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Titel:Experimentelle Untersuchungen zur Stabilität der Olekranonosteosynthese mit Schrauben aus boviner Knochenkompakta im Vergleich zu konventionellen Methoden
Autor:Lührs, Jochen
Weitere Beteiligte: Gotzen, Leo (Prof. Dr. med.)
Veröffentlicht:2005
URI:https://archiv.ub.uni-marburg.de/diss/z2005/0269
URN: urn:nbn:de:hebis:04-z2005-02696
DOI: https://doi.org/10.17192/z2005.0269
DDC: Medizin
Publikationsdatum:2005-06-09
Lizenz:https://rightsstatements.org/vocab/InC-NC/1.0/

Dokument

Schlagwörter:
Fraktur, Knochenschraube, bovin, Osteosynthese, Olekranon, resorbierbar, biomechanisch, Knochenkompakta

Zusammenfassung:
Zur osteosynthetischen Versorgung der Olekranonfraktur werden hauptsächlich Metall aber auch resorbierbare Kunststoffe verwendet. Neben vielen Vorteilen bieten diese Implantate aber auch einige Nachteile. Unter Verwendung von Metallimplantaten entstehen oft Gewebsreaktionen und Unverträglichkeiten, was eine Materialentfernung im Rahmen einer Sekundäroperation nötig macht. Polymere Kunststoffe neigen auch zu Fremdkörperreaktionen und haben zum Teil schnelle Festigkeitsverluste. Nach Resorption im Implantatlager werden sie meist nur durch bindegewebige Strukturen ersetzt, und kaum zu Knochen umgebaut. Hinzu kommt ein hoher Herstellungspreis. Ein kostengünstiges resorbierbares Osteosynthesematerial mit guter Biokompatibilität und ausreichend hoher Festigkeit wird gefordert. Durch die experimentelle Untersuchung der Olekranonosteosynthese mit Implantaten aus boviner Knochenkompakta sollte eine alternative Osteosynthesemethode untersucht werden, mit dem Hintergrund, die Sekundäroperation zur Metallentfernung einzusparen und Kosten zu senken. Mit der vorliegenden Arbeit sollte festgestellt werden inwieweit sich bovine Knochenimplantate zur Osteosynthese der queren Olekranonfraktur eignen. Es wurde eine 4,8 mm Schraube aus boviner Knochenkompakta entwickelt, die mit einem 3/16’’ Whitworth-Gewinde ausgestattet ist. Die Schrauben wurden aus dem Tibiaschaft junger Rinder hergestellt und zur Desinfektion in einem Acetonbad für 24 Stunden eingelegt. Anschließend wurden die Schrauben über 24 Stunden luftgetrocknet und bei -25°C gelagert. Die biomechanischen Eigenschaften des Knochens wurden anhand des Drei-Punkt-Biegeversuchs an 3 x 60 mm Stiften untersucht. Die ermittelten Ergebnisse entsprechen denen anderer Untersuchungen am kompakten Knochen. Die Eigenschaften der entwickelten Schraube konnte mit Torsions-, Scher- und Biegeversuchen beschrieben werden. Im Vergleich zu Tests an ähnlichen Schrauben aus Knochenkompakta stimmen die Festigkeitswerte im wesentlichen überein. Die Herstellung der Schraube hat sich als unproblematisch erwiesen. In einer experimentellen In-vitro-Studie am osteotomierten humanen Olekranon wurde die Schraube aus boviner Knochenkompakta zur Versorgung der queren Olekranonfraktur eingesetzt und im Seitenvergleich mit konventionenllen Metallosteosynthesen auf ihre Stabilität untersucht. In Anlehnung an die AO-Zuggurtungsosteosynthese wurden zwei Schrauben parallel vom Olekranon diagonal in den Processus coronoideus eingebracht. Der osteosynthetisch versorgte Unterarm wurde durch eine simulierte Trizepssehne an die Trochlea des Humerus fixiert und mit einer Prüfmaschine in Richtung Beugung belastet. In der ersten Testreihe wurden im Seitenvergleich Osteosynthesen mit zwei 3,5 mm Metallschrauben, die in gleicher Position eingebracht waren, durchgeführt. 15 Paare wurden getestet. Zu beurteilen war das Osteosyntheseversagen (Bruch von Material oder Knochen sowie Frakturspalt > 2 mm). Mit den bovinen Kompaktaschrauben konnte ein mittleres Drehmoment bei Osteosyntheseversagen von 7,01 ± 3,67 Nm erreicht werden. Die Versorgung mit Metallschrauben war bei einem Drehmoment von durchschnittlich 15,1 ± 6,99 Nm signifikant stabiler. In der zweiten Testreihe wurden die Schrauben aus Knochenkompakta durch eine Zuggurtung mit einem 5 mm breiten Polydioxanon-Band (PDS) ergänzt. Im Seitenvergleich der 12 Testpaare kam die AO-Zuggurtung mit zwei 1,8 mm Kirschner-Drähten zur Anwendung. Bei gleichem Prüfverfahren wurden bei der AO-Zuggurtung, bezogen auf das Osteosyntheseversagen, im Mittel 15,01 ± 4,05 Nm Drehmoment erreicht. Die Schrauben aus Knochenkompakta mit Polydioxanon-Zuggurtung erreichten durchschnittlich 11,91 ± 4,96 Nm und waren damit weniger stabil (p = 0,044). Eine gegenüberstellende Betrachtung beider Testreihen deutet daraufhin, dass beide Metallosteosyntheseverfahren ähnliche Festigkeitswerte erreichen. Die Ergebnisse mit Knochenkompaktaschrauben lassen sich durch die Ergänzung mit einem PDS-Band deutlich verbessern. Bei ähnlichen biomechanischen Untersuchungen zeigte sich, dass Osteosynthesen dieser Art bis 10 Nm Drehmoment standhalten müssen, um einfachen Belastungen im Rahmen der Frühmobilisierung standhalten zu können. Diese Anforderung wird durch die Osteosynthese mit bovinen Kompaktaschrauben und PDS-Zuggurtung erreicht. Sicherlich ist Metall ein stabileres Material als Knochen, dennoch zeigen diese Ergebnisse, dass die hier verwendete Methode aus biomechanisch-experimenteller Sicht den Anforderungen einer stabilen Olekranonosteosynthese genügt und somit eine sinnvolle Alternative darstellt. Die Herstellung und Handhabung der bovinen Kompaktaschraube und des PDS-Bandes haben sich als unkompliziert dargestellt. Aus diversen Studien weiß man, dass das Ein- und Umbauverhalten, die geringen Festigkeitsverluste in den ersten Wochen, die minimalen Fremdkörperreaktionen und die geringen antigenen Eigenschaften sowohl der bovinen Knochenkompakta als auch des Polydioxanones sehr günstige Faktoren sind. Vor diesem Hintergrund ist eine klinische Erprobung dieser Methode anzustreben.


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