Zusammenfassung:
Hintergrund: Bei hypoxischen Patienten mit idiopathischer pulmonaler
Fibrose (IPF) wird in den nationalen und internationalen Leitlinien eine
Sauerstofftherapie unter Belastung empfohlen (Behr et al., 2013; Magnussen
et al., 2008; Raghu et al., 2011). Behr et al. sprechen eine starke Empfehlung
bei sehr geringer Evidenz aus. Dowman et al. konnten eine Verbesserung der
körperlichen Ausdauerleistung und SpO2 unter Sauerstofftherapie nachweisen
(Dowman et al., 2017). Nishiyama et al. fanden keine Leistungssteigerung von
IPF Patienten im 6-Minuten Gehtest unter Sauerstofftherapie (Nishiyama et al.,
2008). In einer retrospektiven Analyse zeigte sich bei diesen Patienten
hingegen eine Verbesserung der Gehstrecke unter Sauerstofftherapie (Frank
et al., 2012). Die Aussagekraft dieser Studien ist durch geringe Fallzahlen
limitiert und sie zeigen widersprüchliche Ergebnisse. Ziel der vorliegenden
Studie war es, die kurzfristigen Effekte einer Sauerstofftherapie bei einer
größeren Gruppe von IPF Patienten zu untersuchen. Es wurde erwartet, dass
diese Patienten ihre Ausdauer und SpO2 bei Belastung durch eine
Sauerstofftherapie verbessern können. Es sollten außerdem die Effekte einer
solchen Therapie auf die Atemfrequenz, Herzfrequenz und den
Kohlenstoffdioxidpartialdruck der Patienten untersucht werden.
Methodik: Im Rahmen der pneumologischen Rehabilitation an der Schön
Klinik Berchtesgadener Land nahmen 40 Patienten mit idiopathischer
pulmonaler Fibrose (Alter: 68.98 ± 7.31 Jahre, 39 männlich, 1 weiblich) und
Belastungshypoxie (im 6-Minuten Gehtest) an dieser prospektiven Studie teil.
Als Basisuntersuchungen wurden eine Lungenfunktion, eine
Diffusionsmessung, eine Bioimpedanzanalyse und eine Blutgasanalyse
durchgeführt. Jeder Patient absolvierte einen ISWT zur Bestimmung der
maximalen Gehgeschwindigkeit. Jeder Patient absolvierte 3 ESWTs bei 85%
dieser Gehgeschwindkeit. Dabei wurde jeweils ein Gehtest unter Raumluft,
einer unter 2 L O2/min und einer unter 4 L O2/min durchgeführt. Die Anwendung
der Atemgase erfolgte in randomisierter Reihenfolge und unter doppelter
Verblindung. Die Patienten wurden angewiesen, die extern vorgegebene
Geschwindigkeit so lange wie möglich durchzuhalten. Primärer Endpunkt der
Studie war die Gehdauer (in Sekunden) bis zum Abbruch des ESWT durch den
Patienten. Die SpO2, AF, HF und tcpCO2 wurden während des ESWT
kontinuierlich aufgezeichnet. Um eine Vergleichbarkeit dieser Messparameter
zu erreichen, wurde aus jedem Gehtest der Messwert bei Isotime (kürzeste
Gehdauer eines Patienten in den 3 ESWTs) verwendet. Am Ende jedes
Gehtests wurde die Dyspnoe des Patienten auf der modifizierten Borg-Skala
erhoben.
Ergebnisse: Es zeigte sich eine signifikante Verlängerung der Gehdauer im
ESWT unter Sauerstofftherapie gegenüber Raumluft. Unter 2 L O2/min
(p=0.003) und unter 4 L O2/min (p<0.001) konnten die Patienten die
vorgegebene Geschwindigkeit signifikant länger durchhalten, als unter
Raumluft. Bei Isotime zeigte sich eine verbesserte SpO2 dieser Patienten unter
Sauerstoffgabe gegenüber Raumluft. Diese war unter 2 L O2/min (p<0.001)
und unter 4 L O2/min (p<0.001) hochsignifikant. Die Herzfrequenz der
Patienten konnte durch eine Sauerstofftherapie signifikant verringert werden.
Dies zeigte sich ebenfalls unter 2 L O2/min (p=0.021) und unter 4 L O2/min
(p=0.003) gegenüber Raumluft. Der Kohlenstoffdioxidpartialdruck der
Patienten bei Isotime war unter 2 L O2/min (p=0.030) und unter 4 L O2/min
(p=0.040) gegenüber Raumluft signifikant erhöht. Es zeigten sich keine
Unterschiede bezügliche der Atemfrequenz unter Sauerstofftherapie
gegenüber Raumluft. Ebenso zeigten sich keine Unterschiede in der Dyspnoe
der Patienten am Ende des ESWT, wenn Raumluft oder Sauerstoff zugegeben
wurde.
Diskussion: Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass IPF Patienten unter
kurzfristiger Sauerstofftherapie bei Belastung ihre Ausdauer und SpO2
signifikant und klinisch relevant verbessern können. Diese Ergebnisse stimmen
mit früheren Studien überein, die aber nur wenige Patienten einschlossen
(Dowman et al., 2017) oder durch ein retrospektives Studiendesign limitiert
waren (Frank et al., 2012). Die Anwendung des ESWTs mit Messungen bei
Isotime gewährleistet die Übertragbarkeit unserer Ergebnisse auf alltägliche
Belastungen, sowie eine gute Vergleichbarkeit der Messungen zwischen den
verschiedenen Gehtests. In unserer Studie wurde ein signifikanter Anstieg des
Kohlenstoffdioxidpartialdrucks unter Sauerstofftherapie bei Belastung bei IPF
Patienten nachgewiesen, wobei dies bei Normokapnie ohne klinische
Relevanz sein dürfte. Eine wichtige Limitation unserer Studie ist das Fehlen
von weiblichen Patientinnen.
Schlussfolgerung: Die hier vorgestellten Ergebnisse verbessern die Evidenz
für eine kurzfristige Sauerstofftherapie unter Belastung bei Patienten mit IPF.
Diese können durch die Substitutionstherapie ihre Ausdauer und SpO2
verbessern. Beide sind wichtige Faktoren der körperlichen Aktivität (Bahmer et
al., 2016) und Lebensqualität (Nishiyama et al., 2005; Verma et al., 2011) der
Patienten. Ob durch eine Sauerstofftherapie die Mortalität von IPF Patienten
positiv beeinflusst werden kann, muss in weiteren Studien untersucht werden.