[Wilhelm Blume:]

Ordnung der Schulfarm Insel Scharfenberg vom 03.11.1933

Quelle: Berlin, Landesarchiv: Rep. 140, Acc. 4573: Schulfarm Insel Scharfenberg
Veröffentlichung: Marburg 1999: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1999/0001/q53.html - Zuvor in: Gutschalk, Rolf, Scharfenberg während der NS-Zeit. Einige Dokumente, in: 60 Jahre Schulfarm Insel Scharfenberg. 1922-1982. Jubiläums-Festschrift anläßlich des 60-jährigen Bestehens der Schulfarm Insel Scharfenberg (=Sonderheft der Fähre), Berlin 1982, S. 33-47; hier S. 37-39 (als Dok. Nr. 3); (mit fehlerhafter Gliederung) wieder in: Jahnke, Heinz K., Scharfenberg unter dem Hakenkreuz. Die Geschichte der Schulfarm Scharfenberg zwischen 1933 und 1945, Berlin 1997, S. 192f.
Literatur: Haubfleisch, Dietmar: Schulfarm Insel Scharfenberg. Mikroanalyse der reformpädagogischen Unterrichts- und Erziehungsrealität einer demokratischen Versuchsschule im Berlin der Weimarer Republik (=Studien zur Bildungsreform, 39), Frankfurt [u.a.] 2001, bes. S. 791.


Ordnung der Schulfarm Insel Scharfenberg

Die im folgenden niedergelegte Ordnung, die jederzeit ergänzt werden kann, soll allen Scharfenbergern die Grundsätze und Formen des Scharfenberger Lebens deutlich vor Augen stellen und ihnen dadurch bei der reibungslosen Durchführung ihrer Aufgaben behilflich sein.

Die bisherige Überlieferung bleibt in Kraft, soweit sie nicht durch das Folgende abgewandelt und ausgebaut wird.

Das Leben in Scharfenberg erhält seine Prägung durch die Verbindung von geistiger, landwirtschaftlich-handwerklicher und geländesportlicher Schulung. Gegenüber dem notwendig engeren Aufgabenkreis und den beschränkteren Lebensformen der Stadtschule stellt es damit ein Abbild und eine Vorstufe der großen deutschen Volksgemeinschaft dar.

Wird in der geistigen Ausbildung den Bedürfnissen des einzelnen weitgehend Rechnung getragen, so steht bei der landwirtschaftlich-handwerklichen Arbeit das Bedürfnis der Scharfenberger Gemeinschaft im Vordergrunde, während der Geländesport mit seiner Verpflichtung zu unbedingter Einordnung in ein Ganzes den Blick auf unser Endziel, auf den Dienst an der Volksgesamtheit mit ihren strengen Forderungen an die Opferfähigkeit des einzelnen lenkt. Der Geländesport hat demnach keine militärische Aufgabe, sondern, neben der der Körperertüchtigung, in besonderem Maße die Aufgabe der Erziehung zum deutschen Volksbürger.

Wenn dieser Reichtum des Scharfenberger Lebens nicht zu einer Zersplitterung oder Überlastung der einzelnen führen soll, so müssen sie sich in eine für alle Glieder verbindliche zweckentsprechende Ordnung fügen. Die folgenden Einrichtungen und Anweisungen mögen daher von den Scharfenbergern unter dem Gesichtspunkt 'Reichtum verpflichtet' verstanden und aus freier Einsicht befolgt werden.

  1. Die Oberaufsicht des gesamten Schulbetriebes hat der Schulleiter; die Heimangelegenheiten werden, im Einverständnis mit diesem, von dem Heimleiter angeordnet. Der Vertreter des Heimleiters ist in dessen Abwesenheit Herr Dr. [Alfred] Rohde.

  2. Der Dienst der aufsichtführenden Lehrer, der Kroniden, wechselt wöchentlich. Unumgängliche Abweichungen regeln die Kroniden unter sich.

  3. Drei Verwaltungskreise, in den Untergliederungen in der bisherigen Besetzung, regeln die Tätigkeit in der Schulfarm; sie können, unter Benachrichtigung des Heimleiters, wie bisher zusammentreten.

    Der Leiter des Arbeitskreises ist Herr Dr. Hering, sein Vertreter Herr [Walter] Brenning.

    Der Leiter des Kreises für innere und äußere Ordnung ist Herr Dr. [Alfred] Rohde, sein Vertreter Herr [Walter] Brenning. Bei künstlerischen Fragen ist

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    der Zeichen- und Musiklehrer, Herr [Georg] Thiele, hinzuzuziehen.

