Sphaeroidkörper der Diatomee Rhopalodia gibba – Obligate Endosymbionten zur molekularen Stickstofffixierung

Die Diatomee Rhopalodia gibba enthält - neben den typischen Organellen von Heterokontophyten, Mitochondrien und einer kompexen Plastide – ungewöhnliche Einschlüsse, welche als Sphaeroidkörper bezeichnet werden. Morphologische Untersuchungen führten zur Vermutung, dass es sich bei diesen Sphaeroidkör...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Kneip, Christoph
Beteiligte: Maier, Uwe-G. (Prof.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2004
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Die Diatomee Rhopalodia gibba enthält - neben den typischen Organellen von Heterokontophyten, Mitochondrien und einer kompexen Plastide – ungewöhnliche Einschlüsse, welche als Sphaeroidkörper bezeichnet werden. Morphologische Untersuchungen führten zur Vermutung, dass es sich bei diesen Sphaeroidkörpern um Endosymbionten bakterieller Herkunft handeln könnte. Des Weiteren wurde ein Zusammenhang zwischen den Einschlusskörpern und der bei R. gibba beobachteten Fähigkeit zur Fixierung von molekularem Stickstoff diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit sollten die Sphaeroidkörper von R. gibba näher charakterisiert und ihre Funktion innerhalb der Diatomee aufgeklärt werden. Hierzu wurden intakte Sphaeroidkörper aus Diatomeenzellen isoliert und aufgereinigt. Aus diesen Fraktionen konnte DNA präpariert und mittels molekularbiologischer sowie histologischer Analysen den Sphaeroidkörpern zugeordnet werden. Die Identifizierung eines Sphaeroidkörper-Genoms konnte damit die organismische Herkunft der Einschlusskörper und deren endosymbiontische Natur bestätigen. Durch phylogenetische Untersuchungen von Sphaeroidkörper-spezifischen Genen wurde das einzellige, diazotrophe Cyanobakterium Cyanothece sp. ATCC 51142 als nächster freilebender Verwandter der Sphaeroidkörper bestimmt. Durch molekularbiologische Analysen im Rahmen eines Genom-Sequenzierprojekts wurde gezeigt, dass die cyanobakteriellen Endosymbionten von R. gibba alle Strukturgene der Nitrogenase sowie andere Gene für Faktoren der molekularen Stickstofffixierung kodieren. Die Nitrogenase konnte des Weiteren auf Proteinebene durch in-situ Lokalisation an Diatomeenzellen innerhalb der Sphaeroidkörper nachgewiesen werden. Ein Sequenzierprojekt vergleichbarer Sequenzen sowohl der Sphaeroidkörper-DNA als auch von Cyanothece sp. diente dazu, genetische Modifikationen der Endosymbionten zu identifizieren. In diesem Zusammenhang wurden von beiden Organismen über 50 kbp des Genoms sequenziert und analysiert. Die Untersuchungen ergaben, dass das Sphaeroidkörper-Genom zahlreiche Modifikationen aufweist, welche mit der endosymbiontischen Lebensweise einhergehen. Hierzu gehörte vor allem eine reduzierende Evolution des Genoms, die sich durch Mutation, Modifikation sowie Deletion von Genen sowie der Ausbildung großer, nicht-kodierender A/T-reicher DNA-Regionen (NC-Regionen) auszeichnet. Derartige genomische Modifikationen ließen sich zum Teil auf physiologische Veränderungen der endosymbiontischen Bakterien übertragen. Diese Veränderungen – wie der Verlust der photosynthetischen Aktivität – resultieren unter anderem in einer obligaten Abhängigkeit der Endosymbionten von der Wirtszelle. Die Analysen zeigten weiterhin, dass nicht alle Regionen des Sphaeroidkörper-Genoms gleich stark von genetischen Degenerationsprozessen betroffen sind und das Ausmaß der Veränderungen auf ein frühes Stadium der obligat-symbiontischen Interaktion hindeutet. Im Rahmen dieser Arbeit konnte damit gezeigt werden, dass es sich bei den Sphaeroidkörpern von R. gibba um obligate Endosymbionten cyanobakterieller Herkunft handelt, welche innerhalb der Wirtszelle molekularen Stickstoff fixieren. Damit wäre die Sphaeroidkörper-Rhopalodia-Assoziation die erste beschriebene obligate Symbiose zur Stickstofffixierung zwischen einem Bakterium und einem eukaryoten Organismus überhaupt. Die Analyse des Sphaeroidkörper-Genoms sowie die identifizierten genetischen Modifikationen geben einen Einblick in die Genomevolution bakterieller intrazellulärer Symbionten. Dabei konnten mit den NC-Regionen Sequenzbereiche beschrieben werden, welche Hinweise auf genomische Veränderungen in den frühen Stadien symbiontischer Interaktion geben könnten. Die Sphaeroidkörper könnten somit sowohl als Modell für die Evolution bakterieller Endosymbionten als auch für die Etablierung Nitrogenase-abhängiger Stickstofffixierung in eukaryoten Zellen dienen.
DOI:10.17192/z2004.0632