Ministerialerlasse

Erlaß: vom 23.09.1969:

Erlaß zu den §§ 8 und 16 der Benutzungsordnung für die Wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes [Anm. 1] vom 23. September 1969 [Anm. 2]

Amtlich nicht veröffentlicht; abgedruckt in: Bibliotheksrechtliche Vorschriften. Mit Bibliographie zum Bibliotheksrecht. Zusammengest. von Ralph Lansky, 3. Aufl., Frankfurt, 1980ff., Nr. 1357.

[...].
  1. Die Beziehungen zwischen den wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes und ihren Benutzern sind öffentlich-rechtlicher Natur. Die diesen obliegenden Verpflichtungen sind daher nicht mit Hilfe der ordentlichen Gerichte, sondern im Verwaltungskostenvollstreckungsverfahren durchzusetzen.

    Maßgebend ist das Hessische Verwaltungsvollstreckungsgesetz (Hess. VwVG) vom 4.7.1966.

  2. Für die Vollstreckung von Geldleistungen des Landes gelten die §§ 15, 18ff des Hess. VwVG. Zu den Geldleistungen gehören auch die Schadenersatzforderungen nach §§ 10 und 11, die Mahnkosten nach § 9 der Benutzungsordnung für die wissenschaftlichen Bibliotheken, bei den Bibliotheken, die im § 1 der Verordnung über die Abgabe von Freistücken vom 10.12.1949 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, 1950, Teil I, S. 15) i.d.F. der Verordnung vom 24.4.1961 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen, 1961, Teil I, S. 67) [Anm. 3] genannt sind, auch die Kosten nach § 6 Abs. 2 dieser Verordnung.

    Sie stellen dem Schuldner nach dem Hessischen Verwaltungszustellungsgesetz einen Verwaltungsakt zu; in ihm begründen Sie die Zahlungspflicht, fordern innerhalb einer von ihnen bestimmten angemessenen Frist zur Zahlung auf und belehren über die Rechtsmittel nach dem Muster 1a) des Erlasses des Hessischen Ministers des Innern vom 5.4.1962. Außerdem geben Sie der Staats- (Amts-) Kasse eine Annahmeanordnung. Diese überreicht, wenn Sie den Schuldner vergeblich gemahnt hat, nach § 15 Hess. VwVG den Vorgang dem zuständigen Finanzamt zur Vollstreckung.

  3. Für die Herausgabe von Sachen gilt § 77 des Hess. VwVG. Sie verfahren wie folgt:

    Jede Mahnung ist ausdrücklich mit der Anordnung zu verbinden, das ausgeliehene Buch innerhalb einer bestimmten Frist zurückzugeben oder innerhalb derselben Frist mitzuteilen, welche Umstände an der Rückgabe des Buches hindern.

    In der 3. Mahnung setzen Sie erneut eine Frist für die Rückgabe des Buches oder die Abgabe einer Erklärung über die Hinderungsgründe; diese Mahnung ist ebenfalls nach dem Hess. Verwaltungszustellungsgesetz zuzustellen, am besten mittels eingeschriebenen Briefes mit Rückschein. - Den Benutzern am Ort können Sie nach § 5 des Verwaltungszustellungsgesetzes die 3. Mahnung jedoch durch einen Bediensteten der Bibliothek zustellen lassen. Dieser sollte dann bei der Aushändigung der Mahnung an den Benutzer gleichzeitig die Rückgabe des Buches verlangen.

    Sie müssen die Rückgabeanordnung als Verwaltungsakt mit einer Rechtsmittelbelehrung nach § 70 der Verwaltungsgerichtsordnung vom 21.1.1960 (BGBl. I, S. 17) versehen, und zwar nach dem Muster 1a) des Erlasses des Hess. Ministers des Innern vom 5.4.1962. Gleichzeitig ordnen Sie in diesem Verwaltungsakt die sofortige Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Ziff.4 der Verwaltungsgerichtsordnung an; die Vollziehung müssen Sie - nach § 80 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung - auch begründen, etwa damit, daß das Buch trotz zweimaliger Mahnung ohne Angabe von Hinderungsgründen nicht zurückgegeben wurde und der Schutz des Buchbestandes und das Interesse der anderen Benutzer dies gebietet (Muster siehe Anlage, es folgt der Ausdrucksweise der Gesetze).

    Sodann warten Sie den Rücklauf des Rückscheines und die Frist ab. Wurde das Buch bis dahin nicht zurückgegeben und keine einleuchtende Erklärung über die Hinderungsgründe mitgeteilt, so geben Sie dem Beamten, der nach § 6 des Hess. VwVG zum Vollziehungsbeamten bestellt wurde, einen schriftlichen Vollstreckungsauftrag.

    Für die Senckenbergische Bibliothek bestellt der Kurator der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt a.M., für die Bibliotheken der Justus Liebig-Universität in Gießen und der Philipps-Universität in Marburg jeweils der Kanzler den Vollziehungsbeamten. Bei den drei anderen Bibliotheken des Landes bestellt der Direktor der Bibliothek den Vollziehungsbeamten, am besten den Verwaltungsbeamten.

    Diese Vollziehungsbeamten wenden die Dienstanweisung für die Vollziehungsbeamten bei den Kassen der Landkreise und Gemeinden vom 9.12.1966 [...] sinngemäß an. Für die Vollstreckungshandlung der Wegnahme bestimmt § 7 der Vollstreckungskostenordnung vom 9.12.1966 [...] die Gebühr.

