Wilhelm Blume:

Denkschrift über die Schulfarm Insel Scharfenberg - was sie war, wie sie augenblicklich ist, und was sie werden soll [Dezember 1945]

Quelle: Berlin, Landesarchiv: Rep. 140, Acc. 4573: Schulfarm Insel Scharfenberg
Veröffentlichung: Marburg 1999: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1999/0001/q61.html - Kap. 'Die 12jährige Zwischenherrschaft' zuvor in: Gutschalk, Rolf, Scharfenberg während der NS-Zeit. Einige Dokumente, in: 60 Jahre Schulfarm Insel Scharfenberg. 1922-1982. Jubiläums-Festschrift anläßlich des 60-jährigen Bestehens der Schulfarm Insel Scharfenberg (=Sonderheft der Fähre), Berlin 1982, S. 33-47; hier S. 46f. (als Dok. Nr. 10)
Literatur: Haubfleisch, Dietmar: Schulfarm Insel Scharfenberg. Mikroanalyse der reformpädagogischen Unterrichts- und Erziehungsrealität einer demokratischen Versuchsschule im Berlin der Weimarer Republik (=Studien zur Bildungsreform, 39), Frankfurt [u.a.] 2001, bes. S. 880-884.


Denkschrift über die Schulfarm Insel Scharfenberg - was sie war, was sie augenblicklich ist, und was sie werden soll

I. Teil: Was sie war

Die Schulfarm Insel Scharfenberg ist eine Gründung der Revolution von 1918, geboren aus dem sozialen Mitempfinden mit der damaligen Jugend im verelendenden Berliner Norden und aus dem Protest gegen die bisherige Lernschule, mit deren allzu formalistischen Betrieb unter zum Teil jugendfremden Lehrern die freieren Elemente aus der Jugendbewegung unzufrieden waren.

So kam es im Kampf mit reaktionären Lehrerkollegien in der Stadt 1921 zu einer secessio in insulam; auf der städtischen 93 Morgen umfassenden Insel Scharfenberg mitten im Tegeler See, doch noch vor den Toren der Großstadt, deren Gas- und Wasserwerke, deren Hafenkräne in Sicht blieben, entstandt eine Schulsiedlung, deren Bemannung von 25 im Laufe der Zeit auf 150 anwuchs.

Da Acker, freilich jahrelang vernachlässigt, Wiese, wenn auch verquekt und vermoost, urbar zu machendes Gartenland und leere Ställe vorhanden waren, gingen Lehrer und Schüler in jener nahrungsarmen Zeit auf den Feldern und in der aus kleinsten Anfängen sich entwickelnden Viehzucht, bald unter fachmännischer Anleitung, an ihre notwendige schwere Arbeit und haben aus ihr heraus der Gründung den Namen "Schulfarm"; das besagt nicht eine Schule für Farmer, keine Farmschule also, sondern eine Schulfarm, denn das Bildungsziel des gleichberechtigt neben der agrarischen Betätigung gepflegten Unterrichts war das schulische, war ein allgemeines, war grob gesagt, Hochschulreife wie in den so ganz anders gearteten städtischen sog. "höheren" Schulen. Nicht nur die Lebenshaltung, die allem Pennalismus, jeder bürgerlichen Bequemlichkeit abhold war und in bewußtem Kampf gegen das Philistertum stand, auch der Unterricht war in der Stoffauswahl und Methode durch die ländliche Umgebung und das kollektiv ausgerichtete Leben in ihr wesentlich mitbestimmt.

Durch ihre Farmarbeit, die, in eiligen Zeiten zu "Arbeitswochen" konzentriert, den wissenschaftlichen Unterricht unterbrach, erwarben sich die Schüler allmählich in der Öffentlichkeit den Ehrentitel "Selbstversorger", brauchten sich trotz geringster Beitragszahlungen der Eltern in den "gemeinen Kasten" bei niemandem zu bedanken, reckten sich stipendienfrei zu einem gehärteten Selbstbewußtsein auf und hielten sich durch diese ihre praktisch notwendige Handbetätigung, die mit dem aufgepfropften Handfertigkeitsunterricht der Schulen nicht das Geringste zu tun hatte, von jeglichem Bildungshochmut, von intellektueller Abkapselung fern, denn die Nabelschnur zu ihren in Werkstatt oder Fabrik werkenden Vätern riß nicht ab - Verwurzelung in dem Stand, aus dem sie kamen und das Hineinwachsen in die Hochschulreife bildete eine organisches Ganzes! Als einmal in einer Schulversammlung, die man "Abendaussprache" taufte, die Frage aufgeworfen wurde, wodurch und worin

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man das, was man so oft Gemeinschaft nenne, am stärksten verwirklicht fände, antworteten die meisten: in der Gemeinschaftsarbeit. Einer von ihnen schleuderte den Satz in die Debatte: "Nicht Gefühl oder Geist, Arbeit bringt Gemeinschaft"! Die Diskussion im Winter 1925, als man überlegte, ob man nicht den bisherigen allgemeinen Bereitschaftsdienst in einen Fachgruppendienst von Landwirten, Gärtnern, Schlossern, Tischlern und Malern umwandeln sollte, erscheint im Protokollbuch als die lebhafteste und gründlichste. Da gab es Freiheitsapostel, die aller Verfachlichung entgegentraten, Hedonisten, die bald dieses, bald jenes zu wählen Spielraum behalten wollten, Idealisten die krassen Utilitarismus heraufziehen sahen, wenn man den Gemeinschaftsdienst dazu zu erniedrigen strebe, sich persönlich etwa in einem Handwerk auszubilden; auch Asketen der Arbeit meldeten sich zu Wort und stellten den kantisch anmutenden Satz auf, nur das sei ein echter Bereitschaftsdienst, in dem man das tue, was einem am wenigsten Spaß mache; ihnen traten die Realisten entgegen, die aus der wechselnden Gelegenheitsarbeit nur blutigen Dilettantismus herausspringen sahen, und die Gesunden Optimisten, die meinten, ob nicht der schließlich der Gemeinschaft am schönsten diene, der zum Besten aller brauchbare Qualitätsarbeit leiste. Die letzte Ansicht siegte. Und seitdem gab es auf Scharfenberg jene 5 "Innungen", denen die Asketen, gehorsam gegen den Majoritätsbeschluß doch auch alten Bereitschaftsidealen getreu, noch eine sechste die Gruppe "Allzeit bereit" zugesellten. In der Tat, es war so, wer zu diesen Dingen kein inneres Verhältnis zu gewinnen vermochte, war in dieser Schule nicht am Platze, kam auch selbst zu keiner rechten Befriedigung; mochte er auf intellektuellem Gebiet Hervorragendes leisten, die volle gesellschaftliche Schätzung vermochte er in diesem Kreise nicht zu gewinnen; konnte nicht einmal für seine geistige Entwicklung das mitnehmen, was sonst ein sechsjähriger Inselaufenthalt zwischen 13 und 19 Jahren in ihm entfaltet und an geistiger Triebkraft in ihm aufgespeichert hätte. Es stimmt schon, was einmal ein ausländischer Besucher mehr mißbilligend als anerkennend geäußert hatte, man gehe hier mit der gleichen Feierlichkeit zum Heuen wie zum Homerunterricht.

Erst nachträglich hat man entdeckt, daß die Entwicklung im Unterrichtlichen der der Handarbeit in gewissem Sinne ähnlich verlief. Man hatte mit einem die Fächerschranken möglichst überspringenden "Gesamtunterricht" begonnen, dessen Themen sich aus der Umgebung und den ersten Inselerleben ungezwungen ergaben, mochten sie nun um den Bauern oder um das Wasser oder um das Holz oder den Hund kreisen, mochte dabei bald der Landwirt oder die Jungen selbst die Führung gehabt haben. Die schriftlichen und künstlerischen Ergebnisse, für deren Beurteilung es nur die Zensuren: Sammelmappe, Familienarchiv, Papierkorb gab, wurden von "Kommissionen" gesichtet und in selbstgebundenen "Bänden" aufbewahrt. Da gab es "Dorflehrgänge" von Gruppen, die in die Nachbardörfer entsandt waren oder eine Fahrt in die Heide oder den Spreewald unternommen hatten, mit Hauszeichnungen, Kirchenbeschreibungen, Kartenskizzen, Dialektsammlungen, Grabinschriften, Schilderungen von Möbel und Hausrat, Viehstatistiken; wie wir den Besuch des Berliner-Volkskundemuseums für unser Thema fruchtbar gemacht haben" - ist eine andere Mappe betitelt; eine dritte vereinigt die Eindrücke und Szenenbilder von dem Besuch der Florian-Geyer-Aufführung im Staatstheater mit Erlebnissen von Proben und Freilichtdarstellungen des eigenen "Schulfarmtheaters", das sich den Grundfonds zum Kauf eines Pferdes für

