Stickstoffinduzierte Bandbildung in den metastabilen Halbleitersystemen Ga(N,As) und (Ga,In)(N,As)
Grüning, Heiko
In der vorliegenden Arbeit wurden grundlegende physikalische Eigenschaften der metastabilen Halbleitersysteme Ga(N,As) und (Ga,In)(N,As) vorgestellt. Es werden die großen Veränderungen der optischen Eigenschaften durch den Einbau von Stickstoff beschrieben. Durch den großen Unterschied in Elektronegativität und Größe wirkt der Einbau des Stickstoffatoms an der Stelle des Arsenatoms als große Störung in diesem Materialsystem. In einkristallinen Ga(N,As) Schichten existieren stickstoffartige, lokalisierte Zustände bis zu einer Stickstoffkonzentration von fast xN=1%, wobei die stickstoffinduzierte Rotverschiebung der Bandlücke des GaNxAs1-x Mischkristalls bei sehr kleinen Konzentrationen einsetzt. Schon für xN=0.043% ist eine deutliche Rotverschiebung der Bandlücke zu beobachten. Ein neues stickstoffinduziertes Band wurde für xN=0.21% gefunden, welches mit Erhöhung von xN zu höheren Energien verschiebt. Die Rotverschiebung der Bandlücke und die Blauverschiebung des neuen stickstoffinduzierten Bandes kann qualitativ durch eine Bandabstoßung zwischen der ungestörten Bandkante des stickstofffreien Materials und dem lokalisierten isoelektronischen Störstellenzustand, welcher etwa 200meV oberhalb der Leitungsbandkante liegt, beschrieben werden.
Bei dem quaternären Halbleitermaterialsystem (Ga,In)(N,As) gibt es einen großen Zusammenhang zwischen der globalen Bandstruktur und der lokalen Umgebung der isoelektronischen Störstelle. Die Umgebung des N-Atoms kann z.B. durch nachträgliches Hydrogenieren verändert werden. Bei der Hydrogenierung geht das H-Atom fast ausschließlich Bindungen mit dem N-Atom ein, und es werden unterschiedliche N-Hn Komplexe gebildet. Die Bildung dieser N-Hn Komplexe kompensiert den Größenunterschied zwischen dem As- und dem N-Atom und sättigt die Elektronenbindungen des N-Atoms ab. Es wird also die große Störung des Kristallgitters durch den Einbau der isoelektronischen Störstelle verringert oder komplett aufgehoben. Die Folge daraus ist, dass die beobachtete elektronische Bandstruktur des vollständig hydrogenierten GaNxAs1-x gleich der von stickstofffreiem GaAs ist. Bei dem nachträglichen Ausheizen von Ga1-yInyNxAs1-x sind die Veränderungen der elektronischen Bandstruktur ähnlich. Bei kontrollierten Ausheizbedingungen ist es möglich, eine Umordnung der lokalen Stickstoffumgebung hervorzurufen. So kann das Stickstoffatom von einer galliumreicheren Umgebung, zu einer indiumreicheren Umgebung umgesetzt werden. Jede Konfiguration der nächsten-Nachbar-Umgebung des N-Atoms besitzt eine unterschiedliche Bandlückenenergie, was mittels Modulationsspektroskopie aufgelöst und somit nachgewiesen werden konnte.
Unter der Annahme, dass eine theoretische Beschreibung der elektronischen Bandstruktur des quaternären Ga1-yInyNxAs1-x Materialsystems mit Hilfe von einem k·P Modell möglich ist, stehen im dritten Ergebnisteil der Arbeit die elektronischen Zustände von GaNxAs1-x/GaAs Quantenschichtstrukturen und deren theoretische Beschreibung im Mittelpunkt. Alleine mit dem einfachen Bandabstoßungsmodell kann eine große Anzahl von experimentell gefundenen Bandstrukturveränderungen durch den Einbau von Stickstoff beschrieben werden. Diese stickstoffinduzierten Veränderungen sind in den Quantenschichtstrukturen die Nicht-Parabolizität der Leitungsbanddispersion und die starke Abhängigkeit der effektiven Elektronenmasse von der Stickstoffkonzentration. Durch die Kombination mit dem Bandabstoßungsmodell wurde hier das für herkömmliche III-V Mischkristalle existierende 8-Band k·P Modell um zwei zusätzliche Spin-entartete, stickstoffartige Zustände erweitert. Es wurde durch den Vergleich der Ergebnisse dieses 10-Band k·P Modells mit experimentellen Daten für Interbandübergänge von verschiedenen GaNxAs1-x/GaAs Quantenschichtstrukturen ein Satz Materialparameter gewonnen. Dieser Parametersatz liefert in Verbindung mit dem k·P Modell eine gute Beschreibung der elektronischen Zustände von GaNxAs1-x /GaAs Quantenschichtstrukturen mit einer Stickstoffkonzentration 1% [ xN [ 4% und einer Quantenschichtbreite zwischen 2nm und 20nm.
