Heinz Stübig: Die Wiederbegründung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg - Friedrich Schneider und Franz Hilker. In: Bildung und Erziehung. Jg. 50 (1997), S. 467-480. - Wieder: Marburg 1998: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1998/0011.html



Heinz Stübig

Die Wiederbegründung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg - Friedrich Schneider und Franz Hilker


Die folgenden Ausführungen befassen sich mit dem Prozeß der Restituierung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland während der unmittelbaren Nachkriegszeit und in den 50er Jahren. Einleitend soll am Beispiel der "Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft" kurz auf die Anfänge der pädagogischen Komparatistik in der Weimarer Republik, ihre Instrumentalisierung während der NS-Zeit sowie auf den Neuanfang in den späten 40er Jahren hingewiesen werden. Daran anschließend werden diejenigen Bemühungen verfolgt, die darauf abzielten, die Vergleichende Erziehungswissenschaft wieder als Fach an den westdeutschen Universitäten zu etablieren bzw. durch die Gründung außeruniversitärer Einrichtungen dieser Disziplin neue Aufgabenfelder und Wirkungsmöglichkeiten zu eröffnen. Sodann werden mit Blick auf die einschlägigen Veröffentlichungen von Friedrich Schneider und Franz Hilker zentrale Aspekte der wissenschaftlichen Produktion erörtert. Im einzelnen soll das erkenntnisleitende Interesse dieser Komparatisten offengelegt und ihre Begrifflichkeit sowie ihre Konzeption von Vergleichender Erziehungswissenschaft vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund erläutert werden. Dabei kommt ihren 1961 bzw. 1962 publizierten "Einführungen" insofern eine Schlüsselstellung zu, als beide Schriften das Selbstverständis und den damaligen Entwicklungsstand dieser Disziplin eindrucksvoll dokumentieren.


1. Die "Internationale Zeitschrift für Erziehungswissenschaft" zwischen 1931 und 1955

Als der Wissenschaftsbetrieb nach dem Zweiten Weltkrieg im Westen Deutschlands allmählich wieder einsetzte, zeigte sich, daß die vielversprechende Entwicklung der Internationalen bzw. Vergleichenden Erziehungswissenschaft [Anm. 1] in der Spätphase der Weimarer Republik durch die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft nachhaltig beeinträchtigt worden war. Das lag zunächst daran, daß die Arbeitsmöglichkeiten ihrer Repräsentanten nach 1933 aufgrund mangelnder Kontakte mit dem Ausland stark eingeschränkt wurden. Entscheidender war jedoch, daß führende Vertreter dieser erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin wie Friedrich Schneider und Franz Hilker zwangspensioniert bzw. aus ihren Ämtern entfernt wurden, andere wie Erich Hylla und Robert Ulich emigrieren mußten, wodurch das von ihnen geprägte Verständnis dieser Wissenschaft selbst mehr und mehr aus der öffentlichen Diskussion verschwand.

Exemplarisch läßt sich dieser Vorgang an der "Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft" belegen, für die Friedrich Schneider (Köln) zusammen mit Paul Monroe (New York) verantwortlich zeichnete und deren Herausgebergremium die internationale Verflochtenheit der deutschen Vergleichenden Erziehungswissenschaft, aber auch das Ausmaß ihrer institutionellen Verankerung eindrucksvoll widerspiegelte. So beteiligten sich an diesem Unternehmen das Deutsche Institut für wissenschaftliche Pädagogik (Münster), die Deutsche Pädagogische Auslandsstelle (Berlin), das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht (Berlin), das International Institute of Teachers College (New York), das Institute of International Education (New York) und das Bureau International d'Education (Genf).

Von deutscher Seite arbeiteten an der "Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft", von der zwischen 1931/32 und 1933/34 drei Jahrgänge zu je vier Heften erschienen, u.a. folgende Wissenschaftler mit: Wilhelm Flitner (Hamburg), Ernst Krieck (Dortmund), Fritz Karsen (Berlin), Rudolf Münch (Hannover), Peter Petersen (Jena), Robert Ulich (Dresden), Eduard Spranger (Berlin) und Richard Müller-Freienfels (Stettin). Unter den Beiträgen der ersten Hefte ragte Friedrich Schneiders Untersuchung "Internationale Pädagogik, Auslandspädagogik und Vergleichende Erziehungswissenschaft" (Schneider 1931/32, 1932/33) heraus, in der erstmals der Versuch unternommen wurde, dieses neue Aufgabengebiet der Erziehungswissenschaft systematisch zu begründen (Froese 1983, S. 25ff.).

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde der deutsche Herausgeber abgelöst und die Zeitschrift, wie Schneider es in seinen Erinnerungen später zurückhaltend formulierte, "in einer dem neuen Geist genehmen Weise von Prof. Dr. Bäumler und Dr. Wilhelm als Schriftleiter" fortgeführt (Schneider 1970, S. 44) [Anm. 2]. Wenngleich Paul Monroe auch angesichts der veränderten Situation nachdrücklich für internationale Verständigung und Zusammenarbeit eintrat (Internationale Zeitschrift für Erziehung 4(1935) S. 2f.), so machte der neue deutsche Herausgeber doch unmißverständlich deutlich, daß es ihm um andere Ziele ging. Für Alfred Baeumler wurde die Pädagogik "zum Versuchsfeld eines neuen Geistes" (ebd., S. 1). Die Konsequenzen dieser Auffassung für die Redaktionsarbeit konkretisierte der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung Bernhard Rust in seinem Geleitwort dahingehend, daß es zukünftig vor allem darum gehe, "auf einem entscheidenden geistigen Gebiete zwischen den Völkern Klarheit zu schaffen" (ebd., S. 3). Hinter derartigen Formulierungen verbarg sich eine Absage an eine auf internationale Kommunikation, auf Ideen- und Erfahrungsaustausch abzielende Vergleichende Erziehungswissenschaft (Zymek, S. 237ff.).