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die Inselwirtschaft erspielt und später im Zigeunerwohnwagen Land und Leute benachbarter Landschaften "erfahren" hat. In dem die "Grüne Ausstellungswoche" behandelnden Bündel sind Damaschkes Bodenreform, Max Eyth als Begründer der deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, die Tendenzen des Bauernbundes, Malioration, die Kartoffelpflanzmaschine, unsere Erfahrungen mit der Phönixberegnungsanlage beliebig herausgegriffene Teile. Solche selbstgeschriebenen Erinnerungsbücher, um Materialsammlungen aus Zeitungen Katalogen vermehrt, pflegten den Gruppenstolz statt des persönlichen Einzelehrgeizes und bescherten den Klassen nach oft zähem Bemühen jenes "Vollendungserlebnis", von dem in ganz anderen Zusammenhängen Kerschensteiner in den rein naturwissenschaftlichen Fächern so empfehlend zu sprechen pflegte. Je reifer die Schüler wurden, regte sich - genau wie im Bereich der Handbetätigung - das Bedürfnis der fachlichen Vertiefung; dem entgegenzukommen, wurde in den Oberstufenjahren das Schwergewicht in die Fachkurse verlegt. Biologen und Chemiker, Mathematiker und Physiker, die Sprachler und die Historiker schlossen sich als Neigungsgruppen um den jeweiligen Fachmann zusammen, sich wissenschaftlich-systematisch zu fundieren und dann gemeinsam zu forschen, wobei sich in den besten Fällen diese Kurse zu Gefolgschaften oder Kameradschaften in platonischem Sinne steigern konnten. Die Hauptzahl der Stunden fiel jetzt diesen kleinen "Arbeitsgemeinschaften" zu, ebenso radikal wie vorher bei den jüngeren Jahrgängen - der Gesamtunterricht gepflegt wurde und die sog. Übungsfächer wie Fremdsprachen und Mathematik als mehr "technische" Fächer an der Peripherie standen. Gerade umgekehrt blieb in der Oberstufe nur der kleinere Teil der Stunden dem sog. Kulturunterricht vorbehalten, in dem es sich jetzt nicht mehr um Themen aus dem insularen Erleben handeln konnte, sondern um die von außen andringenden politischen und kulturellen Fragen und um den Versuch, die in den Kursen gewonnenen Einzelerkenntnisse einem einheitlichen Weltbild einzufügen; daß dabei die Kursler vielfach als angehende Kenner ihrer Teilgebiete fördernd eingriffen oder falls der Horizont noch nicht ausreichte, ihre Lehrer, die auch am Kulturunterricht teilnahmen, trug weiter dazu bei, den Schülern eine Ahnung von der universitas litterarum zu vermitteln. Dem Zweck, einer zu großen Isolierung der Kurse vorzubeugen, dienten außerdem die Rechenschaftsberichte, zu denen sie sich in Quartalsabständen einluden, um in populärere Darbietung (Lichtbilder, Ausstellungen, Experimente, Hörspiele etc.) sich gegenseitig über Art und Fortgang ihrer Spezialarbeit zu orientieren, Vormittage, die oft zu den Höhepunkten des Schullebens wurden, den schon früh gepflegten Gruppenehrgeiz aktivierten und manchen Teilnehmer sogar empfinden ließen, daß Konzentration und Spezialisierung keinen Widerspruch in unserer Insel-Methodik, vielmehr eine Antithese im Hegelschen Sinne darstellten.

Um Fehlentscheidungen beim Eintritt zu vermeiden, hatte sich eine Art Aufnahmeprotokoll eingebürgert. Die Aufgaben dazu - teils schriftlich, teils in einem colloquium zu lösen, - wurden von den Kursleiter 6 Wochen vorher bekannt gegeben; sie verlangten einerseits das notwendige elementare Wissen, andererseits den Nachweis wirklich tiefer dringenden Interesses an dem gewählten Gebiet. Sich darauf vorzubereiten, standen den angehenden Oberstüflern eine Reihe von Studientagen frei; zugleich eine Erprobung selbstständiger Zeitausnutzung. Im letzten Jahr der Kurszugehörigkeit war als Abschluß eine Halbjahresarbeit einzureichen, eine Einrichtung die die Anregung zu den freiwilligen Jahresarbeiten in den staatlichen Abituriumsbestimmungen gegeben hat. Ein Teil der Scharfenberger

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Kursthemen verrät die Tendenz, diese wissenschaftlichen Erstlinge nicht nur am Bücher, sondern mehr an das Leben anzuknüpfen. So hat ein "Biologe" den dendrologischen Wert der Insel untersucht, ein anderer die immergrünen Gewächse auf ihr als Vermächtnis des Vorbesitzers Dr. Bolle festgestellt und beschrieben, ein Dritter die Ernährung der Scharfenberger nach einem weitsichtigen statistischen Material unter Verwertung der neusten Vitamintherrien sich zum Gegenstand genommen. Ein "Mathematiker" lieferte auf Grund seiner Messungen eine maßstabsgetreue Inselkarte, die gedruckt werden konnte; ein anderer baute nach einer Rheinfahrt die Moselschlinge als Relief. Ein "Historiker", der lange den mittäglichen Zeitungsbericht erstattet hatte, vertiefte sich in das Wesen der Kartelle und Truste auf Grund selbst gesammelten Zeitungsmaterials. Andere schrieben nach einer Studienfahrt nach Ostfalen "In und um die Stifter Quedlinburg und Gandersheim" oder über "eine Halberstadtwoche" oder "über die 5 Eroberungen Magdeburgs", worunter als die 4. die durch den Architekten Bruno Taut, als die 5. die durch die Scharfenberger Touristen zu verstehen war. Wieder ein anderer versuchte sich 1931 an der Auseinandersetzung mit seiner Zeit unter dem Leitmotiv Ford-Gandhi-Lenin! Tragisch das gerade dieser besinnlich-verbissene Anhänger Lenins "im Kampf gegen den Bolschewismus" sein Leben lassen mußte! Es war der geistige Anreger einer kommunistisch eingestellten Gruppe gewesen, ohne daß Scharfenberg jemals parteipolitisch gebunden gewesen wäre; dazu war es zu tolerant, so tolerant, daß eine österreichische Besucherin sich versucht gefühlt hat, für diese Inselschule den Namen des alten Tiroler Wirtshauses "Zur alten Toleranz" vorzuschlagen [Anm. 1]; denn hier wohnten in Frieden Kinder aller Klassen neben einander; bei den Volksliederabenden, an denen die Eltern mitsangen, gab es z.B. einen Eisenbahnertisch, um den der Verkehrsminister, ein Lokomotivführer und ein Schaffner sich zusammenfanden. Katholiken, Lutheraner, Baptisten, Juden, Dissidenten - keiner schmälerte dem anderen seine Grundsätze noch Gewohnheiten. Bei aller Leidenschaftlichkeit der Stellungnahme herrschte an so manchem Diskussionsabend die vornehme Duldung echter Demokratie, wie sie in Perikles' Leichenrede den nie im Nachbarhaus schnüffelnden Athenern nachgerühmt wird. Gleich ob man sich nach dem Referat eines radikalen Monisten über Häckels Welträtsel stritt, sei es, daß die Pazifisten und Heldenverehrer sich eine Schlacht um die Wertung Napoleons lieferten, sei es, daß am Film von den hölzernen Kreuzen die Geister sich schieden. Jeden Mittag erstattete ein älterer Schüler an Stelle klösterlicher Lesung einen politischen Bericht, den er aus den im Lesesaal ausliegenden Zeitungen aller Färbungen geschöpft hatte. Zur Vertiefung dieses mittäglichen Allerlei hielt ein befreundeter Nationalökonom zuweilen volkswirtschaftliche Kolloquien ab über die Börse und ihre Funktionen, über Wirtschaftstheorien, über Zölle, Bevölkerungsstatistik oder die Institution der internationalen Völkerbeziehungen. Wirksamer noch als solche Belehrungen war das politische Erleben im eigenen Kreis. Etwa das Teilnehmen an der aus verlängerten Tischunterhaltungen entstandenen Abendaussprachen deren Beschlüsse auf der Insel allein etwas ge- oder verbieten konnten, die die Ämter besetzte und auch den Gewählten wieder das Vertrauen entziehen konnte; wenn am anderen Morgen statt des Kameraden, den man bisher an exponierter Stelle zu sehen gewohnt war, der Neugewählte stand, ist manchem die Unerbittlichkeit des Majoritätsbeschlusses in einer Demokratie anschaulich und die Verantwortlichkeit für jede Stimmenabgabe bewußt geworden. In diesen Dingen scheute man vor letzten Konsequenzen nicht zurück: Lehrer und Schüler hatten je eine Stimme; nach Ablauf einer Eingewöhnungszeit entschied die Abendaussprache über Verbleiben oder Gehen der neu hinzugetretenen Bürger; man war überzeugt, daß eine Selbstverwaltung, die man nur über Indifferentes wie Festprogramme be-

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schließen läßt, ihren staatsbürgerlichen Erzeihungswert im Sinne des preußischen Bauernbefreiers und Schöpfers der Städt-Autonomie verlieren würde. Um auch die Eltern zu aktivieren, traten diese von Zeit zu Zeit mit Lehrern und Schülern zu "Sonntagsschulgemeinden" zusammen, um in offener Aussprache sich über Prinzipielles klar zu werden. Diese unbedingte Ehrlichkeit der freien Meinungsäußerung war eine Forderung unter den sog. Novemberpunkten, zu denen sich eine solche Schulgemeinde als maßgebend für den Scharfenberger Lebensstil bekannte: "Pflege, unter keinen Umständen Verminderung der körperlichen Arbeit; Beibehalten der Einfachheit nicht als eines Notbehelfs, sondern aus Grundsatz; gesunde Abhärtung in Nahrung, Kleidung, Bestehen von Gefahren; Ablehnung aller sog. Vergnügungen und Kulturgenüsse, die modemäßig zum Leben der Jugendlichen gehören; Freiwilligkeit das Prinzip für alle wissenschaftliche Arbeit ohne den Stimulus der Zensuren, Fortfahren in der Erziehung dazu, auch wenn einzelne die volle Reife noch vermissen lassen" ...

