Die osmotische Schutzsubstanz Prolin: Regulation der Prolinbiosynthese und Bildung eines osmoadaptiven Prolin-Bypass-Weges durch die evolutionäre Anpassung des Argininanabolismus

Das Bodenbakterium B. subtilis ist in seinem Habitat starken Schwankungen hinsichtlich Osmolaritäten und Wasserhaushalt ausgesetzt. B. subtilis ist in der Lage sich an hochosmolare Wachstumsbedingungen durch die Neusynthese oder die Aufnahme der osmoprotektiven Aminosäure Prolin anzupassen. Die Prol...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Stecker, Daniela
Beteiligte: Bremer, Erhard (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2016
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Das Bodenbakterium B. subtilis ist in seinem Habitat starken Schwankungen hinsichtlich Osmolaritäten und Wasserhaushalt ausgesetzt. B. subtilis ist in der Lage sich an hochosmolare Wachstumsbedingungen durch die Neusynthese oder die Aufnahme der osmoprotektiven Aminosäure Prolin anzupassen. Die Prolinbiosynthese in B. subtilis kann über zwei Wege realisiert werden. Der anabole ProB-ProA-ProI-Weg wird zur Prolinproduktion für die Proteinbiosynthese genutzt. Der osmoadaptive ProJ-ProA-ProH-Weg dient der Bereitstellung großer Prolinmengen für den Einsatz als Osmostress-Schutzsubstanz. Die γ-Glutamylkinasen ProB und ProJ sind Isoenzyme, welche den jeweils ersten Schritt der beiden Prolinbiosynthesewege katalysieren. Sie unterscheiden sich maßgeblich hinsichtlich ihrer Regulation. Die Expression des proBA-Operons wird in Anpassung an die intrazelluläre Prolinkonzentration durch ein T-Box-regulatorisches System kontrolliert. Die Expression des proHJ-Genclusters steht hingegen unter osmotischer Kontrolle und wird durch den Anstieg der externen Osmolarität induziert. Auf Proteinebene wird das anabole ProB-Enzym durch Prolin allosterisch Feedback-reguliert. Das osmoadaptive ProJ-Enzym unterliegt scheinbar keiner solchen posttranskriptionellen Regulation. Die Feedback-Inhibition wird durch einen 16 Aminosäuren langen flexiblen Loop im aktiven Zentrum der γ-Glutamyl-Kinase moduliert. Die γ-Glutamyl-Kinasen ProB und ProJ zeigen hinsichtlich ihrer Aminosäuresequenz einen signifikanten Unterschied in diesem Loop. Das durch Prolin Feedback-inhibierte Enzym ProB aus B. subtilis weißt einen negativen Glutamat-Rest an der Aminosäure-Position 142 im flexiblen Loop auf, während das ProJ-Protein einen positiv geladenen Arginin-Rest an der entsprechenden Position zeigt. Mit Hilfe bioinformatischer Analysen konnte in der vorliegenden Arbeit gezeigt werden, dass die negative Aminosäure Glutamat in Enzymen des ProB-Typs und die positive Aminosäure Arginin in Enzymen des ProJ-Typ innerhalb der Gattung Bacillus hochkonserviert sind. Auf Grundlage dieser bioinformatischen Analysen wurden B. subtilis-Mutanten konstruiert, bei denen die negative Aminosäure Glutamat im anabolen ProB gegen die positive Aminosäure Arginin (E142R) ausgetauscht wurde. Umgekehrt wurde im osmoadaptiven ProJ-Enzym Arginin gegen Glutamat ausgetauscht. Die Aminosäuresubstitution in ProB führt zu einer verminderten allosterischen Regulation des Proteins, welche mit einer erhöhten Prolinakkumulation in vivo sowie einer gesteigerten osmotischen Toleranz einhergeht. Der Austausch in ProJ führt hingegen zu einer erhöhten allosterischen Regulation und bewirkt eine verminderte Prolinakkumulation sowie eine geringere osmotische Toleranz. Die gezeigten Daten beweisen, dass die γ-Glutamyl-Kinasen ProB und ProJ aufgrund ihrer unterschiedlichen allosterischen Regulation bestens auf ihre physiologische Funktion im anabolen oder osmoadaptiven Prolinbiosyntheseweg in B. subtilis abgestimmt sind. Die anabole und die osmoadaptive Prolinbiosynthese in B. subtilis sind über das gemeinsam genutzte Enzym ProA miteinander verknüpft. Da kein paraloges Enzym existiert, führt die Deletion von ProA zu einer massiven Reduktion der Prolinbiosynthese. Die vorliegende Arbeit zeigt Suppressormutanten, die in der Lage sind über die Rekrutierung von Enzymen des Argininstoffwechsels sowohl die anabole als auch die osmoprotektive Prolinbiosynthese aufrecht zu erhalten. Zwei Klassen von Mutationen konnten identifiziert werden: Zum einen Mutationen in der Promotorregion von des argC-Operons, welches für Gene der Argininsynthese kodiert. Zum anderen Mutationen im Regulatorprotein AhrC, welches als Repressor für die Transkription des argC-Operons fungiert. Beide Klassen von Mutationen führen zu einer verschlechterten Bindung des Transkriptionsrepressors AhrC an seine Operatorregion im Promotorbereich des argC-Operons und folglich zu einer erhöhten Expression des argC-Operons und zu größeren Ornithin-Pools in der Zelle. B. subtilis ist dazu in der Lage ausgehend von Ornithin mittels RocD, einem Enzym des Arginin-Katabolismus, dasselbe Produkt wie ProA zu bilden und kann folglich dessen Fehlen ersetzen. Desweiteren liefert die vorliegende Arbeit erste Hinweise darauf, dass die Aminosäure Arginin unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls als osmotische Schutzsubstanz von B. subtilis genutzt werden kann. Die gezeigten Untersuchungen demonstrieren die Fähigkeit von Bakterien sich flexibel an Beeinträchtigungen essentieller Stoffwechselwege anzupassen.
Umfang:137 Seiten
DOI:10.17192/z2016.0804