Wechselwirkungen von SARS-Coronavirus mit zellulären Abwehrmechanismen

Das im Jahre 2003 erstmals isolierte SARS-Coronavirus (SARS-CoV) verursacht bei Menschen ein schweres akutes Atemwegssyndrom mit einer Mortalitätsrate von 10%. Im Rahmen dieser Arbeit wurde untersucht, ob SARS-CoV in zelluläre Abwehrmechanismen eingreift, was zu der für CoV einzigartigen Humanpat...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Krähling, Verena
Beteiligte: Bölker, Michael (Prof. Dr.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2008
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Das im Jahre 2003 erstmals isolierte SARS-Coronavirus (SARS-CoV) verursacht bei Menschen ein schweres akutes Atemwegssyndrom mit einer Mortalitätsrate von 10%. Im Rahmen dieser Arbeit wurde untersucht, ob SARS-CoV in zelluläre Abwehrmechanismen eingreift, was zu der für CoV einzigartigen Humanpathogenität beitragen könnte. Zu diesen Abwehrmechanismen zählen die Typ-I-Interferon (IFN)- Antwort sowie die Induktion von Apoptose. Die IFN-Antwort wird in SARS-CoVinfizierten Zellen nicht induziert, obwohl doppelsträngige (ds) RNA, bekannt als IFNInduktor, anwesend ist. Daher wurde vermutet, dass Proteine des SARS-CoV die Induktion von IFNs inhibieren. Zunächst wurden die Proteinprodukte aller offener Leserahmen (ORFs) des SARSCoV auf ihre Fähigkeit überprüft, die IFN-Antwort zu hemmen. In einem IFNsensitiven Reportergen-Assay konnte jedoch keines der Proteine als IFN-Antagonist identifiziert werden. Die Expression der viralen Proteine ORF 7a und ORF 7b führte sogar zur Induktion der IFN-Antwort sowie zur Induktion von Apoptose. Eine natürlich entstandene Deletionsmutante von ORF 7b induzierte dagegen weder die IFNAntwort noch Apoptose. Die Inhibition von ORF 7a und 7b führte im Falle eines ORF 7a-spezifischen Inhibitors zur Reduktion freigesetzter SARS-CoV-Partikel, was vermutlich auf eine unspezifische Bindung des Inhibitors an regulatorische Sequenzen im 5’-nicht translatierten Bereich des SARS-CoV-Genoms zurückzuführen ist. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass SARS-CoV in der späten Phase der Infektion Apoptose induziert. Nachgewiesen wurde die Spaltung der Caspasen 3 und 8 sowie die der poly-ADP-ribose-polymerase-1 (PARP). Die Infektion hatte jedoch keinen Einfluss auf die relativen Proteinmengen von Bcl2 und Bax. Ein wichtiges Bindeglied zwischen IFN-Antwort und Apoptose ist die antivirale Protein Kinase PKR. Sie wird durch Typ-I-IFNs induziert und phosphoryliert die a-Untereinheit des eukaryotischen Translationsinitiationsfaktor-2 (eIF2a), was zum Stopp der Translation in Zellen führen kann. Über diesen Weg, wie auch über direkte Interaktionen mit pro-apoptotischen Proteinen, ist PKR an der Induktion von Apoptose beteiligt. Weitere Kinasen, die eIF2a als Antwort auf virale Infektionen phosphorylieren, sind PERK und GCN2. Im Rahmen dieser Arbeit wurde festgestellt, dass die PKR in SARS-CoV-infizierten Zellen durch dsRNA aktiviert wird. Um die Konsequenzen dieser Aktivierung zu untersuchen, wurde die PKR-Expression in SARS-CoV-infizierten Zellen durchsynthetische DNA-Analoga, Peptid-gekoppelte Phosphorodiamidat-Morpholino- Oligomere (PPMO), die sich an die Ziel-mRNA anlagern, gehemmt. Der effizienteste Inhibitor exon-8 (ex-8) konnte die PKR-Expression um 98% reduzieren. Durch die Bindung von ex-8 an die PKR-mRNA werden Spleißstellen maskiert, was zum Entfernen von Exons aus der mRNA und damit zur Synthese trunkierter Proteine führt. Es konnte eindeutig gezeigt werden, dass die Inhibition der PKR durch PPMO ex-8 zu einer verminderten Induktion von Apoptose durch SARS-CoV führte. Die Phosphorylierung von eIF2a hingegen war in diesen Zellen nicht reduziert. Das lässt vermuten, dass SARS-CoV die PKR-vermittelte Apoptose nicht über eIF2a induziert. Überraschenderweise hatte die Inhibition der PKR und die daraus resultierende Reduktion der Apoptose keinen Einfluss auf die Vermehrung von SARS-CoV. Wurde die Inhibition von Apoptose in SARS-CoV-infizierten Zellen durch die Behandlung mit einem Caspase-Inhibitor gehemmt, so beeinflusste das die Virusreplikation ebenfalls nicht. Das heißt die Induktion von Apoptose ist für die effiziente Vermehrung des SARS-CoV nicht von Bedeutung. Weitergehende Analysen anderer eIF2a-phosphorylierender Kinasen ergaben, dass PERK, nicht jedoch GCN2 durch eine Infektion mit SARS-CoV induziert wurde. Die Vorbehandlung SARS-CoV-infizierter Zellen mit IFN b führte zur reduzierten Phosphorylierung von eIF2a und PERK, auch die Menge freigesetzter SARS-CoV war deutlich reduziert. Da die Phosphorylierungsmuster von eIF2a und PERK in SARS-CoV-infizierten Zellen übereinstimmten, und die Inhibition der PKR keinen Einfluss auf die Phosphorylierung von eIF2a hatte, wird vermutet, dass die Phosphorylierung von eIF2a in SARS-CoV-infizierten Zellen hauptsächlich durch PERK vermittelt wird. Die Phosphorylierung von eIF2a hatte keinen Einfluss auf die Vermehrung von SARS-CoV. Das Virus hat daher vermutlich Strategien entwickelt die inhibitorischen Effekte von eIF2a zu umgehen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Induktion der PKR sowie der Apoptose durch SARS-CoV keinen Einfluss auf die Vermehrung des Virus hat. Ob die Aktivierung von PERK und die Phosphorylierung von eIF2a von Vorteil für SARSCoV sind, könnte Gegenstand weiterer Untersuchungen sein.
Umfang:159 Seiten
DOI:10.17192/z2008.0494