Wirkung von Mono(2-ethylhexyl)phthalat auf die Genexpression in Alveolarmakrophagen im allergischen Mausmodell

Seit mehr als 40 Jahren werden Phthalate als Weichmacher für Kunststoffe eingesetzt und in großer Menge produziert. Die Phthalate und insbesondere Di(2-Ethylhexyl)Phthalat (DEHP) und sein Hauptmetabolit Mono(2-ethylhexyl)phthalat (MEHP) stehen seit Jahren im Mittelpunkt kontroverser Diskussionen zur...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Keil, Christian
Beteiligte: Wahl, Hans-Günther (Dr. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2009
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Seit mehr als 40 Jahren werden Phthalate als Weichmacher für Kunststoffe eingesetzt und in großer Menge produziert. Die Phthalate und insbesondere Di(2-Ethylhexyl)Phthalat (DEHP) und sein Hauptmetabolit Mono(2-ethylhexyl)phthalat (MEHP) stehen seit Jahren im Mittelpunkt kontroverser Diskussionen zur Toxizität für den Menschen. Phthalate sind insbesondere in Medizinprodukten wie Dialyse-, Infusions- und Beatmungsschläuchen, Blutbeuteln, aber auch Kinderspielzeug und Beißringen in großer Menge vorhanden. Phthalate sind nicht kovalent an den Kunststoff gebunden und können so in die Umgebung ausgasen und vom Menschen aufgenommen werden. Aufgrund dieser Tatsache verabschiedete die Komission der Europäischen Gemeinschaften am 7. Dezember 1999 eine Notfallverordnung, die schließlich am 5. Juli 2005 in einer Richtlinie des Europäischen Parlaments gipfelte und eine Verwendung dieser Substanzen in Kinderspielzeug untersagt. Die toxische Wirkung von MEHP auf Gonaden und Leber ist am besten untersucht. Über die Wirkung von MEHP auf den Respirationstrakt ist bisher wenig bekannt. In dieser Arbeit wurde in vivo und in vitro die Wirkung von MEHP auf Zellen des Respirationstraktes untersucht. Die Wirkung des Weichmachers MEHP auf die Atemwege wurde im Mausmodell durch eine Aerosolexposition ausgelöst. In anschließenden plethysmographischen Messungen wurde die Entwicklung einer Atemwegshyperreagibilität nachgewiesen. Die Atemwegshyperreagibilität war mit einer signifikanten Veränderung des zellulären Lungeninfiltrates verbunden. Die ausgewaschenen Zellen bestanden dabei ausschließlich aus Makrophagen, weshalb Makrophagen im Fokus der weiteren Untersuchungen standen. Im nächsten Schritt wurde eine murine, makrophagenänliche Zelllinie mit MEHP stimuliert und anschließend eine Transkriptomuntersuchung mittels DNA-Mikroarrays durchgeführt. Es zeigte sich, dass die Exposition mit MEHP bei einer Vielzahl von Genen Einfluss auf die Regulation der Genexpression nimmt. Neben vielen Genen, die eine Rolle im Rahmen der Translation und Transkription spielen, zeigte sich ebenfalls eine Regulation verschiedener Stoffwechselgene und Genen, die Einfluss auf die Regulation und Steuerung der Immunantwort nehmen. So wurden beispielsweise eine signifikante Up-Regulation der Genexpression des Adipose differentiation related Protein (ADRP) und eine Downregulation der Genexpression des Chemokinrezeptors 4 (CXCR4) nachgewiesen, die sich auch in einer anschließenden quantitativen Analyse mittels Real time PCR als valide erwiesen. Für die In-vitro-Stimulationsversuche zur Transkriptomuntersuchung wurde in einem Versuchsansatz - dem aktuellen Goldstandard folgend - MEHP in Dimethylsulfoxid (DMSO) gelöst und in einem weiteren Versuchsansatz auf den Einsatz von DMSO verzichtet. Ein Vergleich der Ergebnisse beider Transkriptomuntersuchungen zeigte, dass in DMSO gelöstes MEHP zu einer stärkeren Regulation der Genexpression vieler Gene führt als reines MEHP. In Zukunft muss also der Einsatz von DMSO als Lösungsmittel in der Phthalatforschung kritisch bewertet werden, um eine Verfälschung der Ergebnisse durch eine Veränderung des Genexpressionsverhaltens in der Zellkultur zu vermeiden. Eine Hauptwirkung der Phthalate, die bereits in vielen Arbeiten vor allem für Endothelzellen und Hepatozyten untersucht wurde, ist die Funktion als Ligand der Peroxisome Proliferator-Activated Rezeptoren (PPAR), über die auch MEHP in eine Vielzahl von Stoffwechselprozessen und zellulären Regulationsmechanismen eingreift. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass im Zellversuch auch in murinen Makrophagen eine Exposition mit MEHP zu einer Up-Regulation der PPAR-Isoform PPARγ führt. Für PPARδ zeigte sich im Tierversuch sowohl in Alveolarmakrophagen als auch im Lungenparenchym eine signifikante Up-Regulation der Genexpression. Die Konzentration an PPARα war in den verwendeten murinen Makrophagen für eine valide Genexpressionsanalyse zu gering. Es bleibt festzuhalten, dass auch in murinen Makrophagen die PPARs eine entscheidende Rolle in der Vermittlung der toxischen Wirkung nach Exposition mit MEHP zu spielen scheinen. In einem weiteren Schritt wurde in Kenntnis der in vitro gewonnenen Daten zu Änderungen der Genexpression nach Stimulation mit MEHP eine Genexpressionsanalyse der Zellen der bronchoalveolären Lavage der im Tierversuch verwendeten Tiere mittels Real time PCR durchgeführt. Die in vitro gewonnen Erkenntnisse ließen sich nur zum Teil in den Alveolarmakrophagen nachvollziehen. Aber gerade einer deutlichen Up-Regulation des ADRP, die sich auch in den Alveolarmakrophagen zeigte, scheint eine zentrale Rolle bei der Vermittlung verschiedener Regulationsmechanismen nach aerosoler Exposition mit MEHP zuzukommen. Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass der Weichmacher MEHP nach aerosoler Exposition zu morphologischen und molekularbiologischen Veränderungen im Respirationstrakt führt. Über den genauen Krankheitswert können bisher keine Aussagen getroffen werden. Die augenscheinlich sehr komplexen und vielschichtigen Prozesse und Mechanismen, die aus einer aerosolen MEHP-Exposition resultieren, sollten Anlass für weitere Untersuchungen sein.
Umfang:120 Seiten
DOI:10.17192/z2010.0007