Nach 1945 dokumentiert sich in dem weiteren Schicksal der "Internationalen Zeitschrift für Erziehungswissenschaft" in vielfältiger Weise das Bemühen um eine Restituierung der pädagogischen Komparatistik in Deutschland. Schon bald nach seiner Ernennung zum Honorarprofessor für Pädagogik an der Salzburger Theologischen Fakultät (1945) ging Friedrich Schneider daran, die Zeitschrift wieder zu begründen. Doch erwies sich dieser Schritt angesichts der Situation in den ersten Nachkriegsjahren für den Verleger als verlustreiches Unternehmen. Nach Abschluß des sechsten Jahrgangs - Schneider knüpfte mit der Zählung unter bewußter Ausklammerung der in der NS-Zeit veröffentlichten Ausgaben an seine Vorkriegsgründung an - wurde daher beschlossen, das Erscheinen der Zeitschrift zu unterbrechen (Schneider 1970, S. 63). Erst 1954 konnte der Plan wieder aufgenommen werden. Mit dem holländischen Erziehungswissenschaftler Martinus J. Langeveld und dem damaligen Direktor des Hamburger Unesco-Instituts, Walther Merck, kam Friedrich Schneider überein, die Zeitschrift in Verbindung mit diesem Institut, jedoch als unabhängiges erziehungswissenschaftliches Organ, wieder ins Leben zu rufen. 1955 erschien das erste Heft der Zeitschrift, die wie die ursprüngliche Gründung Artikel in den Sprachen Englisch, Französisch und Deutsch brachte. Als Herausgeber fungierten neben den drei Initiatoren Karl W. Bigelow (New York) und Roger Gal (Paris) (ebd.). Mit diesem Neubeginn war ein wichtiger Schritt zum Wiederaufbau der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland getan. Neben der von Franz Hilker und Erich Hylla gegründeten Zeitschrift "Bildung und Erziehung", die als Publikationsorgan mit spezifischer vergleichender Prägung seit 1948 erschien, gab es nun ein Periodikum, das ausschließlich den Fragen der Vergleichenden und Internationalen Erziehungswissenschaft gewidmet war.


2. Schritte zur Reinstitutionalisierung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft nach 1945

Auch für die Etablierung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft als Universitätsdisziplin war das Wirken Friedrich Schneiders von entscheidender Bedeutung. Wenngleich der Lehrstuhl, den Schneider seit 1949 an der Universität München innehatte, nicht speziell für Vergleichende Erziehungswissenschaft ausgewiesen war, so gehörten Vorlesungen und Seminare über diesen Gegenstand doch zum festen Bestandteil seines Lehrangebots (ebd., S. 64f.). Hinzu kam, daß Schneider bis 1953 weiterhin das von ihm nach Kriegsende in Salzburg errichtete Institut für Vergleichende Erziehungswissenschaft leitete, das u.a. bedeutende international besetzte Tagungen organisierte. Der erste und lange Zeit einzige deutsche Lehrstuhl für Vergleichende Pädagogik wurde 1948 an der Universität Hamburg geschaffen. Sein Inhaber war von 1950 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1959 Walther Merck, der aus der praktischen Schul- und Verwaltungstätigkeit kam und über vielfältige internationale Kontakte sowie umfassende Kenntnisse hinsichtlich der pädagogischen Entwicklungen im Ausland verfügte. Zwischen 1953 und 1957 war Merck gleichzeitig Direktor des Unesco Institute for Education (Bohnsack 1962).

Pläne, in den 50er Jahren einen zweiten Lehrstuhl für Vergleichende Erziehungswissenschaft in München einzurichten, zerschlugen sich, obwohl die Konferenz der Westdeutschen Universitätspädagogen dies 1956 nachdrücklich befürwortet hatte (Schneider 1970, S. 65f.). Gleichwohl kam es während dieser Zeit zur Gründung wichtiger Institutionen, die auf dem Gebiet der Internationalen bzw. Vergleichenden Erziehungswissenschaft tätig waren, wodurch die Entwicklung dieser Disziplin in der Bundesrepublik Deutschland entscheidende Impulse erhielt.

Neben der bereits erwähnten Einrichtung des Unesco- Instituts in Hamburg gehörte dazu der zwischen 1950 und 1952 erfolgte Aufbau der Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung durch Erich Hylla (Espe, S. 28; Führ). Hylla, der bis 1933 Professor für Psychologie und Pädagogik an der Pädagogischen Akademie Halle war, lehrte nach seiner Emigration an verschiedenen Universitäten der USA und war nach 1945 in der amerikanischen Reeducation tätig. Seiner Arbeit war es zu verdanken, daß die Hochschule für Internationale Pädagogische Forschung - später das Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung - 1952 in Frankfurt am Main die Arbeit aufnehmen konnte.

