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Titel:Prämenstruelle Veränderungen – Krankheitswertig? Beeinträchtigend? Alltäglich? Positiv? Entwicklung und Optimierung neuer Ansätze zur Diagnostik und Behandlung
Autor:Kues, Johanna Noemi
Weitere Beteiligte: Weise, Cornelia (Dr. rer. nat.)
Veröffentlicht:2015
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2016/0061
DOI: https://doi.org/10.17192/z2016.0061
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2016-00618
DDC: Psychologie
Titel (trans.):Premenstrual Changes – Clinically significant? Impairing? Common? Positive? Development and Optimization of Diagnostics and Treatment
Publikationsdatum:2016-02-04
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Premenstrual Dysphoric Disorder (PMDD), Psychotherapie, Diagnostics, Internet-based self-help, Behandlung, Psychotherapy, Prämenstruelle Dysphorische Störung (PMDS), Prämenstruelles Syndrom (PMS), Internetbasierte Selbsthilfe, Diagnostik, Premenstrual Syndrome (PMS), Psychologe

Zusammenfassung:
Prämenstruelle Veränderungen werden von etwa 75 % der Frauen im gebärfähigen Alter berichtet (Wittchen, Becker, Lieb, & Krause, 2002). Sie umfassen ein breites Spektrum positiver und alltäglicher Veränderungen, wie gesteigerte sexuelle Lust, aber auch unangenehmer Beschwerden, wie Affektlabilität oder Reizbarkeit (Campagne & Campagne, 2007). Sind die Beschwerden mit einer deutlichen Beeinträchtigung verbunden, spricht man je nach Schweregrad der Beschwerden vom prämenstruellen Syndrom (PMS) oder der prämenstruellen dysphorischen Störung (PMDS) (Campagne & Campagne, 2007; O’Brien, Bäckström, et al., 2011). Heterogene Definitionen und Operationalisierungen der Störungsbilder erschweren die Diagnostik und die Bestimmung von Behandlungsbedürftigkeit (O’Brien, Rapkin, Dennerstein, & Nevatte, 2011). Obwohl erste Wirksamkeitsnachweise für kognitive Verhaltenstherapie (KVT) vorliegen, ist die methodische Qualität der Studien wenig zufriedenstellend (Busse, Montori, Krasnik, Patelis-Siotis, & Guyatt, 2009; Kleinstäuber, Witthöft, & Hiller, 2012; Lustyk, Gerrish, Shaver, & Keys, 2009). Zudem findet die Existenz der erwähnten positiven prämenstruellen Veränderungen bei der Diagnostik und in der Psychoedukation noch keine Berücksichtigung. Basierend auf der bisherigen Forschungslage wurden drei Untersuchungsschwer-punkte für die vorliegende Dissertation abgeleitet: Erstens wurde mithilfe einer DSM-5-basierten Tagebuchstudie (Studie I) und eines Beeinträchtigungsfragebogens (Studie II) die bislang unzureichende Diagnostik prämenstrueller Beschwerden optimiert. Kriterien für schweres PMS und die PMDS wurden operationalisiert. Die Ergebnisse zeigten, dass sowohl die entwickelten Auswertungsscores des Tagebuchs als auch der Beeinträchtigungsfragebogen reliabel und valide sind. Unterschiede zwischen Frauen mit schwerem PMS und PMDS bildeten sich in den auf dem Tagebuch basierenden Auswertungsscores und nicht in der wahrgenommenen globalen Beeinträchtigung, gemessen mit dem Fragebogen, ab. Zweitens wurde ein Studienprotokoll zur Umsetzung und Evaluation einer internet-basierten Selbsthilfe auf Basis kognitiv-verhaltenstherapeutischer Ansätze zur Behand-lung prämenstrueller Beschwerden entwickelt (Studie III). Das Studienprotokoll umfasst eine ausführliche Diagnostik, inklusive eines prospektiven Symptomtagebuchs über zwei Menstruationszyklen, eines strukturierten klinischen Interviews sowie einer individuellen Berechnung der prämenstruellen Phase zum Ausfüllen eines Fragebogens für das primäre und sekundäre Outcome. Drittens wurde in einer experimentellen Studie der Einfluss von Informationstexten über prämenstruelle Veränderungen auf den retrospektiven Bericht positiver und negativer prämenstrueller Veränderungen untersucht (Studie IV). Frauen, die den Infor-mationstext über negative prämenstruelle Veränderungen lasen, berichteten weniger positive und mehr negative prämenstruelle Veränderungen. Dies zeigte sich im Vergleich zu einer Bedingung mit neutralen Informationen sowie einer Bedingung mit Informationen über positive und negative Veränderungen. Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse die Bedeutung einer umfassenden Diagnostik prämenstrueller Veränderungen, die ebenfalls positive Veränderungen erfassen sollte, und einer Erweiterung der Psychoedukation über PMS um die Existenz positiver prämenstrueller Veränderungen. Die Ergebnisse werden im Spannungsfeld einer möglichen Pathologisierung des weiblichen Zyklus (Chrisler & Caplan, 2002; Epperson & Steiner, 2012) und einer Negation prämenstrueller Beschwerden (Markens, 1996) diskutiert und Implikationen für die klinische Praxis und Forschung abgeleitet.


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