Genetische Ursachen des Langen-QT-Syndroms

Das Lange-QT-Syndrom ist charakterisiert durch ein längeres QT-Intervall im Elektrokardiogramm. Frühe Nachdepolarisationen können zu lebensbedrohlichen torsade de pointes Tachykardien führen, die in Synkopen resultieren oder in Kammerflimmern übergehen und das Risiko für den plötzlichen Herztod dra...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Limberg, Maren
Beteiligte: Decher, Niels (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2011
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Das Lange-QT-Syndrom ist charakterisiert durch ein längeres QT-Intervall im Elektrokardiogramm. Frühe Nachdepolarisationen können zu lebensbedrohlichen torsade de pointes Tachykardien führen, die in Synkopen resultieren oder in Kammerflimmern übergehen und das Risiko für den plötzlichen Herztod drastisch erhöhen. In dieser Arbeit wurde bei Marburger Patienten mit Hilfe der PCR-basierten SSCP-Analyse nach Mutationen in 14 verschiedenen Genen gesucht. Es ist gelungen, eine heterozygote Mutation im hERG-Kanal sowie eine weitere im KvLQT1-Kanal und einen mit der QTc-Zeit assoziierten homozygoten Polymorphismus im Nav1.5-Kanal zu identifizieren. Die funktionelle Charakterisierung der H1153Y-Kanalvariante in Xenopus Oozyten zeigte einen Funktionsverlust und keinen dominant negativen Effekt auf Wildtyp-Kanäle. Die Leitfähigkeits-Spannungs-Beziehung ist unverändert. Der Transport an die Zellmembran ist weder in Xenopus Oozyten noch in Säugerzellen gestört. Die funktionelle Charakterisierung der G269S-Kanalvariante zeigte in Xenopus Oozyten einen 60 % Funktionsverlust, ohne einen dominant negativen Effekt auf die Wildtyp-Kanäle zu haben. Zudem ist die Assemblierung mit der ß-Untereinheit minK gestört. Der H558R-Polymorphismus im Natriumkanal Nav1.5 ist mit einer Verlängerung der QTc-Zeit assoziiert. Zusammen mit dem H558R-Polymorphismus konnte der IVS9-3-C>A-Polymorphismus in der Akzeptor-Spleißstelle identifiziert werden. Die Untersuchung von 400 Kontrollpersonen zeigte, dass beide Polymorphismen gekoppelt vorliegen. Das Spleißing des IVS9-3-Polymorphismus wurde mittels eines α-Globin-Fibronektin-EBD-Minigen-Systems analysiert. Ein fehlerhaftes Spleißing konnte ausgeschlossen werden. Die funktionelle Charakterisierung in Xenopus Oozyten im hH1-Hintergrund zeigte im Vergleich mit dem Wildtyp-Kanal eine um 25 % erhöhte Stromamplitude. Die Spannungsabhängigkeit der Aktivierung und der Inaktivierung, die Erholung von der Inaktivierung sowie die späten Natriumströme sind verändert. Zudem konnte in dieser Arbeit erstmals eine neue Form des Andersen-Syndroms funktionell charakterisiert werden. Das Andersen-Syndrom als eine Multisystemerkrankung ist charakterisiert durch periodische Paralyse, einen kardialen Phänotyp und verschiedene Dysmorphologien. Die Träger der Mutationen N318S und W322C im Kir2.1-Kaliumkanal zeigen ausschließlich einen kardialen Phänotyp. Die für das Andersen-Syndrom typischen Dysmorphologien und die periodische Paralyse sind in den beiden untersuchten Patienten nicht vorhanden. In dieser Arbeit ist es gelungen, den neuen klinischen Phänotyp mit den funktionellen Eigenschaften der mutierten Kanäle zu begründen. Die Mutationen sind die bisher am weitesten C-terminal beschriebenen Mutationen und zeigen eine ungewöhnliche Lokalisation im humanen Kir2.1-Kanal. Anders als alle bisher beschriebenen Andersen-Mutationen zeigen die mutierten Kanäle keinen absoluten Funktionsverlust und keinen dominant negativen Effekt auf Untereinheiten des Wildtyp-Kanals. Im Homomer ist die N318S-Kanalvariante nicht vom Wildtyp zu unterscheiden, die W322C-Kanalvariante zeigt einen 60 % Funktionsverlust. Der Funktionsverlust basiert bei dem W322C-Kanal auf einem defizienten Transport an die Plasmamembran. Dieses konnte mittels eines Chemielumineszenz-Versuches in Xenopus leavis Oozyten und Fluoreszenzmikroskopie in Säugerzellen nachgewiesen werden. Durch Immunozytochemie konnte gezeigt werden, dass der Kanal perinuklear in den späten Endosomen lokalisiert ist und wahrscheinlich degradiert wird. Bei beiden Patienten liegen die Mutationen heterozygot vor. Die funktionellen Eigenschaften der mutierten Kanäle sind unter diesen heterozygoten Bedingungen identisch. Beide Kanalvarianten zeigen zusammen mit den WT-Untereinheiten nur einen 20-25 % Funktionsverlust und damit keinen dominant negativen Effekt. Zudem zeigen sie keinen dominant negativen Effekt auf die Kanäle der Kir-Familie Kir2.2 und Kir2.3. Diese ungewöhnlichen elektrophysiologischen Eigenschaften der mutierten Kanäle könnten den ausschließlich kardialen Phänotyp der Patienten erklären. Eine Einordnung des beschriebenen Krankheitsbildes als Unterform des LQT7 wird angestrebt.
DOI:10.17192/z2011.0347