Das letzte Ergebniskapitel handelte von Ga0.77In0.23As/GaNxAs1-x und Ga0.70In0.30N0.005As0.995/GaNxAs1-x Quantenschichtstrukturen. Es wurde hier die stickstoffinduzierte Rotverschiebung gezielt genutzt, um das Leitungsband der Barriere unter das von der Quantenschicht zu schieben und so die Confinementsituation für die Elektronen entscheidend zu verändern. Es ist sogar möglich einen Bandanordnungswechsel von einer Typ I zu einer Typ II Banddiskontinuität hervorzurufen. So wurde für die Ga0.77In0.23As/GaNxAs1-x und die Ga0.70In0.30N0.005As0.995/GaNxAs1-x Quantenschichtstrukturserien ein Übergang von einer Typ I zu einer Typ II Banddiskontinuität bei einer Stickstoffkonzentration von xN=1% bzw. 3% gefunden. Eine genauere Beschreibung der gefundenen Quantenschichtübergänge mit Hilfe des 10-Band k·P Modells kann wertvolle Informationen über die Banddiskontinuitäten liefern.
Philipps-Universität Marburg
Physics
urn:nbn:de:hebis:04-z2004-06373
opus:962
https://doi.org/10.17192/z2004.0637
Publikationsserver der Universitätsbibliothek Marburg
Universitätsbibliothek Marburg
Nitrogen induced bandformation in the metastable semiconductorsystems Ga(N,As) and (Ga,In)(N,As)
GaInNAs
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Quantum wells
Stickstoffinduzierte Bandbildung in den metastabilen Halbleitersystemen Ga(N,As) und (Ga,In)(N,As)
This Work is giving an overview of recent developments in the field of metastable III-V semiconductors where a fraction of the anions of the host is replaced by an isoelectronic impurity. The large differences in size and electronegativity between the isoelectronic impurity and the host anions are responsible for the dramatic band-structure changes observed already at very low concentrations of the isoelectronic impurity. The first part of the work dealt with the electronic band structure of bulk GaNxAs1-x. The band formation from the very dilute N-regime (i.e. doping levels) to N-contents of several percent was discussed. The intriguing coexistence between N-localized states and the extended band states of the host is addressed. The N-related localized states persist up to N-concentrations of almost a percent whereas the N-induced shift of the band gap of the GaNxAs1-x alloy sets in at much lower N-contents. A new N-induced band is detected for x=0.21% which shifts to higher energies with increasing x. All the higher conduction bands are almost unaffected by the N-incorporation and the corresponding transitions are to a first approximation the same as in GaAs, but considerably broadened. The red shift of the alloy band-gap and the blue shift of the new N-induced band can be qualitatively described as a level repulsion between the unperturbed band edge of the host state (e.g. GaAs) and the localized isoelectronic impurity level (e.g. N) within the conduction band.
The strong correlation between the local environment of the isoelectronic impurity and the global band structure was explored further in the second part of the work. The change of the band structure of GaNxAs1-x due to hydrogenation as well as the band structure changes of quaternary Ga1-yInyNxAs1-x due to thermal annealing were discussed. In the former case, hydrogen almost solely binds to nitrogen forming various N-Hn complexes whereas the host atoms are not affected by the hydrogenation. The complex formation compensates the size difference between N and As and satisfies the desire of N for electrons, thus basically diminishes the perturbation of the host lattice by the N-atom. Consequently the observed electronic band structure of fully hydrogenated GaNxAs1-x resembles again that of GaAs i.e. the E+ has disappeared and the E- band shifts back to the energy of the GaAs band gap. In the case of thermal annealing of Ga1-yInyNxAs1-x, the situation is similar. At moderate annealing conditions, it is possible to cause a rearrangement of the local N-environment from Ga-rich environments to In-rich environments by hopping of N via As-vacancies. In In-rich environments the local perturbation of the lattice due to N is reduced compared to Ga-rich environments because In-atoms are larger than Ga-atoms and the In-N bond is weaker than the Ga-N bond. Under these conditions, this reduction of the perturbation is again manifested in a blue shift of the Ga1-yInyNxAs1-x band gap towards that of the Ga1-yInyAs host on annealing.
