Heinz Stübig: "Local Management of Schools" - ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität von Schule? In: Die deutsche Schule, Jg. 90 (1998), S. 93-105. - Wieder: Marburg 1999: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1999/0003.html



Heinz Stübig

"Local Management of Schools" - ein Beitrag zur Verbesserung der Qualität von Schule?


Durch den 1988 verabschiedeten Education Reform Act (Bildungsreformgesetz) wurde die Schullandschaft in England und Wales, genauer der Pflichtbereich, tiefgreifend umgestaltet [Anm. 1]. Das betraf sowohl die Neubestimmung des Lehr- und Lernangebots im Rahmen des National Curriculum durch die verbindliche Einführung von drei Kernfächern (Mathematik, Englisch und Naturwissenschaften) und sieben Grundfächern (Geschichte, Geographie, Technologie, Musik, Kunst, Sport und eine moderne Fremdsprache) als auch Veränderungen der Beurteilungsmodalitäten [Anm. 2]. So müssen sich seit dieser Zeit alle Schüler und Schülerinnen in den sog. key stages (Schlüsselstufen), d.h. im Alter von 7, 11, 14 und 16 Jahren, landesweiten Tests in Englisch, Mathematik und den Naturwissenschaften unterziehen. Ferner gehört in diesen Zusammenhang auch die Umstrukturierung der Schulinspektionen, die bis dahin auf nationaler Ebene durch Her Majesty's Inspectors (Inspektoren Ihrer Majestät) und auf lokaler Ebene durch die Inspektoren der Local Education Authorities (LEAs) (örtliche Bildungsbehörden) durchgeführt wurden. Durch die Schaffung einer neuen Behörde, des Office for Standards in Education (Ofsted), wurde nicht nur der Umfang der Berichterstattung deutlich erweitert, sondern auch das Inspektionssystem insgesamt den Intentionen des neuen Gesetzes angepaßt (Schneider 1995).

Neben diesen Eingriffen in die Schul- und Verwaltungsstuktur bildet das "Local Management of Schools" (LMS), d.h. die Einführung der dezentralen Schulverwaltung, deren pädagogische und administrative Zielsetzungen im folgenden untersucht werden sollen, einen weiteren "Eckstein" der damaligen Gesetzgebung (Gifford 1988).

I.

Bis zum Ende der 80er Jahre waren die Local Education Authorities die eigentlichen Träger der Schuladministration innerhalb ihres Bezirks, d.h. sie entschieden über die Einstellung und Entlassung von Lehrkräften, bestimmten die Zusammensetzung der Kollegien und kamen für die Ausgaben für die Schulgebäude, einschließlich deren Reinigung, sowie für die allgemeinen Verwaltungskosten auf. Selbständig konnten die Schulen nur über die Mittel für die Arbeit im Klassenzimmer entscheiden - das waren etwa 5% des gesamten Budgets - sowie über diejenigen Gelder, die ihnen von den Eltern oder von anderer Seite gespendet wurden.

Durch die Einführung des Local Management of Schools wurde die Verantwortung der Schulen durch die Übertragung von Kompetenzen im Bereich der Finanzverwaltung deutlich gestärkt. Zum einen ging es dabei um eine Verlagerung der Verfügbarkeit der Finanzmittel von den LEAs auf die Schulen, zum anderen um eine Verbesserung der Qualität der in den Schulen vermittelten Bildung. Dazu hieß es in dem Circular (Rundschreiben) 7/88 des Department of Education and Science (Ministerium für Bildung und Wissenschaft), daß eine effektive dezentrale Verwaltung die aus Elternvertretern, Lehrkräften und Schulleiter zusammengesetzten governing bodies (Schulkuratorien) in die Lage versetzen werde, den Einsatz ihrer Ressourcen, insbesondere der Lehrer und Lehrerinnen, entsprechend den schulischen Bedürfnissen und den von der Schule festgelegten Prioritäten zu bestimmen, um auf diese Weise den Interessen der Eltern und Schüler sowie der örtlichen Gemeinde und der Arbeitgeber besser nachkommen zu können.

Bei diesen den Schulen zur Verfügung gestellten Mitteln handelt es sich durchaus um beträchtliche Summen. So betrug beispielsweise im Schuljahr 1991/92 das gesamte Schulbudget mit Ausnahme der Vorschulen und der Sonderschulen engl. Pfund 13.784.467. Nach Abrechnung der festen Kosten sowie der Ausgaben für besondere Dienstleistungen verblieb eine Summe von engl. Pfund 9.588.181, was - bezogen auf den durchschnittlichen Schüler - einen Betrag von engl. Pfund 1.460 ausmachte (Department for Education 1992, S. 8).

Das Local Management of Schools basiert auf mehreren Elementen (Emerson 1991, S. 9ff.). Im einzelnen handelt es sich dabei um die Budgetierung, die Formel, nach der die Mittel zugewiesen werden, die offene Einschreibung, die Offenlegung der erzielten Ergebnisse sowie die Zuständigkeit für Personalangelegenheiten (Thomas 1990, S. 74ff.).

Die Budgetierung gibt den englischen Schulen zwar eine weitgehende Kontrolle über ihre Finanzen und gewährt ihnen ein großes Maß an Haushaltsautonomie, aber sie bedeutet nicht, daß die Schulen völlig selbständig und unabhängig handeln können. So bleiben die Local Education Authorities ebenso wie die Schulen weiterhin an die nationalen Vereinbarungen über die Lehrergehälter und über die Arbeitsbedingungen der Lehrer gebunden. In gleicher Weise werden die Gesetze im Bereich des Gesundheitswesens oder des Arbeitsschutzes durch die Budgetierung nicht außer Kraft gesetzt. Und auch die Finanzierung der Lehrerfortbildung, soweit sie durch die örtlichen Bildungsbehörden organisiert wird, ist davon nicht tangiert. Formal bleiben die Schulen in der Verantwortung der LEAs, die weiterhin das Recht haben, in die Schulverwaltung einzugreifen, sofern es innerhalb der Schulen zu Mißmanagement kommt.