    Der Leiter des Sportkreises ist der Heimleiter, sein Vertreter Herr Dr. Hering.

  4. Der Heimleiter kann zu seiner Beratung den Inselrat heranziehen, der wie folgt zusammengesetzt ist:


    1. Die drei Leiter der Verwaltungsgruppen;

    2. die Unterführer der Verwaltungsgruppen,


      1. der sechs Arbeitsgruppen,
      2. der Führer des Helferdienstes und sein Stellvertreter ([Erwin] Witt),
      3. der Führer der Feuerwehr (K.[arl] Schreck);


    3. die beiden Führer der Hitlerjugend und des Jungvolks;
    4. die Hausdame, Frl. Kückelhahn.

    Der Heimleiter kann aus besonderer Veranlassung auch andere Lehrer und Schüler zur Beratung hinzuziehen. Der Inselrat berät auch den Schulleiter und den Heimleiter bei der Verleihung des Bürgerrechtes.


  5. Stellung der Hitlerjugend innerhalb der Schülerschaft.

    Die Hitlerjugend hat, wie der Nationalsozialist im Staate, vor allem größere Pflichten als andere. Von ihr, als dem festen Kern der Schülerschaft, muß erwartet werden, dass sie in allen grundsätzlichen wie auch in allen Ordnungsdingen nach einem vorbildlichen Verhalten strebt. Nur ein vorbildlicher und opferwilliger Dienst an der Gemeinschaft wird ihr dann auch natürliche und von allen anerkannte Rechte schaffen.

  6. Allgemeine Heimordnung.


    1. In allen Räumen ist auf größte Ordnung und Sauberkeit zu achten. Insbesondere sind die Zeitungen und Zeitschriften nach Benutzung in die Mappen zurückzulegen. Lärmen in den Häusern und um sie ist auf jeden Fall zu vermeiden. Für Pfeif- und Schnellaufübungen ist das Haus nicht die geeignete Stätte. Für die Durchführung dieser Anordnungen sind die Helfer persönlich verantwortlich.

    2. Die Zeiteinteilung ist streng innezuhalten. Die Läutezeichen sind genau zu beachten. Das gilt ebenso für den Unterrichtsbeginn wie für sonstige Zusammenkünfte. Zum Mittagessen wird zweimal geläutet. Beim ersten Zeichen, um 12.55 Uhr, brechen die Geländesportgruppen ihre Übungen sofort ab, damit beim zweiten, um 13.10 Uhr, jeder, nach vorgenommener Reinigung, im Eßhaus sein kann.

    3. Bei der Arbeitsverteilung und bei sonstigen verbindlichen Ankündigungen wird, um schnellste Abwicklung zu erreichen, in Zugformation abgetreten.


  7. Grußordnung

    Der verbindliche Gruß ist innerhalb des Heims der vorschriftsmäßig ausgeführte Hitlergruß. In dieser Form ist auch der Gruss der die Klasse betretenden und verlassenden Lehrer zu erwidern. Gegenüber den Gästen der Insel ist auf Haltung zu achten.

  8. Schlafordnung

    Jeder der drei großen Schlafsäle ist einem Lehrer unterstellt. Sein Haupthelfer ist dem Heimleiter und dem Kroniden für die äusseren

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    Dinge verantwortlich. Er meldet diesen beim Umgang.

    Um 9 Uhr wird das Zeichen zum Schlafengehen für die Blauen und Roten gegeben. Einer der Helfer, der mit den Kleinen zu Bett geht, sorgt strengstens dafür, daß in den Schlafsälen dieser Stufen um 9 Uhr das Licht ausgeschaltet wird und völlige Ruhe herrscht.

    Die Schüler der Oberstufe und die Gelben können bis 10 Uhr in den Arbeitsräumen bleiben. In den Schlafräumen selbst wird nicht gelesen. Um 10 Uhr liegt jeder Schüler im Bett und ist das Licht in allen Aufenthalts- und Schlafräumen der Schüler ausgeschaltet. Diese Schlafordnung ist weitgehend sorgfältigst zu befolgen, da von ihrer Innehaltung Arbeitsfrische und Arbeitserfolg jedes einzelnen und damit der Erfolg der Scharfenberger Schulfarmeinrichtung abhängen.



Scharfenberg, 3. Nov. 1933.


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