Veränderungen von NGF und PGE2 bei Patienten mit überaktiver Blase nach BoNT-A Therapie -Biomarker bei OAB?

Bei insgesamt 82 Patienten mit überaktiver Blase (OAB) wurden prospektiv die Serumwerte Nerve Growth Factor (NGF) und Prostaglandin E2 (PGE2) vor und nach Therapie mit Botulinumtoxin A (BoNT-A) untersucht. Die OAB ist in ihren Ursachen noch nicht vollständig verstanden, aktuell werden Entzündungsvor...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Knippschild, Sonja
Beteiligte: Hegele, A. (Prof. Dr. med.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2015
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Bei insgesamt 82 Patienten mit überaktiver Blase (OAB) wurden prospektiv die Serumwerte Nerve Growth Factor (NGF) und Prostaglandin E2 (PGE2) vor und nach Therapie mit Botulinumtoxin A (BoNT-A) untersucht. Die OAB ist in ihren Ursachen noch nicht vollständig verstanden, aktuell werden Entzündungsvorgänge als ein Auslöser diskutiert. NGF und PGE2 sind bei der OAB als deutlich erhöhte Marker nachgewiesen worden. Messungen im Urin konnten Veränderungen vor und nach anticholinerger Medikation und BoNT-A Applikation zeigen. Bisher liegen jedoch keine Datensätze zu Messungen im Serum vor. Wir untersuchten Serumkonzentrationen beider Proteine bei Patienten mit OAB vor und nach BoNT-A Therapie. Zum Vergleich wurden 32 gesunde Patienten herangezogen. Die Messungen erfolgten nach Anamnese, Urinstatus, Miktionstagebuch und Urodynamik. Einschlußkriterien war die urodynamisch nachweisbare nicht neurologische OAB mit Detrusorüberaktivität oder die kleinkapazitäre, übersensible Blase ohne Detrusorüberaktivität. Alle Patienten waren zuvor frustran mit Anticholinergika behandelt worden. Die Lebensqualität wurde anhand standardisierter Fragebögen (King’s Health Questionnaire und International Consultation on Incontinence Questionnaire - short form) 4 Wochen prä- und 4 Wochen postoperativ erfragt. Serumproben wurden ebenfalls 4 Wochen prä- und 4 Wochen postoperativ abgenommen. Für die Serum-Messungen verwendeten wir kommerziell erwerbliche ELISA-Kits. Für unabhängige Stichproben wurde der nicht-parametrischen Mann-Whitney-U-Test, für verbundene Stichproben der Student’s t-Test durchgeführt und ein Signifikanzniveau von p<0,05 festgelegt. Die Serumproben erkrankter Pat. unterschieden sich in beiden Proteingruppen signifikant von den Kontrollen. 26 Pat. der NGF-Gruppe, davon 18 mit Inkontinenz (OAB wet) wiesen präoperativ deutlich erhöhte NGF-Serumwerte (sNGF 58,8 pg/ml, p<0,005) auf. sNGF konnte bei inkontinenten Pat. deutlich höher gemessen werden als bei kontinenten (85 pg/ml (± 250) vs. 0,73 pg/ml (± 2,1), p<0,005). 4 Wochen postoperativ zeigten alle Pat. eine signifikante Wertreduktion (2,4 pg/ml, p<0,005) und gaben signifikante Symptomreduktion (geminderter Vorlagenverbrauch, reduzierte Miktionsfrequenz, geringerer Harndrang, bessere Lebensqualität) an. Für Pat. >60 Jahre ließen sich höhere sNGF-Spiegel nachweisen als bei jüngeren Pat. (8,9 pg/ml (± 11,2) vs. 77,2 pg/ml (± 244), p<0,05). 2 Pat. der NGF-Gruppe sprachen subjektiv nicht auf die BoNT-A Therapie an, was sich in nur geringem oder nicht vorhandenem sNGF-Abfall wiederspiegelte. Gleichwertige Ergebnisse konnten in der PGE2-Gruppe gezeigt werden. Von initial 56 Pat. mit idiopathischer OAB im Vergleich zur Kontrollgruppe wiesen prätherapeutisch deutlich erhöhte sPGE2-Werte (2749,5 pg/ml, p<0,005) auf. Für die Subgruppen OAB wet/dry war sPGE2 signifikant erhöht nachweisbar (3241 pg/ml versus 1734 pg/ml, p<0,01). Bei 30 (53,6%) Pat. ließ sich 4 Wochen postinterventionell sPGE2 bestimmen. Hier zeigte sich ebenfalls eine signifikante Wertreduktion (2995 pg/ml vs. 1486 pg/ml, p<0.005). BoNT-A hatte in unseren Messungen eine mittlere Wirkdauer von 9 Monaten, es wurden deutlich weniger Vorlagen gebraucht (p<0,05). Insgesamt 3 Pat. der sPGE2-Gruppe zeigten keine oder nur geringe Symptombesserung nach BoNT-A. Nachweislich wiesen 2 der Pat. (66,6%) anstatt einer Wertreduktion sogar einen Anstieg von sPGE2 bis auf 51% des Ausgangswertes auf, der 3. Pat. zeigte einen nur geringen sPGE2-Abfall (-27%). Insgesamt 6 Pat. gaben nach dieser Zeit eine erneute Symptomverstärkung an. Dies spiegelte sich in erneut angestiegenen sPGE2-Werten wieder, die 4 Wochen nach einer zweiten BoNT-A Sitzung signifikant abfielen. sPGE2 korrelierte nicht mit dem Lebensalter. Unsere Ergebnisse zeigen eine eindeutige Verbindung zwischen den im Serum erhöht gemessenen NGF- und PGE2-Werten und OAB. Unsere Arbeitsgruppe präsentiert erstmals relevante Datensätze zum Einfluss von BoNT-A auf die NGF- und PGE2- Sekretion bei Pat. mit OAB. Die erhobenen Messwerte korrelieren mit der Schwere der Erkrankung, was sich in höheren Werten bei Pat. mit OAB wet im Vergleich zu Pat. mit OAB dry wiederspiegelt. Zusätzlich konnten wir einen Zusammenhang zwischen einem Therapieerfolg nach BoNT-A und fallenden Serumleveln beider Proteine nachweisen. Limitierend für diese Studie ist die relativ kleine Kohortenzahl von 82 Pat. Unsere vielversprechenden Ergebnisse müssten an größeren Patientenkollektiven bestätigt werden. Insgesamt stellen NGF und PGE2 gut messbare Entzündungsmarker im Serum dar, die im klinischen Alltag als Indikatoren für Diagnostik und eine gute Therapieführung verwendet werden können.
DOI:10.17192/z2015.0581