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Titel:Zeitbudget bei psychisch kranken und gesunden Kindern und Jugendlichen - Ergebnisse aus einer kontrollierten Vergleichsuntersuchung
Autor:Jediß, Nikolai Carsten
Weitere Beteiligte: Mattejat, Fritz (Prof. Dr.)
Veröffentlicht:2006
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2006/0477
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2006-04776
DOI: https://doi.org/10.17192/z2006.0477
DDC: Medizin
Titel (trans.):Time budget of mental disabled and mental healty children and adolescents
Publikationsdatum:2006-07-20
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Jugendpsychiatrie, Kinderpsychiatrie, Zeitbudgetforschung, Time budget, Mental disorder

Zusammenfassung:
Fragestellung. Die vorliegende Arbeit ist der Frage nachgegangen, ob psychisch kranke Kinder und Jugendliche ihre Zeit im Tagesverlauf anders verbringen als gesunde Kinder. Hypothetisch wurde davon ausgegangen, dass gesunde Kinder mehr Zeit im Kreise der Familie verbringen, wohingegen kranke Kinder mehr Zeit alleine verbringen. Weiterhin sollte untersucht werden, ob es Unterschiede zwischen den gesunden Kindern und internal gestörten beziehungsweise zwischen gesunden und external gestörten Kindern und Jugendlichen gibt. Methode. Es wurden bundesweit in einer repräsentativen Telefonbefragung 1008 Elternangaben mit dem Instrument zur Erfassung der Lebensqualität von Kindern und Jugendlichen (ILK, vgl. Mattejat et al., 1998) erhoben. Die Zeiten im ILK wurden mit bereits vorhanden Daten einer klinischen Stichprobe (Multizenterstudie, Mattejat et al., 1998) verglichen, wo Eltern von stationär beziehungsweise ambulant behandelten psychisch kranken Kindern befragt wurden. Um Alters-, Geschlechts- und Schuleffekte auszuschließen, wurden die Elternangaben beider Stichproben in einem Matchingverfahren nach Alter, Geschlecht und Schultyp parallelisiert. Es konnten so 335 Paare gebildet (261 ambulante; 74 stationäre Vergleichskinder) und in einem streng kontrolliertem Vergleich gegenübergestellt werden. Ergebnisse. (1) Im Zeitbudget konnten Unterschiede zwischen gesunden und psychisch kranken Kindern und Jugendlichen festgestellt werden. Gesunde Kinder verbringen täglich mehr Zeit mit der Familie und weniger Zeit mit Hausaufgaben und alleine als die psychisch kranken Vergleichskinder. Die Unterschiede waren auf dem 0,001-Niveau signifikant und hinsichtlich ihrer Effektstärken bedeutsam. Die übrigen Unterschiede waren nicht signifikant. Ein Einfluss der ambulanten beziehungsweise stationären Therapiemodalität konnte nicht nachgewiesen werden. Alle Unterschiede entsprechen hierbei dem Gesamtvergleich und gehen in die gleiche Richtung. (2) Bei der Betrachtung hinsichtlich internaler und externaler Störungen wurden ähnliche Unterschiede wie beim Vergleich der Gesamtgruppe der psychisch kranken Kinder mit gesunden Kindern festgestellt. Internal gestörte Kinder verbringen weniger Zeit mit der Familie und mehr Zeit alleine als ihre gesunden Vergleichskinder, wobei sich der Unterschied bei ‚Alleine’ hoch signifikant darstellt. External gestörte Kinder verbringen ebenfalls weniger Zeit mit der Familie und mehr Zeit alleine sowie mit Hausaufgaben. Dabei stellen sich die Unterschiede bei ‚Familie’ und ‚Alleine’ hoch signifikant dar, der Unterschied bei den Hausaufgaben erreicht kein Signifikanzniveau. Diskussion. Die vorliegende Arbeit ist die einzige uns bekannte Studie, die das tägliche Zeitbudget psychisch kranker Kinder und Jugendlicher untersucht und mit gesunden Kindern in großer Fallzahl kontrolliert vergleicht. Die Ergebnisse sind aufgrund der methodischen Vorgehensweise als hinreichend valide zu betrachten und ihre Repräsentativität wurde überprüft. Bei der Bewertung des Zeitbudgets im ILK können zur Unterscheidung zwischen gesunden und psychisch kranken Kindern und Jugendlichen die Zeitangaben zu ‚Hausaufgaben’, ‚Familie’ und ‚Alleine’ herangezogen werden. Dies ist bei der Therapieevaluation und im Rahmen der Diagnose und Therapiedurchführung zu berücksichtigen. Da die Unterschiede zwar hoch signifikant aber gering sind, bestünde eine Weiterführung des Forschungsansatzes in der differenzierteren Aufschlüsselung dieser Bereiche, etwa durch Erfassung von Teil- und Nebenaktivitäten. Weitere Untersuchungen anhand einer größeren und differenzierteren Kranken-Stichprobe könnten zudem weiteren Aufschluss über die Unterschiede verschiedenen diagnostischer Gruppen geben. Gezielte Vergleiche einzelner Krankheitsbilder mit der Normalbevölkerung halten wir hierbei für eine nützliche Ergänzung. Schließlich wäre es sehr wichtig, die Zusammenhänge zwischen dem Zeitbudget und der subjektiven Lebensqualität und -zufriedenheit genauer zu analysieren.


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