Entwicklung, Synthese und Charakterisierung neuer Inhibitoren der West-Nil-Virus NS2B-NS3-Protease

Ersatz der P1-P3-Reste durch acylierte Diaminobutter- und Diaminopropansäure-Derivate. Aufbauend auf den Ergebnissen von Dr. Zhouhir Hammamy sollten neue substratanaloge Inhibitoren gegen die NS2B-NS3-Protease des WNV und des DEN2-Virus entwickelt und charakterisiert werden. Dabei sollten zuerst di...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Epp, Anton
Beteiligte: Torsten, Steinmetzer (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2018
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Ersatz der P1-P3-Reste durch acylierte Diaminobutter- und Diaminopropansäure-Derivate. Aufbauend auf den Ergebnissen von Dr. Zhouhir Hammamy sollten neue substratanaloge Inhibitoren gegen die NS2B-NS3-Protease des WNV und des DEN2-Virus entwickelt und charakterisiert werden. Dabei sollten zuerst die P1-P3-Reste der Leitstruktur PhAc Lys Lys Arg NH2 (9) variiert werden. Da bereits sehr viele andere proteinogene und nichtproteinogene Aminosäuren in vorherigen Arbeiten ohne Erfolg in die substratanlogen Hemmstoffe eingebaut wurden, sollte eine neue Strategie zum Aufbau ungewöhnlicher Reste untersucht werden, die prinzipiell vielfältige Variationsmöglichkeiten bietet. Dabei wurde alpha-, gamma-Diaminobutter- und alpha-, beta-Diaminopropansäure in die Inhibitoren eingebaut, die nach Acylierung mit weiteren alpha-Aminosäuren Seitenketten aufweisen, die der Länge des Lysin ähneln. Durch die Kupplung der unterschiedlichen Aminosäuren an Dap oder Dab sollten auf bequeme Weise zahlreiche neue Verbindungen zugänglich sein. Die Reste Dap(Gly) und Dap(N(Ca)Gly) erwiesen sich mit einem Ki-Wert von rund 17 µM als die besten P1-Modifikationen, jedoch führt ihr Einbau im Vergleich zu Verbindungen mit P1-Arg zu deutlich schwächeren Hemmstoffen der WNV-Protease. In P2-Position wurde durch Einbau von Dap(Gly) ein Inhibitor mit einem Ki-Wert von ca. 12,2 µM erhalten, in P3-Position führten die Verbindungen mit Dap(Gly), Dap(Val) oder Dap(Ala) zu Derivaten mit Hemmkonstanten der WNV-Protease im Bereich um 30 µM. Im Vergleich zum Hemmstoff PhAc Lys Lys Arg NH2 (9) waren diese Verbindungen jedoch durchgehend deutlich weniger wirksam. Im Vergleich zur Ausgangsverbindung 9 waren alle neuen Derivate dieser Serie ebenfalls deutlich schwächere Hemmstoffe der DENV-2-Protease. Daher hat sich diese Strategie, Lysin durch mit alpha-Aminosäuren acylierte Dap- oder Dab-Reste zu ersetzen, als ungeeignet erwiesen.   Ketonderivate als Inhibitoren der NS2B-NS3-Proteasen Im Gegensatz zu den irreversibel hemmenden Chlormethylketon-Inhibitoren sind zahlreiche andere peptidische Ketonderivate übergangszustandsanaloge Inhibitoren (transition-state-inhibitors) von Serinproteasen, die diese durch einen reversibel-kovalenten Bindungsmodus hemmen. In dieser Arbeit wurden zwei Arginyl-Ketone aus dem entsprechenden Weinrebamid dargestellt. Das Weinrebamid wurde ausgehend von Boc-Arg(Mtr)-OH, das mit N-Methyl-O-Methylhydroxylamin umgesetzt wurde, hergestellt. Das letztendlich erhaltene peptidische Ethylketonderivat (Verbindung 24) stellte sich mit einem Ki-Wert von 1,07 µM als wirksamer WNV Hemmstoff heraus. Das sterisch anspruchsvollere Benzylketonanalogon (Verbindung 26) war um den Faktor 24 schwächer wirksam, das Methylketonderivat konnte nicht dargestellt werden. Bei der DENV-2-Protease war das Benzylketon mit einer Hemmung von 19,1 % die wirksamste Verbindung. Diese Hemmung entspricht einem Ki-Wert von ca. 130 µM. Zellpenetrierende zyklische Peptidinhibitoren Um die NS2B-NS3-Protease zu adressieren, müssen die Inhibitoren ins Zytosol und damit durch die Zellmembran gelangen. Eine prinzipielle Möglichkeit diesen Schritt zu ermöglichen, ist eine kovalente Verknüpfung der Hemmstoffe mit zellpenetrierenden, zyklischen Peptidderivaten. Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei zyklische, zellpenetrierende Inhibitoren (Verbindung 27, 28) hergestellt. Die wirksamere Verbindung 27, enthält eine CCP-Sequenz und ein Inhibitorsegment aus fünf DArg-Resten. Die Sequenz des CCP ist an die Arbeit von Pei et al. angelehnt.111 Der Ki-Wert zur Hemmung der WNV-Protease ist 0,5 µM und für die DENV-2-Protease 2,9 µM. Jedoch wurden von diesen beiden Verbindungen nur sehr geringe Mengen erhalten (siehe 3.5). Um deren Testung in Zellkultur durchzuführen, müssten die Synthesen wiederholt werden. Es ist jedoch nach Testung strukturell ähnlicher zyklischer Furininhibitoren aus unserem Arbeitskreis bekannt, dass solche relativ großen Peptidstrukturen nur eine schwache antivirale Wirksamkeit gegen WNV und DENV-2 in Zellkultur besitzen (Testung im Arbeitkreis Bartenschlager, Univ. Heidelberg).   Cholesteryl- und Dihydrocholesterylderivate Durch die Kupplung des sehr lipophilen Cholesterylrestes an die Inhibitorleitstruktur 4-AMe-PhAc-Lys-Lys-Arg-NH2 sollte die Zellpermeabilität der Verbindung verbessert werden. Während der Synthese der beiden Cholesterylderivate 29 und 30 fiel auf, dass es aufgrund einer Nebenreaktion zu einer Sättigung der Doppelbindung an Position 5 im Cholesterylsegment kam. Deswegen wurde diese anschließend bewusst hydriert und die Inhibitoren 31 - 34 dargestellt. Die Verbindungen 31 – 33, die sich nur durch die unterschiedliche Anzahl der Ethylenglykollinker-Bausteine (EGL) unterscheiden, waren mit einem IC50 von ca. 0,6 - 0,7 µM alle ähnlich wirksame Hemmstoffe der WNV-Protease. Überraschend war, das zum Vergleich hergestellte Cholesterylderivate ohne vollständiges P1-P4-Segment zwar etwas weniger wirksam waren, aber die WNV-Protease in der gleichen Größenordnung hemmen (Unterschied im IC50-Wert < Faktor 10). Dies deutet eher auf eine unspezifische Hemmung durch den Cholesterylteil dieser Derivate hin. Die Testung dieser Verbindungen in Zellkultur zeigte, dass diese Cholesteryl- bzw. Dihydrocholesterylderivate relativ zelltoxisch sind, bei einer Konzentration von 12,5 µM der meisten Verbindungen überlebten nur weniger als 60 % der Zellen. Daher konnten diese Verbindungen maximal bei einer Konzentration von 5 µM getestet werden. Die Reduktion der Virusvermehrung war im Vergleich zu den Referenzverbindungen MI-1230 (4-Gua-Me-PhAc-Arg-Lys-Arg-Amba) und Ribavirin schwächer ausgeprägt. Die Ergebnisse zeigten, dass die kovalente Kupplung von Cholesterylderivaten an die peptidischen Proteasehemmstoffe zumindest für diese Anwendung ungeeignet ist. Inhibitoren mit zusätzlichem P5-Rest Durch die Anknüpfung eines zusätzlichen P5-Restes an den mit einer p-Aminomethylgruppe substituierten P4 PhAc-Rest der Leitstruktur 9 sollte die Affinität der Verbindungen erhöht werden. Die Hemmwirkungen dieser Inhibitoren 35 – 39 waren mit Ki-Werten zwischen 