Biologie der Interaktion zwischen Koleopteren und agaricoiden Basidiomyzeten

In dieser Studie werden Interaktionssysteme zwischen Koleopteren und den Basidiomen agaricoider Pilze anhand von Freilanduntersuchungen und Laborexperimenten analysiert. Um innerhalb dieser Assoziationen die Mechanismen und kologische Zusammenhngen zu studieren, werden von Seiten der Pilze die Basid...

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1. Verfasser: Henneberg, Lorenz
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2003
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Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In dieser Studie werden Interaktionssysteme zwischen Koleopteren und den Basidiomen agaricoider Pilze anhand von Freilanduntersuchungen und Laborexperimenten analysiert. Um innerhalb dieser Assoziationen die Mechanismen und kologische Zusammenhngen zu studieren, werden von Seiten der Pilze die Basidiome von Megacollybia platyphylla und Marasmius alliaceus als Modellsysteme herangezogen. Die Freilanduntersuchungen erfolgten in drei aufeinanderfolgenden Jahren im Bundesland Hessen in den Naturwaldreservaten Niddahnge bei Rudingshain und Schnbuche bei Neuhof und in dem Wirtschaftswald Lahnberge bei Marburg. Basidiome agaricoider Pilze gelten gemeinhin aufgrund ihrer Kurzlebigkeit, Vernderlichkeit und der zeitlichen und rumlichen Diskontinuitt ihrer Fruchtkrperprsenz als auergewhnlich instabile Mikrohabitate. Fr die Ausbildung einer spezialisierten und spezifischen Assoziation mit Insekten erscheinen sie daher kaum prdestiniert. Der in dieser Studie aufgezeigte Fruktifikationstypus von Megacollybia, dem auch Marasmius alliaceus zuzuordnen ist, kennzeichnet sich in seiner Fruchtkrperprsenz jedoch durch ein breit aufgefchertes Raum-Zeit-Muster. Aufgrund dieses Fruktifikationstypus erhht sich die Basidiomverfgbarkeit und somit die Eignung dieser Arten als Habitatressourcen fr Insekten. Insbesondere die mykophagen Kferarten Gyrophaena joyioides und G. gentilis zeigen durch hohe Dominanzen und konstantes Auftreten an den unter Zufallsbedingungen aufgesammelten Megacollybia platyphylla- und Marasmius alliaceus-Basidiomen eine auffallende Spezifitt zu den Basidiomen dieser Pilzarten. Der Lebenszyklus der beiden Kferarten an den agaricoiden Pilzfruchtkrpern wird eingehend dokumentiert. Die Basidiome dienen diesen Kferarten als Aggregationszentrum, Paarungsort, Nahrungsquelle, zur Oviposition und als Refugium fr die Larvenstadien. Fr G. joyioides und G. gentilis sind artdifferenzierte Strategien der Brutfrsorge und eine rasche Embryonal- und Larvalentwicklung nachzuweisen. Ergebnisse aus Laborversuchen legen eine Unterscheidung zwischen einem Ansiedlungs- und einem Besiedlungsfenster fr die Kfer an Basidiomen unterschiedlicher Entwicklungszustnde nahe. Auf der Basis der Gyrophaena- Besiedlungsdaten und des Megacollybia platyphylla-Fruktifikationstypus entstand ein Metapopulationskonzept, das die Besiedlungsdynamik zwischen Pilzkfern und Basidiomen bei der Besetzung der Mikrohabitate modelliert. Die dargelegten Anpassungsmechanismen und Konzepte werden als elementare konstitutive Bausteine angesehen, um eine effektive und kontinuierliche Habitatbesiedlung der Kfer an den agaricoiden Basidiomen zu ermglichen und somit das Artberleben der Kfer in der instabilen Habitatnische der agaricoiden Basidiome zu sichern. Die homoznen Gyrophaena-Arten gewinnen offenkundig aus der Besiedlung der Basidiome von Megacollybia platyphylla und Marasmius alliaceus einen Vorteil. Durch Fra an Basidien und Basidiosporen, den Reproduktionseinheiten der Pilze, ben sie einen negativen Druck auf die Pilze aus. Zur eingehenden kologischen Charakterisierung der analysierten Assoziation wird einer rckgewandten Beziehung vom Pilz zum Insekt anhand der Frage, ob die basidiombesiedelnden Insekten zur Basidiosporenausbreitung beitragen,nachgegangen. Bei den in dieser Analyse herangezogenen Vergleichspilzarten Armillaria mellea agg., Pholiota aurivella und Pholiota squarrosa, die aufgrund ihrer Insektenbesiedlungsstruktur als unspezifische Insekten-Pilz-Assoziationen eingestuft sind, ist ein hohes Potential zur Basidiosporenausbreitung durch die basidiombesiedelnden Insekten nachzuweisen. Neben Basidiosporen werden auch ubiquitr verbreitete Pilzarten, Saprobionten und Pathogene holziger Pflanzen, entomopathoge Pilze und insbesondere mykotrophe fruchtkrperbesiedelnde Pilzarten verfrachtet. Die Sporenausbreitung kann sowohl exozoisch als auch endozoisch erfolgen und stellt im Vergleich zu der ungerichteten, dispers streuenden Windverbreitung ein hochwirksames Ausbreitungssystem dar. In den spezifischen Kfer-Pilz-Assoziationen zwischen Gyrophaena und den Basidiomen von Megacollybia platyphylla beziehungsweise Marasmius alliaceus wurde keine insektenvektorielle Ausbreitung der Basidiosporen nachgewiesen. Bedingt durch den pilzschdigenden Basidiosporenfra und einen erhhten Befallsdruck mit mykoparasitischen Pilzen gewinnen die Gyrophaenae aus der Interaktion offensichtlich einen einseitigen Vorteil, so da die spezifischen Gyrophaena-Megacollybia platyphlla/Marasmius alliaceus- Assoziationen als von den Pilzkfern gefhrte Ausbeutungssysteme einzustufen sind.
DOI:10.17192/z2004.0269