1951 entstand aus Anlaß einer internationalen Geschichtslehrerkonferenz an der Pädagogischen Hochschule Braunschweig das Internationale Schulbuchinstitut, das durch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und das Land Niedersachsen getragen sowie durch die Stadt Braunschweig unterstützt wurde. Erster Direktor dieser Institution wurde Georg Eckert. Zusammen mit seinem Mitarbeiter Otto-Ernst Schüddekopf baute er das Institut in der Folgezeit zu einem internationalen Tagungsort sowie zu einem Zentrum der weltweiten Schulbuchforschung aus (Espe, S. 80ff.).

Im Dienst der internationalen Zusammenarbeit stand schließlich auch die Tätigkeit der 1947 in Wiesbaden von Franz Hilker gegründeten Pädagogischen Arbeitsstelle. Hierbei handelte es sich um ein Informationszentrum, das 1954 von der Ständigen Konferenz der Kultusminister finanziell übernommen und 1957 als Dokumentations- und Auskunftsdienst dem Sekretariat der Konferenz angegliedert und nach Bonn verlegt wurde (Hilker 1962, S. 60f.; zu Hilkers Biographie Böhme, S. 133ff.).

Eine umfassende Auseinandersetzung über das in allen diesen Aktivitäten zum Ausdruck kommende Interesse an der Vergleichenden Erziehungswissenschaft und den damals erreichten Diskussionsstand fand während einer "Konferenz über Vergleichende Pädagogik (Erziehungswissenschaft)" vom 12. bis 16. April 1955 in Hamburg statt. Im Mittelpunkt des vom Unesco-Institut organisierten Treffens, an dem neben Vertretern aus der Bundesrepublik Deutschland auch mehrere Komparatisten aus dem Ausland teilnahmen, standen die Ziele und Gegenstandsbereiche der Vergleichenden Pädagogik sowie methodologische Fragen. Wenngleich es zu keiner Einigung über die diskutierten Probleme kam, so bildete diese Konferenz eine wichtige Etappe für den weiteren Organisationsprozeß der westdeutschen Vergleichenden Erziehungswissenschaft (Hilker 1962, S. 92f.). Das zeigt sich nicht zuletzt daran, daß im Anschluß an die Folgekonferenz, die vom 4. bis 6. Mai 1961 am Institute of Education der Universität London abgehalten wurde, von den deutschen Teilnehmern eine "Arbeitsgemeinschaft für Vergleichende Erziehungswissenschaft" unter dem Vorsitz Gottfried Hausmanns gegründet wurde (Schneider 1961, S. 70), aus der 1966 die "Deutsche Sektion der Comparative Education Society in Europe" hervorging, die gleichzeitig als Kommission für Vergleichende Erziehungswissenschaft der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft fungiert.


3. Zur Entwicklung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in den 50er Jahren

Ein wichtiges Mittel zur Verbreitung von Kenntnissen über die Entwicklungen im Ausland stellten die von der amerikanischen, britischen und später auch von der französischen Militärregierung geförderten Besuchs-, Austausch- und Forschungsprogramme sowie internationale Tagungen und Konferenzen dar. Die Ergebnisse dieser Veranstaltungen fanden ihren Niederschlag in Veröffentlichungen, die nicht nur Aufschluß über die Situation des Bildungs- und Erziehungswesens im Ausland, einschließlich der jeweils zugrunde liegenden pädagogischen Konzeptionen, gaben, sondern auch die sich allmählich vollziehende Einbindung der deutschen Erziehungswissenschaftler und Schulpraktiker in internationale Diskussionszusammenhänge belegten. Neben diesen aus der aktuellen Anschauung heraus gewonnenen, meist überblickhaft angelegten Darstellungen gab es nur wenige Publikationen, die programmatische Positionen zur Vergleichenden Erziehungswissenschaft vertraten und sich dezidiert für eine internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Pädagogik einsetzten.

Statt dessen spiegelten sich in der Argumentation mancher auf das Ausland bezogener Arbeiten, wie Bernd Zymek in seiner Analyse der internationalen Berichterstattung deutscher Pädagogik-Zeitschriften für die Zeit bis 1952 zeigen konnte, eher die Vorbehalte westdeutscher Erziehungswissenschafler gegenüber Ideen und Entwicklungen in den Bildungssystemen der Besatzungsmächte wie auch anderer ausländischer Staaten wider. Orientierungsrahmen der westdeutschen Bildungspolitik in den Nachkriegsjahren war die Rückkehr zu denjenigen geistigen und kulturellen Werten, die der Nationalsozialismus verdrängt hatte. Von der Mehrheit der Pädagogen wurde dieser Rückgriff auf Weimar zugleich zur ideologischen Rechtfertigung ihrer Ablehnung von Veränderungen, insbesondere von ausländischen Reformkonzeptionen benutzt (Zymek S. 311ff.; vgl. auch Weniger). Natürlich gab es auch eindeutige Gegenpositionen. Sie konnten sich vor allem in der Zeitschrift "Bildung und Erziehung" artikulieren, deren Herausgeber "für die deutsche Politik allgemein und die Schulpolitik im besonderen eine Ausrichtung an den 'entschiedenen' demokratischen Reformtraditionen der deutschen Geschichte und den internationalen Entwicklungen für geboten hielten" (Zymek, S. 324). Doch fanden diese Stimmen im Zeichen einer verstärkt einsetzenden Restaurationspolitik deutlich weniger Widerhall.

