Entwicklung, Synthese und Charakterisierung neuartiger Furininhibitoren

In der vorliegenden Arbeit wurden neuartige, effektive, peptidomimetische Inhibitoren der Proproteinkonvertase Furin synthetisiert und charakterisiert. Ausgehend von der Struktur des irreversiblen Referenzinhibitors Decanoyl-RVKR-chlormethylketon wurden Verbindungen entwickelt, in die anstelle des...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Becker, Gero Lutz
Beteiligte: Steinmetzer, Torsten (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2011
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In der vorliegenden Arbeit wurden neuartige, effektive, peptidomimetische Inhibitoren der Proproteinkonvertase Furin synthetisiert und charakterisiert. Ausgehend von der Struktur des irreversiblen Referenzinhibitors Decanoyl-RVKR-chlormethylketon wurden Verbindungen entwickelt, in die anstelle des P1 Arg-chlormethylketon-Segmentes decarboxylierte Arginin- und Lysinmimetika sowie weitere zyklische basische Reste eingebaut wurden. Der Decanoyl-Rest wurde zunächst durch einen Phenylacetyl- oder Acetylrest sowie das Lysin in der P2-Position durch Arginin ersetzt. Die auf die Synthese folgende Bestimmung der Inhibitorkonstanten ergab, dass als wirksamster Inhibitor Phenylacetyl-RVR-4-(amidino)benzylamid (17) Furin mit einem Ki-Wert von 0,81 nM hemmt. Basierend auf dieser Leitstruktur wurden zur weiteren Optimierung verschiedene Inhibitorserien synthetisiert, bei denen nacheinander in allen Positionen der Struktur (P2-P5) verschiedene natürliche und unnatürliche Aminosäurereste oder Aminosäurederivate eingebaut wurden. So konnte gezeigt werden, dass der Austausch des P4-Arginins durch ein Lysin oder die Eliminierung der basischen Gruppe in der P2-Position zu einer drastischen Reduktion der inhibitorischen Effektivität führt. Der systematische Einbau aller proteinogenen Aminosäuren in die P3-Position zeigte, dass fast alle Derivate dieser Serie Furin effektiv hemmen, dabei waren neben Valin auch Isoleucin, Phenylalanin oder Tyrosin besonders geeignet. Der Einbau saurer Aminosäuren an dieser Stelle führte jedoch zu weniger wirksamen Inhibitoren, wahrscheinlich bedingt durch elektrostatische Abstoßung aufgrund des stark negativ geladenen, aktiven Zentrums des Furins. In der P5-Position wurden verschiedene Fettsäurereste eingebaut. Die Bestimmung der Inhibitorkonstanten ergab, dass sie bis zu einer Länge von 10 Kohlenstoffatomen annähernd im Bereich der Leitstruktur (17) liegt. Die weitere Verlängerung der Kohlenstoffkette führte allerdings zu einem sukzessiven Abfall der inhibitorischen Wirkung. Die Synthese von Inhibitoren mit basischen P5-Resten führte zu sehr potenten Wirkstoffen, von denen sich 3-(Guanidinomethyl)phenylacetyl-RVR-4-(amidino)benzylamid (38) mit einem Ki-Wert von 5,6 pM als der effektivste Inhibitor für Furin herausstellte. Untersuchungen zur Stabilität einiger Verbindungen mittels HPLC zeigten, dass unter den gewählten Bedingungen kein nennenswerter Zerfall oder Abbau nachzuweisen war. Als Beispiel dient Inhibitor 17, der in wässriger Lösung über 10 Tage bei Raumtemperatur stabil ist. In Zusammenarbeit mit der AG Garten (Institut für Virologie der Universität Marburg) wurden ausgesuchte Inhibitoren auf ihre Zytotoxizität in Zellkultur untersucht. Die wenig zytotoxisch wirkenden Verbindungen wurden anschließend in virologischen Untersuchungen zur Hemmung der Vermehrung und Ausbreitung hochpathogener Viren der klassischen Geflügelpest (H7N1) eingesetzt. Dabei wurde nachgewiesen, dass unter anderen die Inhibitoren 17 und 4-(Guanidinomethyl)phenylacetyl-RVR-4-(amidino)benzylamid (40) die Virusvermehrung effektiv hemmen. Die quantitative Bestimmung infektiöser Viren in Zellkulturen über einen Zeitraum von mehreren Tagen zeigte, dass die Zugabe des Inhibitors 40 zu einer signifikanten Verlangsamung der Virusausbreitung führt. So betrug der Virustiter nach 45 h nur 1,7 % der Kontrollkultur ohne Inhibitor. Zur Optimierung der Reinigung von rekombinant hergestelltem Furin für Kristallisationsexperimente wurden basierend auf der Leitstruktur N-terminal biotinylierte Inhibitoren für die Affinitätschromatographie synthetisiert. Diese Verbindungen wurden in Zusammenarbeit mit der AG Than (Institut für Altersforschung, Fritz Lipmann-Institut, Jena) für die Reinigung von Maus-Furin eingesetzt, indem kommerziell erhältliche Streptavidinsäulen mit den biotinylierten Inhibitoren beladen wurden. Mit diesen Affinitätssäulen gelang eine effektive Reinigung des Furins im Vergleich zu den bisher verwendeten, klassischen Reinigungsmethoden. Die im Rahmen dieser Arbeit synthetisierten, niedermolekularen Verbindungen sind die wirksamsten, reversibel bindenden Furinhemmstoffe, die bisher weltweit entwickelt wurden. Sie sind daher für weiterführende Untersuchungen in Zellkulturen oder gegebenenfalls sogar in Tiermodellen geeignet.
DOI:10.17192/z2011.0080