Zusammenfassung:
Läßt man bewusst neue minimalinvasive
Präparationsformen und erst im Anfangsstadium der klinischen
Untersuchung befindliche moderne Werkstoffe aus dem Gebiet der
adhäsiven Zahnheilkunde unberücksichtigt, konzentriert man sich
auf die klassische Kronen-Brücken-Prothetik, so erfordert die
Überkronung eines Zahnes immer einen Abtrag von
Zahnhartsubstanz, der in der Regel bis in das Dentin reicht.
Bei der Präparation entsteht damit an der Dentinoberfläche eine
von der Anzahl und dem Gesamtquerschnitt der angeschnittenen
Dentinkanälchen abhängige Wundfläche. Neben anderen Parametern,
wie beispielsweise dem Einfluss der Temperaturentwicklung an
der Präparationsoberfläche und der chemischen Irritation durch
Füllungs-materialien, wurde in der Vergangenheit vor allem der
nach Präparation verbleibenden Dentinschicht über der Pulpa
große Bedeutung hinsichtlich Erhaltung von Sensibilität und
Vitalität eines Zahnes zugesprochen. Es hat sich die Forderung
nach einer Mindestdentindicke von 0,7 mm für Zähne Erwachsener
und 1,4 mm für Zähne Jugendlicher etabliert (Jüde et al. 1997).
Aus diesen unterschiedlichen Dickenangaben wird deutlich, dass
auch in der Vergangenheit bereits die unterschiedliche
Dentinstruktur und daraus folgend die unterschiedliche
Permeabilität für mögliche Noxen Berücksichtigung fand.
Zahlreiche Untersuchungen von Gente und verschiedenen
Mitarbeitern belegen (Gente 1987, Feige 1989, Wenz 1990, Gente
und Wenz 1991, Gente 1992, Becker-Detert 1993, Gente 1995,
Netsch 1995), dass für die Begrenzung der Präparationstiefe der
Methode der Widerstandsmessung an der Dentin-oberfläche der
Vorzug zu geben ist gegenüber anderen Verfahren wie
beispielsweise der Präparation von Orientierungsrillen oder der
Interpretation von Röntgenbildern. Das von Gente entwickelte
Verfahren wird bereits 1999 in der offiziellen Stellungnahme
der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde
zur "Präparationstechnik als Grundlage der Qualitätssicherung"
zur Anwendung empfohlen. Allerdings finden sich in dieser
Stellungnahme auch wieder die oben angegebenen Werte zur
geforderten Mindestdentindicke nach Präparation (Hellwig et al.
1999). Die Ergebnisse der vorliegenden Unter-suchungen zeigen,
dass diese Werte in weiteren klinischen Studien kritisch
hinterfragt werden sollten.
Das Gerät zur Begrenzung der
Präparationstiefe (Prepometer®, Hager & Werken)
verdeutlicht dem Behandler optisch durch das Aufleuchten von 10
aufeinander folgenden Leuchtdioden den Fortschritt des
Substanzabtrages. Dabei wird von Seiten des Herstellers eine
Präparation maximal bis Aufleuchten der Diode 7 (letzte
orangefarbene Diode) empfohlen, um eine Schädigung der Pulpa zu
vermeiden.
Die Ergebnisse der vorliegenden in-vitro
Untersuchung zeigen, dass nach Entfernung der Dentinschicht bis
auf das bisher als Referenz angegebene Minimum von 0,7 mm
Restdentinstärke für Zähne von Erwachsenen in fast 93% der
untersuchten Messpunkte die empfohlene Begrenzung der
Präparations-tiefe (Leuchtdiode 7 (orange) des Prepometers®)
überschritten wurde. Symptome einer möglichen irreversiblen
Schädigung der Pulpagewebe sind jedoch zu diesem Zeitpunkt nur
histologisch nachzuweisen. Dem Aufleuchten der verschiedenen
Leuchtdioden sind keine konstanten Dentindicken zuzuordnen.
Bestätigt werden die Ergebnisse von Netsch (Netsch 1995), nach
denen weniger die Restdentindicke nach Prapäration als vielmehr
die Dentinwunde und deren Permeabilität unter dem Aspekt der
Vermeidung eines Pulpatraumas Beachtung finden sollte. Die
Anwendung des Prepometers® folgt mittels Messung lokaler
Widerstandswerte diesem Ansatz.
Die Ergebnisse der in-vivo
Nachuntersuchungen bescheinigen der Anwendung des Prepometers®
ein positives Zeugnis. Kein unter Anwendung des Prepometers®
präparierter Zahn reagierte zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung
desensibel. In der Kontrollgruppe fand sich in 21,1% des
Gesamtkollektivs eine negative Reaktion auf die
Sensibilitätskontrolle. Die Literatur beschreibt vergleichbare
Werte mit starker Streuung zwischen 0,06% und 25 % und
unterschiedlichen Studiendesigns.
Anhand der vorliegenden
Untersuchung muss die vermehrte Anwendung des Prepometers® zur
Qualitätssicherung empfohlen werden. Die gewonnenen Daten
müssen in einer größeren Testgruppe überprüft werden. Dabei
sollte auch der kritischen Einschätzung der Praktikabilität des
Verfahrens auf altersverändertem Dentin oder
strukturverändertem Dentin (Tertiärdentin) Beachtung geschenkt
werden.