Der Mitte der 50er Jahre erreichte Grad der wissenschaftlichen Anerkennung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland läßt sich beispielhaft an der von Hans Espe herausgegebenen Aufsatzsammlung "Die Bedeutung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft für Lehrerschaft und Schule" verdeutlichen [Anm 3.]. In dieser Publikation kamen neben deutschen Autoren wie Joseph Derbolav, Paul Heimann, Franz Hilker und Friedrich Schneider auch so renommierte ausländische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Wort wie Henriette Bideau, Brian Holmes, Joseph A. Lauwerys und der inzwischen in Harvard lehrende Robert Ulich. Ebenso eindrucksvoll wie die Zusammensetzung des Beiträgerkreises war auch dessen im Vorwort zu diesem Sammelband unmißverständlich artikulierter politischer Anspruch. Den Vertretern der Vergleichenden Erziehungswissenschaft kam es darauf an, ihre Erkenntnisse praktisch wirksam werden zu lassen und zur "Lösung wichtiger aktueller und die Zukunft der Völker gestaltender Lebensfragen" beizutragen. Insbesondere wollten sie "bei der Gestaltung einer neuen, friedlichen Zusammenarbeit der Völker" mithelfen (Espe, S. 3). Damit war zugleich die allgemeine Zielperspektive umrissen, die das Selbstverständnis der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Nachkriegszeit prägte: Es war das Bemühen um Frieden und Völkerverständigung.


4. Die Vergleichende Erziehungswissenschaft im Verständnis Friedrich Schneiders

Wie sahen nun die in den 50er Jahren in der Bundesrepublik Deutschland diskutierten Konzepte der Vergleichenden Erziehungswissenschaft im einzelnen aus?

1961 publizierte Friedrich Schneider sein Buch "Vergleichende Erziehungswissenschaft. Geschichte, Forschung, Lehre", das von ihm selbst als Zusammenfassung seiner bis dahin vorgelegten Arbeiten zur Vergleichenden Erziehungswissenschaft konzipiert worden war und in diesem Sinne auch von der wissenschaftlichen Kritik rezipiert wurde (Bohnsack 1963, S. 97f.). In insgesamt fünf Kapiteln befaßt sich Schneider mit der Geschichte und dem Begriff der Vergleichenden Erziehungswissenschaft, mit den Forschungs- und Lehraufgaben dieser Disziplin sowie mit den "gestaltenden Faktoren" der Pädagogik der Völker.

Für den Konstituierungsprozeß der Vergleichenden Erziehungswissenschaft als akademischer Disziplin sind zunächst seine definitorischen Bemühungen sowie sein erkenntnisleitendes Interesse von Bedeutung. Dazu Schneider: "Die Vergleichende Erziehungswissenschaft sucht durch Vergleich allgemein kultureller oder im eigentlichen Sinne pädagogischer Sachverhalte aus der Gegenwart oder der Vergangenheit des eigenen oder anderer Völker individuell pädagogische (ideographische) Fragen zu beantworten oder pädagogische Begriffe und allgemeine Gesetzmäßigkeiten (nomothetische) Ergebnisse festzustellen." (Schneider 1961, S. 63) Von komparatistischer Seite standen dabei zunächst folgende bildungspolitische Fragen im Vordergrund: "1. die Forderung nach Schulreform oder nach Wiederaufbau alter oder neuer Schulsysteme, 2. Bewegungen in der Lehrer- und Studentenschaft, 3. die politischen und wirtschaftlichen Forderungen der United Nations und anderer (regionaler) Organisationen." (ebd., S. 65)

In der Konzeption Schneiders hatte die Vergleichende Erziehungswissenschaft allerdings nicht nur die Aufgabe, derartige Themen aus unterschiedlichen nationalen Kontexten miteinander in Beziehung zu setzen. Vielmehr forderte er, wie vor ihm bereits andere Komparatisten, eine Analyse derjenigen Faktoren - er sprach in diesem Zusammenhang auch von Triebkräften, Tendenzen oder Determinanten (ebd., S. 86) - , auf die die jeweilige nationale Ausprägung der pädagogischen Tatbestände, d.h. ihre "nationaltypische Eigenart", zurückzuführen war.

Das von Schneider vorgeschlagene Vergleichsverfahren vollzog sich von daher auf zwei unterschiedlichen Ebenen: einerseits ging es um ein deskriptives Vorgehen, mit dem Ziel der Bestandsaufnahme und Tatsachenerkenntnis, andererseits um eine hermeneutische Operation zur Aufhellung der Ursachen und Wirkungen pädagogischer Sachverhalte. Grundlegend für Schneiders Verständnis der pädagogischen Komparatistik war deren Praxisorientierung, insofern als er die Vergleichende Erziehungswissenschaft - ähnlich wie die Medizin oder die Rechtswissenschaft - als pragmatische Disziplin begriff und dementsprechend ihre Anwendung "auf die Praxis des Lebens" betonte (ebd., S. 94). Es verwundert von daher nicht, daß Schneider sowohl die Forschung als auch das Studium der Vergleichenden Erziehungswissenschaft als ein wichtiges Element beim Abbau von Vorurteilen, bei der Annäherung der verschiedenen Völker untereinander sowie bei der Verbreitung einer internationalen Friedensgesinnung ansah. Allerdings wies Schneider in diesem Zusammenhang nachdrücklich darauf hin, daß der Vergleichenden Erziehungswissenschaft nicht per se eine friedensstiftende und völkerverbindende Funktion zukomme, sondern daß derartige Prozesse immer von den damit befaßten Menschen abhängig seien (Schneider 1947, S. 41f.; 1961, S. 105). So konnte seiner Meinung nach das Herausarbeiten von Unterschieden und nationaltypischen Eigenheiten sowohl zu einem vertieften gegenseitigen Verständnis als auch zu einer Abgrenzung gegenüber "fremden" Entwicklungen bzw. zu deren Ausgrenzung führen. Letzteres hielt Schneider jedoch für einen Abfall von der ursprünglichen Idee der Vergleichenden Erziehungswissenschaft, die für ihn auf internationale Kooperation und Toleranz hin angelegt war.