Was die Formel der Mittelzuweisung angeht, so werden 75% des Schuletats in Relation zur Schülerzahl bemessen, wobei die Schüler der verschiedenen Altersstufen unterschiedlich "gewichtet" werden. Die restlichen 25% des Etats richten sich nach anderen Faktoren wie dem Zustand der Gebäude und der Zahl der Sonderschüler. Diese Berechnungsgrundlage schafft insofern Probleme, als die Schulen über die tatsächlich anfallenden Kosten etwa für die Gehälter des Verwaltungspersonals oder für die Unterhaltung und Instandsetzung der Gebäude - dazu gehören auch die Kosten für Heizung, Wasser und Elektrizität - kaum im voraus Bescheid wissen und daher nur in den seltensten Fällen in der Lage sind, alternative Finanzkonzepte zu entwickeln.

Der Terminus "offene Einschreibung" (open enrolment) bezeichnet nach der Abschaffung der Einzugsbezirke für die Sekundarschulen das Recht der Eltern, ihre Kinder auf eine Schule ihrer Wahl zu schicken. Diese Bestimmung hat in der Regel zur Folge, daß sich die Anzahl der Schüler innerhalb eines Bezirks auf die einzelnen Schulen ungleichmäßig verteilt. Da sich jedoch der größte Teil des Schulbudgets nach der Schülerzahl richtet, bedeutet dies, daß die Finanzmittel der Schulen je nach individuellem Zulauf deutlich differieren. Das führt wiederum dazu, daß die einzelne Schule alles daransetzen muß, um ihre Kapazitäten soweit wie möglich auszulasten, um auf diese Weise ihr Budget zu sichern. Die Folge ist ein harter Wettbewerb unter den Schulen.

Ähnliche Auswirkungen hat auch ein weiteres Kernstück der dezentralen Schulverwaltung, nämlich die Pflicht der Schulen, über ihre pädagogische Arbeit öffentlich Rechenschaft abzulegen. Für die Eltern stehen dabei zumeist neben den Aussagen über das Schulklima im allgemeinen die Informationen über das Leistungsniveau der zur Auswahl stehenden Schule im Vordergrund. Dadurch werden die Schulen veranlaßt, Kosten-Nutzen-Analysen vorzulegen, aus denen klar hervorgeht, mit welchen Mitteln welche Erfolge erzielt worden sind. Gleichwohl sind derartige Aussagen - noch dazu, wenn sie in statistischen Überblicken zusammengefaßt werden - außerordentlich umstritten. So können die Ergebnisse in den schulischen Prüfungen sowie im Rahmen der nationalen Tests zwar einen Anhaltspunkt für den Vergleich der Schulen untereinander bilden, doch sind sie insgesamt nur bedingt aussagekräftig. In jedem Fall führt das Bemühen der Schule, die Eltern von der Qualität ihres Bildungsangebots und ihres Unterrichts zu überzeugen, zu einem nicht unbeträchtlichen Konkurrenzkampf der Einrichtungen untereinander.

Die wichtigste Veränderung, die mit dem neuen Verwaltungssystem verbunden ist, betrifft die Zuständigkeit der Schulen für die Personalangelegenheiten. Dazu gehört sowohl die Einstellung und Entlassung der Lehrkräfte als auch des nichtlehrenden Personals. Damit wird den Leitungsgremien der Schule, und zwar sowohl dem Schulleiter als auch den Eltern, die in den Schulkuratorien vertreten sind, eine wichtige Machtposition zuerkannt. Zwar üben die Local Education Authorities weiter ihre Funktion als Arbeitgeber aus, doch haben sie durch die neue Gesetzgebung de facto ihre Machtstellung weitgehend eingebüßt. Für die Lehrer und das nichtlehrende Personal bedeutet die neue Regelung, daß die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes deutlich eingeschränkt ist.

II.

Wie das Local Management of Schools in England im einzelnen realisiert wurde, ist dem 1992 veröffentlichten Bericht des HM Inspectorate (Königliches Inspektorat) zu entnehmen, in dem die ersten Erfahrungen mit der dezentralen Schulverwaltung ausgewertet wurden (Department for Education). Für die Evaluation des Local Management of Schools durch die Inspektoren Ihrer Majestät standen unterschiedliche Informationsquellen zur Verfügung. Dazu zählten neben den regulären Inspektionen der Schulen und den darauf basierenden Berichten vor allem eine Reihe von Spezialuntersuchungen, die sich auf einzelne Fächer, die Versorgung der Sonderschüler, das Angebot an außerschulischen Veranstaltungen, den Musikunterricht sowie die Benutzung von Büchereien, Museen und anderen Bildungseinrichtungen bezogen. Zusätzlich wurden in 21 örtlichen Bildungsbehörden während eines Zeitraums von drei Jahren an 63 Schulen, die bereits an dem LMS-Pilotprojekt beteiligt waren, mehrere Kurzinspektionen durchgeführt. Die Erhebungen, auf denen der Bericht basiert, wurden im Dezember 1991 abgeschlossen (ebd., S. 9).

