Ausbreitung terrestrischer Wirbelloser durch Fließgewässer

Fragmentation und Isolation werden als wichtigste Gründe für den Rückgang der Biodiversität in der heutigen Kulturlandschaft angesehen. Allerdings sind generelle Schlussfolgerungen zur Fragmentation, dem Individuenaustausch zwischen Populationen sowie zur Aussterbewahrscheinlichkeit...

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Main Author: Tenzer, Christiane
Contributors: Plachter, Harald (Prof.) (Thesis advisor)
Format: Doctoral Thesis
Language:German
Published: Philipps-Universität Marburg 2003
Subjects:
Online Access:PDF Full Text
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Description
Summary:Fragmentation und Isolation werden als wichtigste Gründe für den Rückgang der Biodiversität in der heutigen Kulturlandschaft angesehen. Allerdings sind generelle Schlussfolgerungen zur Fragmentation, dem Individuenaustausch zwischen Populationen sowie zur Aussterbewahrscheinlichkeit zu überprüfen, wenn sie ausschließlich Daten zur aktiven Ausbreitung bestimmter Taxa berücksichtigen. Ausbreitungsdistanzen bei passiver Verfrachtung durch Vektoren wie Flüsse können maximale aktive Ausbreitungsdistanzen terrestrischer Wirbelloser übertreffen, wie Freilanduntersuchungen an der Lahn bei Marburg (Hessen) und an der Elbe nahe Dessau (Sachsen-Anhalt) in den Jahren 2000 bis 2002 und Laborexperimente belegen. Markierte Arianta arbustorum (Gastropoda, Helicidae) wurden an der Lahn bis zu 2.1 km verfrachtet. An der Elbe überwand Helix pomatia Entfernungen von bis zu 19,8 km. Der in Laborversuchen ermittelten Schwimmdauer von Arianta arbustorum auf der Wasseroberfläche von bis zu 32 h (17,5°C Wassertemperatur) würde, bei einer Fließgeschwindigkeit von 1,2 m s-1, eine Transportdistanz von 173 km entsprechen. Die passive Ausbreitung durch Fließgewässer ist somit ein Schlüsselprozess für die Neu- und Wiederbesiedlung von Standorten, die durch eine hohe Habitatdynamik gekennzeichnet sind, wie Überschwemmungsgebiete und angrenzende Kulturlandschaften. Die nachweisbar hohen Individuenzahlen verfrachteter, lebender terrestrischer Wirbelloser bei Hochwasser unterstützen diese Hypothese. Am Rhein wurden an der Kühkopf-Knoblochsaue (bei Darmstadt) 4170 (SE +/-738) Individuen in 100 L Treibgut (Genist) nachgewiesen (Hochwasser, März 2001). An der Lahn wurden mit Hilfe einer Driftfalle 2191 (SE+/-279) Individuen pro 100 l Pflanzenmaterial erfasst. (Januar und Februar 2001). Die Wahrscheinlichkeit, dass ein verfrachtetes Individuum ein geeignetes Habitat erreicht, ist an Fließgewässern vergleichsweise hoch, da entlang des Gewässerverlaufs eine hohe Kontinuität ähnlicher ökologischer Standortbedingungen gegeben ist. Die untersuchte Art A. arbustorum ist zudem fähig, in räumlicher Nähe liegende, geeignete Habitate nach dem Anschwemmen aufzufinden.
DOI:10.17192/z2004.0242