In immer neuen Bemühungen versuchte Schneider die theoretischen Voraussetzungen für den Vergleich als konstitutives Merkmal der von ihm vertretenen Disziplin zu klären, wobei es ihm primär darauf ankam, diejenigen Faktoren zu bestimmen, die eine Erklärung der Gemeinsamkeiten oder Unterschiede erlaubten. Dementsprechend kreiste sein Denken um eine Theorie der Triebkräfte - oder wie er später formulierte - der "gestaltenden Faktoren der Pädagogik der Völker". Mit Isaac L. Kandel fragte er: "What are the factors which determine the character of an educational system?" (Schneider 1947, S. 37)

In einer umfassenden Studie zu diesem Problemkomplex erörterte Schneider neben dem "Volkscharakter", dem geographischen Raum und den Auslandseinflüssen die politische, soziale und wirtschaftliche Ordnung, einschließlich ihrer historischen Dimension, die Kultur und Wissenschaft sowie die immanente Selbstentfaltung der pädagogischen Ideen (ebd., S. 39, im einzelnen S. 46ff.) - im Grunde genommen handelte es sich hierbei um Elemente einer Theorie des Kulturvergleichs oder, wie Ludwig Liegle es formulierte, um Ansätze zu einer kulturvergleichenden Sozialisationsforschung (Liegle, S. 19). Dabei war sich Schneider darüber im klaren, daß insbesondere die Arbeiten zum Volkscharakter, die teilweise noch auf den Überlegungen Wundts zur Völkerpsychologie fußten, den von ihm gestellten wissenschaftlichen Anforderungen nicht genügten, dennoch glaubte er, auf derartige Erkenntnisse, einschließlich ihrer Begrifflichkeit, nicht verzichten zu können, wenn es um die Explikation der wahrgenommenen Tatbestände ging.

Am Beispiel des geographischen Raumes kann das, worin Schneider den spezifischen Beitrag der Vergleichenden Erziehungswissenschaft sah, vielleicht am besten illustriert werden. Schneider erläuterte die Bedeutung dieses Faktors durch einen Vergleich der Schulbauten in verschiedenen Regionen, wobei es ihm nicht nur um die Abhängigkeit des Bauens von den jeweiligen geographischen Bedingungen ging, sondern darüber hinaus um die Auswirkungen auf die innere Schulstruktur (Schneider 1961, S. 126f.) [Anm .4]. Dabei konnte er zeigen, bis in welche Einzelheiten der durch das Naturmilieu und die vorhandenen nationalen Traditionen bestimmte Schulbau vermittels seiner äußeren Architektur sowie seiner inneren Gliederung und Dekoration die Unterrichtsorganisation und den Unterrichtsablauf beeinflußt und insofern dessen unterrichtsrelevante Komponenten offenlegen. Für Schneider folgte daraus, daß sich die spezifischen Ausprägungen von pädagogischer Praxis in unterschiedlichen geographischen Räumen letztlich erst durch die Einbeziehung derartiger Zusammenhänge hinreichend klären ließen.


5. Franz Hilkers Konzeption der Vergleichenden Pädagogik

Die Hartnäckigkeit, mit der Friedrich Schneider auf der Klärung der methodischen Grundlagen der Vergleichenden Erziehungswissenschaft bestand, hatte ihre Ursache darin, daß für ihn die Lösung dieses Problems als Ausweis für die Wissenschaftlichkeit der von ihm vertretenen pädagogischen Teildisziplin galt. Von daher spiegeln die seinerzeit geführten methodologischen Auseinandersetzungen zugleich das Ringen um das Selbstverständnis der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in ihrer Konstituierungsphase wider. Neben den einschlägigen Publikationen Friedrich Schneiders gehören dazu auch die Studien Franz Hilkers. Dessen "Vergleichende Pädagogik" mit dem Untertitel "Eine Einführung in ihre Geschichte, Theorie und Praxis" erschien ein Jahr nach der Veröffentlichung des Schneiderschen Buches. Auch bei dieser Arbeit handelte es sich um die Summe einer lebenslangen Beschäftigung mit der pädagogischen Komparatistik (Böhme, S. 310ff.). In einer Rezension findet sich dementsprechend die Feststellung, "daß ein reichhaltiges pädagogisches Wirken in diesem Werk seinen theoretischen Abschluß findet und die Kenntnisse und Erfahrungen einer reichen Vergangenheit in diesem Werk zusammenfließen" (Lengert, S. 703).