Nach dem Urteil der Inspektoren spielten die örtlichen Bildungsbehörden bei der Einführung des LMS insofern eine wichtige Rolle, als ihnen in Abstimmung mit dem Department for Education (Ministerium für Bildung) [Anm. 3] die Aufgabe zufiel, die Pläne für die Implementierungsphase zu entwickeln. Dazu gehörte neben einer umfassenden Information der Schulen vor allem die Unterstützung der einzelnen Einrichtungen durch Aus- und Fortbildung des Leitungspersonals.

Die meisten Local Education Authorities führten das LMS nicht mit einen Schlag ein, sondern in mehreren Etappen, beginnend mit einer Einführungsphase, an der in der Regel nur eine kleine Anzahl von Schulen beteiligt war. Dagegen stießen diejenigen Bildungsbehörden, die das System gleichzeitig in allen Schulen ihres Bezirks einführten, aufgrund ihrer begrenzten Kapazitäten oft auf erhebliche Schwierigkeiten. Ein Teil dieser Schwierigkeiten hing allerdings auch damit zusammen, daß die Kriterien, nach denen die Schulfinanzen berechnet werden sollten, am Anfang noch nicht hinreichend geklärt waren. Das galt insbesondere für die Aufwendungen für Sonderschüler sowie für die Kosten der Instandsetzung der Gebäude. Hinzu kam, daß die Schulen ihre Vertragspartner für bestimmte Dienstleistungen (Gebäudereinigung, Schulmahlzeiten usw.) zunächst nicht frei wählen konnten, sondern weiterhin an die Verträge gebunden waren, die die örtlichen Bildungsbehörden abgeschlossen hatten. Aufgrund der Umstrukturierung der Finanzen führte dies in vielen Fällen zu einer Minderung des Standards der jeweiligen Dienstleistungen.

Was die Situation im einzelnen anbetraf, so gab es vor allem bei den kleineren Schulen Widerstände, weil man befürchtete, aufgrund der Einführung der dezentralen Schulverwaltung mit geringeren Budgets auskommen zu müssen. Deshalb standen diese Schulen dem neuen System insgesamt skeptisch, wenn nicht sogar ablehnend gegenüber. Bei einigen Einrichtungen führten diese Befürchtungen allerdings dazu, daß sie sich selbständig nach Unterstützungsmitteln umsahen und sich in größerem Umfang als bis dahin bemühten, Fördermittel einzuwerben.

Analysiert man die Verteilung der schulischen Finanzen nach Sachgruppen, so zeigt sich erwartungsgemäß, daß die Ausgaben für das Personal den ersten Platz einnehmen. Für die Schulen ergibt sich in diesem Zusammenhang insofern ein Problem, als nach einer Übergangszeit die Summen, die für die Gehälter angesetzt werden, sich an Durchschnittswerten orientieren und die Schulen bei denjenigen Bezügen, die über dem Durchschnitt liegen, selbst für den Differenzbetrag aufkommen müssen. Da die Personalkosten rund 75% des Gesamtbudgets einer Schule betragen, können sich hier langfristig gravierende Probleme ergeben.

Angesichts dieser Situation bleibt den Schulen gar nichts anderes übrig, als Einsparungen vorzunehmen. Dies kann in der Weise geschehen, daß Lehrkräfte, die die Schule verlassen, nicht ersetzt werden, daß man jüngere und damit billigere Lehrkräfte einstellt und daß man Beihilfeleistungen kürzt. Einsparungsmöglichkeiten bei Lehrerstunden ergeben sich auch dadurch, daß man Lehrerteams für bestimmte Fächer zusammenstellt, die aufgrund ihrer Kooperationsmöglichkeiten und des damit verbundenen effektiveren Arbeitseinsatzes eine größere Leistung erbringen können als eine individuell arbeitende Lehrkraft. Außerdem konnten die Inspektoren bei ihren Schulbesuchen beobachten, daß die Einstellung von Teilzeitkräften insgesamt zugenommen hat, wobei die so Beschäftigten im Unterschied zu früher z.T. auch dauerhaft eingestellt werden. Eine weitere Möglichkeit, die Mehrkosten im Personalbereich auszugleichen, besteht schließlich darin, Gelder, die ursprünglich für andere Aufgaben, etwa für den Unterhalt und die Reparatur der Gebäude, bestimmt waren, auf den Personaletat umzuleiten.

Insgesamt zeichnet sich ab, daß der Faktor Personalkosten für die Schulen von entscheidender Bedeutung ist, nicht zuletzt deshalb, weil zukünftig alle Dienstleistungen, die die Schulen bisher über die LEAs beziehen konnten, bezahlt werden müssen. Zu diesen Dienstleistungen zählen alle Formen der Beratung, die spezielle Unterstützung für Sonderschüler, die Tätigkeit des psychologischen Dienstes, die Angebote der Lehrerfortbildung sowie die Nutzung kultureller Einrichtungen (Büchereien, Museen usw.). Diese Entwicklung zwingt die Schulen insgesamt zu deutlich größeren Anstrengungen bei der Einwerbung zusätzlicher Mittel.

Betrachtet man die bisherigen Versuche in diesem Bereich, so zeigt sich, daß die Sekundarschulen im allgemeinen bei der Beschaffung zusätzlicher Mittel aktiver waren als die Primarschulen und auch die größeren Erfolge zu verzeichnen hatten. Beispielsweise konnte eine Sekundarschule, die ihre Gebäude während der Ferien an eine Sprachenschule vermietete, engl. Pfund 28.000 einnehmen, während die Primarschule, die in diesem Bereich am erfolgreichsten war, nur engl. Pfund 2.500 verbuchen konnte (ebd., S. 18). Dabei muß man berücksichtigen, daß die zusätzlichen Einnahmemöglichkeiten der Schulen sehr stark von ihrer Lage, ihrer Ausstattung sowie vom Zustand ihrer Räume abhängen.

