Reduziertes Durstempfinden bei der Progressiven Supranukleären Blickparese: Entwicklung eines neuen Bedside-Tests zur Differentialdiagnose von Parkinson Syndromen

Die Progressive Supranukleäre Blickparese (PSP) ist eine rasch fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die zur Familie der Tauopathien gehört und meist erst nach dem 40. Lebensjahr auftritt. Das Krankheitsbild manifestiert sich häufig als akinetisch-rigides Syndrom und Patienten leiden oft sch...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Christ, Helena
Beteiligte: Oertel, Wolfgang (Prof. Dr. h.c.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2010
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Die Progressive Supranukleäre Blickparese (PSP) ist eine rasch fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die zur Familie der Tauopathien gehört und meist erst nach dem 40. Lebensjahr auftritt. Das Krankheitsbild manifestiert sich häufig als akinetisch-rigides Syndrom und Patienten leiden oft schon zu Beginn an posturaler Instabilität, was zu häufigen Stürzen vor allem nach hinten führt. Das namensgebende Symptom der vertikalen Blickparese kann mitunter erst später oder nie auftreten. Andere Symptome wie Bradykinese, Rigor und frontale Defizite sind wenig spezifisch und können auch im Rahmen anderer neurodegenerativer Erkrankungen auftreten. Bis heute gibt es keine Biomarker, anhand derer die PSP eindeutig diagnostiziert werden kann. Auch der Einsatz von bildgebenden Verfahren ermöglicht bislang keine sichere Diagnosestellung in den frühen Krankheitsstadien. Somit wird die PSP häufig sehr spät, falsch oder nie erkannt. In unserem Institut wurde eine bislang unveröffentlichte Fragebogenstudie mit nicht-dementen, nicht-depressiven Patienten mit klinisch wahrscheinlicher PSP und Alters- und Stadien-gematchten Patienten mit Multisystematrophie mit Parkinsonismus (MSA-P) und Idiopathischem Parkinson Syndrom (IPS) sowie gesunden Kontrollen (K) durchgeführt (N=15 pro Gruppe). In dieser Umfrage berichteten 73% der PSP-Patienten von reduziertem Durstgefühl (K=0; MSA-P=7%, IPS=7%, p<0.0001). Diese Voruntersuchung veranlasste uns dazu, Durst als differentialdiagnostischen Parameter der PSP genauer zu untersuchen. Um Durst auf standardisierte Weise auszulösen, infundierten wir 0.51 mmol/l Kochsalz (NaCl)-Lösung intravenös über einen Zeitraum von 50 min bei Alters-, Geschlechts- und Stadien-gematchten PSP-, MSA-P- und IPS-Patienten (je N=10). In festgelegten Intervallen wurden die Patienten insgesamt 95 min lang nach ihrem Durst befragt, den sie auf einer visuellen Analogskala dokumentieren sollten (0-10). Ihre Plasmaosmolalität wurde zu Beginn und Ende der Infusion sowie beim ersten Auftreten von Durst und bei Erreichen von maximalem Durst bestimmt. Der relative Anstieg der Osmolalität vom Ausgangswert bis zum ersten Durstgefühl war bei PSP-Patienten signifikant höher als bei den MSA-P- und IPS-Patienten. Die Dauer bis zum Auftreten des ersten Durstes war in dieser Gruppe signifikant länger. PSP-Patienten berichteten zu allen Zeitpunkten von 20 bis 95 min von signifikant weniger Durst als MSA-P- und IPS-Patienten. Der maximale Durstwert der PSP-Gruppe war signifikant niedriger als bei der MSA-P- und IPS-Gruppe. Der Durstwert bei 25 min unterschied PSP-Patienten gut von MSA-P- und IPS-Patienten. Nach Testende tranken PSP-Patienten signifikant weniger bis zur Sättigung, als die Patienten der Vergleichsgruppen. Zusammenfassend können wir berichten, dass Hypodipsie häufig und frühzeitig bei PSP auftritt, nicht aber bei IPS oder MSA-P. Ein Dursttest könnte somit bei der Differentialdiagnose der PSP hilfreich sein.
DOI:10.17192/z2011.0455