Ähnlich wie Schneider ging auch Hilker im ersten Teil seiner Untersuchungen auf die geschichtliche Entwicklung der Vergleichenden Pädagogik ein, wobei er sich besonders mit der pädagogischen Dokumentation als Voraussetzung vergleichender Untersuchungen und der Institutionalisierung dieser erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin am Beispiel ihrer Organisationsformen und ihrer literarischen Produktion befaßte. Bereits in diesen Partien deutet sich der spezifische Blickwinkel Hilkers an: Seine Darstellung der Vergleichenden Pädagogik - diesen Terminus wählte Hilker in bewußter Abgrenzung gegenüber der von Friedrich Schneider vorgeschlagenen Bezeichnung, um den Bildungsaspekt dieser Disziplin zu betonen (Hilker 1962, S. 142f.) - erwuchs aus jahrzehntelangen Bemühungen um die Verbesserung der Beziehungen zwischen deutscher und ausländischer Pädagogik sowie um die Verwirklichung einer völkerübergreifenden Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Erziehung (ebd., S. 9). Dementsprechend war Hilkers Verständnis von Vergleichender Pädagogik noch stärker als Schneiders Vorstellungen durch eigene Erfahrungen im internationalen Rahmen geprägt.

Im zweiten Teil seiner Darstellung befaßte sich Hilker mit der Theorie des pädagogischen Vergleichs und entwickelte dabei eine Methodenlehre für die pädagogische Komparatistik. Ausgangspunkt seiner Überlegungen war folgende Definition: "Vergleichen bedeutet das Aufsuchen von Gleichheiten, Ähnlichkeiten und Verschiedenheiten zwischen mehreren erscheinungsmäßig gegebenen Wirklichkeiten und ihre Bewertung nach übergeordneten Gesichtspunkten." (ebd., S. 101) Nach einer Erläuterung dieser Definition - Hilker hob dabei die Pluralität der Objekte und die Globalität der pädagogischen Situation besonders hervor - wandte er sich den vier Stufen des Vergleichs zu.

Auch bei ihm basiert der Vergleich zunächst auf der Deskription, also auf der sorgfältigen und möglichst vollständigen Beschreibung der zu vergleichenden Phänomene. An diesen Arbeitsschritt schließt sich als zweite Stufe die Interpretation der beobachteten Sachverhalte an, wobei die einzelnen Faktoren, die für ihre Beurteilung entscheidend sind, herausgearbeitet und in ihrem Wirkungszusammenhang dargestellt werden sollen. Derartige Faktoren sind für Hilker Tradition und zeitbedingte Veränderung, Wirtschaft und Technik, politische Tendenzen und kulturelle Bestrebungen (ebd., S. 113ff.). Hilker rekurriert also ebenfalls - ohne dies im einzelnen weiter auszuführen - auf die politisch- kulturellen und sozio-ökonomischen Rahmenbedingungen zur Deutung von Bildungsinstitutionen und -prozessen. Allerdings hat bei ihm die Faktorenanalyse innerhalb des Vergleichsverfahrens eine andere Funktion als in der Schneiderschen Konzeption: Während sie dort die eigentliche Grundlage des Vergleichs bildet, dient sie bei Hilker zur Erläuterung der auf der Stufe der Deskription erfaßten Tatbestände.

Nachdem die Untersuchungsgegenstände beschrieben und interpretiert worden sind, werden sie auf einer dritten Stufe nebeneinandergestellt. Hilker spricht von Juxtaposition - ein Verfahren, das für ihn den Übergang zum eigentlichen Vergleich bildet (ebd., S. 121ff.). Diese Operation erweist sich vor allem dann als fruchtbar, wenn quantitative Aussagen über unterschiedliche Bildungssysteme, beispielsweise mit Bezug auf die Schulbesuchsquoten, die Klassengrößen oder die Lehrer-/Schülerrelationen, miteinander in Beziehung gesetzt werden sollen. Allerdings kann dieses Verfahren dann nicht mehr angewandt werden, wenn qualitative Fragen zur Diskussion stehen. In diesen Fällen ist nach Hilker die vierte Stufe, nämlich der eigentliche Vergleich, die Komparation, erforderlich (ebd., S. 124ff.). Voraussetzung dafür ist jedoch die Gewinnung oder hypothetische Setzung "eines übergeordneten Wertes", also ein tertium comparationis, vermittels dessen die beobachteten Erscheinungen erst vergleichend interpretiert werden können. In der Entwicklung derartiger übergeordneter Gesichtspunkte sah Hilker eine der entscheidenden Forschungsaufgaben für die Zukunft.

Im letzten Teil seiner Darstellung beschäftigte sich Hilker mit der praktischen Bedeutung der Vergleichenden Pädagogik und entwickelte in diesem Zusammenhang für die einzelnen Bildungsbereiche - angefangen bei der Kultusverwaltung über die Lehreraus- und -fortbildung bis hin zur schulischen Alltagsarbeit - eine Fülle von Vorschlägen, die zugleich demonstrierten, wie aus der Beschäftigung mit ausländischen Bildungsvorstellungen und -einrichtungen Reformimpulse für die eigene pädagogische Praxis gewonnen werden konnten. Gerade in diesen Partien seines Buches wird deutlich, in welcher Weise die pädagogischen Vorstellungen Hilkers politisch motiviert sind. Dementsprechend schließen seine Überlegungen mit folgendem Gedanken: "Das gesamte Kulturleben unserer Zeit, die internationale Zusammenarbeit der Völker und auch eine sinnvolle Organisation der Entwicklungshilfe für die jungen Staaten, die sich nicht nur auf wirtschaftliche, sondern auch auf kulturelle Unterstützung erstrecken sollte, ist abhängig von einem uneigennützig besseren Verstehen, das durch die Fähigkeit zum vergleichenden Beobachten und Denken erleichtert wird. Somit ist die Vergleichende Pädagogik berufen, zur Erkenntnis und Lösung der friedlichen Aufgaben der Gegenwart einen wichtigen Beitrag zu leisten." (ebd., S. 176)

Von daher kann man feststellen, daß unbeschadet der Unterschiede bei der Begriffsbildung und - teilweise auch - im methodischen Vorgehen die beiden Begründer der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland, Friedrich Schneider und Franz Hilker, sich in der Bestimmung der politischen Funktion dieser Disziplin sehr nahestanden. Nicht zuletzt waren beide durch die persönlichen Erfahrungen in der NS-Zeit in ihrer Auffassung bestärkt worden, einen aktiven Beitrag zum demokratischen Neuaufbau der politischen und gesellschaftlichen Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg zu leisten.

