Einfluss des Medienkonsums auf die Bereitschaft von jungen Erwachsenen für zahnmedizinisch ästhetische Eingriffe am Beispiel der Zahnaufhellung

Dem Streben nach physischer Attraktivität, die eine Vielzahl von sozialen Vorteilen im gesellschaftlichen Zusammenleben mit sich bringt, liegt ein evolutionsbiologisches Schema zu Grunde. Die Ausprägung des dabei verfolgten Ideals richtet sich neben einigen allgemeingültigen Merkmalen, wie `Symmetri...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Werdin, Charlotte
Beteiligte: Frankenberger, Roland (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Dem Streben nach physischer Attraktivität, die eine Vielzahl von sozialen Vorteilen im gesellschaftlichen Zusammenleben mit sich bringt, liegt ein evolutionsbiologisches Schema zu Grunde. Die Ausprägung des dabei verfolgten Ideals richtet sich neben einigen allgemeingültigen Merkmalen, wie `Symmetrie´, `Durchschnittlichkeit´ und `sexueller Dimorphismus´ nach dem jeweiligen zeitlichen, regionalen und kulturellen Kontext. Das westliche Ideal von körperlicher Schönheit beinhaltet heute so unterschiedliche Aspekte wie z.B. weibliche Schlankheit, männliche Muskelkraft, gebräunte Haut, wohlproportionierte Gesichtszüge und unter anderem eben auch ein ansprechendes Zahnbild mit makellos weißen Zähnen. Da der Einfluss des Medienkonsums beispielsweise auf die Berufswahl, das Essverhalten, die Sexualität oder die Bereitschaft zur Anwendung körperlicher Gewalt als empirisch gesichert gilt, wird in dieser Arbeit als Grundthese angenommen, dass auch die Einstellungen zur physischen Attraktivität des individuellen Zahnbildes durch die mediale Vermittlung entsprechender Inhalte beeinflusst wird. Diese Annahme wird durch eine Studie aus Neuseeland gestützt, die zeigt, dass in Zahnarztpraxen nach dem Erscheinen einer Show, in der es um die Herstellung eines möglichst attraktiven Äußeren geht (`extreme makeover´) eine erhöhte Nachfrage nach ästhetischen Zahnbehandlungen beobachtet werden konnte. Mit der vorliegenden Arbeit soll in Erfahrung gebracht werden, ob statistisch signifikante Zusammenhänge des Medienkonsums auf die Bereitschaft von jungen Erwachsenen erkennbar sind, eine professionelle oder kosmetische Zahnaufhellung in Anspruch zu nehmen. Die Datenerhebung erfolgte über einen Zeitraum von vier Monaten und richtete sich an junge Erwachsene im Alter von 18 bis 25 Jahren. Dazu wurde ein Online-Fragebogen erstellt. Es konnte eine Stichprobe von 255 Fällen genommen werden. Mit zielbezogen formulierten Fragen und eingebauten Filtern wurden den Probanden Fragen und Aufgaben zu den drei großen Themenkomplexen `Medien´, `Schönheit´ und `Zahnästhetik´ gestellt. Zudem wurde durch eine Randomisierung ein Methodenexperiment in die Umfrage eingebaut. Mit Hilfe des Programms SPSS 22 wurde der Datensatz anschließend analysiert (einfache und multiple lineare Regressionsanalysen, Chi-Quadrat-Test, T-Test), um zuvor aufgestellte Unterhypothesen zur Klärung folgender Forschungsfrage zu überprüfen: Hat die Art des Medienkonsums Einfluss auf die Bereitschaft 18 bis 25-jähriger Personen, eine Zahnaufhellung vornehmen zu lassen? Die Ergebnisse der einfachen und multiplen linearen Regressionsanalyse waren geschlechtsspezifisch verschieden. Sie werden im Folgenden unter Angabe der Signifikanz (p), des Determinationskoeffizienten (r²), des Regressionskoeffizienten (b) und an entsprechender Stelle mit dem standardisierten Regressionskoeffizienten (beta) aufgelistet. Als Ergebnisse der Untersuchung des Datensatzes anhand einer einfachen linearen Regressionsanalyse konnten bei den Frauen statistisch signifikante Effekte für die Bereitschaft zur professionellen Zahnaufhellung hinsichtlich des Konsums von Schönheits-Castingshows im Fernsehen (p= 0,03; r²= 0,05; b= 0,27), des Ansehens von `beautyblogs´ auf `YouTube´ (p= 0,00; r²= 0,28; b= 