Presseinformationen der Universitätsbibliothek Marburg

Die gängigen Bilder von “den Zigeunern” sind keine realistischen Abbilder lebender Menschen, sondern spiegeln Vorurteile, Ängste und Wünsche der Mehrheit und werden von ihr auf Sinti und Roma projiziert. Die von der Gesellschaft für Antiziganismusforschung e.V. und dem Institut für neuere deutsche Literatur und Medien erarbeitete Ausstellung “Unsere Zigeuner” richtet den Blick auf diese Projektionen.

Ob das klassische Wandbild der schönen Zigeunerin, Playmobilfiguren, Gypsy-Mode, Hörspiele, Schallplatten oder Filme – nahezu alle Abbildungen und Bearbeitungen des Zigeunermotivs sind kitschig. Kitsch ist Kult, mag man da sagen, doch liegt der feine Unterschied in der Auswirkung auf die gesellschaftliche Realität. Über Wackeldackel, röhrende Hirsche und Geschmack allgemein lässt sich streiten, doch beeinflussen diese Kitsch/Kunstobjekte selten den Blick des Betrachters oder Besitzers auf die Wirklichkeit. Zigeunerbilder werden jedoch fast immer als realistisch gelesen und parallel dazu werden Sinti und Roma stereotyp als fahrendes, tanzendes, singendes, kriminelles Volk festgeschrieben.

Die political correctness, die im offiziellen Umgang mit z.B. Menschen dunkler Hautfarbe erreicht wurde, setzt bei den “Zigeunern” aus. Wer könnte sich heute noch ein “Nicknegerchen” in einer Kirche um Spenden bittend vorstellen? Die Darstellung einer dunkeläugigen, leichtbekleideten Schönheit auf einer Weinflasche mit dem Inhalt “Zigeunerglut” eckt im allgemeinen Bewusstsein jedoch nicht an. Die Ausstellung “Unsere Zigeuner” will den Blick auf den täglichen Umgang mit Zigeunerkitsch schärfen und der Frage nachgehen, warum wir das klischeehafte Bild des Zigeuners weiter tradieren.

Öffnungszeiten: Montag - Samstag 9.00 - 21.30 Uhr, Sonntag: 13 - 21.30 Uhr.
Am 3. Oktober ist die Bibliothek geschlossen.