Zwischen Normalität, Scham und Tabu. Qualitative Interviews zur Bedeutung von Menstruation im Alltag.

„Periods are normal, showing them should be too“ dies ist der Slogan des Werbefilms „Blood normal“ (2017, 2:23min) des internationalen ‚Hygieneartikel‘-Herstellers Libresse, welcher viral diskutiert wurde. Der Grund dafür war das rote ‚Blut’, welches in dieser Werbung – anstelle von sonst üblicher b...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Online-Schriften aus der Marburger kulturwissenschaftlichen Forschung und Europäischen Ethnologie (Band 13)
1. Verfasser: Bauer, Lotte Vera
Beteiligte: Braun, Karl (Prof. Dr.)
Format: Masterarbeit
Sprache:Deutsch
Veröffentlicht: Philipps-Universität Marburg 2019
Schlagworte:
Online Zugang:PDF-Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:„Periods are normal, showing them should be too“ dies ist der Slogan des Werbefilms „Blood normal“ (2017, 2:23min) des internationalen ‚Hygieneartikel‘-Herstellers Libresse, welcher viral diskutiert wurde. Der Grund dafür war das rote ‚Blut’, welches in dieser Werbung – anstelle von sonst üblicher blauer Flüssigkeit – gezeigt wurde. In aktuellen (Sozialen-)Medien und erfolgreichen, populärwissenschaftlichen Büchern findet die Thematisierung der Menstruation verstärkt Anklang. Das Sprechen über die eigene Menstruation im Alltag hingegen gilt immer noch als wahrgenommenes Tabu. Konzepte und Vorstellungen von Normalität spielen in der Auseinandersetzung mit dem Thema Menstruation eine ebenso große Rolle. Sie konstruieren eine soziale Wirklichkeit, in der Menstruation etwas ‚Natürliches’ und somit 'Normales' darstellt. Gleichzeitig werden große Ambivalenzen im Umgang mit der Menstruation deutlich. Einerseits wird die Menstruation als Notwendigkeit betrachtet, als Zeichen für die weibliche Reproduktionsfähigkeit und für Gesundheit, andererseits ist sie eng mit kulturhistorischen- und negativen Zuschreibungen, wie Ekel, Scham und Schmerzen verknüpft. Diese Ambivalenzen konnten auch in der qualitativen Forschung dieserMasterarbeit mit dem Titel „Zwischen Normalität, Scham und Tabu. Qualitative Interviews zur Bedeutung von Menstruation im Alltag.“ herausgestellt werden. In diesem Kontext wurden dreizehn Personen – vier Frauen, drei Männer und drei Paare (zwei Hetero-Paare und ein Geschwisterpaar) – in zehn Interviews zu ihren Erfahrungen mit Menstruation befragt. In vielen Aussagen der Interviewten ließen sich implizite - den Befragten eher unbewusste - Tabuisierungen im Umgang mit der Menstruation erkennen. Diese äußerten sich dabei nicht nur im Sprechen bzw. Nicht-Sprechen über die Menstruation, denn nur im privaten und vertrauten Umfeld, mit engen Freundinnen oder der Familie, scheint ein Austausch möglich. Die Dynamik dieses Tabus wurde auch im Nicht-Erinnern, Nicht-Beschäftigen und Nicht-Wissen, im heimlichen Austausch oder Kauf von Tampons, in Umschreibungen des Themas, beziehungsweise des Wortes Menstruation sowie in Formen der Scham und Fremdscham deutlich. Viele peinliche und schambesetzte Erinnerungen handelten vom Sichtbar-Werden der eigenen Menstruation und äußerten sich als Fremdscham in imaginierten Situationen im Interview, beispielsweise wenn es darum ging, dass eine Frau einen sichtbaren Blutfleck auf ihrer Kleidung hat. Kontexte der Tabuisierung ließen sich sowohl in Erzählungen aus der Vergangenheit der Interviewpartner*innen, besonders in der Schule, im Schwimm- oder Sportunterricht und in Mutter-Kind-Interaktionen, als auch im aktuellen Alltagserleben sowie in der konkreten Interviewsituation, etwa durch Nervosität oder häufiges Lachen wiederfinden. Dass die Normalität der (eigenen, aber auch fremden) Menstruation erst durch jahrelanges ‚Üben’ hergestellt werden musste, war eine zentrale Erkenntnis der Analyse
Umfang:92 Seiten
ISBN:978-3-8185-0548-6
DOI:10.17192/es2020.0003