Dieses "Alte Scharfenberg" hat alsbald in der Öffentlichkeit großes Interesse gefunden. Rathenau bezahlte das Defizit des ersten Versuchssommers; Borsig stiftete als Nachbar auf Reiherwerder die landwirtschaftlichen Geräte und die erste Kuh. Stadträtin Klara Weyl, die in der Gründungsgeschichte den Ehrenplatz haben müßte, sorgte für Betten und Kücheneinrichtung, Stadtrat Wege lieh aus dem städtischen Fuhrpark plastermüde Pensionspferde. Der resignierte Stoßseufzer des damaligen Stadtschulrats W. Paulsen nach einer Stadtverordnetenversammlung: "Warum können die Beschlüsse nicht auch sonst so einig gefaßt werden wie über den Neubau auf der Insel!" war bezeichnend. Die Rechtspresse betonte die spartanische Abhärtung und das Agrarische an dem Versuch; Prof. Paul Hildebrandt in der Voß [=Vossischen Zeitung] den pädagogischen Wagemut, der Vorwärts freute sich an der aktiven Mitarbeit der Elternschaft; Dr. Witte fragte in derselben Zeitung nach Besprechung des Blockstundenplans und des Wechsels nach Sachgebieten konzentrierter Unterrichtswochen den Minister Boelitz, ob er diese Versuche nicht in die Regelschule übernehmen wolle. In den Fachzeitschriften erregte der "Gesamtunterricht" am meisten Aufmerksamkeit; man ordnete ihn ein zwischen Berthold Otto und Petersen; man würdigte ihn als Überwindung der berühmten Klage Legardes über die an einem Vormittag an 6 verschiedenen Krippen getriebene Jugend und die Zerrissenheit, das Unorganische des bisherigen Bildungsverfahrens. Die Diskussion über die Gabelungsexperimente in den Oberstufen im Grunewaldgymnasium und in Karlshorst gewann neuen Auftrieb durch die Debatten über das Scharfenberger "Kurssystem" von dem Oberschulrat Heyn im Nydalbuch 1928 etwas übertrieben behauptete, hier liege der Hauptansatzpunkt zur Reform unseres höheren Schulwesens. In der "Neuen Erziehung", die unzufrieden war, daß man in Scharfenberg nach dem Vorbild der sächsischen Aufbauschulen mit Latein anfing, gab es Kritiken und Antikritiken; mit Paul Österreichscher Unbedingtheit verwarf man dort überhaupt den ersten praktischen Schritt, weil er sich nicht gleich auf Tausende auswirken konnte, während die Locarno Zeitschrift, "das werdende Zeitalter" über die Schulfarm 1928 ein Doppelheft herausbrachte als einen Beginn einer "Phänomenologie der neuen Schule" [Anm. 2]. Manchen pädagogischen Globetrotter, denen im Vestibül ein vom Deutschkurs aus dem Gleimhaus mitgebrachter Abwehrspruch entgegenleuchtete: Keinen Schritt hinein, wenn ihr nicht Exempel zu Euren Lehren seid trugen die Kunde ins Ausland. So las man in der Londoner "The New Era": "Scharfenberg has collected a band of enthusiastic boys, who live a free and happy live, embodying the new ideals in education in the school community." Und eine der vielen östlichen Stimmen

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schloß nach Schilderung fermy szkolney [Anm. 3] pod Berlineren mit der Frage, ob man nicht bei Warschau etwas Ähnliches einrichten könne. Aus der Zahl der damals erschienenen wissenschaftlichen Veröffentlichungen überraschte die Scharfenberger das Buch von Saupe über die Überwindung der Bildungskrisis, weil darin "die variable Verbindung von Kern- und Kursunterricht" und "die ausgezeichnete Organisation der Kulturkonzentration durch Abwechslung von sprachlich-historischen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Wochen" als Mittel dazu gewürdigt wurden oder gar bei Besprechung des Troeltschen sozial-ethischen Menschentyps zu lesen war, "dieser neue Mensch wächst nur in der Stille und in keinen Kreisen, die sich nicht scheuen, nach restloser Geistesarbeit noch am Nachmittag die Mühen der Bewirtschaftung des eigenen Bodens sich abzuringen und so jungen Menschen, denen ihre soziale Lage es verbietet, eine höhere Großstadtschule zu besuchen, eine gleichwertige, zeitlich verkürzte Ausbildung in ihrer eigenen Erziehungsgemeinschaft zuteilwerden zu lassen." An anderer Stelle wurde die Vierkandtsche soziologische Terminologie auf die Schulfarm angewandt, die im Begriff sei, von den gefühlsbedingten Formen der Erholungs- und Erziehungsgemeinschaft sich durchzuringen zum zweck- und werthaften Typus der Arbeitsgemeinschaft, welche die Bildungsarbeit zum integrierenden Bestandteil der Lebensstätte erhebt. Daß dabei die unbefangene Jugendlust nicht verloren gegangen war, verriet das vielgelesene "Jugendbuch" "Die Knaben von der Inselschule" aus der Feder von Liselotte Alverdes [Anm. 4]. Die immanenten Erziehungsziele hat ohne wissenschaftliche Terminologie und ohne romanhafte Ausgestaltung am schönsten die Wiener Sozialpädagogin Eugenie Schwarzwald umschrieben: "Sie streben nach fröhlicher Tugend. Sie sind dahintergekommen, daß sich selbst vergessen und anderen dienen äußerst rentabel ist. Von diesem Gesichtspunkt aus versuchen sie die Lösung ihrer beiden Hauptprobleme: Wie gestalte ich mein Leben äußerst reich, und wie kriegen wir es fertig, möglichst ohne Kostenaufwand zu leben; die Verfasserin glaubt ferner erkannt zu haben, daß edle Freiheit zwar nicht auf dem Stundenplan steht, aber doch der Hauptunterrichtsgegenstand ist! [Anm. 5] Das Tiefste aber über den damaligen Versuch sagte an versteckter Stelle in einem Aufsatz über "das Janusgesicht der Schule" Dr. Elisabeth Rotten [Anm. 6] aus Anlaß des Ausschlusses einiger Scharfenbergschüler, die um der Gemeinschaft willen nicht auf Befriedigung modemäßig üblicher Bedürfnisse verzichten wollten: "Bei Ablehnung der Bekenntnisschule und der Begabtenschule bejahen wir die Schule als Gesinnungsgemeinschaft solcher, die nach ihrer seelischen Eigenart fähig erscheinen und bestärkt werden können, durch ihr Beispiel verantwortlich zu sein nicht nur für ihr eigenes Tun innerhalb der größeren Gemeinschaft, sondern sich mitverantwortlich zu fühlen für die Neubildung menschlicher Beziehungen rundumher. Wir bejahen die strenge Auslese um dieser größeren Gemeinschaft willen, solange dieses Ideal kein gemeinsames unserer Zeit sein kann, und pflegen es, wo immer es aufkeimt, damit es sich aus gelebtem Leben heraus zu einem inneren Bilde verdichte, dem alle zustreben können."

Dieses Bild wird wachsen und leuchten, wird bildende Kraft gewinnen, je tiefer wir uns auf unsere letzte erzieherische Aufgabe besinnen: Hilfe zu organischem Wachstum zu bieten - Wachstum des Ganzen aus dem der Einzelnen. Von den dazu Willigen unserer Generation, von unserer Opferbereitschaft, wo es sein muß, von unserer eigenen Loslösung aus der Tagesströmung hängt es ab, ob dieses innere Bild erweckende und fortreißende Kraft für ein neues Zeitalter gewinnt, ehe es zu spät ist. Dieses muß alte starr gewordene Formen sprengen,

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wird Feindseligkeits- und Mißtrauensverschanzungen der Menschen untereinander abtragen, Sonderung von innen her aufheben und neue Bildung im tiefsten Sinne schaffen - daß die Völker - und die Völkergemeinschaft, daß religio unter den Menschen werde!"

Diese Confessio ist hier so ausführlich gebracht worden, weil sich darin der tiefste Sinn der Schulfarmgründung aus einem schweren inneren Konflikt nachträglich offenbart hat und gleichzeitig klar wird, was hier abgebrochen und unterbunden ist, als 1933/34 der Gründer mit einer Gefolgschaft das Eiland verlassen mußte, nach Ansicht der eben zittierten Bekennerin "einen der wertvollsten pädagogischen Vorposten, die Deutschland um 1930 besitzt, doppelt wertvoll darum, weil hier gewagt und erreicht ist, diesen Lebensversuch als städtische Schule mit Abiturabschluß zu machen."

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Anhang zu Teil I: Die 12 jährige Zwischenherrschaft

Das Wichtigste, das in diesem Zusammenhang über das Hitlerjugendregiment auf der Insel zu sagen ist, ist am klarsten durch die Gegenüberstellung: Vorwärtsentwicklung im Äußeren, Rückgang im Innerlichen gekennzeichnet.

Der Scheunenschlafsaal, der von Schülern und Lehrern mit Fresken landwirtschaftlicher Motive ausgemalt, die schönsten Erinnerungen für die alten Scharfenberger barg, wurde durch komfortablere Bauten ersetzt. Eine außergewöhnlich große und prunkvoll ausgestattete Turnhalle entstand aus Protest gegen die bisher herrschende Ansicht, daß bei soviel natürlicher Gelegenheit zum Bewegen, Klettern, Schwimmen, Schlittschuhlaufen, zum Anspannen aller Muskeln in körperlicher Arbeit künstliche Geräte nicht notwendig seien; an Stelle der Gymnastik im engverwandten Lohllandstil, die als Gegengewicht gegen bäuerliche Ungelenkigkeit betrieben war, trat das übliche Turnen mit besonderer Betonung militärischen Drills. Es wurde ein eigenes Schulgebäude mit Physik- und Chemiesaal errichtet, die man früher aus Sparsamkeitsgründen in der Tegler Humboldtschule mitbenutzt hatte. Für verheiratete Lehrer, die sich so lange mit 2 Zimmern hatten begnügen müssen und an der Gemeinschaftsverpflegung teilnahmen, wurden Dienstwohnungen gebaut mit Eigenküchen und sich absondernden Haushaltungen. Der Fährdienst, bisher ein wöchentlich wechselnder Ehrendienst, ausgeübt von Schülern die im Schwimm und Rudern und Staken besonders geschult und geprüft waren, wurde bezahlten Fährleuten übertragen, wie überhaupt das Personal zu- und die Selbständigkeit nebst Schülerzahl abnahm. In der Inselzeitung "Der Fährkahn" [Anm. 7], die, feierlich in Berlin gedruckt, unsere von Schülerhänden in der Inseldruckerei hergestellte "Ernte" [Anm. 8] ablöste, liest man den bezeichnenden Satz: "Etwas Wichtiges soll nicht vergessen werden. Wir haben jetzt zwei hauptamtlich beschäftigte Handwerker; es ist nun nicht mehr nötig, daß Jungen die kleinen Reparaturen übernehmen müssen. Auch braucht kein Lehrer mehr mit 3 größeren Schülern aus dem Unterricht geholt werden, um die große Fähre zu staken." Und dieser selbst? Nach kurzer Zeit waren alle Besonderheiten aus der Reformzeit geschwunden; der neue Leiter, der sich seine Sporen durch heimliches Materialsammeln zur Schwedtkeschen Schrift "Nie wieder Karl-Marx-Schule!" [Anm. 9] und Fortsetzung dieser Spionage in Scharfenberg als Assessor und SA-Mann verdient hatte, kam nicht auf den naheliegenden Gedanken, hier mitten im Wasser eine Sonderschule für Marinehitlerjungen zu entwickeln, sondern hatte offenbar nur den Ehrgeiz, die Inselschule möglichst schnell dem üblichen Typ der Oberschule anzugleichen. Er sah ein Verdienst darin, dem Goebbelschen KLV-Erlaß eiligst nachzukommen, sich als erste Berliner Oberschule "geschlossen" nach dem sicheren Südosten verfrachten zu lassen und die Insel mit ihrem bombensicheren Bergkeller schulfremden Zwecken preiszugeben. Zunächst zogen hier jugendliche Borsigarbeiter ein; eine Gruppe volksdeutscher Lehrer aus der Ukraine, die an Berliner Schulen lernen sollten, folgte; eine Musikschule der HJ nistete sich ein und hinterließ nicht weniger als 3 Flügel und 16 Klaviere; zum Schluß mußte die Insel in unschönen Baracken 300 Hitlerjungen beherbergen; dieses "Wehrertüchtigungslager" war der Tiefpunkt in der Geschichte der Humboldtinsel; sein grotesker Plan, sie gegen die Russen zu verteidigen, endete in fluchtartigem Aufbruch, wobei unersetzliche Werte an lebendem und totem Inventar planlos verloren gingen. Diese Verluste und das Revancheunternehmen der Russen, hier zwei Monate hindurch eine Flottenstation für ihren Marinenachwuchs zu unterhalten, haben den Neuaufbau der Schulfarm erschwert und verzögert.

