Beschlüsse des Ständigen Ausschusses für das Bibliothekswesen (StA IV) der Philipps-Universität Marburg

Beschluß vom 09.02.1984:

Erörterung über die geplante Neuregelung im Einfuhrumsatzsteuerrecht

Die von der Bundesrepublik Deutschland für 1984 vorgesehene Verordnung zur Einfuhr von wissenschaftlicher Literatur beendet die bisher faktisch steuerfreie Einfuhr. Während wissenschaftliche Instrumente und Apparate für öffentliche Einrichtungen weiterhin steuerfrei bleiben, soll die Einfuhr von Büchern und Zeitschriften ab 1.7.1984 besteuert werden.

Bücher und Zeitschriften sind die Voraussetzung für Lehren und Lernen, für Forschen und Arbeiten. Sie sind im besonderen Maß die "Instrumente der Wissenschaft". Die Neuregelung ist wissenschaftsfeindlich und informationshemmend. Sie verstößt gegen die auch von der Bundesrepublik unterzeichnete UNESCO-Erklärung vom 22.1.1950, in der es u.a. heißt: "Die unterzeichneten Staaten verpflichten sich, keinerlei Zollgebühren ... auf oder in Verband mit dem Import von Büchern, Verlagserzeugnissen ... zu erheben. Sie verstößt auch gegen ein derzeit laufendes Gesetzgebungsverfahren, in dem die Bestrebungen der UNESCO für die Bundesrepublik Deutschland verbindlich gemacht werden soll (vgl. Bundestagsdrucksache 10/554 v. 31.10.1983). Die Neuregelung bedeutet konkret eine erhebliche finanzielle Belastung der Bibliotheken. Allein die Universitätsbibliothek Marburg hat mit einer Mehrbelastung von ca. DM 45.000 pro Jahr und steigender Tendenz zu rechnen. Für die Fachbereiche muß man einen noch höheren Betrag erwarten. Hinzu kommt der Personalmehrbedarf oder aber eine Service-Verschlechterung im Bibliotheksbereich, falls keine Planstellen zusätzlich bewilligt werden können.

Der StA IV der Philipps-Universität Marburg bittet deshalb dringend den Hessischen Kultusminister darauf hinzuwirken, daß die geplante Neuregelung zurückgenommen wird. Die Richtlinien des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 28.3.1983 über das gemeinschaftliche System der Zollbefreiungen (Nr. 918/83), auf die sich die Neuregelung bezieht, sieht die Möglichkeit vor, Verlagserzeugnisse insgesamt von der Steuer zu befreien, wie dies z.B. in Großbritannien durchgesetzt wurde. Um so gerechtfertigter erscheint es angesichts der prekären Situation, in der Universität genutztes Schrifttum von dieser Neuregelung auszunehmen.