So wie die Schulen unterschiedliche Ausgangspositionen haben, um zusätzliche Mittel einzuwerben, so differiert auch das Spendenverhalten der Eltern von Schule zu Schule, was konkret bedeutet, daß Schulen, die in Problemgebieten und sozialen Brennpunkten liegen, von vornherein benachteiligt sind.

Neben den Einsparungen im Personalsektor versuchen die Schulen die Kosten für den Unterhalt und die Reparatur der Gebäude zu senken. Inzwischen ist es an englischen Schulen durchaus üblich, daß sich nicht nur die Hausmeister verstärkt mit diesen Aufgaben beschäftigen, sondern auch immer mehr Lehrkräfte dafür herangezogen werden. Diese Entwicklung hat zwar unbestreitbare Vorteile, sie ist aber mit weiteren Belastungen für das Lehrpersonal verbunden, deren Auswirkungen auf die pädagogische Arbeit in den Schulen noch nicht abzusehen sind.

Gleichwohl kommen die Inspektoren zu dem Ergebnis, daß hinsichtlich des Unterhalts und des Ausbaus der Gebäude die auffälligsten positiven Auswirkungen der dezentralen Schulverwaltung festgestellt werden können. Dazu heißt es in dem Bericht, daß kleinere Reparaturen nicht nur schneller und effektiver erledigt wurden, als dies bisher der Fall war, was wesentlich zum Abbau von Frustrationen bei den Lehrkräften beitrug, sondern daß in einigen Fällen aufgrund der Handlungsfreiheit der Schulen auch grundlegende Verbesserungen und Erweiterungen der Gebäude vorgenommen wurden. Zudem führte die Übertragung dieser Aufgaben auf die Schule auch dazu, daß sich die Eltern und die Schulöffentlichkeit stärker für derartige Fragen interessierten und selbst aktiv zur Renovierung der Einrichtungen beitrugen.

Ein strittiger Punkt, der bislang zwar diskutiert wird, aber noch nicht zu entsprechenden Konsequenzen geführt hat, resultiert daraus, daß die einzelnen Schulen unterschiedlich vom Vandalismus der Schüler und Schülerinnen betroffen sind, was konkret bedeutet, daß einige Schulen sehr viel Geld für Reparaturen und Renovierungsmaßnahmen ausgeben müssen, während sich die dafür notwendigen Summen in anderen Schulen in deutlichen Grenzen halten. Da Vandalismus kein "hausgemachtes" Problem der Schulen ist, sondern maßgeblich mit der sozialen Zusammensetzung der Schülerschaft und dem Umfeld der Schule zusammenhängt, kann man die Lösung dieser Angelegenheit nicht allein den betreffenden Schulen überlassen, sondern muß generell für Ausgleichsmöglichkeiten sorgen.

Nach dem Urteil der Inspektoren hat die Einführung des LMS zur Folge, daß die Schulen bei dem Umgang mit Finanzmitteln größere Verantwortung zeigten und die Lehrer und Lehrerinnen die ihnen zur Verfügung stehenden Gelder sinnvoller und effizienter einsetzten. Mehr als in den vergangenen Zeiten bemühten sich die Schulen, zusätzliche Mittel - etwa für bestimmte Fächer des National Curriculum oder für berufsbezogene Ausbildungsgänge - einzuwerben, was bedeutet, daß die Primar- und Sekundarschulen nach 1988 mehr Geld für Bücher, Unterrichtsmaterialien und Einrichtungsgegenstände ausgegeben haben als in der Zeit davor.

Während die Auswirkungen des LMS im Hinblick auf den Sachetat der Schulen nach Ansicht der Inspektoren relativ klar zu bestimmen sind, lassen sich die Folgen für die Qualität des Unterrichts und das Leistungsniveau der Schüler und Schülerinnen nur schwer ausmachen (ebd., S. 21f.). Bestimmte Vermutungen lassen sich aus der Tatsache ableiten, daß an den Schulen, die die Inspektoren während eines Zeitraums von zwei Jahren beobachteten, die Arbeit in 85% der Sekundarschulen und in 75% der Primarschulen von ihnen als zufriedenstellend oder besser eingeschätzt wurde. In dem Bericht wird im einzelnen ausgeführt, daß in vielen Schulen zusätzliche Finanzmittel für die Einrichtung und Ausstattung und hier insbesondere für den Bereich der Informationstechnologie ausgegeben wurden.

Insgesamt urteilen die Inspektoren, daß die Neugestaltung der Klassenzimmer, die vermehrte Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien und die verbesserte apparative Ausstattung der Schulen dazu beigetragen hätten, das Lehr- und Lernklima positiv zu beeinflussen. Darüber hinaus wird konstatiert, daß durch die vermehrte Einstellung von Assistenten Differenzierungsmaßnahmen im Unterricht sowie Verlagerungen des Unterrichts außerhalb des Schulgebäudes erfolgen konnten, die früher nicht möglich waren. Allerdings darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, daß die positiven Beispiele, die die Inspektoren in ihrem Bericht aufführen, Schulen betrafen, die durch die Einführung des LMS mehr Finanzmittel als früher bekommen und die die zusätzlichen Mittel für Innovationen ausgegeben hatten.