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II. Teil: Wie die Schulfarm augenblicklich ist, und was sie werden könnte

Es wird der Reinickendorfer Bezirksverwaltung unter ihren allem Kulturellen zugewandten Bürgermeistern Böhm und später Schneider unvergessen bleiben, daß sie sich sofort nach dem Zusammenbruch des Hitlerregimes auf die freiheitliche Schultradition der Insel besann und am 15. Mai den Begründer derselben mit der Wiedereinrichtung der Schulfarm betraute.

Selbst der Interimsstadtschulrat Dr. Meinshausen und seine nationalsozialistischen Helfer haben in Scharfenberg "eine große, ja beinahe unvergleichliche Möglichkeit zu deutscher Erziehung" erkannt und zum mindesten theoretisch die Absicht gehabt, "etwas groß Entworfenes nicht halb auszufüllen." (vergl. die über Meinshausen erschienenen Biographie [Anm. 10] und Fährkahn, Mai 37, S. 2!)

Nicht nur die einzigartige Lage, der landschaftliche Charakter, den der Dichter O.J. Bierbaum als Inselgast mit den wundervoll zutreffenden Worten "Schönheit in Freiheit" umschrieben hat [Anm. 11], mehr noch das Vorhandensein einer nicht unbeträchtlichen Zahl so gut wie unbeschädigter Gebäude lockten die verschiedensten Interessenten an. Da gibt es eine schilfgedeckte Scheune mit Stallungen, ein Pächterhaus und im Ankerbaustil das Herrenhaus mit Butzenscheibensaal und großer Küche aus der Bolleperiode; ein Fährhaus mit 2 Werkstätten und einem Zeichensaal, zwei hübsche Holzhäuschen, den großen Steinbau in schwungvoll gezogener moderner Linienführung mit zwei Schlafsälen, einem U-förmigen Unterrichtssaal mit Bühne, Wohnstuben für ältere Schüler, Brause- und Waschgelegenheiten aus der Reformzeit um 1928 stammend; dazu aus dem Hitlerregime die riesige Turnhalle, das Unterrichtsgebäude, 3 Lehrerwohnhäuser und 3 Baracken - Raum genug für Ausgebomte und Flüchtlinge, nachdem das Wehrertüchtigungslager sie geräumt hatte; Verstecke genug für dessen letzte Chargierte, die hier unterzutauchen versuchten; kann es wundernehmen, daß ärztliche Kommissionen sich einstellten, den Plan eines Sanatoriums zu ventilieren? Lag es nicht nahe, daß nach Abfahrt der russischen Flottille die in Spandau stationierten englischen Offiziere daran gingen, die Häuser zum Sitz eines Segelklubs einzurichten? Und als diese von ihrem verständnisvoll der Schule entgegenkommenden Oberkommando abgewinkt waren, machte die Direktion der städtischen Wasserwerke, die 1922 das Schulexperiment mit süßsaurer Miene hatten dulden müssen, ihre alten Ansprüche geltend. Eine nicht ganz ungefährliche Konkurrenz, da die Insel einst für Wasserwerkszwecke angekauft worden ist. Die seit Jahrzehnten geplanten Brunnen sollen jetzt in absehbarer Zeit nach Aussage der Direktion gebohrt werden. Nach einer erregten Diskussion im Amtszimmer des Bürgermeisters Schneider in Reinickendorf ergab eine gemeinsame Lokalbesichtigung, daß sich ein modus vivendi für beide Verwaltungen finden lassen wird, da die Schule am unterirdisch sprudelnden Wasser uninteressiert ist und die Anlagen in jeder Beziehung schützen wird, umgekehrt die Werke für die oben aufgezählten Gebäude normaler Weise keine Verwendung haben können. Selbst wenn die geltend gemachten hygienischen Belange: Gefährdung der Reinheit des Wassers durch die Nähe menschlicher Wohnungen oder den Kot weidender Kühe nicht übertriebener Vorsicht entsprungen sein sollten, wird sich auch

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darin Abhilfe schaffen lassen, zumal die gleichkonstruierten Festlandsbrunnen zum Teil in geringem Abstand von den im Sommer übervölkerten Freibadgebäuden und rings am Tegler Seeufer unisoliert und unbehütet frei in der Gegend ein Stückchen aus der Erde schauen! Auf jeden Fall konnten wir die Wasserwerksdirektion beruhigen, daß der von ihr mitgeführte geradezu phantastisch anmutende Bauplan der nationalsozialistischen Schulverwaltung uns völlig fremd und unseren Absichten, der Insel ihren natürlichen unstädtischen Charakter zu bewahren, diametral entgegengesetzt ist! Wir wollen nichts weiter als im Rahmen des bis jetzt Gegebenen - und das ist viel und in heutigen Zeitläuften anderswo unmöglich zu ersetzen - unserem Berlin so schnell wie möglich seine einstige, dem Zeitgeist von 45 angepaßte "Pionierschule" wiederschaffen, die zugleich als einzigartige Ausbildungsstätte für seine Junglehrer für die Allgemeinheit fruchtbar werden soll.

Nach Lage der Dinge durfte man nach diesen mannigfachen Prätensionen nicht bis zum Frühjahr warten, was sonst das Richtige gewesen wäre, sondern mußte schnell zupacken und noch im Herbst, nachdem die Insel von allen ungebetenen Gästen frei war, die Schule beginnen und damit alle Debatten mit so und so viel inselbeflissenen Instanzen abschneiden. Der Aufruf an die Schulen der Bezirke Reinickendorf und Spandau, die an den See grenzen, und an die Bezirke Wedding und Tiergarten als den vom Bombenterror am schlimmsten heimgesuchten, fand ein starkes Echo; alsbald lagen 150 Meldungen ca. 13. jähriger Berliner Jungen vor, deren Eltern bereit waren, trotz der drohenden Winternöte ihre Söhne die Robinsonade wagen zu lassen.

So hielten am 15. September 70 Jungen und 3 Lehrkräfte ihren Einzug. Zweidrittel kamen aus den 6. und 7. Klassen Berliner Volksschulen, ein Drittel aus Klassen höherer Schulen. Bei der Auswahl war das Urteil der bisherigen Lehrer und unser persönlicher Eindruck in längeren Kolloquien entscheidend gewesen; bei der Ungleichmäßigkeit der Vorbildung ließen wir sie nicht durch eine besondere Wissensprüfung gehen. Da der Schulfarmleiter auch gleichzeitig Direktor der Humboldtschule im nahen Tegel ist, schickt er für Englisch und Mathematik seine bewährtesten Kräfte tageweise herüber. Die ständig auf der Insel wohnenden Lehrkräfte sind der Biologe und Geograph Dr. von Poser, Passargeschüler, ein weitgereister Mann, länger im Naturschutz tätig gewesen; Herr Heinz Hanisch, von der Sprachtechnik, der Gymnastik, vom Laienspiel, vom Jugendchor, von Prof. Dr. Leyhausen her kommend und Frau Dr. Arnold, geprüfte Studienrätin für Deutsch, Geschichte, Volkskunde. Da den ersten beiden längere pädagogische Erfahrung noch fehlt, unterrichten sie auf eigenen Wunsch auch einige Stunden in der Tegler Normalschule. Die einzige ganz der Insel gehörende Lehrkraft ist also bis jetzt Frau Dr. Arnold; sie ist daher auch am stärksten mit ihr verwachsen, ist Lehrerin, stellvertretende Leiterin und Inselmutter in einer Person. Sie kann also das Scharfenberger Leben, wie es augenblicklich ist, am unmittelbarsten schildern, und ich gebe ihr für eine Weile das Wort.

"Sieben Wochen lang bin ich jetzt im neuen Scharfenberg, Jeder Außenstehende wird sagen, da läßt sich kaum mehr als die Beschreibung des Anfangs bieten. In jedem Anfang liegt aber die Zukunft verborgen.

