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Titel:Induktion von Apoptose durch ungesaettigte Fettsaeuren in Zellen des kardiovaskulaeren Systems
Autor:Reinbold, Michael
Weitere Beteiligte: Krieglstein, Josef (Prof. Dr. Dr.)
Veröffentlicht:2007
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2007/0340
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2007-03403
DOI: https://doi.org/10.17192/z2007.0340
DDC:610 Medizin
Titel (trans.):Induction of apoptosis by unsatturated fatty acids in cells of the cardiovascular system.
Publikationsdatum:2007-06-08
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Cardiomyocytes, Lipoproteinlipase, PP2C, Lipoprotein lipase, PP2C, Fatty acids, PP2C, Apoptose, Herzmuskelzellen, Endothelzellen, Fettsäuren, Endothelial cells, Apoptosis

Zusammenfassung:
Die endotheliale Dysfunktion, ausgelöst durch einen apoptotischen Untergang von Endothelzellen, ist nach derzeitigem Kenntnisstand der initiale Schritt der Atherosklerose. Zwar ist der Verlauf dieser progressiven Erkrankung relativ gut aufgeklärt, jedoch steht zurzeit immer noch keine kausale Therapie zur Verfügung. Die einzige Möglichkeit, die pathologische Entwicklung zu behandeln, liegt in der Reduktion der Risikofaktoren wie Hyperlipoproteinämie, arterielle Hypertonie und Diabetes mellitus. Vorangegangene Arbeiten der Arbeitskreise von Frau Prof. Dr. Klumpp und Prof. Dr. Dr. Krieglstein haben gezeigt, dass die Proteinphosphatase 2C (PP2C) durch bestimmte ungesättigte Fettsäuren, wie z.B. Ölsäure, in ihrer Aktivität stimuliert werden kann. Gleichzeitig wurde das proapoptotische Protein Bad, ein Mitglied der Bcl-2-Familie, als Substrat dieses Enzyms identifiziert. Eine Dephosphorylierung von Bad durch Phosphatasen verursacht den apoptotischen Zelltod. Die gleichen Fettsäuren sind ferner in der Lage, Apoptose in kultivierten endothelialen Zellen (HUVECs) auszulösen. Diese auffallende Korrelation konnte mit Hilfe der RNA Interferenz (RNAi) kausal belegt werden und machte deutlich, dass die PP2C an der Fettsäure-induzierten Apoptose beteiligt ist. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Fettsäuren aus humanen Lipoproteinfraktionen, isoliert mit Hilfe einer Lipase, in der Lage waren sowohl Apoptose in kultivierten Endothelzellen auszulösen als auch die PP2C in vitro zu aktivieren. Diese Ergebnisse sind eindeutig und deuten daraufhin, dass ungesättigte Fettsäuren auch im Organismus zur apoptotischen Schädigung des Endothels führen können, doch weiß man nicht, ob solch hohe Fettsäuremengen in vivo erreicht werden. Zwar ist die Gesamtkonzentration der nicht-veresterten Fettsäuren im Blut relativ hoch, die größte Masse der Lipide befindet sich jedoch entweder gebunden an Albumin oder in Lipoproteinen. Somit kann die freie, ungebundene Menge der Fettsäuren nicht durch eine einfache Messung bestimmt werden. Zur Lösung dieser Frage sollte im Großteil der Arbeit ein der Physiologie nahes Zellkulturmodell etabliert werden, das die vaskulären Verhältnisse möglichst authentisch simuliert. Lipoproteinlipase (LPL) ist das zentrale Enzym im Lipidmetabolismus, das für die Freisetzung von freien Fettsäuren aus Triglyceriden der Lipoproteine verantwortlich ist. In frühen atherosklerotischen Läsionen, den sogenannten fatty streaks, die bereits im Kleinkindesalter vorkommen können, produzieren Makrophagen den größten Teil der LPL, die von Endothelzellen aufgenommen und an der luminalen Seite des Gefäßes spezifisch gebunden wird, um enzymatisch aktiv zu sein. Theoretisch könnte die LPL eine hohe Fettsäurekonzentration im Endothel erzeugen, die ausreichen würde, um die Zellen zu schädigen. Um diesen Vorgang nachzuahmen, wurde zunächst nachgewiesen, dass kultivierte THP-1-Zellen LPL exprimieren und in das Medium abgeben. Des Weiteren konnte demonstriert werden, dass VLDL-Triglyzeride von der LPL im Medium der THP-1-Zellen hydrolysiert werden und dabei