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Titel:Immunoendokrinologie bei Stress – Interaktion von Cortisol und Makrophagen Migrationsinhibierendem Faktor (MIF) bei akutem und chronischem Stress im Menschen
Autor:Kvint, Ariane
Weitere Beteiligte: Vedder, H. (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2009
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2009/0661
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2009-06611
DOI: https://doi.org/10.17192/z2009.0661
DDC: Medizin
Titel (trans.):Immunoendocrinology in stress
Publikationsdatum:2009-11-24
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Stress, Immunologie, Stress, Immunology, Endokrinologie, Endocrinology

Zusammenfassung:
Bei akutem und chronischem Stress kommt es zu einer Reihe physiologischer Reaktionen im Körper. Die wohl wichtigste Rolle auf neuroendokriner Ebene spielt die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HHNA), deren Aktivierung zu einer vermehrten Freisetzung von Cortisol führt. Auch das Immunsystem reagiert, insbesondere durch Übermittlung mittels Zytokine, wie z.B. IL-6 und TNF-a, auf Stress. Makrophagen Migrationsinhibierender Faktor (MIF) wurde in den 60er Jahren als ein Zytokin entdeckt, das bei Entzündung ausgeschüttet wird und migrationshemmend auf Makrophagen wirkt. Mittlerweile konnte MIF in zahlreichen Systemen im Organismus nachgewiesen werden. Erstaunlich ist vor allem die Beobachtung, dass MIF einerseits als Gegenspieler der antiinflammatorischen und immunsuppressiven Wirkung von Glukokortikoiden wirkt und deren immunsupprimierende Wirkung sogar „überrunden“ kann, gleichzeitig jedoch durch niedrigere Glukokortikoiddosen induziert wird, womöglich um bei entzündlichen Erkrankungen ein gewisses Gleichgewicht in der Immunantwort herzustellen. Hohe Glukokortikoiddosen induzieren MIF nicht mehr. MIF ist außerdem in der Hypophyse teilweise in den gleichen Granula wie ACTH lokalisiert und wird durch CRH-Stimulation vermehrt ausgeschüttet. Aufgrund dieses Wechselspiels zwischen Glukokortikoidsystem und MIF, schien es interessant zu untersuchen, wie sich MIF im Zusammenhang mit Cortisol unter akutem und chronischem Stress verhält. Zu diesem Zweck wurde bei jungen gesunden Probanden, die in einem Studiendesign einem akuten Schmerzstressor ausgesetzt waren, über diesen Zeitraum Cortisol und MIF im Speichel bestimmt. Bei depressiv erkrankten Menschen geht man von einer chronischen Stressituation aus, die häufig mit einer Aktivierung bzw. Veränderung der Reagibilität der HHNA einhergeht. MIF und Cortisol wurden in Speichel und Blut bei depressiven Patienten im Verlauf und im Vergleich mit gesunden Kontrollpersonen untersucht. Nach akutem Stressreiz kam es zu einem deutlichen Anstieg der Cortisol- Konzentration im Speichel, die MIF Konzentration zeigte jedoch keine deutliche Reaktion, allenfalls bei Menschen mit insgesamt niedrigeren MIF-Konzentrationen ließsich ein prästressorischer MIF-Anstieg beobachten. Bei Betrachtung von Probanden mit starker Cortisolreaktion auf Stress und Probanden ohne Cortisolreaktion, sog. „high-“ und „low-Cortisol-reactors“, fand man keinen Unterschied im Verlauf der MIFKonzentration. Unterteilte man jedoch die Probanden nach basaler MIF-Konzentration, so zeigte sich bei Probanden mit durchgängig niedriger MIF-Konzentration im Speichel eine deutlich stärkere Cortisol-Reaktion auf Stressreiz, während die Probanden mit durchgängig hohen MIF-Konzentrationen eine deutliche schwächere Cortisolreaktion zeigten. Dieser Effekt war insbesondere in der Gruppe der Männer zu beobachten. Hier zeigte sich auch ein korrelativer Zusammenhang (je höher die basale MIFKonzentration desto schwächer die Cortisol-Reaktion auf einen akuten Stressreiz). Die depressiven Patienten zeigten keine deutlich erhöhten Cortisol-Konzentrationen in Speichel und Blut im Vergleich zu den Kontrollpersonen, auch das MIF unterschied sich nicht. Auch im Verlauf ließ sich keine wesentliche signifikante Veränderung der Cortisol- oder MIF-Konzentrationen in Blut und Speichel beobachten. Es fiel jedoch ein deutlicher negativer Zusammenhang zwischen Cortisol und MIF im Serum auf. Bei hohen MIF-Konzentrationen fanden sich niedrige Cortisol-Konzentrationen und umgekehrt. MIF in Serum und Speichel fanden sich bei Patienten negativ korreliert, Patienten mit hohem Serum-MIF hatten niedriges MIF im Speichel und umgekehrt. Bezüglich der Interaktion von MIF und Cortisol ließe sich aus den Ergebnissen dieser Arbeit folgendes ableiten: Es besteht ein negativer Zusammenhang der basalen MIFund Cortisol-Konzentrationen im Serum. Im Speichel findet sich dieser Zusammenhang nicht. Hohe MIF-Konzentrationen im Speichel hemmen den Cortisol-Anstieg nach einem akuten Stressereignis. Dies wurde im Serum hier nicht untersucht. Hier wären weitere Untersuchungen interessant: Hemmt MIF die Cortisol-Reaktion auch im Serum? Kann durch Inkubation mit MIF die zelluläre Cortisolausschüttung verringert werden? Kann MIF die HHNA beeinflussen und wenn ja, wie? Könnte man dieses Zusammenspiel genauer durchleuchten, wäre es eventuell möglich, sich dieses Wissen bei der Behandlung von z.B. stressrelatierten Erkrankungen zunutze zu machen.


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