1,8 bis 2,6 µM sehr ähnlich. Auch der Ki-Wert der Leitstruktur liegt in dieser Größenordnung. Durch Modellierung des Bindungsmodus konnte dieser Sachverhalt vermutlich erklärt werden. Der zusätzliche P5-Rest kommt nicht in direkten Kontakt mit der Protease und ragt ins Lösungsmittel (Abbildung 22). Daher hat er kaum Einfluss auf die Affinität der Verbindungen. Weitere P5-Modifizierungen in para-Position des P4-Restes sind wahrscheinlich wenig sinnvoll. Eventuell könnte man zukünftig noch die Ankupplung des P5-Restes an die meta- oder ortho-Position der P4-PhAc-Gruppe untersuchen. Dockingstudien zur Erlangung neuer Inhibitorstrukturen Mit Hilfe der Arbeitsgruppe Kolb wurden Dockingexperimente mit der WNV-Protease (PDB: 2YOL) durchgeführt. Es wurden vier potenzielle Inhibitorfragmente identifiziert und deren prozentuale Hemmwirkung auf die WNV-Protease bei einer Konzentration von 625 µM bestimmt. Zwei Fragmente zeigten mit 17 % und 12 % eine gewisse Hemmwirkung. Aus diesen Fragmenten wurden fünf Inhibitoren (47 - 51) synthetisiert. Die Hemmwirkungen dieser Verbindungen waren jedoch nur sehr schwach. Das Derivat 48 ist mit einem Ki-Wert von 60,4 µM die wirksamste Verbindung dieser Serie. Die Tatsache, dass die Einzelfragmente eine gewisse Hemmung zeigten, die dargestellten Inhibitoren jedoch wenig wirksam waren, lässt darauf schließen, dass die Verknüpfung der Fragmente verbessert werden muss. Hemmung der WNV-Protease durch Zinkionen Durch enzymkinetische Messungen mit der WNV-Protease wurde für Zinkionen ein Ki-Wert von ca. 31 µM ermittelt. Dabei konnte gezeigt werden, dass das korrespondierende Anion der eingesetzten Zinksalze keinen Einfluss hat, sowohl Zinkchlorid, Zinknitrat als auch Zinkacetat zeigten die gleichen Hemmwirkungen. Durch andere Metall-Kationen wurde keine oder nur eine sehr geringe Hemmung der WNV-Protease festgestellt. Für die DENV-2 NS2B-NS3-Protease konnte keine signifikante Inhibierung durch Zink- oder andere Metallkationen festgestellt werden. Mit dem Komplexbildner EDTA, der Zinkionen komplexiert, konnte die Hemmung der WNV-Protease nahezu vollständig aufgehoben werden, demzufolge kommt die Hemmung eindeutig durch die Zinkionen zustande (siehe 3.13.1). Die Hemmung der WNV-Protease durch Zinkionen wurde weiter enzymkinetisch untersucht. Die Lage des Schnittpunktes in Lineweaver-Burk-Auftragungen weist auf einen nichtkompetitiven Hemmmechanismus durch die Zinkionen hin. Mittels eines Webserverdienstes wurde nach möglichen Bindungsorten für Zink gesucht. Eine vorhergesagte Bindungsstelle bestand aus drei Aminosäuren in der Nähe des aktiven Zentrums, die das Ser135 der katalytischen Triade einschließt. Da trotz Bindung des Zinkions an diese vorhergesagte Bindungsstelle noch Platz innerhalb der Bindungstasche für einen weiteren Inhibitor besteht, wurde in weiteren Versuchen untersucht, wie sich die Hemmwirkung von bekannten Inhibitoren in Gegenwart von Zinkionen verhält. Es wurde gezeigt, dass der IC50-Wert des Inhibitors 24 (PhAc-Lys-Lys-Arg-Ethylketon) durch Zusatz von Zinkionen erniedrigt wird. Die Prüfung des Zinkchlorids in Zellkultur zeigte jedoch bei den eingesetzten Konzentrationen von 25 µM bis 20 µM keine signifikante Reduktion der WNV-Vermehrung. Möglicherweise werden nur unzureichende Konzentrationen der Zinkionen aufgenommen.
Umfang:149 Seiten
DOI:10.17192/z2018.0244