    Die für die einzelnen Bibliotheken bestellten Vollziehungsbeamten sind auch ausschließlich für Vollstreckungsmaßnahmen gegen solche Benutzer zuständig, die zwar im Lande Hessen, nicht aber am Ort der Bibliothek wohnen. Die Möglichkeit einer Einschaltung anderer Vollstreckungsbehörden nach § 5 Hess. VwVG entfällt in diesen Fällen, da diese Vorschrift nur die Vollstreckungshilfe hessischer Vollstreckungsbehörden untereinander regelt, soweit die Vollstreckungshilfe aus Gründen der örtlichen - nicht aber der sachlichen - Unzuständigkeit notwendig wird. Die Vollstreckungshilfe durch eine außerhessische Behörde bestimmt sich nach dem Gesetz über den Beistand bei Einziehung von Abgaben und Vollstreckung von Vermögensstrafen - Beistandsgesetz - vom 5.6.1895 (RGBl. S.256). An welche Behörden in den anderen Ländern im einzelnen ein entsprechendes Ersuchen zu richten ist, ann dem Kommentar von Harald Kreiling, Hessisches Verwaltungsvollstreckungsrecht, Wiesbaden 1967, Deutscher Gemeindeverlag, Seite 29 bis 33, entnommen werden.

    Findet der Vollziehungsbeamte bei dem Benutzer das Buch nicht vor, so können Sie, wenn das Buch unersetzlich ist, beim Amtsgericht die Leistung des Offenbarungseides nach § 77 Abs.2 Hess. VwVG beantragen.

  4. Lassen die Umstände daauf schließen, daß sich der Benutzer das Buch womöglich rechtswidrig zugeeignet hat, so stellen Sie bei der für den Wohnort des Benutzers zuständigen Polizeibehörde unverzüglich Strafanzeige wegen Unterschlagung.

  5. Obgleich kaum zu erwarten ist, daß der Benutzer gegen den Verwaltungsakt Widerspruch (§§ 69ff der Verwaltungsgerichtsordnung) einlegt, es sei denn, weil er das Buch nicht mehr besitzt, da es ihm abhanden gekommen ist, mache ich vorsorglich darauf aufmerksam, daß Sie nach § 13 Abs. 1 Ziff.2 der Verwaltungsgerichtsordnung den Widerspruchsbescheid erlassen und zustellen müssen.

  6. Kann der Benutzer das Buch nicht zurückgeben, weil er es nicht mehr besitzt, so fordern Sie ihn schriftlich, mit Rechtsmittelbelehrung nach Muster 1a) des angeführten Erlasses des Hess. Ministers des Innern vom 5.4.1962 und mit Postzustellungsurkunde zum Schadenersatz auf, indem Sie von ihm innerhalb einer bestimmten Frist ein neues Buch verlangen, vorausgesetzt, daß es im Handel zu kaufen ist, oder den Wiederbeschaffungspreis. Übergibt er das Buch innerhalb der Frist nicht und zahlt er auch den Betrag nicht, so geben Sie der Staatskasse eine Annahmeanordnung und überlassen ihr die Vollstreckung.

  7. Um die Verwaltung nicht unnötig zu belasten, wird womöglich § 3 Abs.3 der Benutzungsordnung genau zu beachten sein.

  8. Die Erlasse vom 11.1.1965 - H 2 - 451/15, 5.10.1966 - H II 4 - 451/15 - 88 und vom 27.10.1966 - H II 4 - 451/15 - 89 - werden aufgehoben.


    Anlage: Muster

    ................................bibliothek.
    .............................., den .......
    Der Direktor


    An
    ...................................................


    Einschreiben mit Rückschein

    3. Mahnung

    Die Leihfrist für das/die von Ihnen entliehene(n) Buch/Bücher:
    .............................................................. ....

    ist abgelaufen. Ich ordne hiermit an, daß Sie innerhalb von drei Tagen nach Zustellung und unter Vorlage dieses Mahnschreibens das Buch/die Bücher zurückgegeben oder mir innerhalb der gleichen Frist mitteilen, welche zwingenden Umstände (z.B. Verlust) Sie an derRückgabe hindern.

    Weiterhin verfüge ich die sofortige Vollziehung dieser Rückgabeanordnung, da das Buch/die Bücher für andere Bibliotheksbenutzer benötigt wird/werden / verfügbar sein muß/müssen, zumal Sie das Buch/die Bücher bereits seit ..... im Besitz und trotz zweimaliger Mahnung nicht zurückgegeben haben. Infolgedessen müssen Sie damit rechnen, daß Ihnen das Buch/die Bücher nach Ablauf der gesetzten Rückgabefrist im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens weggenommen wird/werden und Sie die dadurch entstehenden Kosten tragen müssen.

    Gleichzeitig wird die Zahlung einer Mahngebühr in Höhe von 5,- DM an die ...............bibliothek ............... gemäß § 8 der Benutzungsordnung für die wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes Hessen vom 22.11.1965 (Amtsblatt des Hessischen Kultusministers, S.880, und Staatsanzeiger für das Land Hessen, S. 1516) angeordnet [Anm. 4].

    Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung schriflich oder zur Niederschrift bei mir Widerspruch erhoben werden. Es ist tunlich, den Widerspruch zu begründen und einen bestimmten Antrag zu stellen.

    Durch den Widerspruch wird die Vollziehung der Rückgabeanordnung nicht berührt.


    [Anm. 1]:
    Bei der neuen Fassung der Benutzungsordnung handelt es sich um die §§ 9 und 15.

    [Anm. 2]:
    Amtlich nicht veröffentlicht [...].

    [Anm. 3]:
    Jetzt: Verordnung über die Abgabe von Druckwerken vom 12. Dezember 1984.

    [Anm. 4]:
    Nach der Verwaltungskostenordnung für den Geschäftsbereich des Kultusministers vom 25. März 1977 beträgt die Gebühr für die 3. Mahnung 6,- DM.