große Mengen an Fettsäuren entstehen, die in der Lage waren Apoptose in HUVECs zu induzieren, während VLDL im normalen Kontrollmedium für die Zellen unschädlich war. Weiterhin konnte nach einer Kokultivierung der HUVECs mit THP-1-Makrophagen demonstriert werden, dass Endothelzellen durch Zugabe von VLDL in physiologischer Konzentration massiv geschädigt wurden. Die beobachtete Apoptoseinduktion konnte durch Hemmung der LPL mit Orlistat, einem spezifischen Lipaseinhibitor, sowie durch eine Herunterregulation des Enzyms in THP-1-Zellen mit siRNA signifikant reduziert werden. Diese Ergebnisse belegen, dass die LPL für die Fettsäurefreisetzung aus Lipoproteinen und indirekt für die Apoptoseinduktion verantwortlich ist. Im weiteren Verlauf der Untersuchungen konnte sichergestellt werden, dass die von Makrophagen synthetisierte LPL nach einer Kokultivierung der HUVECs mit sich differenzierenden THP-1-Zellen an Endothelzellen spezifisch binden kann. Es konnte jedoch nicht nachgewiesen werden, dass die dabei translozierte Lipase-Menge nach einer Inkubation der isolierten HUVECs mit VLDL zu einer Schädigung der Zellen führt. Im zweiten Teil der Arbeit sollte die Folge einer fettreichen Ernährung an Meerschweinchen untersucht werden. Dazu wurden Dunkin-Hartley-Meerschweinchen für fünf Monate mit speziellen Diäten gefüttert. Dabei erhielt die Behandlungsgruppe ein mit Ölsäure angereichertes Futter (25% Glycerol-Trioleat), während Kontrolltiere eine fettreduzierte Diät bekamen. Im Laufe der 150 d dauernden Fütterungszeit wurde kein Unterschied des Körpergewichts bzw. des Kilokalorienkonsums der Tiere in den beiden Gruppen festgestellt. Nach Obduktion konnten massive Veränderungen an den Organen der Versuchstiere beobachtet werden. Dabei zeigten die mit Trioleat-gefütterten Tiere eine pathologische Lebervergrößerung und eine erhöhte Menge an subkutanem Fettgewebe. Des Weiteren wiesen diese Meerschweinchen im Vergleich zu Kontrolltieren eine signifikante Reduktion des Herzgewichts und der –größe auf. Die Vermutung lag nahe, dass Herzmuskelzellen nach Aktivierung der PP2C durch Ölsäure aus der Nahrung apoptotisch zugrunde gingen. Mit der histologischen TUNEL-Färbung konnte eine vermehrte Apoptoserate in Herzmuskelzellen der mit Trioleat-gefütterten Meerschweinchen detektiert werden. Weiterhin konnten massive Lipidablagerungen im Herzgewebe sowie im Bereich der Media bzw. Adventitia in den Arterien der Behandlungsgruppe festgestellt werden. Dagegen konnte man keine atherosklerotischen Läsionen in den Aorten und Koronarien erkennen. Der Grund für die fehlende Plaquebildung lag vermutlich in den niedrigen Blut-Cholesterolkonzentrationen. Zwar waren die Lipidparameter der mit Trioleat-gefütterten Tiere im Vergleich zu Kontrollen signifikant erhöht, die Gesamtcholesterolwerte lagen jedoch bei 80 mg/dl. In kleineren Projekten wurden ferner auch die Endothelzell-schützenden Eigenschaften von Docosahexaensäure (DHA), den isolierten Lipoproteinklassen sowie den Inhaltstoffen von Ginkgo biloba untersucht. DHA konnte die Apoptoserate der durch Staurosporin bzw. Serumentzug geschädigten HUVECs im Konzentrationsbereich von 1 bis 50 μM signifikant reduzieren. Diesen protektiven Effekt zeigten auch isoliertes HDL bzw. die einzelnen Komponenten von Ginkgo biloba nach einer Schädigung der Endothelzellen mit Ölsäure. Zusammenfassend belegen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass die Fettsäure-induzierte Apoptose mit einer Beteiligung der PP2C nicht nur in der Zellkultur sondern auch in vivo ihre Relevanz hat. Scheinbar spielen die beschriebenen Mechanismen eine Rolle in der Atherogenese und in der Entwicklung von Herzmuskelerkrankungen. Diese pathologischen Veränderungen könnten präventiv durch Hemmung der PP2C-Aktivierung bzw. der Fettsäurefreisetzung aus Lipoproteinen therapeutisch behandelt werden.


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