Die Arbeitsbelastung der Schulleitungsgremien bei der Einführung des LMS resultierte daraus, daß sowohl die Schulleiter als auch die übrigen Mitglieder der Schulkuratorien für die neuen Aufgaben erst qualifiziert werden mußten, was mit einer Menge zusätzlicher und zeitintensiver Arbeit verbunden war. Da gleichzeitig eine umfassende Curriculumreform in Gang gesetzt wurde, kam es an vielen Schulen zu einer Arbeitsteilung: Die Schulleitung konzentrierte sich auf die Finanzverwaltung, während sich die Fachbereichsleiter um die Einführung des National Curriculum sowie die damit einhergehenden Veränderungen im Prüfungswesen kümmerten. Inzwischen ist man allerdings bestrebt, den gesamten Reformprozeß als Aufgabe des Schulmanagements zu begreifen und das Büropersonal stärker daran zu beteiligen. In vielen Schulen hat dies zu einer Neugestaltung und zu einer verstärkten Professionalisierung der Schulverwaltung geführt. Allerdings hat damit auch die Zahl der Sitzungen und informellen Treffen innerhalb und außerhalb der Schule deutlich zugenommen. Für viele Lehrer und Lehrerinnen, die Funktionsstellen bekleiden, bedeutet dies, daß sie weitaus weniger Zeit als früher für ihre Schüler und Kollegen aufwenden können. Dort, wo die zusätzlichen Aufgaben dem stellvertretenden Schulleiter übertragen wurden, kam es zu deutlichen Arbeitsüberlastungen. Von daher ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Neugestaltung der administrativen Prozesse langfristig auf eine Absorbierung von Lehrkapazitäten hinausläuft.

Ein Teil der Probleme, die bei der Einführung der dezentralen Schulverwaltung entstanden, rührte daher, daß die Aufgabenverteilung zwischen den örtlichen Bildungsbehörden und den Schulen anfangs noch nicht geklärt war. So legten die einzelnen LEAs zum Teil unterschiedliche Kriterien bei der Vergabe der Mittel an. Dies hatte eine Ungleichbehandlung der Schulen in den einzelnen Bezirken zur Folge. Beispielsweise stieg das Finanzbudget in den Sekundarschulen zwischen 1989/90 und 1990/91 um 14,8% - betrachtet man jedoch die einzelnen Schulen, so schwankte der Zuwachs zwischen 3,6% und 32,4% (ebd., S. 18). Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, lautet daher, ob und inwieweit durch den Einfluß der Local Education Authorities die gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen Schulen und Schulstufen unter Berücksichtigung ihrer jeweils spezifischen Arbeitsbedingungen langfristig ausgeglichen bzw. angenähert werden können.

Für die örtlichen Bildungsbehörden ergeben sich im Zusammenhang mit der Einführung der dezentralen Schulverwaltung ebenfalls einschneidende Veränderungen. Generell zeichnet sich ab, daß sie in Zukunft weniger eine Leitungs- und Aufsichtsrolle spielen als vielmehr eine Hilfs- und Beratungsfunktion erfüllen werden, wobei bislang noch offen ist, ob die LEAs die jeweiligen Dienstleistungen selbst anbieten oder aber den Schulen Finanzmittel zur Verfügung stellen werden, wodurch diese in den Stand gesetzt werden, die entsprechenden Leistungen selbständig "einzukaufen".

Unabhängig von der endgültigen Bestimmung ihrer zukünftigen Funktion deutet vieles darauf hin, daß als Folge der dezentralen Schulverwaltung die pädagogische Verantwortung der LEAs für die Einrichtungen ihres Bezirks langfristig deutlich abnimmt, was dazu führen kann, daß die Mitarbeiter dieser Behörden den Kontakt zu den Schulen verlieren. Hinzu kommt, daß die Schulen durch das '88er Gesetz die Möglichkeit erhalten haben, sich dem Einfluß der Local Education Authorities völlig zu entziehen, indem sie sich dem Ministerium für Bildung direkt unterstellen und als sog. "Grant-maintained Schools" außerhalb des traditionellen Systems agieren (Schneider 1996, S. 34ff.). Diese Schulen erhalten ihr gesamtes Budget direkt von der Funding Agency for Schools (Agentur für Schulfinanzierung). Ihr Etat ist höher als derjenige der LEA-Schulen, weil sie die Leistungen der örtlichen Bildungsbehörden (z.B. Beratungs- und Fortbildungsangebote) nicht mehr kostenlos, sondern nur noch gegen Entgeld in Anspruch nehmen können. Das Ausscheiden aus dem Verbund der LEAs (opting out) hat insofern tiefgreifende schulpolitische Konsequenzen, als damit die Position des Bildungsministeriums erheblich gestärkt wird. Sobald der Anteil der Schüler in Grant-maintained Schools innerhalb eines LEA-Bezirks 10% beträgt, muß das Ministerium an den Schulplanungen beteiligt werden; erreicht er 75%, werden die Planungsaufgaben vollständig von der Zentralinstanz übernommen. Allerdings haben sich die Erwartungen des Bildungsministeriums hinsichtlich einer generellen Einführung der Grant- maintained Schools bislang in keiner Weise erfüllt (Glowka 1996, S. 38).

Wenngleich die Einführung der dezentralen Schulverwaltung die Schulleiter, die Schulkuratorien, die Lehrkräfte und die Beamten der Schulverwaltung vor große Probleme gestellt hat, so kommen die Inspektoren in ihrem abschließenden Urteil zu dem Schluß, daß die Entwicklung alles in allem erfolgreich verlaufen sei (Department for Education 1992, S. 11).

III.

Ähnlich positiv fiel auch die Einschätzung der Audit Commission aus, die zwischen 1992 und 1993 88 LEA-Schulen und 12 Grant-maintained-Schulen untersuchte - bei diesen Schulen handelte es sich um 56 Primar- und 44 Sekundarschulen -, die vor dem 1. April 1991 das LMS eingeführt hatten [Anm. 4].