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Ich kam hierher mit dem Wunsch, eine Möglichkeit zu finden, aufbauend zu arbeiten. Ich hatte genug von den blossen Ruf: Ändert das Schulwesen, und Ihr ändert das Volk. Was auf Scharfenberg nun anders werden sollte, wußte ich nicht. Ich empfand, die Leitung der neuen Schule lag in den Händen eines wahren Menschen mit einem Herzen voll Bereitschaft und Güte für Kinder. Die wichtigste Voraussetzung für die Schaffung des neuen Scharfenberg war da. Der Leiter war weiter derselbe, der die Inselschule einst gegründet und sie bis 1933 zu der Schulfarm ausgebaut hatte, die in Schulkreisen ein Begriff wurde. Und drittens schien es mir besonders wichtig, daß dieser Leiter sich bewußt war, daß wir heute nicht ohne weiteres an die abgebrochene Linie von 1933 anknüpfen können, daß wir alles Gute der verflossenen Zeiten benutzend von unseren jetzigen Gegebenheiten Weg und Ziel stecken müssen.

Die meisten unserer Kinder haben bereits ein hartes Schicksal erfahren müssen. 4 Jungen haben gar keine Eltern mehr, 24 haben keinen Vater, 2 haben keine Mutter; 10 Schüler sind Flüchtlinge aus Gebieten östlich der Oder. 4 Jungen sind aus Familien der "Opfer des Faschismus!" Fast alle Kinder haben ihre elterliche Wohnung durch Kriegseinwirkung verloren.

Der Gesundheitszustand unserer Kinder war denn auch bei der Aufnahme nicht sehr günstig. Nur zwei Jungen erreichten mit einem Untergewicht von nur 1 kg annähernd das Durchschnittsgewicht. Die meisten Jungen wogen 5-7 kg. zu wenig. Als Mangelerscheinungen machen sich besonders Hautkrankheiten unangenehm bemerkbar. 20 Jungen wurden nach der schulärztlichen Untersuchung als "lungengefährdet" erklärt.

Die geistige Kapazität, die die Kinder im Unterricht an den Tag legen, ist verhältnismäßig groß. Das schulfachliche Wissen und Können entspricht ihr allerdings nicht ganz.

Für die seelische Verfassung der Kinder mag folgendes Beispiel sprechen: Im Aufsatzunterricht hatte die 40-Schülerstarke a-Klasse die Aufgabe bekommen, ein Selbstgespräch zuschreiben. Nur 9 Jungen wählten ein "friedliches" Thema wie "Selbstgespräch einer Mutter beim Kochen", "Selbstgespräch des Robinson Crusoe" u.ä. Alle anderen Schüler wählten Selbstgespräche von Dieben, Mördern, Brandstiftern und Einbrechern. Ist dieses kleine Erlebnis einer Deutschlehrerin nicht ein grauenhafter Beweis für die Auswirkung einer verflossenen Zeit? Aber wir fühlen, diese Jungen sind noch alle zu retten, noch sind sie weich und formbar.

Dieser Schülerbestand gibt uns zunächst folgende Aufgabe: Bei Schonung der körperlichen Kräfte unserer Kinder ihren Wissensstand schnell durch gutdurchdachten, systematischen, methodischen Unterricht zu heben und vor allem die Herzen der Kinder für friedliche Lebensideale zu gewinnen.

Wir streichen Turnen aus dem Unterrichtsplan. Uns genügt vorläufig eine 10-Minuten lang dauernde morgendliche Gymnastik zur Lockerung und Ermunterung und das gelegentliche Tummelspiel. An anderer Stelle wird von land- und handwerklicher Arbeit geredet werden müssen, die für die körperliche Betätigung als Ausgleich zur geistigen Arbeit sorgt.

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Anknüpfungspunkte und Themen für unseren Unterricht in allen Fächern gibt uns die Insel reichlich. Wir brauchen auf keine neuen Lehrbücher zu warten. Das Thema: Insel, Wasser, Wald erfüllt alle Fächer in diesen ersten Wochen. Hier wird die Geschichte der Insel durchgenommen, eine Möglichkeit, von einer politisch ungefärbten Seite her das fehlebde Zeitbild- und chronologische Empfinden zu schaffen. Robinson Crusoe und Homerische Inselwelt werden erlebt. Ein Medaillon Homers befindet sich am Bollehaus! Weiche und zarte, lustige und herzhafte Volkslieder und Texte von Mathias und Hermann Claudius aus dem oben erwähnten Stoffkreis werden bei Arbeit und Spiel und an unseren gemeinsamen Abenden, an denen erzählt und vorgelesen wird, gesungen. Wie sind die Stimmen "verschrien". Noch lebt in den Herzen der Jungen der Klang der H.J.-Trommeln und das dröhnende Pauken ihrer H.J.-Lieder, bei denen "die morschen Knochen" einer Welt erzittern sollten. (Bald werden eine Anzahl "Landsknechte" - und Spielschartrommeln, die sich noch in einer Kammer auf unserer Insel fanden, in einem unter zu erwähnenden Handwerksunterricht zu Garten und Spieltischen und Hockern verarbeitet werden.) Eine kleine Musiziergruppe (Klavier, Geige und Flöten) ist im Begriff zu entstehen.

Für den Geographie-, Zeichen- und Biologieunterricht bietet der Inselstoffkreis einen herrlichen Arbeitsansatzpunkt. Alle Schüler sind inzwischen schon Pilzkenner geworden; in überraschend kurzer Zeit haben sie Körbe voll Stockschüpplingen, Hallimasch, Graukappen, Gelblingen ebenso die durch Masse wirkenden Parasols und die schmackhaften Feld-Champignons gesammelt. Auch das Abernten der Eßkastanien, der Rot- und Weißdorn-, Els- Mehlbeer- und Wildapfelbäume, der Hagebutten und Hollunderfrüchte sowie der Wacholderbeeren hatten zugleich theoretischen und praktischen Wert. Der Rahmen des Schulfachs wird auch sonst bei den Inselführungen häufig gesprengt; eins greift ins andere und wird mit der Zeit zu einer organischen Einheit. Der hier auf Scharfenberg gehandhabte Ganzheitsunterricht entspricht unserer Forderung, auf die einfachen natürlichen Grundlagen unseres Lebens zurück zu gehen. Der Unterricht soll aus der Gegenwart und dem das Kind umgebenden Leben erwachsen. Bestimmte Lebenskreise werden gleichzeitig in allen Fächern behandelt. So bleibt durch diese Gesamtschau die Einheit des Lebens im Bewußtsein des Kindes erhalten. Daneben soll bei geschickter Stoffanordnung auch der Fachunterricht stehen. Jedes Fach löst mit der ihm eigenen Struktur ganz bestimmte Kräfte im Schüler aus, die wir keines Falls missen können. Ganzheits- und Fachunterricht können beide den Übungsunterricht heute nicht entbehren; er beansprucht auf Scharfenberg augenblicklich noch einen recht großen Raum. Ohne ein Kapital an Kenntnissen und Fertigkeiten kommt kein Mensch im Leben aus.

Einige Sorgen macht uns die Religionsfrage. Laut Anordnung ist die religiöse Unterweisung dem Elternhaus und der Kirche Vorbehalten. Wohl hat der Großteil unserer Schüler ein Elternhaus, aber dieses Elternhaus hat ja den größten Teil des Einflusses an uns abgegeben. Von unseren 70 Jungen sind 49 evangelisch, 8 katholisch und 13 konfessionslos. Um die Gemeinsamkeit nicht zu zersplittern, finden wir uns alle einmal wöchentlich zu einem "besinnlichen Abend" zusammen. Religionsunterweisung ohne konfessionelle Grundlage. Die religio, die Bindung an eine höhere Macht, wie sie sich im Märchen und der Mythologie der Völker ausspricht, soll erlebt werden.

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Wie diese religio im Islam, im Christentum und anderen Religionen aussieht, soll aufgezeigt werden. Daß wir die christliche Religion als Mitgestalterin europäischer Kultur besonders gründlich betrachten werden, ist verständlich. Zur Toleranz der echten Grundlage der Demokratie, zu erziehen, ist unser Ziel (So wurde in diesem Sinne gleich in diesen ersten Wochen von Tolstoi "Im Kaffeehaus von Surate" [Anm. 12] vorgelesen und Lessings Ringparabel erzählt.) Diese besinnlichen Abende finden im Einverständnis der Eltern statt. Zur Erteilung des fakultativen Konfirmandenunterrichts kommt freilich der Tegelorter Pfarrer, "ein Jüngling näher dem Manne", auf die Insel.

An jedem zweiten Sonntag ist Besuchstag. Es ist unser Bestreben, die Eltern am Schulleben teilnehmen zu lassen. So trifft sich an diesen Nachmittagen alles zwanglos zu einer Unterhaltungsstunde in einem unserer Säle. Lehrer berichten von Schwierigkeiten und Erfolgen im Unterricht und im Zusammenleben. Schülern wird die Möglichkeit gegeben, gute Einzelleistungen der vergangenen 14 Tage vor das Forum der Elternschaft zu bringen; Aufsätze werden verlesen ein gutes Referat wird vorgetragen, Gedichte werdengesprochen, neue Lieder werden vor und mit den Eltern gesungen, eine englische Stunde wird im Ausschnitt gezeigt, sogar die Methodik des Mathematikunterrichts in praxi veranschaulicht. An diesen Nachmittagen haben selbstverständlich die Eltern auch Gelegenheit, Wünsche und Klagen vorzubringen. Im allgemeinen läßt sich feststellen, daß sie unsere Arbeit verständnisvoll begleiten.

In diesen ersten Wochen nach der Wiedereröffnung Scharfenbergs war es uns wenig möglich, den Farmcharakter der Schule zu betonen; wohl konnten die Kinder Kartoffeln buddeln und den zukünftigen Gemüsegarten umgraben oder den Holzdienst versehen. Aber zum eigentlichen Farmbetrieb gehört ja das Vieh, das wir leider Gottes nicht mehr haben. So unterschied sich letztlich unsere Schule in den ersten 4 Wochen noch wenig von einem guten Internat.

