Aufmerksamkeitsbias bei Personen mit einer Störung durch Spielen von Internetspielen

Die diagnostischen Kriterien für die Störung durch Spielen von Internetspielen (SSIS) basieren auf denen für die Störung durch Glücksspielen und Störungen durch Substanzkonsum. Es stellt sich die Frage, ob den Störungen auch vergleichbare aufrechterhaltende Mechanismen zugrunde liegen wie beispielsw...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Jeromin, Franziska
Beteiligte: Barke, Antonia (PD Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2017
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die diagnostischen Kriterien für die Störung durch Spielen von Internetspielen (SSIS) basieren auf denen für die Störung durch Glücksspielen und Störungen durch Substanzkonsum. Es stellt sich die Frage, ob den Störungen auch vergleichbare aufrechterhaltende Mechanismen zugrunde liegen wie beispielsweise Entzugssymptome, eine Toleranzentwicklung oder ein Aufmerksamkeitsbias. Ein Aufmerksamkeitsbias manifestiert sich in einer verstärkten Aufmerksamkeitslenkung auf suchtbezogene Stimuli und ist ein robuster Befund bei Personen mit Abhängigkeiten und exzessiven Glücksspielern. In der vorliegenden Dissertation wurde untersucht, ob Personen mit einer SSIS einen Aufmerksamkeitsbias in Bezug auf computerbezogene Stimuli zeigen. In Studie 1 wurden die Gütekriterien eines Fragebogens zur Erfassung der SSIS anhand einer Stichprobe deutschsprachiger Internetspieler überprüft. Der Internet Gaming Disorder Questionnaire wies eine akzeptable interne Konsistenz und eine eindimensionale Faktorenstruktur auf. In Studie 2 wurde bei pathologischen Internetspielern und Nichtspielern der Aufmerksamkeitsbias in Bezug auf Computerstimuli mithilfe eines Suchtstroops und einer Visual Probe untersucht. In beiden Paradigmen wurde mithilfe von Reaktionszeiten indirekt auf einen Aufmerksamkeitsbias geschlossen. Im Suchtstroop sahen die Probanden computerbezogene und neutrale Wörter in randomisierter Wortfolge. Die pathologischen Internetspieler zeigten einen Aufmerksamkeitsbias; sie reagierten langsamer auf die computerbezogenen als auf die neutralen Wörter. In der Visual Probe sahen die Probanden computerbezogene und neutrale Bilder. Es wurde kein Aufmerksamkeitsbias gefunden; die pathologischen Internetspieler reagierten genauso schnell auf die computerbezogenen wie auf die neutralen Bilder. Die Studie wurde im Labor durchgeführt und es nahmen Studierende teil. Die Studien 3A und 3B wurden im Internet durchgeführt, um Studie 2 mit einer größeren und heterogeneren Stichprobe zu replizieren. In beiden Studien wurde bei Internetspielern mit einer SSIS, Internetspielern ohne eine SSIS und Nichtspielern der Aufmerksamkeitsbias in Bezug auf Computerstimuli mithilfe eines Suchtstroops untersucht. In Studie 3A zeigten Personen mit einer SSIS in einem Suchtstroop mit randomisierter Wortfolge keinen Aufmerksamkeitsbias. In Studie 3B wurde in einem Suchtstroop mit Blockdesign ebenfalls kein Bias gefunden. Alle Probanden in Studie 3B zeigten den Interferenzeffekt in einem Farbstroop; sie reagierten langsamer auf Farbwörter in einer inkongruenten Schriftfarbe als auf neutrale Wörter. Um zu überprüfen, ob die unterschiedlichen Ergebnisse in den Studien 2 und 3A sowie B auf die verschiedenen Durchführungsmodalitäten zurückgingen, wurde in Studie 4 die Äquivalenz von Reaktionszeitmessungen im Labor und im Internet mithilfe eines Farbstroops untersucht. Psychologiestudierende der Universität Marburg wurden im psychologischen Institut randomisiert auf zwei Gruppen aufgeteilt. Sie nahmen im Labor (Gruppe 1) oder an einem Ort ihrer Wahl über das Internet teil (Gruppe 2). Studierende anderer Fachrichtungen an unterschiedlichen Universitäten (Gruppe 3) und Personen aus der Allgemeinbevölkerung (Gruppe 4) nahmen ebenfalls an einem Ort ihrer Wahl über das Internet teil. Alle Gruppen zeigten den Stroop-Interferenzeffekt. Die Gruppen 3 und 4 hatten äquivalente Reaktionszeiten zu denen von Gruppe 1. Gruppe 2 reagierte langsamer und ihre Ergebnisse waren nicht äquivalent zu jenen von Gruppe 1. Möglicherweise waren die Probanden weniger motiviert als die in den anderen Gruppen, da sie unbeabsichtigt einen höheren Zeitaufwand hatten. In drei von vier Experimenten wurde keine Evidenz für den Aufmerksamkeitsbias bei Personen mit einer SSIS gefunden. Zwei davon wurden im Internet durchgeführt, was die Ergebnisse beeinflusst haben könnte. In Studie 4 wurden jedoch im Internet weitgehend äquivalente Reaktionszeiten zu denen im Labor gemessen. Die Experimente nutzten Reaktionszeiten als indirektes Maß für den Aufmerksamkeitsbias. Der Aufmerksamkeitsbias sollte in Studien mit direkten Maßen wie Blickbewegungsmessungen oder Elektroenzephalographie weiter untersucht werden.
Umfang:99 Seiten
DOI:10.17192/z2017.0468