Generell gab es in den untersuchten Schulen keine Probleme mit der Budgetierung, und mehr als 90% der Schulen bewegten sich mit ihren Ausgaben innerhalb des vorgegebenen Finanzrahmens. Allerdings hatten erst wenige Schulen damit begonnen, ihre Ausgabenpolitik auf die jeweiligen pädagogischen Zielsetzungen abzustimmen (Audit Commission 1995, S. 1f.).

In der Regel hatte die Einführung der dezentralen Schulverwaltung zu einer Erhöhung der Schüler/Lehrer-Relation geführt, weil die mit Blick auf die Mittelzuweisung angestrebte Steigerung der Schülerzahlen nicht mit einer Aufstockung des Lehrpersonals einherging und sich insofern als pädagogisch problematisch erwies. Ganz anders sah dagegen die Situation im Hinblick auf das Verwaltungspersonal aus: Alle untersuchten Schulen hatten ihren Personalbestand in diesem Bereich deutlich erhöht. Dabei bestanden zwischen den einzelnen Schulen jedoch sehr große Unterschiede, was dazu führte, daß bei Schulen gleicher Größe der Verwaltungsaufwand bis zum Fünffachen differieren konnte. So kam es vor, daß in Schulen, die bereits über eine große Anzahl von Verwaltungskräften verfügten, der Schulleiter bis zu 60% seiner Wochenarbeitszeit ausschließlich mit Verwaltungsaufgaben verbrachte, während an anderen Schulen mit einem erheblich geringeren Personalbestand der Schulleiter für die gleiche Tätigkeit weniger als die Hälfte seiner Wochenarbeitszeit aufwenden mußte.

Viele Schulen konnten durch eine sparsame Haushaltsführung Überschüsse erwirtschaften. Bei den Primarschulen betrugen diese Überschüsse im Untersuchungszeitraum durchschnittlich 5% des Jahresbudgets, bei den Sekundarschulen 3,5% - einzelne Schulen kamen bis auf 15%. Im allgemeinen verfügten die Grant-maintained Schools über größere Ersparnisse als die LEA- Schulen. Zumeist wurden diese Reserven dazu verwandt, die Budgets, die von Jahr zu Jahr unterschiedlich ausfallen, auszugleichen. Allerdings hatten einige der untersuchten Schulen bis dahin noch keine Überlegungen über die mögliche Verwendung dieser Gelder angestellt. 9% der Schulen, in denen die dezentralisierte Schulverwaltung eingeführt worden war - zum Zeitpunkt der Erhebung galt dies bereits für 90% aller Schulen -, hatten Defizite erwirtschaftet, doch konnten diese Schulen in den meisten Fällen im folgenden Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Dieses insgesamt günstige Bild hängt jedoch weitgehend mit den Maßstäben zusammen, die man an die Praxis der Mittelvergabe legt. So stellte die Audit Commission auch fest, daß 25% der Schulen Spenden, die sie erhalten hatten, in einer Art und Weise verwalteten, die keineswegs den Kriterien einer sparsamen Haushaltsführung entsprach. Wenngleich die dezentrale Schulverwaltung in dem Bericht insgesamt begrüßt und die Zusammenarbeit zwischen den Schulleitern und den Schulkuratorien im allgemeinen gelobt wurde, so monierte die Kommission, daß in rund 40% der Schulen das Bewußtsein, gegenüber der Öffentlichkeit rechenschaftspflichtig zu sein, nur wenig oder noch gar nicht ausgebildet war.

Betrachtet man die verschiedenen Untersuchungen, die sich mit der Einführung der dezentralen Schulverwaltung beschäftigten, so fällt auf, daß sie sich zumeist auf das Problem der Budgetierung konzentrieren, was dazu führt, daß die pädagogischen Zielsetzungen des LMS größtenteils unberücksichtigt bleiben. Diese Fehlstelle erweist sich um so gravierender, als bereits im Circular 7/88 die pädagogische Zielperspektive ausdrücklich in den Vordergrund gestellt wurde. Im Abschnitt 23 hieß es dazu: "Der Zweck der dezentralen Schulverwaltung besteht nicht darin, die Gesamtausgaben für die Schulen zu kürzen, sondern durch eine effektive Verwendung der vorhandenen Mittel für das schulische Lehren und Lernen die Qualität der Bildung zu steigern" (Department of Education and Science 1988, S. 126).

Da man bislang jedoch noch keine Verfahren entwickelt hat, um die pädagogischen Auswirkungen der dezentralen Schulverwaltung einigermaßen exakt zu bestimmen, halten sich die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen mit ihren diesbezüglichen Urteilen deutlich zurück.

Rosalind Levacic, die die bislang umfangreichste Studie über das Local Management of Schools vorgelegt hat, vertritt mit Blick auf die Verbesserung des Zustandes der Schulgebäude und die größere Effizienz bei der Anschaffung von Einrichtungsgegenständen und Unterrichtsmaterialien zwar die These, daß das eingesparte Geld zur Optimierung der Lehr- und Lernprozesse beigetragen habe, muß aber einräumen, daß diese Auffassung nicht durch empirische Untersuchungen belegt werden kann (Levacic 1995, S. 192ff.). In Ermangelung anderer Daten weist sie daher auf eine Umfrage unter Lehrern und Schulleitern aus dem Jahre 1993 hin, die erbrachte, daß etwa die Hälfte der Schulleiter positive Auswirkungen der Verwaltungsreform auf die pädagogische Arbeit in den Schulen konstatierte. Jedoch wurde dieses Urteil nur von 30% der Schulleiter kleinerer Sekundarschulen geteilt. Für Levacic sind die Differenzen in der Beurteilung ein Indikator dafür, daß die Qualität von Schule entscheidend vom Umfang der Ressourcen abhängig ist, die den Lehrkräften zur Verfügung stehen, was letztlich nichts anderes heißt, als daß größere Schulen aufgrund ihres höheren Etats den kleineren Schulen überlegen sind.