The main focus of the third part of this work lay on studies of the electronic states in GaNxAs1-x/GaAs heterostructures and suitable models for describing them. The band-anticrossing model in its simplicity accounts already for a large number of experimental observations in Ga(N,As) and (Ga,In)(N,As). In the context of QWs, these are in particular the strong nonparabolicity of the conduction-band dispersion and the strong dependence of the electron effective mass on N-content. Therefore, it suggests itself to modify existing k·P-models for describing the electronic states of conventional III-V containing QW structures by combining them with the band-anticrossing model. So the existing 8 band k·P-model was extended by including two additional spin degenerate N-related states which couple directly to the G6 conduction-band states. By comparison of the model with experimental data for interband transitions of various Ga(N,As)/GaAs QWs a set of material parameters was derived. This parameter set, in conjunction with the model, allows a prediction of the electronic states of any GaNxAs1-x/GaAs with 1%[x[4% and well width between 2 and 20nm. We also developed an analytical model for describing the conduction-band states of Ga(N,As)/GaAs QWs. This analytical model was tested against the 10 band k·P-model and yields very good agreement.
In the last chapter of the work, we used the N-induced redshift of the bandgap to alter the conduction band structure and to change the electron confinement in Ga0.77In0.23As/GaNxAs1-x and Ga0.70In0.30N0.005As0.995/GaNxAs1-x MQWs. It is possible to change the bandalignment from type I to type II by increasing the N-content. In Ga0.77In0.23As/GaNxAs1-x and Ga0.70In0.30N0.005As0.995/GaNxAs1-x MQWs. we found such a type-transition at a N-content of about xN=1% and 3%. Further analysing of the data with the 10 band k·P-model should yield valuable information about the bandalignments in these structures.
Physics
Physik
Optische Spektroskopie
III-V semiconductors
Störstelle
In der vorliegenden Arbeit wurden grundlegende physikalische Eigenschaften der metastabilen Halbleitersysteme Ga(N,As) und (Ga,In)(N,As) vorgestellt. Es werden die großen Veränderungen der optischen Eigenschaften durch den Einbau von Stickstoff beschrieben. Durch den großen Unterschied in Elektronegativität und Größe wirkt der Einbau des Stickstoffatoms an der Stelle des Arsenatoms als große Störung in diesem Materialsystem. In einkristallinen Ga(N,As) Schichten existieren stickstoffartige, lokalisierte Zustände bis zu einer Stickstoffkonzentration von fast xN=1%, wobei die stickstoffinduzierte Rotverschiebung der Bandlücke des GaNxAs1-x Mischkristalls bei sehr kleinen Konzentrationen einsetzt. Schon für xN=0.043% ist eine deutliche Rotverschiebung der Bandlücke zu beobachten. Ein neues stickstoffinduziertes Band wurde für xN=0.21% gefunden, welches mit Erhöhung von xN zu höheren Energien verschiebt. Die Rotverschiebung der Bandlücke und die Blauverschiebung des neuen stickstoffinduzierten Bandes kann qualitativ durch eine Bandabstoßung zwischen der ungestörten Bandkante des stickstofffreien Materials und dem lokalisierten isoelektronischen Störstellenzustand, welcher etwa 200meV oberhalb der Leitungsbandkante liegt, beschrieben werden.
