Dietmar Haubfleisch: Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung in Berlin (BBF). In: Marburger Bibliotheksinformationen. Mitteilungen für das Bibliothekssystem der Philipps-Universität . Marburg. Jg. 3 (1997), Heft 1: April, S. 15f. - Mit geringfügigen Änderungen auch: Marburg 1997: http://archiv.ub.uni-marburg.de/sonst/1997/0013.html

Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung in Berlin (BBF)

Von Dietmar Haubfleisch

Die Bibliothek für Bildungsgeschichtliche Forschung (BBF) ist eine öffentlich zugängliche, wissenschaftliche Spezial- und Forschungsbibliothek. Sie gehört organisatorisch zu den Serviceeinrichtungen des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung in Frankfurt (DIPF) und mit diesem zu den gemeinsam von Bund und Ländern finanzierten 'Blaue Liste'-Einrichtungen.

Die Gründung der Bibliothek geht auf das Jahr 1875 zurück. Als Deutsches Schulmuseum vom Berliner Lehrerverband eingerichtet und 1908 in Deutsche Lehrerbücherei umbenannt, hatte sie von Anbeginn an zum Ziel, alles zu sammeln und zu bewahren, "was an Druckgut und anderen zeitgeschichtlichen Dokumenten noch aufspürbar war, um die Entwicklung des Unterrichts- und Erziehungswesens in den vergangenen Jahrhunderten möglichst lückenlos zu zeigen" und "alles [...], was eine verbriefte Beschäftigung mit der Erziehungswissenschaft der Zeit zu befördern geeignet erscheint". Trotz ihrer politisch wechselvollen, fast 120jährigen Geschichte - sie war von 1933 bis 1945 Bücherei des Nationalsozialistischen Lehrerbundes, wurde 1950 mit der neugegründeten Pädagogischen Zentralbibliothek zusammengelegt und war von 1970 bis 1990 Bibliothek der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften der DDR - konnte die Bibliothek diesem ursprünglichen Sammelauftrag immer treu bleiben.

Gemäß diesem Sammelauftrag erwirbt die BBF sowohl einschlägige Neuerscheinungen als auch ältere Titel, mit dem Ziel der Lückenergänzung - wie es sich eigentlich für jede Bibliothek, insbesondere aber für eine Bibliothek vom Zuschnitt der BBF gehört.

Die BBF besitzt heute ca. 680.000 Bestandseinheiten. Darunter befinden sich ca. 38.000 Titel, aus den Jahren von 1496 bis 1900, ca. 1.500 Titel zur historischen Reformpädagogik, etwa 6.000 Titel pädagogische Literatur von 1933 bis 1945 und fast vollständig das in der DDR erschienene pädagogische Schrifttum. Der Bestand der BBF stellt in seinem Umfang für die bildungsgeschichtliche Forschung eine einmalige Sammlung pädagogischen Schrifttums aus fast vier Jahrhunderten dar.

1994 zog die BBF von ihrem damaligen Standort am Alexanderplatz in ein ehemaliges Fabrikgebäude in der Warschauer Straße, im Osten Berlins um. Dieses Gebäude stellt gewissermaßen ein Musterbeispiel für eine Umnutzung eines für andere Funktionen errichteten Gebäudes in ein Bibliotheksgebäude dar: Sie erscheint gleichermaßen in funktionaler Hinsicht wie auch unter ästhetischen Gesichtspunkten gelungen - was nicht zuletzt das Arbeiten in der Bibliothek für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie für Benutzerinnen und Benutzer zu einem ausgesprochen angenehmen Erlebnis macht. Die etwas 'abgelegene' geographische Lage der Bibliothek wird durch eine ausgesprochen gute Anbindung an S- und U-Bahn kompensiert.

Die BBF stellt ihre Bestände für die Ausleihe am Ort wie auch für den nationalen und internationalen Leihverkehr zur Verfügung. Sie bietet neben umfangreichen Präsenzbeständen und offenen Magazinen auch zahlreiche Arbeitsplätze und stellt Räumlichkeiten für Seminare bzw. wissenschaftliche Veranstaltungen und Ausstellungen zur Verfügung.

Die vor 1988 erworbene Literaturbestände sind in verschiedenen konventionellen Zettelkatalogen verzeichnet. Die Erwerbungen ab 1988 sind in einer Allegro-Datenbank gespeichert, die direkt vor Ort über OPACs sowie (zur Zeit noch mit eingeschränktem Informationsumfang) über WWW genutzt werden können. Seit 1994 erschließt die BBF auch Aufsätze aus Sammelwerken und Zeitschriften und hat mit der Retrokonversion ihrer Altbestände begonnen. Seit 1997 ist die BBF (als Teil des DIPF) Mitglied des Frankfurter Lokalssystems und damit des hessischen Bibliotheksverbundes.

Neben dem OPAC bietet die BBF ihren Benutzern an ihren PCs die Möglichkeit zur Textverarbeitung, zur Nutzung von für die bildungshistorische Forschung wichtigen CD-ROM-Datenbanken - so z.B. der digitalisierten Werkausgabe J. H. Pestalozzis - sowie zur Nutzung des Internet, in dem die BBF mit eigenen Seiten (incl. Zugang zu ihrem elektronischen Katalog) unter der URL http://www.dipf.de/service/bbf/bbf.htm vertreten ist.

Die BBF ist Zuliefereinrichtung zur 'CD-Bildung', der wichtigsten deutschsprachigen Datenbank zu den Erziehungswissenschaften. Darüber hinaus bringt sie eigene Publikationen heraus. Zu diesen gehört u.a. die 'Bibliographie Bildungsgeschichte', die seit 1994 als Printausgabe sowie als Diskettendienst erscheint, und an deren Konzeption und als Datenzulieferer der Verfasser dieser Zeilen seinen Beitrag leistet.

Zur BBF gehört auch ein bildungsgeschichtliches Archiv, das sich im Gebäude gleichen Gebäude befindet. Dieses Archiv beinhaltet u.a. Archivalien der Deutschen Lehrerbücherei, Nachlässe von Pädagogen - so seit Mai 1997 das Adolf-Reichwein-Archiv -, Akten des Deutschen Pädagogischen Zentralinstituts (DPZI) und der Akademie der Pädagogischen Wissenschaften (APW) der DDR. Die Akten sind teilweise computergestützt erfaßt und recherchierbar. Sukzessive werden Findbücher zu den Archivalien erstellt.

Teil der BBF ist auch die Bibliothek Hör- und Sprachgeschädigtenwesen, die sich in Leipzig befindet. Diese Bibliothek stellt mit ihren ca. 46.000 Bänden und einer Kunst- und einer Handschriftensammlung eine der größten Spezialbibliotheken ihres Gebietes in Europa dar. Auch ihre Bestände sind teilweise computergestützt erfaßt und recherchierbar.

"Ich habe heute nur einen kleinen Einblick in diese große Bibliothek nehmen dürfen. Bin beeindruckt vom Ambiente, den famosen Beständen, die das Forscherherz höher schlagen lassen, und von der so freundlichen Aufnahme sowie Führung durch dieses bemerkenswerte Haus - alles Gründe, recht bald wiederzukommen und viel Zeit mitzubringen."
(Eintrag eines 'qualifizierten Benutzers' im Gästebuch der BBF vom 12.12.1995)


Literatur über die BBF (in enger Auswahl):