Mutationsanalysen in BBS1 bei Patienten mit Bardet-Biedl-Syndrom

Das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) ist eine Multisystemerkrankung, deren Ursache in der Störung der Zilienfunktion und des intrazellulären Proteintransports entlang von Mikrotubulistrukturen zu finden ist. Die Kardinalsymptome sind postaxiale Polydaktylie, Retinitis pigmentosa, Adipositas, mentale Retar...

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Meyer, Julia
Beteiligte: Koch, Manuela C. (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2009
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Das Bardet-Biedl-Syndrom (BBS) ist eine Multisystemerkrankung, deren Ursache in der Störung der Zilienfunktion und des intrazellulären Proteintransports entlang von Mikrotubulistrukturen zu finden ist. Die Kardinalsymptome sind postaxiale Polydaktylie, Retinitis pigmentosa, Adipositas, mentale Retardierung, Hypogonadismus beim Mann und Nierenfehlbildungen. In Bezug auf die Ausprägung des Phänotyps existiert eine große inter- und intrafamiliäre Variabilität. Mit Hilfe von Kopplungsanalysen konnten bisher 12 BBS-Gene lokalisiert und charakterisiert werden (BBS1-12). An dieser Studie nahmen insgesamt 51 BBS-Patienten (39 Deutsche, 10 Türken und zwei Patienten anderer Herkunft) teil. Zur Erfassung der Ausprägung des BBS-Phänotyps wurde allen teilnehmenden Familien ein Fragebogen über die klinischen Symptome des BBS zugeschickt. Von 30 dieser 51 Patienten (59%) (20 ♂ und 10 ♀) konnten die Fragebögen hinsichtlich der Verteilung der Hauptsymptome und im Vergleich mit internationalen Daten aus der Literatur ausgewertet werden. Trotz der kleinen Fallzahl waren die Ergebnisse dieser Studie vergleichbar mit den Ergebnissen aus der Literatur. Wie durch andere Forschungsgruppen publiziert, sind die mit 80-90% am häufigsten auftretenden Hauptsymptome des BBS postaxiale Polydaktylie, Retinitis pigmentosa, Adipositas, mentale Retardierung und Hypogonadismus. Diese Ergebnisse konnten in dieser Studie trotz der kleinen Fallzahl bestätigt werden. Nierenfehlbildungen traten mit einer Häufigkeit von 30% im Vergleich zur Literatur eher selten auf. Das BBS1-Gen zählt zu den am häufigsten involvierten Genen beim BBS. Ein Grund dafür ist die mit einer Allelfrequenz von 14% auftretende Punktmutation p.M390R in Exon 12 des BBS1-Gens. Alle 51 Patienten dieser Studie wurden mit der Methode der Restriktionsspaltung mit AvaII auf das Vorhandensein der p.M390R-Mutation analysiert. Es konnte eine Allelfrequenz von 10% ermittelt werden. Dies entspricht den internationalen Daten. Da ca. 23% aller beim BBS bekannten Mutationen im BBS1-Gen gefunden wurden, erfolgte zusätzlich ein Mutationsscreening in acht der insgesamt 17 Exons des BBS1-Gens mit Hilfe der single-strand conformational analysis (SSCA). Zehn der 51 analysierten DNA-Proben (n=10) zeigten ein auffälliges Fragmentmuster bei der SSCA. Es erfolgte eine Sequenzanalyse dieser zehn DNA-Proben zusammen mit den Proben ihren Familienangehörigen. Insgesamt wurden acht verschiedene Sequenzvarianten [p.S80G (n=1), p.T91P (n=1), p.L126L (n=1), IVS5+31_32insC (n=1), p.M390R (n=6), C377_F378delfsX412 (n=1), p.A447T (n=1) und p.R440X (n=1)] bei 10 verschiedenen Patienten in BBS1 gefunden.Anhand von Beispielen zweier Familien (2025 und 2032) konnte der autosomal-rezessive, monogene Erbgang beim BBS dargestellt werden. Während Patient 2060 (Familie 2025) homozygoter Mutationsträger von p.M390R ist, ist Patient 2095 (Familie 2032) als einziger der Familie compound-heterozygoter Träger von zwei verschiedenen Mutationen in BBS1 (C377_F378delfsX412 und p.A447T). Der autosomal-rezessive Erbgang konnte besonders häufig bei Familien mit der p.M390R-Mutation in BBS1 beobachtet werden. Bei der Auswertung der Fragebogenstudie wurden auch vom BBS stark betroffene Patienten mit keiner nachweisbaren oder nur einer heterozygoten Mutation im BBS1-Gen gefunden. In diesen Fällen sind Mutationen in einem oder mehreren der BBS-Gene 2-12 und damit Abweichungen vom monogenen Erbgang beim BBS zu erwarten. Ein ausschließlich autosomal-rezessiver Erbgang beim BBS erscheint nur bei einigen Familien zutreffend. Wie am Beispiel dieser Studie (Familie 2033) dargestellt scheint auch eine digene Vererbung beim BBS möglich. Patientin 2087 (Familie 2033) ist als einzige der Familie am BBS erkrankt und heterozygote Trägerin von drei sicher pathologischen Mutationen in BBS1 und BBS6. Für den Nachweis einer oligogenen Vererbung beim BBS sind die Untersuchungen weiterer BBS-Gene und der Vergleich mit den Daten dieser und anderer Studien zu diesem Thema notwendig. Das Mutationsscreening in verschiedenen BBS-Genen wäre durch die DNA-Chip-Technologie möglich. Eine Routineuntersuchung auf die beiden häufigsten Mutationen, p.M390R in BBS1 und C91fsX95-Mutation in BBS10, kann den ratsuchenden Familien mit konventionellen Methoden angeboten werden.
Umfang:113 Seiten
DOI:10.17192/z2009.0395