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Titel:Thrombinaktivität basierter Test zur intrinsischen Gerinnung
Autor:Otto, Stefanie
Weitere Beteiligte: Stief, Thomas (PD Dr. med.)
Veröffentlicht:2016
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2016/0452
DOI: https://doi.org/10.17192/z2016.0452
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2016-04526
DDC:610 Medizin
Titel (trans.):Thrombin activity based test for intrinsic coagulation
Publikationsdatum:2016-07-19
Lizenz:https://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/4.0

Dokument

Schlagwörter:
chromogenic, Thrombin, thrombin, intrinsic, intinsisch, Koagulation, Thrombin, coagulation, Fotometrie, Prothrombin, Gerinnung

Zusammenfassung:
Der Intrinsic Coagulation Activity Assay (INCA) ist ein neuer chromogener Globaltest für die intrinsische Blutgerinnung. Bisher ist die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) der am weitesten verbreitete Test zur Messung der intrinsischen Gerinnung, obgleich bekannt ist, dass die aPTT nicht in der Lage ist, das volle Spektrum der Gerinnungsaktivierung wiederzugeben, d. h. eine ausgeglichene Gerinnungsaktivität einerseits und prothrombotische oder antikoagulatorische Zustände andererseits klar als solche zu erkennen. Die aPTT eignet sich dazu, die Therapie mit unfraktioniertem Heparin zu überwachen, während sie für die Therapieüberwachung vieler anderer Antikoagulanzien nicht geeignet ist. Neue chromogene und fluorogene Thrombingenerierungsteste wurden entwickelt, konnten gewisse Probleme jedoch nicht überzeugend lösen: das Problem der Fibrinbildung, die Interferenz der Kontaktaktivierung und den Bedarf an spezieller Computersoftware und Fluorometer im Falle der fluorogenen Methoden. Darüber hinaus wurden alle diese Teste zur Messung der extrinsischen Gerinnung entwickelt. Die zunehmende Evidenz für die Bedeutung der Kontaktfaktoren für die pathologische Thrombusbildung und für prothrombotische Krankheitsbilder unterstreicht unterdessen den Bedarf an einem neuen sensitiven Test zur intrinsischen Gerinnung. Der INCA misst die Thrombinaktivität in internationalen Einheiten (IU) unter Verwendung eines chromogenen Peptidsubstrats und eines Photometers. INCA beinhaltet zwei Reaktionen, welche getrennt voneinander ablaufen: Zuerst startet die Gerinnungsreaktion durch Inkubation von 50 μl Zitratplasma mit 5 μl SiO2 (Pathromtin® SL) und 250 mmol/l CaCl2 in Polystyrol-F-wells bei 37 °C in einem digital kontrollierten Wasserbad. Um den wichtigsten Teil einer Thrombingenerierungskurve zu erstellen, wird die Reaktion sodann nach vier bzw. fünf Minuten Gerinnungsreaktionszeit (GRZ) durch Zugabe von 100 μl 2.5 mol/l Arginin, pH 8.6, welches die Gerinnung inhibiert und Fibrin depolymerisiert, gestoppt. Nach einer Inkubationszeit von 20 Minuten bei Raumtemperatur werden 50 μl 1 mmol/l chromogenes Peptidsubstrat CHG-Ala-Arg-pNA in 1.25 mol/l Arginin, pH 8.7, zugefügt (finale Konzentration 0.24 mmol/l), um die Nachweisreaktion zu starten. Das chromogene Substrat wird von Thrombin gespalten und setzt pNA frei. In einem Mikrotiterplattenphotometer wird der Absorptionsunterschied (ΔA) bei 405 nm registriert. Zur Kalibrierung dient ein Standard, welcher 1 IU/ml Thrombin enthält. INCA gemessen nach vier und fünf Minuten GRZ (INCA-4 und INCA-5) liefert die zur Beurteilung einer Plasmaprobe nötige Information, vorausgesetzt, dass der Quotient INCA-5/INCA-4 größer als eins ist. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass die normale Thrombinaktivität von INCA-4 (Hauptwert) ca. 0.5 IU/ml (= 100% der Norm) und von INCA-5 (Kontrollwert) ca. 1.9 IU/ml (= 100% der Norm) beträgt. Wie durch die Messung von 39 Plasmen gesunder erwachsener Spender ermittelt wurde, ist der Normbereich 100% ± 30% (Durchschnitt ± Standardabweichung). Die 10-fach-Bestimmung eines frischen Normalplasmapools ergab einen intra-assay bzw. inter-assay Variationskoeffizienten von < 10% bzw. < 15%. Die Analyse von 173 Patientenplasmen zeigte, dass der Durchschnittswert für INCA-4 bei Patienten mit verlängerter aPTT oder erhöhter International Normalized Ratio (INR) ca. 10% der INCA-4-Aktivität von nicht antikoagulierten Patienten beträgt. Der Unterschied in den INCA-4-Mittelwerten der Gruppen „verlängerte aPTT“ und „erhöhte INR“ jeweils im Vergleich zu den Nicht-Antikoagulierten war statistisch signifikant, was darauf hindeutet, dass der Effekt von Heparin und Cumarinderivaten von INCA erfasst wird. Die Korrelation von INCA-Aktivitäten mit der aPTT oder der INR zeigen einen schwachen bis mäßigen negativen Zusammenhang. INCA ist sehr empfindlich in Bezug auf Veränderungen der Plasmamatrix, so dass eine Verdünnung des Aktivators zu falsch-hohen INCA-Werten führt. Auch das präanalytische Einfrieren und Auftauen von Plasma erhöht den INCA-4-Wert. Aufgrund von drei Eigenheiten des INCA, nämlich dem Einsatz von Arginin zur Hämostasestabilisierung und Fibrindepolymerisierung, der geringen Aktivatorkonzentration (weniger als 5% der Kontaktaktivatormenge der aPTT) und dem schnell reagierenden chromogenen Substrat, ist der INCA sehr empfindlich. Durch zukünftige Forschung ist zu klären, ob der INCA als Screeningtest für Funktionsstörungen im intrinsischen Gerinnungssystem geeignet ist und ob er dazu beitragen kann, die Therapieüberwachung von verschiedenartigen Antikoagulanzien zu verbessern. Wenn sich dies bestätigt, könnte INCA ein wertvolles diagnostisches Instrument in den Gerinnungslaboren werden, welches möglicherweise in der Lage wäre, die Lücke in der Gerinnungsanalyse des intrinsischen Systems zu schließen.

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