Dieser politische Impetus, der für die pädagogische Komparatistik als wissenschaftliche Disziplin bis weit in die 50er Jahre konstitutiv war, verflüchtigte sich in den 60er Jahren allerdings zunehmend. Im Zuge des Ausbaus und der Neugründung von Institutionen der Vergleichenden Erziehungswissenschaft sowie im Rahmen ihres weiteren Vordringens als Universitätsdisziplin erfolgte auch eine Neubestimmung des Erkenntnisinteresses: In den Vordergrund rückten nun komparatistische Analysen von bildungspolitischen Entscheidungsprozessen und deren Auswirkungen nicht zuletzt unter Effizienzgesichtspunkten. Dabei ging es weniger um Kooperation und friedliche Zusammenarbeit als vielmehr um den - so der programmatische Titel einer viel zitierten Aufsatzsammlung - "Bildungswettlauf zwischen West und Ost" (Froese 1961) [Anm. 5].


Literatur

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Blumenthal, Viktor von/Stübig, Heinz/Willmann Bodo: Entwicklungslinien der Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Ende der 80er Jahre. In: Bodo Willmann (Hrsg.): Bildungsreform und Vergleichende Erziehungswissenschaft. Aktuelle Probleme - historische Perspektiven. Leonhard Froese zum Gedenken. Münster, New York 1995, S. 112-147

Böhme, Günther: Das Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht und seine Leiter. Zur Pädagogik zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus. Neuburgweier/Karlsruhe 1971

Bohnsack, Fritz: Walther Merck 70 Jahre. In: International Review of Education 8 (1962) S. 129-130

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Espe, Hans (Hrsg.): Die Bedeutung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft für Lehrerschaft und Schule. Eine Sammlung von Aufsätzen aus- und inländischer Vertreter der Vergleichenden Erziehungswissenschaft. Berlin 1956

Forster, Georg: Über lokale und allgemeine Bildung. In: Georg Forsters Werke. Sämtliche Schriften, Tagebücher, Briefe. Bd.7. Bearb. von Gerhard Steiner. Berlin (DDR) 1963, S. 45-56

Froese, Leonhard (Hrsg.): Bildungswettlauf zwischen West und Ost. Freiburg, Basel, Wien 1961

Froese, Leonhard: Ausgewählte Studien zur Vergleichenden Erziehungswissenschaft. Positionen und Probleme. (Marburger Beiträge zur Vergleichenden Erziehungswissenschaft und Bildungsforschung, Bd.19). München 1983

Führ, Christoph: Institutsgründung als Lebensarbeit - Gelehrtenpolitik der Nachkriegszeit am Beispiel Erich Hyllas (1887-1976). In: Peter A. Döring (Hrsg.): Der Neubeginn im Wandel der Zeit. In Memoriam Erwin Stein (1903-1992). Frankfurt a.M. 1995, S. 315-329

Hilker, Franz: Vergleichende Pädagogik. In: Bildung und Erziehung 8 (1955) S. 385-408

Hilker, Franz: Vergleichende Pädagogik. Eine Einführung in ihre Geschichte, Theorie und Praxis. München 1962

Internationale Zeitschrift für Erziehungswissenschaft. International Education Review. Revue Internationale de Pédagogie 1 (1931/32), 2 (1932/33),3 (1933/34); ab 4 (1935): Internationale Zeitschrift für Erziehung. International Education Review. Revue Internationale de Pédagogie

Lengert, Rudolf: [Rezension] Franz Hilker: Vergleichende Pädagogik. Eine Einführung in ihre Geschichte, Theorie und Praxis. München 1962. In: Bildung und Erziehung 15 (1962) S. 703-704

Liegle, Ludwig: Perspektiven einer Vergleichenden Sozialisationsforschung. In: VE-Informationen (Vergleichende Erziehungswissenschaft - Informationen) Nr.9. Dezember 1981, S. 18-27

Miller-Kipp, Gisela/Wilhelm, Theodor: "Über meine Schuld". Ein Gespräch zur gegenwärtigen Vergangenheit in der Erziehungswissenschaft zwischen Gisela Miller-Kipp und Theodor Wilhelm. In: Neue Sammlung 31 (1991) S. 648-664

Schneider, Friedrich: Internationale Pädagogik, Auslandspädagogik und Vergleichende Erziehungswissenschaft. Geschichte, Wesen, Methoden, Aufgaben, Ergebnisse. In: Internationale Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 1 (1931/32) S. 15-39, 243-257, 392-407; 2 (1932/33) S. 79-89

Schneider, Friedrich: Triebkräfte der Pädagogik der Völker. Eine Einführung in die Vergleichende Erziehungswissenschaft. (Veröffentlichungen des Instituts für Vergleichende Erziehungswissenschaft Salzburg, Bd.1). Salzburg 1947