Wesentlich kritischer als Levacic beurteilen Hatcher, Troyna und Gewirtz in ihrer Studie "Racial Equality and the Local Management of Schools" die Auswirkungen der dezentralen Schulverwaltung auf die schulischen Lehr- und Lernprozesse [Anm. 5]. Die These, die sie in ihrer diesbezüglichen Fallstudie zum Problem der Rassengleichheit und zur Situation der multikulturellen Bildung vertreten, lautet, daß die Behandlung dieses Themas durch die Neustrukturierung der Schuladministration eher beeinträchtigt als gefördert worden sei. Diesen Befund begründet das Forschungsteam einerseits mit der Einstellung der zuständigen örtlichen Bildungsbehörde, andererseit mit dem Verhalten der untersuchten vier Sekundarschulen und ihrer Umgebung. Für die Local Education Authority war nach Aussagen der Forscher charakteristisch, daß sie es grundsätzlich vermied, sich in die innerschulischen Belange einzumischen, um den Schulen keinerlei Anlaß für ein Ausscheiden aus dem örtlichen Verwaltungsverbund zu bieten. Das bedeutete konkret, daß die Beamten dieser Behörde von sich aus keine gesellschaftlich kontroversen Themen als Unterrichtsgegenstände vorschlugen, sondern durchgängig die curricularen Entscheidungen der Schulen respektierten. Damit begaben sie sich jedoch der Möglichkeit, bildungspolitisch auf die Schulen ihres Bezirks einzuwirken. Verschärfend kam hinzu, daß die Mitarbeiter der betreffenden Bildungsbehörde selbst nur unzureichend mit Fragen der multikulturellen Bildung vertraut waren (Hatcher/Troyna/Gewirtz 1996, S. 55ff.).

Im Hinblick auf die Situation in den Schulen wird in der Studie festgestellt, daß in den sog. "weißen Schulen" - dabei handelte es sich um zwei Schulen, in denen der Anteil von Schülern aus ethnischen Minoritäten nur 1% bis 2% betrug; bei den beiden anderen Schulen machte er 14% bzw. 28% aus - unter Verweis auf das National Curriculum Elemente der multikulturellen Bildung durch geschlechtsspezifische Themen verdrängt worden seien. Zwar garantierte an denjenigen Schulen, an denen ethnische Minderheiten einen nennenswerten Anteil an der Schülerpopulation hatten, deren schlichte Anwesenheit, daß ihre Probleme in gewissem Umfang auch im Unterricht behandelt wurden, doch erfolgte dies zumeist defensiv. Dementsprechend bezogen sich die Lehrangebote vor allem auf die sprachlichen und kulturellen Bedürfnisse der Immigranten, während Motive und Erscheinungsformen des Rassismus nicht zum Gegenstand des Unterrichts gemacht wurden - oft mit der Begründung, daß man durch die Behandlung derartiger Themen rassistisch motivierte Konflikte verschärfen würde (ebd., S. 18ff.).

Aber auch in denjenigen Schulen, die sich der multikulturellen Bildung verpflichtet fühlten, ergaben sich nach der Einführung der dezentralen Schulverwaltung Probleme bei der Umsetzung dieses Konzepts in die Praxis. Nach Meinung der Forscher hingen die Schwierigkeiten wesentlich damit zusammen, daß die pädagogischen Gestaltungsmöglichkeiten der an diesem Thema interessierten Lehrer und Lehrerinnen durch die veränderte Leitungsstruktur deutlich beschnitten wurden. Kompetenzen, die urspünglich bei den Lehrkräften lagen, wurden durch das Local Management of Schools dem Schulleiter bzw. der erweiterten Schulleitung übertragen, die diesem Thema aus unterschiedlichen Gründen keine große Bedeutung zumaßen (ebd., S. 31ff.). Zwar bildeten die Schulkuratorien, in denen Eltern und Lehrer über wichtige Mitwirkungsmöglichkeiten verfügen, ein gewisses Gegengewicht zu den Schulleitungen, doch fehlten den Kuratoriumsmitgliedern - so jedenfalls das Ergebnis der Untersuchung - in vielen Fällen die Detailkenntnisse, die sie zu Anwälten einer engagierten multikulturellen Bildung werden ließen. Das galt, wie die Forschergruppe herausfand, sogar für diejenigen Mitglieder, die selbst ethnischen Minderheiten angehörten. Oft machten die Betreffenden nicht von ihrem Recht Gebrauch, derartige Probleme auf die Tagesordnung zu setzen und damit zum Gegenstand einer schulinternen Debatte zu machen. Zur Erklärung dieses Verhaltens verweisen die Wissenschaftler zum einen auf die Faktoren "soziale Herkunft" und "Ausbildungsstand", zum anderen fanden sie heraus, daß die zum Schulmanagement gehörenden Personen insgesamt kein Interesse daran hatten, das Erscheinungsbild "ihrer" Schule durch interne Konflikte und Querelen zu beschädigen. Diese Einstellung führt allerdings in letzter Konsequenz dazu, daß berechtigte Ansprüche und Bedürfnisse der Schüler und Schülerinnen nicht berücksichtigt werden (ebd., S. 36ff.).