Die heranrückende Weihnachtszeit kam uns zur Hilfe. Wir hatten auf dem Inselgelände Werkstätten, wenn auch mit nur unvollständigem Handwerkzeug. Begeistert griffen die Schüler den Gedanken auf, in diesen Werkstätten Weihnachtsgeschenke für die Eltern herzustellen. Der Plan einer Art Weihnachtsmesse nimmt Gestalt an. Unser Grundsatz nirgends lediglich spielerische Betätigung zu betreiben, sollte auch hier gewahrt werden. So haben wir einen alten Tischler- und Stellmachermeister, der auf der Insel bei seiner verheirateten Tochter lebt, gebeten, acht unserer Jungen in den Grundarbeiten seines Handwerks zu unterweisen. Sie werden zunächst keine Ziehwagen, Fußbänke, Bücherborde- und Stützen, Wiegen und Schaukelpferde unter seiner Anleitung herstellen. Eine zweite Handwerksgruppe bildete sich von selber: die Korbflechter. Ein Junge dessen Großvater Korbflechter von Beruf ist, hat bereits früher zu Hause geholfen und besitzt gute Vorkenntnisse. Seine Scheu, den einfachen Großvater hierher als Lehrmeister mitzubringen, wird überwunden, in dem wir ihm den Wert seines Ahnen klarmachen. So wird Vater Scholz einige unserer Jungen, die sich bereits mit Hacke und Beil die zum Flechten nötigen Wurzeln geschlagen haben, künftig an den Nachmittagen in seiner Kunst unterweisen.

Die Lektüre des Robinson macht sich in unserem praktischen Leben bemerkbar. Unsere Inseljungen begeistern sich für die menschlichen Urhandwerke. Wie dem Robinson auf seiner Insel kein Werkzeug zur Verfügung steht, so müssen sich auch unsere Schnitzer mit dem primitivsten Gerät begnügen. Nur mit ihren Taschen- oder Küchenmessern ausgestattet stellen sie Löffel, Gabeln, Papiermesser, Salzfässer u.a. her. Diese Arbeit ist aus dem Spiel erwachsen. Unsere Jungen schnitzelten an bunten Weidenstöcken- und Pfeifchen, wo sie nur gingen und standen. Sie hatten Freude am scharfen Messer und am Fliegen der Späne. Wir brauchten nur dieses Spiel sinnvoll zur Arbeit zu lenken. Wieviel größer ist jetzt ihre Freude am fertigen Werkchen und sei es auch nur ein schlanker Brieföffner oder ein Kistchen. Ganz von selber erwacht der Wunsch nach der Verzierung, für den Zeichenlehrer der geeignete Augenblick mit der Geschmackserziehung zu beginnen. So schließt sich hier gleichzeitig eine andere Lücke im Schulunterricht. Im allgemeinen wendet sich der Zeichenunterricht an das künstlerische begabte Kind. Das Durchschnittskind nimmt weiter keine Segnung des Zeichenunterrichtes ins Leben mit hinaus. Es gewinnt aber durch Schnitzen, Basteln, Bemalen von kleinen Gegenständen, Aufteilen von großen Flächen durch farbigen Anstrich usw. Fähigkeiten, an denen es Freude hat und die es im späteren Leben verwerten kann.

Die ersten Schnitz- und Flecht- und Tischlerarbeiten gelangen überraschend gut, so daß mir der Gedanke gekommen ist, die Bindung zu den Berufen der Väter unserer Schüler nicht nur von der landwirtschaftlichen Seite aus zu ahlten, sondern auch das Handwerk hinzutreten zu lassen. Es müßte in dem 6-7jährigen Aufenthalt unserer Schüler auf Scharfenberg erreicht werden, daß sie zugleich auch die Gesellenprüfung in einem Handwerk, besondere Betonung ist auf das Kunsthandwerk zu legen, machen. So soll der 18jährige Scharfenberger Abiturient, Schlosser (Kunstschlosser)-geselle, Elektriker, Modelltischler und Schnitzer, oder Buchbinder sein. Neben ihm soll gleichzeitig und wertig der Scharfenberger Abiturient stehen, der vor einem amtlichen landwirtschaftlichen Prüfungsausschuß seine Elevenzeit oder Gärtnerlehrer beendet. In dieser Verbindung von Abiturium und Gesellenprüfung liegt ein neues Ziel Scharfenbergs. Hier ist eine praktische, erreichbare Möglichkeit gezeigt, die Kluft zwischen dem geistig und körperlich schaffenden Menschen zu beseitigen. Von selber fällt bei so ausgebildeten jungen Menschen das "Klassenbewußtsein;" ganz zu schweigen von Klassenhaß. In diesem Sinne ist die Scharfenberger Erziehung politisch.

Es könnte uns der Einwand gemacht werden, daß es wohl für die Jungen zu anstrengend sei, einerseits den Stoff der höheren Schule zu bewältigen, andererseits eine Art Handwerkslehre zu absolvieren. Wir werden selbstverständlich den Unterrichtsstoff, der bisher vermittelt wurde, streng sichten und hoffen, durch unser Unterrichtsverfahren manche übliche Kraftverschwendung einzusparen. Gelingt es uns, eine einigermaßen gute Ernährung unserer Schüler - z.Zt. haben wir sie noch nicht - sicherzustellen, dann können wir dem Grundsatz, daß straffe körperliche Arbeit die beste Erholung für geistige Arbeit schafft, vertrauen. Selbstverständlich muß der Tagesplan auch Zeit für das Tummeln und den Spaziergang in frischer Luft vorsehen.

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Unsere Weihnachtsvorbereitungen ließen noch einen weiteren Plan reifen: bei dem von Haus aus unbemittelten Scharfenberger Schüler kommt es darauf an, Geldmittel zu schaffen, die ihm seine Ausbildung gewährleisten. Wir wollen von dem Grundsatz ausgehen, den Stadtsäckel so wenig wie möglich zu belasten, so wenig wie möglich Stipendien anzunehmen, sondern selber die nötigen Mittel zu schaffen. So haben bereits die Schüler Grün- und Sträuße verkauft, um das Geld für die Korbflechtausbildung zu haben, so werden sie die Produkte ihrer Tischlertätigkeit verkaufen, um den Tischlermeister zu bezahlen. Diese sind die ersten kleinen Versuche. In der Zukunft könnte es anders werden. Wie die Landwirtschafts- und Gärtnerlehrlinge zu unserem Lebensunterhalt beisteuern, ist klar ersichtlich. Eigengeernteter Kohl, Brot von selbstgebautem Getreide werden uns noch einmal so gut munden wie das beziehungslos erworbene Nahrungsgut. Die Handwerker wollen später in der Stadt einen "Scharfenberger-Laden" eröffnen; in diesem Geschäft wollen sie ihre selbstverfertigten Gegenstände verkaufen. Das erzieherische Moment dieser kaufmännischen Betätigung ist nicht zu erkennen. Scharfenberger Schüler werden gezwungen, sind sie erst einmal an die Öffentlichkeit getreten, sich immer um neue Ideen - und Kinder sind reich an Einfällen - zu bemühen, und auch im Vorhandensein immer schöner Waren das Publikum zu befriedigen. So kann der Scharfenberger Lehrer nicht nur seine Schüler, sondern auch einen größeren Kreis z.B. zum Gebrauch geschmackvollen Hausrates erziehen. Haben unsere Weihnachtsvorbereitungen nicht selber das schönste Weihnachtsgeschenk gegeben? Sie haben uns auf einen neuen Weg in die Zukunft gestellt.

"Siege oder Niederlagen:
Immer gilt es neu zu wagen."
(Richard Dehmel)

Wir sind zwar eine Insel, wollen aber nicht insular sein noch werden, d.h. wir suchen Verbindung mit der Stadt durch die eben angedeuteten Kanäle und hoffen von hier aus auch an der Neugestaltung der Schule überhaupt mitzubauen, und nicht etwa hier nur eine Sonderschule entstehen zu lassen.

In diesem Sinne möchte ich zum Schluß noch eine Erkenntnis aufschreiben. Hier auf unserer Insel zeigt es sich bestimmt, ob einer der neue Lehrer ist, den die Zeit braucht. Ich wende mich an Dich, Du junger Lehrerbruder, dem das Leben der letzten Jahre nur das nackte Gesicht einer erbarmungslosen Wirklichkeit, das Gewöhnliche und Gemeine im Menschen gezeigt hat. Ich weiß, Du trägst die schwermütige Sehnsucht im Herzen, von nun an nur das andere Gesicht des Lebens zu sehen, das uns zum Erhabenen und Schönen, zur Menschlichkeit führt. Du fühlst in Dir die Berufung, zu dieser Menschlichkeit zu erziehen! Willst Du prüfen, ob Du das Zeug zu dieser Erziehung in Dir hast, dann komme zu uns und erprobe Dich. Wenn Du aus dem Kahn steigst und zu unseren Jungen stößt, dann hast Du Dein "Privatleben" verloren; es ist fort, verschluckt wie jetzt die Novembernebel die Sicht nach dem Festland verschluckt. Wenn dieses Ganz-mit-den-Kindern-leben Dich befriedigt, Dich nicht arm und krank macht, wenn Du mit wachen Sinnen das siebzigfache Wünschen der Jungenherzen aufnehmen und leiten kannst. Wenn Dich diese sich an Dich klammernden Jungensehnsüchte nicht lähmen, sondern heben, hinauftragen zur klareren Schau menschlichen Seins und Dich beglücken, dann hast Du die erste wahre Lehrerprüfung bestanden. Dann wird Dir unsere Insel, die Insel der Prüfung, zum Segen.