Schneider, Friedrich: Vergleichende Erziehungswissenschaft. Geschichte, Forschung, Lehre. (Vergleichende Erziehungswissenschaft und Pädagogik des Auslands, Bd.1). Heidelberg 1961

Schneider, Friedrich: Ein halbes Jahrhundert erlebter und mitgestalteter Vergleichender Erziehungswissenschaft. Paderborn 1970

Tenorth, Heinz-Elmar: Transformationen der Pädagogik - 25 Jahre Erziehungswissenschaft in der "Zeitschrift für Pädagogik". In: Zeitschrift für Pädagogik. Gesamtregister. Jahrgang 1-30 (1955-1984). Hrsg. von Reinhard Fatke. (Zeitschrift für Pädagogik, Beih.20). Weinheim/Basel 1986, S. 21-85

Weniger, Erich: Die Epoche der Umerziehung 1945 bis 1949. In: Westermanns Pädagogische Beiträge 11 (1959) S. 403- 410, 517-525; 12 (1960) S. 9-13, 74-79

Zymek, Bernd: Das Ausland als Argument in der pädagogischen Reformdiskussion. Schulpolitische Selbstrechtfertigung, Auslandspropaganda und Ansätze zu einer Vergleichenden Erziehungswissenschaft in der internationalen Berichterstattung deutscher pädagogischer Zeitschriften, 1871-1952. (Schriftenreihe zur Geschichte und Politischen Bildung, Bd.19). Ratingen, Kastellaun 1975





Anmerkungen:

Anm. 1

Den ursprünglichen Gebrauch der Begriffe "Internationale Erziehungswissenschaft" und "Vergleichende Erziehungswissenschaft", einschließlich des schwankenden Begriffsumfangs und des zunächst noch ungeklärten Beziehungsgefüges, hat Leonhard Froese in seinem Aufsatz "Von der Internationalen zur Vergleichenden Erziehungswissenschaft" im einzelnen verfolgt. Hinsichtlich der Begriffsentwicklung kommt er dabei zu dem Schluß: "Die Internationale Erziehungswissenschaft hat ihren Rang als Oberbegriff für den Gesamtbereich auslands-, international- und vergleichend-pädagogischer Forschung und Lehre an die 'Vergleichende Erziehungswissenschaft' abgetreten." (Froese 1983, S. 32)


Anm. 2

Die eigentliche Redaktionsarbeit lag in den Händen von Theodor Wilhelm, dessen Tätigkeit in der NS-Zeit, vor allem als Schriftleiter der "Internationalen Zeitschrift für Erziehung", seit längerer Zeit Gegenstand einer heftigen Kontroverse ist. Wilhelms Stellungnahme zu diesem Problemkomplex ist einem Gespräch zu entnehmen, das Gisela Miller-Kipp mit ihm geführt hat. In der gedruckten Fassung dieses Gesprächs werden sowohl die einschlägigen Publikationen Wilhelms als auch die Veröffentlichungen seiner Kritiker aufgeführt (Miller-Kipp/Wilhelm).


Anm. 3

Die zunehmende Bedeutung der pädagogischen Komparatistik in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion der 50er Jahre läßt sich auch an ihrem Stellenwert innerhalb des Themenspektrums der 1955 gegründeten "Zeitschrift für Pädagogik" ablesen. Während in den ersten drei Jahrgängen dieser Zeitschrift nur 2 von 49 Aufsätzen auf die Vergleichende Erziehungswissenschaft entfielen, waren es zwischen 1958 und 1961 bereits 12 von insgesamt 158 Publikationen. Damit belegten die dieser erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin zuzuordnenden Arbeiten mit 7,6% den zweiten Platz hinter den Veröffentlichungen zur Theorie der Erziehung, deren Anteil bei 10,1% lag (Tenorth, S. 41).


Anm. 4

Hier ergeben sich deutliche Parallelen zu den Bemühungen aufklärerischer Denker, die Verschiedenheit der Menschen, ihrer Denkmuster und Gebräuche im Anschluß an Montesquieu von der Klimatheorie her zu begreifen - unter dem Begriff "Klima" werden dabei sämtliche äußeren Einwirkungen raum-zeitlicher Art auf den Menschen subsumiert. In diesem Sinne trifft Georg Forster in den einleitenden Sätzen seines 1791 publizierten Aufsatzes "Über lokale und allgemeine Bildung" folgende Feststellung: "Was der Mensch werden konnte, das ist er überall nach Maasgabe der Lokalverhältnisse geworden. Klima, Lage der Örter, Höhe der Gebirge, Richtung der Flüsse, Beschaffenheit des Erdreichs, Eigenthümlichkeit und Manichfaltigkeit der Pflanzen und Thiere haben ihn bald von einer Seite begünstigt, bald von der anderen eingeschränkt, und auf seinen Körperbau, wie auf sein sittliches Verhalten, zurückgewirkt." (Forster, S. 45)


Anm. 5

Zur weiteren Entwicklung der Vergleichenden Erziehungswissenschaft vgl. von Blumenthal/Stübig/Willmann, S. 117ff. Die während der Entstehung dieses Aufsatzes geführten Gespräche mit Viktor von Blumenthal und Bodo Willmann haben mich veranlaßt, die Frage nach den Anfängen der pädagogischen Komparatistik in Westdeutschland erneut aufzugreifen. Beiden Kollegen danke ich herzlich für ihre Anregungen.