den Kaliumströmen, welche in der vorliegenden Arbeit untersucht wurden, gehören die transienten Kaliumauswärtsströme, die verzögerten Kaliumgleichrichterströme und die Kalzium-aktivierten Kaliumströme. Die ersten beiden dieser Kaliumströme entstehen durch eine Depolarisation des Membranpotentials, während die Kalzium-aktivierten Kaliumströme durch einen intrazellulären Kalziumanstieg entstehen. Die Stromantworten auf depolarisierende Spannungssprünge zeigten unveränderte transiente Kaliumauswärtsströme und Kaliumgleichrichterströme nach α-Synuklein und Luziferase Überexpression. Die Kalzium-aktivierten Kaliumströme nahmen im Verlauf nach A53T-α-Synuklein Überexpression jedoch signifikant ab, während diese Ströme nach Luziferase Überexpression stabil blieben. Somit ließ sich die erhöhte intrinsische Schrittmacheraktivität und reduzierte Nachhyperpolarisation in der vorliegenden Arbeit durch reduzierte Kalzium-aktivierte Kaliumkanäle erklären. Demzufolge wird die Aktivierung von Kalzium-aktivierten Kaliumkanälen als ein vielversprechender Ansatzpunkt zur Neuroprotektion des Locus Coeruleus während der frühen Stadien der Parkinson-Krankheit postuliert.
Umfang:63 Seiten
DOI:10.17192/z2020.0404