Dietmar Haubfleisch: Bestellkatalogisierung in der Bibliothek Erziehungswissenschaft (BE). Erfahrungsbericht einer dezentralen Bibliothek. In: Marburger Bibliotheksinformationen. Mitteilungen für das Bibliothekssystem der Philipps-Universität. Marburg. Jg. 4 (1998), Heft 1: April, S. 27f. - http://archiv.ub.uni-marburg.de/mbi/1998/m04-1-02.html

Dietmar Haubfleisch

Bestellkatalogisierung in der Bibliothek Erziehungswissenschaft (BE)

Erfahrungsbericht einer dezentralen Bibliothek

Im März des letzten Jahres begann die UB mit der Bestellkatalogisierung, d.h. mit dem Verzeichnen von Titeln im hessischen Verbundkatalog zum Zeitpunkt ihrer Bestellung - anhand der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen bibliographischen Daten und Anbringen der Zusatzbemerkung "bestellt". Im Kontext der prekären Haushaltslage war damit die Hoffnung verbunden, durch die Bestellkatalogisate anderen Bibliotheken Hinweise auf bestellte Titel zu geben und damit die Möglichkeit zu schaffen, ungewollte Doppelkäufe von UB und dezentralen Bibliotheken besser vermeiden zu können [Anm.].

Parallel mit der Einführung der Bestellkatalogisierung wurde die Entscheidung getroffen, im Sinne verbesserter Benutzerinformationen die Bestellkatalogisate im Onlinekatalog der Philipps-Universität Marburg (OPAC) sichtbar zu machen. Den dezentralen Bibliotheken wurde von Seiten der UB empfohlen, ebenfalls mit der Bestellkatalogiserung zu beginnen. Mit dieser Empfehlung verbunden war die Hoffnung, die mit der Bestellkatalogiserung in der UB erhofften Zielsetzungen auf möglichst viele Bibliotheken im Bibliothekssystem auszudehnen und damit entsprechende 'Verstärkungseffekte' im Sinne der Erwerbungskooperation erreichen zu können.

Die Bibliothek Erziehungswissenschaft - einer räumlich auf fünf verschiedene Standorte in der Stadt verteilten Teilbibliothek der UB - wurde die Frage nach der Einführung der Bestellkatalogisierung mit dem Startschuß in der UB in dem kleinen Mitarbeiterkreis der BE sowie mit einzelnen Mitarbeitern im Fachbereich diskutiert.

Im Mitarbeiterkreis bestand zunächst die Sorge,
Schließlich verständigte man sich in der BE darauf, nicht auf entsprechende Erfahrungen der UB oder anderer dezentraler Bibliotheken zu warten, sondern zunächst an dem erwerbungsintensivsten Standort der BE, dem Standort am Institut für Erziehungswissenschaft (Wilhelm-Röpke-Straße 6B), eigene Erfahrungen zu sammeln; im Laufe des Jahres sollte dann aufgrund dieser Erfahrungen überlegt werden, ob
Bereits nach wenigen Wochen stellte sich heraus, daß mit der Bestellkatalogisierung ein gewisses Maß an 'Mehrarbeit' (quantitativer Erweiterung des Erwerbungsgeschäftsganges) verbunden ist. Gleichzeitig aber

Die Befürchtung bezüglich eines heftigen Benutzerdruckes ("Wo bleibt das Buch?") erwies sich als unbegründet: Zum einen zeigten sich die Benutzer als "genügsamer" und verständiger als befürchtet; zum anderen war es für die Mitarbeiter der BE in den wenigen Fällen, in denen intensive und eilige Nachfragen nach einem bestimmten Titel erfolgten, unproblematisch die erforderliche Flexibilität zu beweisen, die betreffenden Titel nach ihrem Eintreffen im Benutzerinteresse problemlosbevorzugt zu bearbeiten.

Aufgrund dieser sich so rasch herauskristallisierenden positiven Erfahrungen erweiterte die Dienststellenleiterin der BE die Bestellkatalogisierung im Mai von sich aus versuchsweise auf die beiden BE-Standorte Heil- und Sonderpädagogik sowie Sportwissenschaft und Motologie. Da die positiven Erfahrungen bestätigt wurden, ergab es sich in einem Arbeitsgespräch im Sommer (nahezu) wie von selbst, daß die Mitarbeiter der BE die Versuchsphase übereinstimmend als beendet erklärten und die Bestellkatalogisierung als integralen Bestandteil des Erwerbungsgeschäftsganges der BE definierten.

Faßt man die Erfahrungen mit der Bestellkatalogisierung in der BE etwas allgemeiner, so läßt sich folgendes festhalten:

Die "Leistungsfähigkeit" der Bestellkatalogisierung als Instrument zur Vermeidung ungewollter Mehrfacherwerbungen im Bibliothekssystem der Marburger Universität darf freilich nicht überschätzt, die Bestellkatalogisierung nicht als ein Instrument zur aktiven Erwerbungskooperation mißverstanden werden:

Bestellkatalogisierung als alleiniges Kooperationsinstrument zwischen Bibliotheken mit mehr oder weniger eng verwandten Erwerbungsspektren reicht nicht aus. Denn sie fördert gewissermaßen "das Recht des Schnelleren": Daß es aber nicht Sinn der Sache sein kann, daß zu einem Thema der eine Titel von der einen, der zweite Titel von einer anderen Bibliothek erworben wird, und das Entscheidungskriterum für diese Zuordnung wird.

Bei all den Themengruppen, die von mehreren Bibliotheken von Interesse sind, gilt es vielmehr, die über die Bestellkatalogisierung sichtbar werdenden Einzelfallentscheidungen durch umfassendere Absprachen über Themengruppen - im Idealfall durch Erstellen von umfassenderen Erwerbungsprofilen - zu ergänzen. Das aber ist ein anderes Thema, sozusagen "ein weites Feld" - das allerdings durch die Bestellkatalogisierung stärker als bisher ins Blickfeld rückt bzw. gerückt werden sollte.

Anm:
Vgl.: Kirstin Kemner: Bestellkatalogisierung - Neu im Marburger Bibliothekssystem. In: MBI, Jg. 3 (1997), Heft 1: April, S. 25.