Experimentelle Untersuchungen am magnetischen Hybridsystem (Ga,Mn)As/MnAs

Die heutige Halbleiterelektronik und Optoelektronik basiert auf elektrischen Strömen und Spannungen, wobei hauptsächlich die Ladungseigenschaft der Elektronen ausgenutzt wird. Elektronen besitzen aber auch noch eine weitere interessante Eigenschaft, und zwar den Spin. Die Idee, b...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
1. Verfasser: Hartmann, Thorsten
Beteiligte: Heimbrodt, Wolfram (Prof.) (BetreuerIn (Doktorarbeit))
Format: Dissertation
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2004
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
Beschreibung
Zusammenfassung:Die heutige Halbleiterelektronik und Optoelektronik basiert auf elektrischen Strömen und Spannungen, wobei hauptsächlich die Ladungseigenschaft der Elektronen ausgenutzt wird. Elektronen besitzen aber auch noch eine weitere interessante Eigenschaft, und zwar den Spin. Die Idee, beide Eigenschaften gleichzeitig in Bauelementen auszunutzen, ist der Grundgedanke eines neuen Forschungsgebiets innerhalb der Physik, der sog. Spinelektronik (auch einfach Spintronik genannt). Sie wird als eine der Schlüsseltechnologien der Zukunft angesehen, da man sich von ihr wesentlich schnellere und leistungsfähigere Bauelemente verspricht, die zudem noch größere Informationsdichten aufweisen und sparsamer mit der Energie umgehen. In ihr werden Elektronik, Optik und Magnetismus synergetisch miteinander verknüpft. Die neue Ära begann 1988 mit der Entdeckung des GMR-Effekts in metallischen Schichtsystemen (giant magnetoresistance) durch Baibich et al.. GMR ist die dramatische Änderung der Leitfähigkeit in alternierenden ferromagnetischen und nicht-magnetischen Schichten bei angelegtem Magnetfeld. Auf dem GMR-Effekt basierende Leseköpfe in Festplattenlaufwerken, die IBM 1997 ankündigte, sind zur Zeit die wichtigste Anwendung dieses Effekts. Durch sie wird die Speicherdichte um das 20-fache gesteigert. Eine der weiteren Anwendungen ist der magnetische Arbeitsspeicher MRAM (magnetic random access memory). Dies ist ein Permanentspeicher (non-volatile storage), der seine Information auch ohne Stromversorgung noch behält, d.h. das lästige "Hochfahren" von Computern würde in Zukunft der Vergangenheit angehören! Man könnte immer dort weiter arbeiten, wo man das letzte Mal aufgehört hat. Seine Vorteile liegen außerdem in einem reduzierten Energieverbrauch, 1000-fach schnellerer Schreibgeschwindigkeit im Vergleich zum EPROM (erasable programmable read-only memory) und bei einer um fünf Größenordnungen schnelleren Auslesegeschwindigkeit gegenüber Festplattenlaufwerken. Prototypen dieser MRAMs mit Kapazitäten in der Megabit-Region existieren bereits. Diese neuartigen Bauelemente funktionieren bisher auf Basis ferromagnetischer Metalle. Um sie mit bewährten Bauelementen direkt kombinieren zu können, ist man bestrebt, die Spintronik kompatibel zur bestehenden Halbleiter-(Opto-)Elektronik zu gestalten. Deswegen ist man auf der Suche nach ferromagnetischen Halbleitern. Im Rahmen der Spintronik sollte es möglich sein, Spins zu polarisieren, transportieren, injizieren, speichern, detektieren und manipulieren. Wie Michael Oestreich et al. anhand eines paramagnetischen (II,Mn)VI-Halbleiters gezeigt haben, sind verdünnte magnetische Halbleiter (VMH), bei denen ein Teil der Ionen durch magnetische Ionen ersetzt ist, aufgrund ihrer riesigen Zeemanaufspaltung besonders dazu geeignet, Elektronen mit einer hohen Spinpolarisation in Halbleiter zu injizieren. VMH sind also im Gegensatz zu ferromagnetischen Metallen, die bei der Injektion grundsätzlich nur eine geringe Spin-Polarisation erlauben, gute Spin-Ausrichter (Spin-Aligner). Allerdings funktioniert dies mit (II,Mn)VI-VMH nur bei sehr tiefen Temperaturen und hohen Magnetfeldern. Ferromagnetische Halbleiter könnten dort Abhilfe schaffen. GaAs ist neben Si das bedeutendste Halbleitermaterial. Durch Einbringen von magnetischen Mangan-Ionen ist es bereits gelungen, Curietemperaturen von bis zu 172 Kelvin zu erreichen. Für etwaige spätere Anwendungen sind allerdings Curietemperaturen oberhalb der Raumtemperatur wünschenswert, damit die Bauelemente ohne aufwendige Kühlung arbeiten könnten. Das im Rahmen dieser Arbeit untersuchte Hybridsystem, welches aus erstmals mittels metallorganischer Gasphasenepitaxie (MOVPE) hergestellten (Ga,Mn)As-Schichten mit eingebetteten ferromagnetischen MnAs-Clustern besteht, könnte sich als geeignet herausstellen. Einerseits liegt die Curietemperatur bei etwa 330 Kelvin und andererseits lassen sich die Schichten auf gängige Halbleiter wie GaAs aufwachsen. Mit AlAs können sie sogar überwachsen werden. Ein weiterer Vorteil dieses Hybridsystems liegt darin, dass es durch geeignete Dotierung n-leitend wird, was aufgrund der im Vergleich zur p-Leitung langsameren Spindephasierungszeiten ebenso wünschenswert ist. In der vorliegenden Arbeit werden in Kapitel 2 zunächst die grundlegenden Eigenschaften von (Ga,Mn)As und MnAs, sowie die untersuchten Proben vorgestellt. Kapitel 3 beschäftigt sich mit systematischen Winkel- und Temperatur-abhängigen ferromagnetischen Resonanzmessungen (FMR), die Auskunft über die magnetischen Eigenschaften der MnAs-Cluster geben. Magnetooptische Experimente an den Proben sowie ihre interessanten Ergebnisse werden in Kapitel 4 beschrieben. Dort wird u.a. gezeigt, dass das bedeutende Valenzband-Austauschintegral N0ß keine Materialkonstante ist, wie in vielen Beschreibungen des Magnetismus von (Ga,Mn)As angenommen wird, sondern sogar sein Vorzeichen ändern kann.
DOI:10.17192/z2003.0659