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Titel:Dopaminerge Stammzellen im rostralen Migrationsstrom der Maus
Autor:Rüschoff-Steiner, Corinna Heidi
Weitere Beteiligte: Höglinger, Günter (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2020
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2020/0391
DOI: https://doi.org/10.17192/z2020.0391
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2020-03912
DDC:610 Medizin
Titel (trans.):Dopaminergic stem cells in the rostral migratory stream of the mouse
Publikationsdatum:2020-11-10
Lizenz:https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0

Dokument

Schlagwörter:
mouse model, Neurogenese, Neurogenesis, rostral migratory stream, olfactory bulb, dopaminerge Stammzellen, rostraler Migrationsstrom, Mausmodell, olfaktorischer Bulbus, dopaminergic stem cells, Morbus Parkinson, Parkinson's disease

Zusammenfassung:
Ursache des idiopathischen Parkinson-Syndroms (IPS) ist ein fortschreitender Verlust dopaminerger Neurone der Substantia nigra pars compacta (SNpc), welcher im Gehirn betroffener Patienten zu einem Dopaminmangel führt. Heutige Therapieoptionen sind rein symptomatisch und zumeist auf den medikamentösen Ersatz des Neurotransmitters Dopamin (DA) beschränkt. Da die medikamentöse Therapie mit zahlreichen Nebenwirkungen assoziiert ist und ihre Wirksamkeit mit der Zeit nachlässt, wird seit Jahren nach alternativen Therapieoptionen gesucht. Unter anderem stellt die Implantation von körpereigenen oder körperfremden dopaminergen Stammzellen einen möglichen kurativen und somit interessanten Therapieansatz dar. Im Gehirn adulter Säugetiere bleiben nur zwei Hirnregionen lebenslang zur Neubildung von Neuronen (Neurogenese) fähig. Dies ist neben der Subgranulärzone (SGZ) des Gyrus dentatus des Hippocampus die Subventrikulärzone (SVZ) der Seitenventrikel des Telencephalons. Die in der SVZ neugebildeten Neurone gehen aus neuralen Stammzellen (NSCs) hervor und wandern entlang des rostralen Migrationsstroms (RMS) in den olfaktorischen Bulbus (BO) ein. Im BO kommt es zur Ausdifferenzierung und Integration der jungen Neurone entweder in die granuläre Zellschicht (GCL) oder periglomeruläre Zellschicht (PGL), wobei circa 40% der neu eingewanderten Neurone der PGL einen dopaminergen Phänotyp annehmen. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Identifikation dopaminerger Stammzellen im SVZ-RMS-BO-System, da diese in zukünftigen klinischen Studien zu Transplantationszwecken eingesetzt werden könnten. Zur Klärung dieser Fragestellung diente ein Mausmodell bestehend aus 11 Tieren, bei dem der RMS der Versuchsgruppe mittels einer physikalischen Barriere (PB) mechanisch unterbrochen wurde. Teilungsaktive Vorläuferzellen konnten mit Hilfe einer kontinuierlichen einwöchigen Infusion des Zytostatikums AraC (Cytarabin) aus der SVZ und dem RMS eliminiert werden. Anschließend wurden die durch Regeneration des Systems neugebildete Nervenzellen durch Applikation des Thymidin-Analogons BrdU (Bromodeoxyuridin) markiert. Die Versuchstiere wurden 55 (n=4) beziehungsweise 105 Tage (n=4) nach Beendigung der AraC-Infusion geopfert. Die mitgeführten, nichtbehandelten Tiere der Kontrollgruppe (n=3) erhielten nur BrdU-Applikationen und wurden ebenfalls an Tag 105 geopfert. Post mortem erfolgte die Gehirnentnahme und Gewebeaufarbeitung. Mit Hilfe einer immunhistochemischen BrdU-Färbung konnten die neugebildeten Neurone nachgewiesen werden. Die Funktionstüchtigkeit der PB als Grundlage des Versuchsaufbaus konnte anhand der Untersuchung der SVZ bestätigt werden. Es zeigte sich erwartungsgemäß, dass nach Ablation der Neuroblasten die Neurogenese in der SVZ wieder aufgenommen wurde. Ebenso ließ sich ein vermehrter Rückstau an neugebildeten Neuronen auf der unterbrochenen Seite in die SVZ feststellen, wodurch die gewünschte Funktion der PB gezeigt werden konnte. Anhand der immunhistochemischen Untersuchungen der GCL und PGL des BO ließ sich eine signifikante Reduktion von neugebildeten Neuronen auf der unterbrochenen Seite in der GCL, nicht jedoch in der PGL, feststellen. Damit konnte gezeigt werden, dass diejenigen NSCs, welche Interneurone der GCL hervorbringen, in der SVZ liegen, während NSCs, welche Interneurone (inklusive dopaminerger Interneurone) für die PGL produzieren, im RMS rostral der PB lokalisiert sein müssen. Mit Hilfe einer BrdU/NeuN-Doppelfärbung der PGL konnte sichergestellt werden, dass es sich bei den neugebildeten Zellen tatsächlich um Neurone und nicht etwa um reaktive Gliazellen handelte. Anhand zusätzlicher Färbungen, speziell der dopaminergen Zellen in der PGL, ließ sich eine gleichbleibende Anzahl an dopaminergen Neuronen bestätigen. In der vorliegenden Arbeit konnte somit erstmals mit Hilfe einer mechanischen Unterbrechung des RMS in einem Mausmodell die Lokalisation dopaminerger Stammzellen im RMS nachgewiesen werden. Die Ergebnisse stimmen mit denjenigen von verschiedenen Arbeitsgruppen überein und stützen die Hypothese, dass es sich beim SVZ-RMS-BO-System um eine komplexe proliferative Zone handelt. Es wird deutlich, dass NSCs eine inhomogene Zellpopulation darstellen und somit abhängig von ihrer Regionalisierung unterschiedliche Typen von Neuronen hervorbringen. Therapeutisch stellt die Stammzelltherapie des zentralen Nervensystems (ZNS) einen neuen Ansatz zur Behandlung des IPS sowie anderer neurodegenerativer Erkrankungen dar. Da bisherige Quellen von dopaminergen NSCs unterschiedliche klinische und ethische Einschränkungen aufweisen, stellt die Gewinnung dieser Zellen aus dem RMS einen vielversprechenden neuen Therapieansatz dar, der in Zukunft sowohl am Nagetier als auch am Menschen genauer untersucht werden sollte.


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