Presseinformationen der Universitätsbibliothek Marburg


- Presseinformation vom 05.04.2000 -

Neue Veröffentlichung der Universitätsbibliothek Marburg

Daniel Jeanne Wyttenbach
Marburgs erste Ehrendoktorin (1827)
Hans Günther Bickert / Norbert Nail. - Marburg, 2000. 71 S., zahlr. Abb.
(Schriften der Universitätsbibliothek Marburg ; 98)
ISBN 3-8185-0300-1 * ISSN 0931-7163

Am Beispiel des 300jährigen Gründungsjubiläums der Universität Marburg führt der Band in die akademische Festkultur vergangener Jahrhunderte und in das Zeremoniell einer Doktorpromotion ein. Im Mittelpunkt der Betrachtungen steht dabei die Auszeichnung einer Frau, der Schriftstellerin Daniel Jeanne Wyttenbach (1773-1830), einer gebürtigen Hanauerin, der im Juli 1827 ein Ehrendoktor-Titel der Philosophischen Fakultät der Marburger Universität verliehen wurde, dies zu einer Zeit, als Frauen allgemein der Zugang zu einem Hochschulstudium noch verwehrt war.

Anhand zahlreicher niederländischer, französischer und auch deutscher Quellen – Frau Wyttenbach lebte an der Seite ihres späteren Ehemannes, des berühmten Leidener Altphilologen Daniel Wyttenbach [jr.] viele Jahre in den Niederlanden, zeitweise auch in Paris – wird das Geflecht persönlicher Bekanntschaften und Kontakte dargelegt, das mit zu der Auszeichnung geführt hat; z. B. war Frau Wyttenbach die Enkeltochter des Marburger Theologie-Professors David Samuel Daniel Wyttenbach und gehörte zum Freundeskreis des Philologen Georg Friedrich Creuzer, eines ehemaligen Marburgers und Kollegen von Daniel Wyttenbach [jr.].

Vorgestellt wird ferner das wissenschaftliche OEuvre der Ausgezeichneten, das die akademische Prozedur der Verleihung der Ehrendoktorwürde erst in Gang gesetzt hat. Es handelt sich um fünf in französischer Sprache erschienene Schriften, in denen die Verfasserin nach griechisch-antiken Vorbildern Themen wie Religion, Schönheit, Freundschaft, Toleranz, aber auch die ungleiche Behandlung der Geschlechter in der Erziehung reflektiert.

In einem ihrer Werke, der Schrift “Alexis“, die sofort nach Erscheinen ins Neugriechische übersetzt wurde, ergreift Frau Wyttenbach Partei im Freiheitskampf der Griechen gegen die Herrschaft der Osmanen. Damit und dank ihrer großzügigen finanziellen Unterstützung der griechischen Sache reiht sich Daniel Jeanne Wyttenbach in die gesamteuropäische Bewegung des Philhellenismus ein, deren wohl bekannteste Leitfigur der englische Dichter Lord Byron war.

Als Dank für die Ehrendoktorwürde hat Frau Wyttenbach bei einem Besuch in Marburg 1828 eine Stiftung eingerichtet, aus deren Erträgen Studierende der Philologie und der Medizin sowie – eine emanzipatorische Besonderheit – Hebammenschülerinnen gefördert wurden. Über D. J. Wyttenbach sollten dann auch die Kontakte der Marburger Medizinischen Fakultät laufen, die im Jahr 1828 ebenfalls einer Frau , der in Paris lebenden gelehrten Hebamme Marie-Anne-Victoire Boivin née Gillain, einen Ehrendoktor-Titel zuerkannt hat.

Zahlreiche Abbildungen, ein Anhang-Teil mit historisch-biographischen Dokumenten zu Daniel und Daniel Jeanne Wyttenbach sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis vervollständigen das vorliegende Werk. Der Band kann zum Preis von DM 12,00 bei der Universitätsbibliothek Marburg bezogen werden (Wilhelm-Röpke-Str. 4, 35039 Marburg, Tel.: 06421/28-25187 oder 28-21321, E-mail: verwaltung@ub.uni-marburg.de).