Presseinformationen der Universitätsbibliothek Marburg

- Presseinformation vom 15.03.1997 -

Neue Veröffentlichung der Universitätsbibliothek Marburg

Erdengötter. Fürsten und Hofstaat in der Frühen Neuzeit im Spiegel von Marburger Bibliotheks- und Archivbeständen. Ein Katalog. Hrsg. von Jörg Jochen Berns, Frank Druffner, Ulrich Schütte und Birgit Walbe. Marburg 1997. 720 S. Zahlreiche Abbildungen
(Schriften der Universitätsbibliothek Marburg. 77.)
ISBN 3-8185-0222-6 ISSN 0931-7163

Erdengötter - mit diesem funkelnden Namen wurden Fürsten in der Frühen Neuzeit bedacht. 23 Studierende der Germanistik und Kunstgeschichte der Marburger Philipps-Universität machten es sich in den letzten drei Semestern zur Aufgabe, diese "Erdengötter" anhand von Quellen des 16. bis 18. Jahrhunderts zum Leben zu erwecken. Entstanden ist in dem interdisziplinären Projekt ein 720 Seiten fassender Katalog mit dem Titel "Erdengötter - Fürst und Hofstaat in der Frühen Neuzeit im Spiegel von Marburger Bibliotheks- und Archivbeständen". Themen rund um den Fürstenhof wie Theater, Festkultur, Schloß- und Gartenarchitektur sowie Fürstenerziehung werden in dem Katalog erstmalig in Text und Bild dargestellt. Wahre "Highlights", noch nie publizierte Originale, wie z.B. die handgezeichneten Pläne der "Englischen Maschine" im Großen Garten zu Hannover-Herrenhausen, machen den Katalog für die Forschung sowie für die Laien zu einem außerordentlich wertvollen Handbuch. Höhepunkt des Projektes ist eine Ausstellung, die vom 19. Januar bis 2. März 1997 im Marburger Universitätsmuseum stattfindet. Die Leiter des Marburger "Hofkultur"-Projekts, Prof. Dr. Berns, Dr. Druffner, Prof. Dr. Schütte und Dr. Walbe, langjährige Experten auf dem Forschungsgebiet der Frühen Neuzeit, boten mit dem Projekt den Studierenden eine einmalige Chance zur praxisorientierten Team-Arbeit.

Den "Erdengöttern", den Fürsten und auf sie zentrierten höfischen Gesellschaften der Frühen Neuzeit, die als eigentümlich, kulturhistorisch höchst folgenreiche Formation bis vor einigen Jahren in der Forschung kaum Beachtung fand, waren die Studierenden auf der Spur - nicht von ungefähr in Marburg. Die "Academia Marpurgensis", 1527 als weltweit erste protestantische Universität von Landgraf Philipp gegründet, bietet eine einmalige Möglichkeit zum Einblick in die fürstliche Historie. Die besondere Stellung der Universität als landgräflich-kasselische Gründung brachte es mit sich, daß sie über Jahrhunderte wichtigste Rekrutierungsstätte der politischen Elite Hessens war. Damit war sie immer den Landesherren von Hessen-Kassel, auch zeitweilig von Hessen-Darmstadt, und deren Höfen verbunden. In Anbetracht dessen mag verständlich sein, daß der vorliegende Katalog und die begleitende Ausstellung so nur in Marburg entstehen konnten. Sie reflektieren in regional- und lokalspezifischer Optik eine Phase politischer Kultur, die doch ihrem Zuschnitt und Selbstverständnis nachüberregional, europaweit und international gültig war: die der Hofkultur des 16. bis 18. Jahrhunderts. Die Dokumente, die verzeichnet, beschrieben und in ihrem funktionalen Zusammenhang bewertet werden, sind prächtige Zeugnisse einer in sich geschlossenen Formation, deren kulturelle Produktivität und ideologische Orientierungskraft bis heute wirksam sind.

Für die Studierenden war die praxisnahme Forschungsarbeit eine großartige Möglichkeit, den "Elfenbeinturm" der Wissenschaft zu verlassen, um in den Magazinen der Universitätsbibliothek und des Staatsarchivs nach häufig vergessenen Originalquellen der Frühen Neuzeit zu suchen. Diese Anstrengung war beträchtlich, aber lohnenswert, mußten die Studierenden doch die Bereitschaft zeigen, historische Dokumente, die noch nie theoretisiert wurden, schätzen zu lernen und an ihnen die eigene Kompetenz zu erproben. In "Teamwork" konnten traditionelle Fachgrenzen überschritten werden.

Mit dem interdisziplinären Projekt verbindet sich für die Marburger Germanistik- und Kunstgeschichtsstudierenden ein Wunsch: Sie hoffen, daß ihre Arbeit an den deutschen Universitäten Schule machen wird.

Der Band ist zum Preis von DM 30 bei der Universitätsbibliothek Marburg, Postfach 1920, 35008 Marburg, zu beziehen.


Text: Die Hrsg. des Kataloges