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Titel:Auffinden von Inhibitoren der tRNA-Guanin Transglykosylase (TGT) und der Insulin-like Growth Factor 1 Receptor Tyrosine Kinase (IGF-1-RTK) aus Pflanzenextrakten durch Ligandenfischen sowie deren Isolierung und Identifizierung
Autor:Heller, Daniela
Weitere Beteiligte: Matusch, Rudolf (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2005
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2006/0844
DOI: https://doi.org/10.17192/z2006.0844
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2006-08447
ISBN: 3-89703-684-3
DDC: Medizin
Titel (trans.):Discovery of Inhibitors of the tRNA-Guanine-Transglycosylase (TGT) and the Insulin-like Growth Factor 1 Receptor Tyrosine Kinase (IGF-1-RTK) in Plant Extracts by "Fishing of Ligands" and their Isolation and Identification
Publikationsdatum:2006-12-21
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Inhibitor, Massenspektrometrie, Krebs <Medizin>, Insulin-like Growth Factor 1 Receptor Tyrosine Kinase, tRNA-Guanine-Transglycosylase, Kohlenstoff-13-NMR-Spektroskopie, Cancer, Krebsforschung, Passiflora incarnata L., HPLC, Fishing of Ligands, Krebsbekämpfung, Isovitexin-2’’-O-ß-glucoside, Ligandenfischen, tRNA-Guanin-Transglykosylase, Shigellosis

Zusammenfassung:
Die rasante Entwicklung von resistenten und multiresitenten Keimen ist ein weltweites Problem, das im Falle der Shigellen besorgniserregende Ausmaße angenommen hat. Die tRNA-Guanin-Transglykosylase (TGT) stellt ein neues Target für die Entwicklung antibiotisch wirkender Substanzen gegen Shigellen dar. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, in Pflanzenextrakten neue Leitstrukturen bzw. potentielle Inhibitoren sowohl für die TGT als auch für die Insulin-like growth factor 1 receptor tyrosine kinase (IGF-1-RTK) zu identifizieren und zu isolieren. IGF-1-RTK ist Teil der intrazellulären Untereinheit des IGF-1-Rezeptors. Dieser nimmt eine Schüsselstellung im Krebsgeschehen ein und könnte durch Blockade der katalytischen Kinasedomäne in seiner Funktion gehemmt werden. Somit würde eine übermäßige Zellproliferation verhindert sowie ein kontrollierter Übergang in die Apoptose ermöglicht werden. Für das Screening der Extrakte wurde die innovative Methode des Ligandenfischens verwendet. Sie stellt eine gegenüber dem Hochdurchsatzscreening weniger zeitaufwendige und kostengünstigere Methode zur Auffindung aktiver Verbindungen in komplexen Substanzbibliotheken dar. Mit dem Ligandenfischen wurden, neben 8 Verbindungen, 15 Extrakte traditioneller Arzneipflanzen auf das Vorhandensein von Substanzen untersucht, die an die TGT binden. In Extrakten aus Passiflorae herba, Dulcamarae stipites und Centellae asiaticae herba verlief diese Suche erfolgreich. Das aus dem methanolischen Passiflorae herba-Extrakt gefischte Flavonoid wurde mit präparativer HPLC isoliert und mit NMR- und massenspektrometrischen Techniken als Isovitexin-2’’-O-ß-glucosid identifiziert. Aufgrund der Verwendung hochfeldiger Messgeräte gelang erstmalig die vollständige Interpretation des 1H-NMR Spektrums dieser Verbindung. Aus 4 anderen Fraktionen des Extraktes wurden weitere 4 Flavonoide isoliert und identifiziert. Alle 5 Flavonoide besitzen eine Apigenin-Grundstruktur, wovon die TGT nur Isovitexin-2’’-O-ß-glucosid aus dem Substanzpool des Extraktes selektieren konnte. Daher war es notwendig, den Einfluss des Substitutionsmusters am Apigenin-Grundgerüst auf die Enzymbindung näher zu untersuchen. Es wurden Experimente zu Struktur-Wirkungsbeziehungen sowohl mit dem Ligandenfischen als auch in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis Prof. Dr. G. Klebe (Philipps-Universität Marburg) durch Bestimmung der Ki-Werte sowie mit kristallographischen Methoden durchgeführt. Aus den Ligandenfischversuchen konnten Hinweise auf eine bevorzugte Bindung des an C 6 substituierten Apigeninderivates erhalten werden, wobei für Apigenin selber keine Bindung an die TGT nachgewiesen werden konnte. Durch Bestimmung der Ki-Werte von Apigenin und der 5 isolierten Apigeninderivate konnte gezeigt werden, dass die inhibitorische Wirkung mit dem Substitutionsmuster am Apigenin korreliert. Für Isovitexin-2’’-O-ß-glucosid wurde der Ki-Wert mit 20 µM bestimmt. Damit konnte die Ki-Wert-Grenze für das Ligandenfischen um den Faktor 48 erweitert werden. Ein Bindungsmodus für Isovitexin-2’’-O-ß-glucosid im Komplex mit der TGT konnte aus den durchgeführten Kokristallisations- und Soakingexperimenten nicht bestimmt werden. Isovitexin-2’’-O-ß-glucosid und Isovitexin stellen Vertreter einer neuen Inhibitorklasse für die TGT dar, die für weitere Untersuchungen, z. B. an Shigellenkulturen, modifiziert werden sollten, um zu wirksameren Substanzen zu gelangen. Auch für das zweite Target, IGF-1-RTK, konnten mit dem Ligandenfischen bindende Substanzen in 6 der 12 untersuchten Extrakte traditioneller Arzneipflanzen gefunden werden. Eine Bindung einer oder mehrerer Substanzen an IGF-1-RTK konnte in Extrakten aus Liquiritiae radix, Lichen islandicus, Passiflorae herba und Quebracho cortex festgestellt werden. Die Quebracho cortex-Extrakte wurden daraufhin näher untersucht. Aus dem Dichlormethanextrakt konnten zwei an das Target bindende Substanzen isoliert werden. Dazu wurden eine Extrographie, eine auf der Normalphasenchromatographie beruhenden Methode, sowie daran anschließende Reinigungsschritte durchgeführt. Eine der isolierten Verbindungen wurde als Aspidospermin identifiziert. Für die aus Quebracho cortex isolierten Verbindungen konnte, bedingt durch den Versuchsablauf des Ligandenfischens, lediglich eine Bindung an IGF-1-RTK aus dem Extrakt nachgewiesen werden. Die Wirksamkeit der isolierten Verbindungen müsste in weiteren Versuchen idealerweise mit einem Zelltest überprüft werden. Im Rahmen der Versuche zu dieser Arbeit ist die Isolierung von wirksamen Substanzen gelungen, deren Struktur für Inhibitoren der untersuchten Targets neuartig ist. Es konnte gezeigt werden, dass eine Leitstruktur- und Wirkstoffsuche aus komplexen Substanzbibliotheken mit der Methode des Ligandenfischens kostengünstig und erfolgreich betrieben werden kann und in solch hoch diversen Systemen wie Pflanzenextrakten als weiterhin lohnenswert anzusehen ist.


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