Insgesamt belegt die Untersuchung von Hatcher, Troyna und Gewirtz, daß durch die Einführung der dezentralen Schulverwaltung die Realisierung des Konzepts einer antirassistischen/multikulturellen Bildung an englischen Schulen - trotz anders lautender offizieller Bekenntnisse - eher behindert wird, was dazu führt, daß die existierenden Muster der gesellschaftlichen Macht weiter verfestigt statt in Frage gestellt werden. Allerdings muß man sich bei der Bewertung dieses Ergebisses darüber im klaren sein, daß die hier zitierte Fallstudie in erster Linie die Einzigartigkeit der untersuchten Fälle dokumentiert und die Befunde daher nur mit großer Vorsicht verallgemeinert werden können. Gleichwohl macht die Fallstudie deutlich, welche Folgen sich ergeben, wenn bei der Umsetzung des Local Management of Schools Verwaltungsgesichtspunkte gegenüber pädagogischen Überlegungen die Oberhand gewinnen. Notwendig erscheint daher ein Gesamtkonzept, in dem die administrativen und finanziellen Entscheidungen unter pädagogischen Aspekten, d.h. im Hinblick auf das von der Schule angestrebte Bildungskonzept, reflektiert und getroffen werden (Thomas 1990, S. 81ff.).

Es bleibt abzuwarten, wie die seit Mai 1997 im Amt befindliche Labour-Regierung, die in ihrem Weißbuch "Excellence in Schools" die Einführung der dezentralisierten Schulverwaltung zwar positiv beurteilt, aber gleichzeitig eine neue Struktur des Local Management of Schools in Aussicht stellt (Department for Education and Employment 1997, S. 69f.), dieses Problem lösen wird.


Literatur

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Glowka, Detlef: Einige Aspekte zur Bildungsreform in England. In: Tertium Comparationis. Journal für Internationale Bildungsforschung 2, 1996, Nr. 1, S. 32-39

Hatcher, Richard / Troyna, Barry / Gewirtz, Deborah: Racial Equality and the Local Management of Schools. Stoke-on-Trent 1996

Kotthoff, Hans-Georg: Curriculumentwicklung in England und Wales. Das National Curriculum zwischen 1976 und 1990. Köln, Weimar, Wien 1994

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Maclure, Stuart: Education Re-formed. A guide to the Education Reform Act 1988. 3. Aufl. Sevenoaks 1989

Rauin, Udo / Williams, Sarah: Das "National Curriculum" in England und Wales. In: Pädagogik 48, 1996, H. 5, S. 18- 22

Sauter, Beatrix: Der Education Reform Act aus dem Jahr 1988. Eine kritische Annäherung. In: Die Deutsche Schule 87, 1995, S. 228-238

Schneider, Franz J.: Marktgesetze in der Schule? Auswirkungen des Education Reform Act von 1988 auf das Management britischer Schulen. In: Schulmanagement 27, 1996, H. 5, S. 31- 42

Stokes, Peter: Bildungswesen im Spannungsfeld von Demokratisierung und Privatisierung: das Beispiel England. In: Tertium Comparationis. Journal für Internationale Bildungsforschung 2, 1996, Nr. 1, S. 17-31

Thomas, Hywel: From Local Financial Management to Local Management of Schools. In: Flude, Michael / Hammer, Merril (Hrsg.): The Education Reform Act, 1988. Its origins and implications. London, New York, Philadelphia 1990. S. 73- 85

Thomas, Hywel / Kirkpatrick, Gordon / Nicholson, Elizabeth: Financial Delegation and the Local Management of Schools. Preparing for practice. London 1989





Anmerkungen

Anm. 1
Die beste Einführung in den Education Reform Act leistet nach wie vor Maclure 1989. Nach einer allgemeinen Einleitung kommentiert der Verfasser abschnittsweise die Bestimmungen des Gesetzes und ordnet sie in den bildungspolitischen Kontext ein. Über die Auswirkungen des Bildungsreformgesetzes von 1988 informieren z.B. Sauter 1995, Glowka 1996 und Stokes 1996.

Anm. 2
Von den jüngsten deutschsprachigen Veröffentlichungen zur Curriculumreform in England sei auf die Übersichten von Kress/Bourne/Reid 1994 und Rauin/Williams 1996 hingewiesen. Ausführlich werden die Genese und das Konzept des National Curriculum in der Dissertation von Kotthoff (1994) untersucht.

Anm. 3
Das Ministerium hieß bis Mitte 1992 Department of Education and Science, danach Department for Education; seit Mitte 1995 trägt es den Namen Department for Education and Employment.

Anm. 4
Angaben über die Zusammensetzung der Arbeitsgruppe, die den Bericht erstellte, über die an der Untersuchung beteiligten Schulen sowie über die Interviewpartner finden sich in Audit Commission 1993, preface, appendix 1.

Anm. 5
Die drei Wissenschaftler verbrachten das gesamte Jahr 1992 im "Feld" und konzentrierten sich während dieser Zeit auf die zuständige Local Education Authority und vier Sekundarschulen. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit standen Interviews mit Schulverwaltungsbeamten, mit Mitgliedern der Schulleitung und der Schulkuratorien, mit Lehrern, Schülern, Eltern und Angehörigen der betreffenden Gemeinden. Darüber hinaus nahmen die Forscher an insgesamt 45 Kuratoriumssitzungen teil. Ihre Untersuchungen zielten darauf ab, die Meinung der für die Schulpolitik im engeren Sinne maßgeblichen Personen und Personengruppen über Rassengleicheit bzw. multikulturelle Bildung zu erfahren (Hatcher/Troyna/Gewirtz 1996, S. 1ff.).