Interkulturelles Sprechzimmer – Arzt-Patient-Interaktion aus der Sicht von Patienten mit russisch-sprachigem Migrationshintergrund und Hausärzten. Ergebnisse einer „mixed-methods“-Studie.

Forschungsergebnisse zeigen, dass eine gelungene medizinische Interaktion, Auswir-kungen nicht nur auf die Zufriedenheit mit dem Arzt-Patient-Kontakt hat, sondern auch auf End-Outcomes wie z. B. Compliance, Behandlungserfolg oder Folgekosten. Im interkulturellen Kontext kommt der Arzt-Patient-Intera...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Bachmann, Viktoria
Beteiligte: Röhrle, Bernd (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2019
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Forschungsergebnisse zeigen, dass eine gelungene medizinische Interaktion, Auswir-kungen nicht nur auf die Zufriedenheit mit dem Arzt-Patient-Kontakt hat, sondern auch auf End-Outcomes wie z. B. Compliance, Behandlungserfolg oder Folgekosten. Im interkulturellen Kontext kommt der Arzt-Patient-Interaktion eine besondere Bedeutung zu, kann diese doch von spezifischen Faktoren wie erschwertes gegenseitiges Verständnis sei es sprachlicher oder kultureller Natur beeinflusst werden. Vor diesem Hintergrund widmet sich die vorliegende Arbeit den Erfahrungen von Patienten mit Russisch-sprachigem Migrationshintergrund und Hausärzten mit und ohne Migrationserfahrung. Das Forschungsinteresse liegt in der Frage, welche Aspekte für die interkulturelle Arzt-Patient-Interaktion von Bedeutung sind und wie diese beeinflusst wird. Es wurde untersucht, ob sich die Erfahrungen von Patienten mit und ohne Migrationshintergrund unterscheiden. Darüber hinaus wird betrachtet, ob diese Patientengruppen von ihren Ärzten gleich erlebt werden oder spezifische Schwierigkeiten wahrnehmbar sind. Des Wei-teren wird die Rolle der Sozialisation erforscht. Es wurde eine „mixed-methods“-Studie durchgeführt, um unterschiedliche Perspektiven und Aspekte der medizinischen Interaktion im interkulturellen Kontext zu beleuchten. Die Studie beinhaltet folgende Teiluntersuchungen: Interviews mit 45 Migranten aus den Staaten der früheren Sowjetunion in russischer Sprache; Interviews mit 24 deutschen Patienten; Interviews mit 21 Hausärzten mit und ohne russisch-sprachigem Hintergrund; Brief- und Onlineumfrage unter Deutschen, russisch-sprachigen Migranten in Deutschland und unter Bewohnern Russlands in deutscher und russischer Sprache; Videoaufnahmen von hausärztlichen Interaktionen mit Patienten mit und ohne Migrationshintergrund. In der Mantelschrift wird der theoretische Hintergrund und wissenschaftliche Bezugsrahmen dargestellt. Die untersuchte Migrantengruppe wird beschrieben und bisherige wissenschaftliche Ergebnisse werden beleuchtet. Darüber hinaus wird auf die Besonderheiten der interkulturellen Kommunikation in medizinischem Kontext eingegangen. In den vier Originalarbeiten werden die wichtigsten Ergebnisse der „mixed-methods“-Studie vorgestellt. Der erste Artikel, der im Journal of Transcultural Nursing erschienen ist, beschäftigt sich mit der Überprüfung der Messäquivalenz der im quantitativen Survey eingesetzten Fragebögen in deutscher und russischer Version (PHQ-9, PHQ-15, KOPRA, Ham-SCQ). Die Ergebnisse zeigen, dass alle vier Verfahren die methodischen Anforderungen erfüllen und somit bei einer interkulturellen Studie eingesetzt werden konnten. Der zweite Artikel, erschienen im International Journal of Migration, Health and Social Care, zeigt Ergebnisse der quantitativen Online- und Briefumfrage unter autochthonen Deutschen, russisch-sprachigen in Deutschland lebenden Migranten und Russen in Russland. Im Bereich der psychischen Beschwerden fanden sich keine Unterschiede. Die deutschen Studienteilnehmer geben an, mehr Einfluss auf ihre Gesundheit nehmen zu können als Migranten oder Russen. Sie sind auch zufriedener mit ihrem gesundheitlichen Zustand. Im Vergleich zu Migranten haben Deutsche und Russen höhere Selbstfürsorge-Werte. Migranten berichten über mehr subjektive somatische Beschwerden als Nicht-Migranten. Der dritte Artikel, erschienen im Deutschen Ärzteblatt, befasst sich mit den Erfahrungen von Deutschen und Migranten mit ihren deutschen Hausärzten. Dabei handelt es sich um qualitative Daten – semistrukturierte Interviews. Migranten zeigen sich mit ihren Ärzten weniger zufrieden als deutsche Patienten. Auch kommt es bei Migranten häufiger zum Arztwechsel. Beide Patientengruppen berichten von Informationsmangel im Bezug auf gesundheitliche Belange, aber führen dafür unterschiedliche Gründe an. Die vierte Originalarbeit, eingereicht bei Social Science and Medicine, befasst sich mit den Merkmalen der hausärztlichen Interaktion. Hier werden qualitative und quantitative Daten analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass Deutsche sich in ihren Kommunikationspräferenzen von den beiden russisch-sprachigen Gruppen unterscheiden. Aus den Aussagen der Ärzte mit und ohne Migrationshintergrund und der Patienten wird geschlussfolgert, dass die Sozialisation im Herkunftsland eine besondere Bedeutung für die Arzt-Patient-Interaktion darstellt, unabhängig von den möglichen sprachlichen Barrieren. Im letzten Abschnitt der Mantelschrift werden wesentliche Ergebnisse diskutiert und ein Ausblick auf den weiteren Forschungsbedarf gegeben. Im Anhang sind die Studienunterlagen beigefügt.
Umfang:215 Seiten
DOI:10.17192/z2020.0052