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Aus diesem von meiner neuen Hauptmitarbeiterin erstatteten Situationsbericht 45 leite ich zusammenfassend folgende Ergebnisse und Zukunftsforderungen ab:

1. Mehr noch als früher überwiegt bei der gegenwärtigen Schulfarm das soziale Moment: das geht schon aus der obrigen Statistik auf S. 12/13 hervor. Das frühere Scharfenberg hatte mit jugendbewegten höheren Schülern begonnen, deren Eltern z.Teil höhere Verpflegungsbeiträge beisteuern konnten (W.v. Molo, Minister Oeser, Landrat Ulm etc.). Ausgesprochene Aufbauklassen waren erst später dazugetreten; dies Mal aber ist der Aufbaucharakter allgemein durchgeführt, was natürlich die Einahmen mindert, denn das überwiegende Gros muß sich auf den Mindestverpflegungssatz von 27.-- RM. pro Monat beschränken; bei Flüchtlingen und Vaterlosen begnügt man sich mit der Sozialbeihilfe von 25.-- RM. "Beiseit mit der Geburt, ich frage wer Du bist!" Wir wollen mehr noch als früher jeden Vergleich mit einem Internat oder den notwendigen plutokratisch fundiert gewesenen Landerziehungsheimen Lietz-Wynekenscher Prägung ausschließen. Wir möchten es vielmehr halten mit Pestalozzis Gleichnisrede vom Haus des Unrechts, in dem das arme Volk ewig im fensterlosen Kellerdunkel des freien Ausblicks entbehren müßte, wenn man ihm nicht ins obere Stockwerk die Treppe der Menschenbildung baute [Anm. 13]! Der Verfasser des Artikels im Tagesspiegel vom 30.10.45 hat diesen Grundwillen im wesentlichen richtig gewittert, indem er betont, daß Scharfenberg keine "höhere" Schule sein wolle, sondern lediglich geeignete Volksschüler weiter führt, gleichsam eine praktische Vorstufe einer etwa kommenden demokratischen Einheitsschule [Anm. 14]. Deshalb erwarten wir auch vom Magistrat, daß er auf das übliche "Schulgeld" bei den Eleven der Schulfarm grundsätzlich verzichte, damit jeder, der danach Sehnsucht hat, die Treppe zum obersten Stockwerk hinaufsteigen kann; und das dürfte der Behörde umso leichter fallen, da das Gros der Eltern sowieso unter der 200.-- RM. Einkommensgrenze bleibt und die Söhne durch ihre ständige Mitarbeit in Haus, Hof, Garten und Werkstatt ihr die Besoldung sonst zahlreicher notwendiger Hilfskräfte ersparen.

2. Diese Handarbeit, ursprünglich aus den Inselmöglichkeiten und den Verpflegungsnöten der Nachkriegszeit zwangsläufig geborenen, soll jetzt in speziellerer Gruppensonderung zu fachmäßigerem Prüfungsabschluß entwickelt werden; Tischlerei und Schlosserei, früher eigentlich nur Dienerinnen der Landwirtschaft, sollen ihren Eigenwert mit kunstgewerblichem Einschlag erhalten, eine Zielsetzung die sich aus dem so anders gearteten Charakter der zweiten Nachkriegszeit ergibt! Diese muß auch schon an die heranwachsende Jugend ernsthafte Forderungen stellen, kann und darf nicht ein zum Teil drohnenhaftes Pennälerdasein dulden, dessen Zuschnitt sich soch wesentlich von dem Alltag der gleichaltrigen Lehrlinge abhebt und jenen viel mehr Muße nicht nur zu persönlichen Liebhabereien, sondern zu individuell versteifter Bildung gewährt. Unsere Schüler müssen sich in dem verarmten Deutschland frühzeitig die Unterlagen für ein späteres Werkstudententum verschafft ein Prüfungszeugnis muß dabei abfallen, das ihnen auch beim Scheitern der Studienabsichten oder in Perioden der berfüllung dieser Berufe ihr Auskommen in liebgewordener fachmäßig geschulter Neigungstätigkeit bietet, ohne daß sie dabei dank ihrer wissenschaftlichen Vorbildung jemals in banausenhaftes Handwerkertum versinken könnten. So dürfen wir es uns in der Schulfarm nicht mehr leisten, in der Werkstättenbeschäftigung mit der - rein pädagogisch gesehen - an sich schon so wertvollen Funktion

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zufrieden zu sein; diese muß auch zu fachlich anerkannten Ergebnissen zu absetzbaren Fertigfabrikaten führen. Bloßer Utilitarismus wird durch die Pflege des Kunstgewerblichen dabei, wodurch Stilgefühl geweckt, der eigene Geschmack, im besten Fall, sogar der des Publikums veredelt wird, ausgeschlossen sein. Ein von einem in beiden Sätteln gerechneten Fachmann entworfener Lehrplan baut die theoretische Unterweisung der "Handwerker" und "Landwirte" in den Unterricht der Schulphysik und Chemie ein (Maschinen- und Gerätekunde, Mechanik, Festigkeitslehre, technische Berechnungen und Messungen, Werkstoffkunde, Düngelehre etc.) und mißt im Schulzeichenunterricht der Oberstufe der räumlichen Darstellung und dem technischen Zeichnen ihren gebührenden Platz zu. Wird unsere Zukunft, die mit einer Großindustrie im bisherigen Stil nicht mehr rechnen kann, nicht Handwerker und Techniker von allgemeiner Bildung brauchen, ohne das sie ihr Reifezeugnis als Zugang zur Hochschule benutzen? So gewiß der neuen Bauernstand der Diplomlandwirte entbehren kann, so gewiß werden ihm Männer mit abgeschlossener Schulbildung ungefähr im Zuschnitt des bisherigen Abituriums nicht nur zur Zierde gereichen, sondern auch bald von Nöten sein.

Der Doppelberuf als Schüler und Lehrling braucht keineswegs zu einer Überlastung zu führen, da das Leben auf der Insel eine viel konzentriertere Zeiteinteilung zuläßt und der Muße in Gesundheit und Schönheit noch reichlich Spielraum gewährt, da mannigfache Ablenkung aus familiären Anlässen oder aus dem Teilnehmen an großstädtischen (noch dazu oft schalen) Vergnügungen fortfallen. Ebenso unzweifelhaft ist freilich, daß der Kräfteverbrauch in der beabsichtigten Kombination stärker sein wird; wir hoffen daher, daß das Ernährungsamt unsere Bitte, auch den nicht ganz 14 jährigen Scharfenbergern die sog. Schüler- oder Lehrlingskarte der Ernährungsstufe III zuzubilligen, erfüllen wird, damit der Nahrungsstandard in unserer kleinen Gemeinschaft für alle gleichmäßig etwas gehoben werden kann. Das ist um so notwendiger, so lange wir des Viehs entbehren, dessen Besitz und Pflege einst unser Stolz und unsere Freude gewesen ist. Daß die Ställe seit April leer sind, ist eigentlich Raubbau; denn wir haben das Heu für ein paar Kühe in der Scheune, die Abfälle der 80 Menschen beköstigenden Küche gehen verloren, so lange keine Schweine in den Trögen stehen, die Weiden und die morgenweis die Insel bedeckenden Laubhaufen könnten Scharen von Hühnern nähren, der Mangel eines Pferdes nimmt den mit dem Handwagen zu den Tegler Lieferanten fahrenden Schülern unverhältnismäßig viel Zeit und Kraft - Gründe, die uns veranlaßt haben, den Direktor der Zentralverwaltung in den russischen Zonen zu bitten, seine Beziehungen zur russischen Besatzungsbehörde zu Gunsten der Schulfarm einzusetzen. So lange die Schulfarm ohne Vieh ist, trägt sie ihren traditionellen Namen nur zum Schein! Ohne Viehzucht ist das soziale Ziel (s. oben Punkt 1) auf die Dauer nicht haltbar! Ohne dieses wäre die Mühe der Wiedereinrichtung der Inselschule zwecklos gewesen!

3. Ebenso zweckbewußt strebt die Schulfarm auf pädagogischem Gebiet danach, eine Pflanzstätte für Lehrer, fertige und werdende zu sein. Es ist erfreulich, daß man nicht wie in der ersten Periode ihres Bestehens 8 Versuchsjahre abwarten will, bis man jährlich "Referendare" auf die Insel schickt, sondern schon jetzt nach 3 Monaten in der Schulverwaltung beschlossen hat, daß Studienseminar "Nord" mit ihr enger zu verbinden. Damit wird dieses vor den anderen Berliner Himmelsrichtungen sicherlich etwas voraushaben, denn es gibt keine bessere Vorbereitung für den neuen Lehrer, als eine Weile lehrend und lernend (nicht etwa nur tageweise hospitierend) sich einer Schulgemeinschaft

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eingeordnet zu haben, die zugleich Lebensgemeinschaft ist. In ihr lernen sie den jugendlichen Menschen, indem sie mit ihm und neben ihm in Schulstube und Studienzimmer, im Labor und auf dem Felde arbeiten, mit ihm peripathetisch disputieren oder spielen, schwimmen, essen, schlafen, ohne Schülermaske kennen, finden in der Verjüngung, die sie hier draußen in der freien Natur zur eigenen berraschung ergreifen mag, unwillkürlich den kameradschaftlichen Ton, der das Vertrauen der Jugend gewinnt, sehen, daß es auch ohne Zensuren, die an der bekannten Schülermoral schuld sind, vorwärtsgeht, blicken an den Besuchstagen in die Mentalität der Eltern und werden dadurch später fähig sein, auf sie verständnisvoll sich einzustellen, - eine Fülle von Gelegenheiten in den verschiedensten Situationen, die gleichzeitig ganz anders als ein paar Probestunden vor künstlich präsentierten Schulklassen und einem Gremium pädagogischer Merker erweisen können, ob der "Kandidat" der Jugend etwas zu sein und ihr etwas zu geben vermag! Die meisten, die durch solche Erprobung hindurchgegangen sind, werden künftig in den Stadtschulen nie dem geisttötenden Schema verfallen können, sie werden in mancher Konferenz Bekenner im Sinn der Freiheit und Aufgeschlossenheit sein und so die Kollegien vor Sturheit bewahren, sie hier und da durch Erfolg und Beispiel revolutionieren. Durch diese Sendboten wird also mit der Zeit die pädagogische Wirkung der Insel auf dem Festlande ins Hundert- und Aberhundertfache potenziert und somit der Einwand entkräftet, sie komme zu wenigen zugute.

