Auswirkung einer Kontrastmittelgabe auf das Auftreten von DNA-Doppelstrangbrüchen bei computertomographischen Thoraxuntersuchungen

EINLEITUNG: Röntgenkontrastmittel eignen sich durch ihre stärkere Absorption von Röntgenstrahlung dazu, Gefäße, die sich hinsichtlich ihrer Dichte meist kaum von ihrer Umgebung unterscheiden, kontrastreicher und damit abgrenzbarer gegenüber den umliegenden Strukturen darzustellen. Nun konnte in präl...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Peter, Jan-Friedrich
Beteiligte: Heverhagen, Johannes T. (Prof. Dr. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2013
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:EINLEITUNG: Röntgenkontrastmittel eignen sich durch ihre stärkere Absorption von Röntgenstrahlung dazu, Gefäße, die sich hinsichtlich ihrer Dichte meist kaum von ihrer Umgebung unterscheiden, kontrastreicher und damit abgrenzbarer gegenüber den umliegenden Strukturen darzustellen. Nun konnte in prälaminären Studien klinisch gezeigt werden, dass die Applikation jodhaltiger Röntgenkontrasmittel in der radiologischen Diagnostik, neben bereits bekannten systemischen Nebenwirkungen, wie der kontrastmittelinduzierten Nephropathie (CIN) als bedeutendste systemische Nebenwirkung, gerade in Kombination mit ionisierender Strahlung auch zu einer verstärkten Schädigung der DNA führen kann. Diese strahleninduzierten DNA-Schäden konnten in Form von Mikrokernen, Chromsomenaberrationen und DNA-Doppelstrangbrüchen nachgewiesen werden, wobei Doppelstrangbrüche eine der bedeutendsten Ursachen für die Entstehung von Mutationen darstellen. Ihre Reparatur ist für die Zelle schwieriger als die anderer DNA-Schäden, und wird ein Doppelstrangbruch nicht oder fehlerhaft repariert, kann dies zur Karzinogenese führen. Mit der gamma-H2AX-Methode lassen sich DNA-Doppelstrangbrüche quantifizieren, wobei ein gamma-H2AX-Focus jeweils einem DNA-Doppelstrangbruch entspricht. Aufgrund kleinerer Fallzahlen in früheren Studien sollte nun mit der vorliegenden Arbeit statistische Sicherheit bei der Frage gewonnen werden, inwieweit die Applikation von jodhaltigem Kontrastmittel im Rahmen computertomographischer Thorax-Untersuchungen einen quantitativen Einfluss auf das Auftreten von DNA-Doppelstrangbrüchen in vivo hat. MATERIAL: Das Blut von 179 Patienten mit Indikation für ein kontrastmittelgestütztes Thorax-CT (Kohorte mit Kontrastmittel) und von 66 Patienten ohne Kontrastmittelapplikation (Kohorte ohne Kontrastmittel) wurde jeweils vor und nach der computertomographischen Untersuchung analysiert. Es gab keine signifikanten Unterschiede bei Alter, Größe, Gewicht und Geschlechtsverteilung zwischen den beiden Kohorten. Aus den Blutproben wurden die Lymphozyten separiert und anschließend die DNA-Doppelstrangbrüche über die gamma-H2AX-Methode mittels Immunfluoreszenzmikroskopie sichtbar gemacht und quantifiziert. ERGEBNISSE: Der durchschnittliche Zuwachs an gamma-H2AX-Foci nach der CT-Untersuchung war in der Kohorte mit Kontrastmittelapplikation mit 0,056±0,121 Foci/Zelle (Mittelwert±Standardabweichung) mehr als doppelt so groß wie der Zuwachs in der Kohorte ohne Kontrastmittel, der bei durchschnittlich 0,027±0,113 Foci/Zelle lag. In einer schließenden Statistik mittels unabhängigem t-Test war dieser Unterschied der Mittelwerte bei gerichteter Hypothese mit p=0,044 signifikant. Da sich die beiden Kohorten hinsichtlich der erhaltenen Strahlendosis geringfügig unterschieden, wurde zusätzlich für jeden Patienten das gamma-H2AX-Foci-Level nach CT für ein angenommenes Dosisniveau in Höhe eines Dosis-Längen-Produktes (DLP) von 312 mGy*cm ermittelt. Es wurde ein DLP von 312 mGy*cm gewählt, da dies der Mittelwert aus beiden Kohorten war. Hier war der Zuwachs an gamma-H2AX-Foci mit 0,077±0,160 Foci/Zelle in der Kohorte mit Kontrastmittel mehr als dreimal so hoch wie der in der Kohorte ohne Kontrastmittel mit 0,021±0,108 Foci/Zelle. DISKUSSION: Diese Arbeit konnte zeigen, dass die Applikation von jodhaltigem Kontrastmittel im Rahmen von Thorax-CT-Untersuchungen zu einem signifikant höheren Zuwachs von gamma-H2AX-Foci führen kann. Da bei der gamma-H2AX-Methode jeder Focus einem DNA-Doppelstrangbruch entspricht, lässt sich daraus ein erhöhtes Auftreten von Doppelstrangbrüchen durch die Kontrastmittelapplikation ableiten. Dies lässt sich möglicherweise auf die zusätzlich entstehenden Sekundärelektronen zurückführen. Diese entstehen aufgrund der stärkeren Absorption von Röntgenstrahlen durch jodhaltige Kontrastmittel und könnten die DNA-schädigende Wirkung von Röntgenstrahlen verstärken. Probleme bei der Risikobewertung können sich aus der Tatsache ergeben, dass während der CT-Untersuchung nur ein Teil der Lymphozyten im Strahlenfeld liegen. Nach der Untersuchung mischen sich durch die physiologische Blutzirkulation die bestrahlten in kürzester Zeit mit unbestrahlten Lymphozyten. So entsteht eine Verdünnung des Strahlenschadens und ein geringeres Foci-Level, was zur Unterschätzung der Ergebnisse führt. Trotzdem wurde die gamma-H2AX-Methode in der Vergangenheit erfolgreich zur Quantifizierung von DNA-Doppelstrangbrüchen auch an peripheren Lymphozyten eingesetzt, was auch die vorliegende Arbeit bestätigen konnte. Letztendlich sollte aufgrund des derzeitigen Kenntnisstandes beim Einsatz von jodhaltigen Röntgenkontrastmitteln mehr als zuvor auf die strikte Einhaltung von Indikation und Dosierung geachtet und mögliche diagnostische Alternativen berücksichtigt werden.
DOI:10.17192/z2013.0628