0,57) und des Teilens von Eigenportraits in den sozialen Netzwerken (p= 0,04; r²= 0,03; b= 0,26) festgestellt werden. Statistisch signifikante Effekte auf die Anzahl der verwendeten kosmetischen Produkte zur Zahnaufhellung zeigten sich bei den Frauen für folgende Medienformate als unabhängige Variable: amerikanische Filme und Serien (p= 0,02; r²= 0,03; b= 0,24), `makeover´-Sendungen (p= 0,00; r²= 0,06; b= 0,36), Castingshows (p= 0,00; r²= 0,07; b= 0,36), Kochsendungen (p= 0,00; r²= 0,04, b= 0,29), Frauenmagazinen (p= 0,00; r²= 0,10; b=0,41), Modezeitschriften (p= 0,02; r²= 0,04; b= 0,29), People- und Lifestylemagazinen (p=0,00; r²= 0,08; b= 0,36), `beautyblogs´ auf `YouTube´ (p= 0,03; r²= 0,05; b= 0,51), das Teilen von Eigenportraits (p= 0,04; r²= 0,02; b= 0,20) und das Betrachten von Profilseiten bekannter Persönlichkeiten in den sozialen Netzwerken (p= 0,04; r²= 0,02; b= 0,17). Bei den männlichen Probanden konnten statistisch signifikante Effekte hinsichtlich der Bereitschaft für eine professionelle Zahnaufhellung durch den Konsum von amerikanischen Filmen und Serien (p= 0,03; r²= 0,05; b= 0,31), `makeover´-Sendungen (p= 0,05; r²= 0,04; b= 0,40), `beautyblogs´ auf `YouTube´ (p= 0,05; r²= 0,04; b= 0,64) und dem Teilen von Eigenportraits in sozialen Netzwerken (p= 0,05; r²= 0,04; b= 0,31) festgestellt werden. Für die Anzahl der verwendeten kosmetischen Mittel als abhängige Variable zeigten sich statistisch signifikante Ergebnisse durch den Konsum von amerikanischen Filmen und Serien (p= 0,05; r²= 0,04; b= 0,21), Schönheits-Castingshows (p= 0,01; r²= 0,15; b= 0,48), `beautyblogs´ auf `YouTube´ (p= 0,04; r²= 0,04; b= 0,25), sowie ein negativer statistisch signifikanter Effekt von Dokumentarfilmen (p= 0,00; r²= 0,10; b= -0,30). Die Auswertung der multiplen linearen Regressionsanalyse bestätigt die Ergebnisse der einfachen linearen Regressionsanalyse. Durch eine Faktorenanalyse wurden hoch korrelierende Variablen zunächst zu einzelnen Faktoren zusammengefasst und diese dann der multiplen Regression unterzogen. Es zeigte sich für beide Geschlechter, dass diejenigen Fernsehformate und Internetinhalte, bei denen physische Attraktivität eine Rolle spielt, positive Effekte auf die Bereitschaft für eine professionelle Zahnaufhellung haben (p= 0,01 (beide); beta= 0,23 (Frauen); beta= 0,28 (Männer)). Statistisch signifikante Effekte auf die Anzahl der verwendeten kosmetischen Produkte ließen sich nur bei den weiblichen Probanden auf eben diesen Faktor (p= 0,00; beta= 0,29) und für Printmedien mit Schönheitsdiskurs (p= 0,00; beta= 0,32) nachweisen. Andere unabhängige Variablen (z.B. Schulabschluss, Wohnort, Erfahrungen im Umgang mit Zähnen und Zahnärzten in der Kindheit) sowie das Methodenexperiment zeigten keine statistisch signifikanten Effekte. In der Gesamtschau der vorliegenden Ergebnisse kann gesagt werden, dass die quantitative Studie tatsächlich statistisch signifikante Zusammenhänge (p ≤ 0,05), und hier insbesondere bei den weiblichen Probanden ermitteln konnte. Es ist somit als wahrscheinlich anzunehmen, dass bestimmte Medienbeiträge, die das Thema körperliche Attraktivität zum Inhalt haben, Einfluss auf die Bereitschaft 18 bis 25-jähriger Menschen nehmen, eine Zahnaufhellung vornehmen zu lassen. Da es sich bei der Datenerhebung jedoch nicht um eine strikte Zufallsstichprobe handelte, können die Ergebnisse keine oder nur geringe Repräsentativität beanspruchen. Zudem konnten dadurch, dass die Probanden selbst entscheiden, welche Medien sie konsumieren, zwar Zusammenhänge aufgezeigt, Kausalitäten jedoch nicht direkt geprüft werden. Die Bedeutung der bestätigenden Ergebnisse auf die Forschungsfrage soll daher vorrangig in ihrem Wert als Beitrag zu einer Hypothesenbildung für mögliche weitergehende Untersuchungen mit einer dann erweiterten Stichprobe zu sehen sein.
Umfang:161 Seiten
DOI:10.17192/z2019.0008