Bei dem quaternären Halbleitermaterialsystem (Ga,In)(N,As) gibt es einen großen Zusammenhang zwischen der globalen Bandstruktur und der lokalen Umgebung der isoelektronischen Störstelle. Die Umgebung des N-Atoms kann z.B. durch nachträgliches Hydrogenieren verändert werden. Bei der Hydrogenierung geht das H-Atom fast ausschließlich Bindungen mit dem N-Atom ein, und es werden unterschiedliche N-Hn Komplexe gebildet. Die Bildung dieser N-Hn Komplexe kompensiert den Größenunterschied zwischen dem As- und dem N-Atom und sättigt die Elektronenbindungen des N-Atoms ab. Es wird also die große Störung des Kristallgitters durch den Einbau der isoelektronischen Störstelle verringert oder komplett aufgehoben. Die Folge daraus ist, dass die beobachtete elektronische Bandstruktur des vollständig hydrogenierten GaNxAs1-x gleich der von stickstofffreiem GaAs ist. Bei dem nachträglichen Ausheizen von Ga1-yInyNxAs1-x sind die Veränderungen der elektronischen Bandstruktur ähnlich. Bei kontrollierten Ausheizbedingungen ist es möglich, eine Umordnung der lokalen Stickstoffumgebung hervorzurufen. So kann das Stickstoffatom von einer galliumreicheren Umgebung, zu einer indiumreicheren Umgebung umgesetzt werden. Jede Konfiguration der nächsten-Nachbar-Umgebung des N-Atoms besitzt eine unterschiedliche Bandlückenenergie, was mittels Modulationsspektroskopie aufgelöst und somit nachgewiesen werden konnte.
Unter der Annahme, dass eine theoretische Beschreibung der elektronischen Bandstruktur des quaternären Ga1-yInyNxAs1-x Materialsystems mit Hilfe von einem k·P Modell möglich ist, stehen im dritten Ergebnisteil der Arbeit die elektronischen Zustände von GaNxAs1-x/GaAs Quantenschichtstrukturen und deren theoretische Beschreibung im Mittelpunkt. Alleine mit dem einfachen Bandabstoßungsmodell kann eine große Anzahl von experimentell gefundenen Bandstrukturveränderungen durch den Einbau von Stickstoff beschrieben werden. Diese stickstoffinduzierten Veränderungen sind in den Quantenschichtstrukturen die Nicht-Parabolizität der Leitungsbanddispersion und die starke Abhängigkeit der effektiven Elektronenmasse von der Stickstoffkonzentration. Durch die Kombination mit dem Bandabstoßungsmodell wurde hier das für herkömmliche III-V Mischkristalle existierende 8-Band k·P Modell um zwei zusätzliche Spin-entartete, stickstoffartige Zustände erweitert. Es wurde durch den Vergleich der Ergebnisse dieses 10-Band k·P Modells mit experimentellen Daten für Interbandübergänge von verschiedenen GaNxAs1-x/GaAs Quantenschichtstrukturen ein Satz Materialparameter gewonnen. Dieser Parametersatz liefert in Verbindung mit dem k·P Modell eine gute Beschreibung der elektronischen Zustände von GaNxAs1-x /GaAs Quantenschichtstrukturen mit einer Stickstoffkonzentration 1% [ xN [ 4% und einer Quantenschichtbreite zwischen 2nm und 20nm.
Das letzte Ergebniskapitel handelte von Ga0.77In0.23As/GaNxAs1-x und Ga0.70In0.30N0.005As0.995/GaNxAs1-x Quantenschichtstrukturen. Es wurde hier die stickstoffinduzierte Rotverschiebung gezielt genutzt, um das Leitungsband der Barriere unter das von der Quantenschicht zu schieben und so die Confinementsituation für die Elektronen entscheidend zu verändern. Es ist sogar möglich einen Bandanordnungswechsel von einer Typ I zu einer Typ II Banddiskontinuität hervorzurufen. So wurde für die Ga0.77In0.23As/GaNxAs1-x und die Ga0.70In0.30N0.005As0.995/GaNxAs1-x Quantenschichtstrukturserien ein Übergang von einer Typ I zu einer Typ II Banddiskontinuität bei einer Stickstoffkonzentration von xN=1% bzw. 3% gefunden. Eine genauere Beschreibung der gefundenen Quantenschichtübergänge mit Hilfe des 10-Band k·P Modells kann wertvolle Informationen über die Banddiskontinuitäten liefern.
Philipps-Universität Marburg
GaNAs
Quantum wells
2004-12-14
2011-08-10
Galliumarsenid-Bauelement
2004-10-13
Semiconductors
ths
Prof. Dr.
Heimbrodt
Wolfram
Heimbrodt, Wolfram (Prof. Dr.)
Physik
Bandbildung
monograph
Halbleiterphysik
Fachbereich Physik
Bandformation
urn:nbn:de:hebis:04-z2004-06373
application/pdf
German
opus:962
Stickstoff
GaInNAs
GaNAs
2004
Grüning, Heiko
Grüning
Heiko
doctoralThesis
https://doi.org/10.17192/z2004.0637
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