4. Den Einflußradius zu vergrößern, muß auch noch in anderer Beziehung Zukunftsziel sein. "Mehr Land" - war der Schlußruf gewesen, in den der Unterzeichnete seine Darstellung des Schulversuchs in dem 1928 von Nydahl herausgegebenen Bande über das Berliner Schulwesen hatte ausklingen lassen [Anm. 15]; damals sollte es bedeuten, daß der Augenblick nahe sei, in dem das Inselareal allein bei wachsender Schülerzahl nicht mehr ausreiche, so viel Händen Arbeit zu bieten, und fernerhin die Inselernte für so viel Münder zu gering sein würde. Wenn heute jene Forderung "Mehr Land!" wiederholt wird, ist damit gemeint, es nicht bei einer Schulfarm bewenden zu lassen.

Es kann der Ehrgeiz ihres Gründers nicht sein, nur das wiederherzustellen, was ihm in seiner pädagogischen Süden Maienblüte durch Not und Glück gelungen war. Er war bisher nicht so unbescheiden, darin mehr als eine Episode in der sonderlich ereignisreichen Schulgeschichte Berlins zu sehen. Aber die Erfahrung der letzten Monate hat ihn mutiger gemacht; er war überrascht, eine wie lebendige Erinnerung an die Inselschule sich in weiten Kreisen erhalten hatte; daß wider Erwarten bei der horrenden Ungunst der Zeitumstände der Wiederaufbau glückte und die neue junge Mannschaft zu dem Gesetz, nach den die erste einst angetreten, sich wie von selbst freudig zurückfand, das alles hat ihn vermuten lassen, es müsse doch an dieser Schulform etwas daran sein.

Die Schulfarm zu einer Schulform zu machen, erscheint unsere Zeit gerade günstig. Der Direktor für Volksbildung in der Zentralverwaltung für die russischen Zonen in Deutschland - P. Wandel - hat neulich in einem Vortrag eine Parallele zwischen Boden- und Schulreform gezogen, indem er auch dieser die energische Verwirklichung langgehegter und nur sporadisch in Angriff genommener Ideen in die Breite gewünscht hat. Es gibt noch eine engere Verknüpfung der beiden Bestrebungen! Wahrscheinlich stehen Restgüter, bestimmt leergewordene geräumige Gutshäuser inmitten großer Gärten zur Verfügung - die beste und einfachste Möglichkeit, Schulgemeinschaften im Schulfarmsinn dort einzurichten! Oder man denke an die Gebäudekomplexe der sog. Adolf-Hitlerschulen

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meist auch in ländlicher Umgebung gelegen. Ein innerer Wandel unserer auf falsche Gleise angesetzten Jugend ist in solchen Gemeinschaften bei positiver Arbeit mit Hand und Kopf unter Fernhaltung hin- und herzerrender Milieueinflüsse schneller und nachhaltiger zu erreichen, ohne daß man in eine politischen Zwangsschulung mit umgekehrten Vorzeichen verfallen brauchte oder verfallen dürfte. Der Unterzeichnete leitet außer der Schulfarm Scharfenberg eine große Stadtschule in der Nachbarschaft; er kann es bezeugen, daß die Inselbewohner schon jetzt sich in Gesinnung und Haltung, in Unbefangenheit und Eifer, in äußerer und innerer Gesundung vorteilhaft von den Oberschulklassen unterscheiden; ihre Insassen, von Ruinen umgeben, dem politischen Pessimismus und dem geschäftstüchtigen Egoismus Erwachsener und dem amoralischen Einfluß mancher Jugendlichen ausgesetzt, sind bis jetzt noch wesentlich uneinheitlicher und weniger fähig und gewillt, die Trümmerhaufen aus Geist und Herzen abzutragen. Es scheint das geruhige Farmleben trotz einer gewissen Inselhaftigkeit dem wahren Leben näher zu stehen als der Betrieb der mitten im Leben der Großstadt liegenden Tagesschulen; in solchen "Inseln" muß erst wieder ein Lebensstil geschaffen werden, nach dem zu leben sich lohnt, und der dann im Laufe der Zeit weitere Kreise für sich gewinnen kann.

Wenn die in dieser Denkschrift angerufenen Instanzen - Schulverwaltungen, Hauptschulamt, Magistrat, Wasserwerksdirektion, Ernährungsamt, Zentralverwaltung in der Wilhelmstr. - jede zu ihrem Teilchen in der erbetenen Richtung helfen würden, könnte das Pestalozzijahr 1946 damit wohl positiver eingeleitet werden als durch Gedenkreden mit musikalischer Umrahmung. Was sagte doch der Stanser Menschenfreund über den Sinn eines "Erziehungshauses" neben dem der "Wohnstube"?

"Die häusliche Erziehung an sich selbst bietet bessere Mittel zur Anwendung der Grundsätze der Elementarbildung als irgend eine Erziehungsanstalt. Aber wenn man dann fragt: Bietet die häusliche Erziehung diese Mittel der Masse der Menschen in der Tat an, so sieht man, daß Verwilderung, Schwäche und Mangel an Wahrheit der wirklichen Benutzung dieser Mittel entgegenstehen. Sind nicht immer zehntausend Kinder mit häuslicher Erziehung gegen eines, das durch ein Institut erzogen wird? Wenn man dann fragt: was kommt dabei heraus, kann man sich's verhehlen, dass es Bedürfnis der Zeit ist, den rein häuslichen Sinn erst durch Beispiel zu beleben, den Eltern neuen Willen und neue Mittel zu geben, die der allgemeinen Zerstörung entgegenzuwirken vermögen? Ein Erziehungshaus, vom Vatersinn ausgehend und wirkend auf Kindersinn, ist eins der ersten Zeitmittel, das die Menschheit bedarf, die Zerstörung, die im wirklichen häuslichen Leben vorherrscht, zu mildern und den neuen Sinn unter den Menschen gleichsam erst wieder neu zu schaffen." [Anm. 16]

gez. Wilhelm Blume


Anmerkungen:

Anm. 1
SCHWARZWALD, Eugenie, Orplid an der Havel. In der Inselschule Scharfenberg, in: Neue Badische Landes-Zeitung vom 22.06.1928, Morgenausgabe; Auszug wieder in: Die Fähre. Zeitung der Schulfarm Insel Scharfenberg, Berlin, [Ausgabe:] Juni 1959, o.S.

Anm. 2
Aus dem Leben der Schulfarm Insel Scharfenberg. Bilder, Dokumente, Selbstzeugnisse von Eltern, Lehrern, Schülern, redigiert von Wilhelm BLUME, in: Das Werdende Zeitalter. Eine Monatsschrift für Erneuerung der Erziehung, Jg. 7 (1928), S. 329-404.

Anm. 3
Ferma Szkolna, in: Illustracja Polska, Poznan, Jg. 2 (1923), S. 521.

Anm. 4
ALVERDES, Liselott, Die Jungen von der Inselschule, Berlin 1935.

Anm. 5
SCHWARZWALD, Eugenie, Orplid an der Havel. In der Inselschule Scharfenberg, in: Neue Badische Landes-Zeitung vom 22.06.1928, Morgenausgabe; Auszug wieder in: Die Fähre. Zeitung der Schulfarm Insel Scharfenberg, Berlin, [Ausgabe:] Juni 1959, o.S.

Anm. 6
ROTTEN, Elisabeth, Das Janusgesicht der Schule, in: Das Werdende Zeitalter. Eine Monatsschrift für Erneuerung der Erziehung, Jg. 7 (1928), S. 1-4.

Anm. 7
Der Fährkahn. Blatt der Scharfenberger, Berlin, 1. Folge: September 1935 bis 11. Folge: Mai 1941.

Anm. 8
Die Ernte [Schülerzeitung der Schulfarm Insel Scharfenberg], Berlin, Nr. 1 [September] 1927 bis Nr. [10?] [September] 1929.

Anm. 9
SCHWEDTKE, Kurt, Nie wieder Karl-Marx-Schule! Eine Abrechnung mit der marxistischen Erziehung und Schulverwaltung, Braunschweig, Berlin [u.a.] o.J. [1933].

Anm. 10
FECHNER, Helmuth, Dr. Meinshausen. Stadtschulrat von Berlin, Berlin 1934.

Anm. 11
BIERBAUM, Otto Julius, Nemt, Frouwe, disen Kranz. Ausgewählte Gedichte, Berlin 1894, S. XI.

Anm. 12
TOLSTOI, Leo N., Herr und Knecht. Das Kaffeehaus von Surate (=Universal-Bibliothek, 3373), Leipzig 1895.

Anm. 13
S. dazu: SCHÄFER, Wilhelm, Lebenstag eines Menschenfreundes. Roman, München 1915, S. 295-297. - Vgl. dazu: Der Mensch in der Berufsarbeit. Ein Lesebuch der humanen Bildung für das 9. Schuljahr. Praktischer Zweig. Bearb. von Wilhelm BLUME, 1. Aufl. Berlin [u.a.] 1949; darin S. 35 Abschnitt 'Vom Haus des Unrechts und der Treppe der Bildung' (nach Wilhelm Schäfer).

Anm. 14
GUY, Schulfarm Scharfenberg, in: Der Tagesspiegel. Unabhängige Berliner Morgenzeitung vom 30.10.1945.

Anm. 15
BLUME, Wilhelm, Die Schulfarm Insel Scharfenberg, in: Das Berliner Schulwesen, hrsg. von Jens NYDAHL. Bearbeitet unter Mitwirkung Berliner Schulmänner von Erwin KALISCHER, Berlin 1928, S. 135-186 und S. 568f.; kurzer Auszug wieder in: Die deutsche Jugendbewegung 1920 bis 1933. Die bündische Zeit, hrsg. von Werner KINDT (=Dokumentation der Jugendbewegung, 3), Düsseldorf [u.a.] 1974, S. 1462-1466.

Anm. 16
Sehr frei zit. nach: PESTALOZZI, Johann Heinrich, Über die Idee der Elementarbildung und den Standpunkt ihrer Ausführung in der Pestalozzischen Anstalt zu Iferten. Eine Rede, gehalten vor der Gesellschaft der Schweizerischen Erziehungsfreunde in Lenzburg (30.08.1809), in: PESTALOZZI, Johann Heinrich, Sämtliche Werke, Bd. 22, Zürich 1979, S. 1-324, hier S. 265f.


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